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Andere Schreibweise: Asnat, Asenath, Aseneth, Asenith, Asenneth, Asnath

(erstellt: Juli 2020)

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Bei Asenat handelt es sich nach Gen 41,45.50 um die Ehefrau → Josefs, eine Ägypterin, die als Tochter des Priesters → Potifera aus → Heliopolis vorgestellt wird.

1. Asenat in der Bibel

Der Name Asenat (אָסְנַת ’āsnat) erscheint in der Bibel nur in Gen 41,45.50 und Gen 46,20. Nachdem Josef in Gen 41,39-42 vom Pharao zum Herrscher über ganz Ägypten eingesetzt worden war, wurde ihm nach Gen 41,45 der ehrwürdige Name → Zafenat-Paneach (צָפְנַת פַּעְנֵחַ ṣāfnat pa‘neaḥ) verliehen. Darüber hinaus gab ihm der König Ägyptens Asenat zur Gemahlin. Sie war eine Tochter des Potifera (פּוֹטִי פֶרַע pôṭî færa‘), der als Priester aus der Stadt Heliopolis (On) tituliert wird. Nach Gen 41,50 hatte Josef mit Asenat zwei Söhne, denen er nach Gen 41,51f. die Namen Manasse und Efraim gab (vgl. Gen 46,20), womit die Ägypterin die Stammmutter zweier israelitischer → Stämme ist. Dies geschah laut Gen 41,53 noch während der sieben Jahre des Überflusses, die Josef nach Gen 41,1-36 dem Herrscher Ägyptens vorhergesagt hatte.

Außerhalb der Überlieferung des Buchs Genesis ist Asenat wie auch Josef aus genuin ägyptischen Quellen nicht bekannt. In der Zeit nach Christi Geburt wird das Leben von Asenat in der pseudepigraphischen Schrift → Josef und Aseneth weiter ausgeführt und mit ausgedehnteren Erzählungen ausgeschmückt, die so nicht aus dem biblischen Text bekannt sind (s. die Zusammenfassung in Alkier 2009). Laut der rabbinischen Tradition in Targum Jonathan zu Gen 41,45 war Asenat eigentlich eine Tochter von → Sichem und → Dina (Aptowitzer 1924; Kolatch 2007, 337; Standhartinger 2009, 227-229; Vogel 2009, 4). Hierbei handelt es sich aber um eine spätere Zuschreibung zu der in Gen 34 vorliegenden Erzählung, in der der Name Asenat nicht erscheint.

2. Der Name Asenat

Der Name Asenat wird in der Bibel in Gen 41,45.50 und Gen 46,20 einheitlich als אָסְנַת ’āsnat überliefert. In der → Septuaginta wird er als Ἀσενέθ Aseneth wiedergegeben, wie auch bei → Eusebius, Praeparatio evangelica IX, 21, 12 (nach Alexander Polyhistor, Περὶ Ἰουδαίων; Mras 1954, 510) und IX, 23, 3 (nach Artapanos von Alexandria, Περὶ Ἰουδαίων; Mras 1954, 517).

Im Mittelalter erscheint der Name in dieser Schreibung ebenfalls bei Georgios Kendros, Historiarum compendium I, 37 (Niebuhr 1838, 66; Tartaglia 2016) und bei Johannes Zonaras, Epitome Historion I, 10 (Dindorf 1868, 36). In einigen Handschriften der Septuaginta wird der Name auch Ἀσεννέθ Asenneth geschrieben. In der Vulgata liegt er als Aseneth vor. → Flavius Josephus, Antiquitates Judaicae II, 6, 1 gibt den Namen als Ἀσέννηθις Asennethis wieder. Die Namensgebung in der Septuaginta hat noch die Überlieferung in der mittelenglischen Literatur beeinflusst (s. Faverty 1924, 94).

Bereits seit langem ist in der Forschung bekannt, dass es sich bei Asenat (אָסְנַת ’āsnat) um die hebräische Wiedergabe eines ursprünglich ägyptischen Personennamens handelt. Hierauf lassen auch die weiteren, z.B. in Gen 41,45 genannten und in ihrer hebraisierten Form vorliegenden ägyptischen Personennamen schließen. Die heute gängige Herleitung, welche mit der hebräischen und griechischen Wiedergabe in Einklang zu bringen ist, leitet den Namen von Nś-Nἰ.t „(Die) der Göttin Neith Zugehörige“ ab. Diese Deutung geht auf Georg Steindorff (1892, 51) zurück (aufgenommen z.B. bei Mahler 1907, 628; Schulman 1975, 238; Vycichl 1983, 17; Quack 2004, 118). Namen dieses Typs sind aus Ägypten während des ersten vorchristlichen Jahrtausends recht häufig belegt (Beispiele bei Ranke 1935a, 173-180; 1935b, 294f.). Da im Altkoptischen - als αϲ- as- erhalten ist (s. Quack 2004, 118), ist die lautliche Übereinstimmung perfekt.

In der Forschung wurden auch weitere Vorschläge zur etymologischen Herleitung des Namens zur Diskussion gestellt:

1) Joseph Marquart (1899, 42) deutete den Namen als ursprünglich ägyptisch, wobei seine Herangehensweise aber willkürlich anmutet, da er durch einige Emendationen in dem Namen die Sonnenscheibe bzw. den Gott Aton (’Itn) finden möchte. Diese Veränderungen lassen sich aber textgeschichtlich nicht begründen.

2) Edouard Naville (1903, 160), Miketta in Weidenau (1904, 124) und Jens D. Lieblein (1914, 152) leiteten Asenat von einem belegten Namen Sn.t her, der von der elften Dynastie an in Ägypten bekannt ist. Das initiale Aleph deuteten sie als Aleph prostheticum, wobei allerdings die Frage gestellt werden muss, warum dieses grammatikalische Element bei dem ägyptischen Name auftreten sollte. Auch ist die Wiedergabe des .t als Anzeige des Femininums in Sn.t kaum möglich, da diese im Neuen Reich und später nicht mehr konsonantisch realisiert wurde, was aber für die Wiedergabe im Hebräischen und im Griechischen bei der getroffenen Identifizierung vorausgesetzt wird.

3) Wilhelm Spiegelberg (1904, 18) legte dem Namen Asenat ägyptisches ’Iw=ś-n-Nἰ.t zugrunde (so z.B. auch aufgenommen von Kitchen 1961, 161; Ranke 1935b, 226, Anm. 6; Redford 1970, 228-230; Vergote 1959, 149f.). Diese Deutung wurde zuletzt auch wieder von Francis K.A. Breyer (2019, 33f.) als möglich bezeichnet, der aber zur Vokalisation von einer falschen Herleitung aus dem Koptischen ausgeht. Da bisher keine Belege für eine Bildung des Musters *’Iw=ś-n-DN existieren (vgl. Ranke 1935b, 226, Anm. 6), zog Kenneth A. Kitchen (1961, 161; 1994, 84f.; 2003, 346) eine Ableitung von ’Iw=ś-n=ṯ „Sie gehört zu dir“ in Betracht. „This explanation for Asenat eliminates the unrealistic link with Neith, fits the vocalic pattern in Hebrew and Egyptian and derives from an attested name.“ (Kitchen 1994, 84f.). Dieser Deutung schloss sich zuletzt auch Yoshiyuki Muchiki (1999, 208f.) an. Der Sinndeutung von Kitchen mangelt es aber an der Erklärung der Aussprache des ersten Elements des Namens -אָסְ ’ās-, wie es auch in der Septuaginta mit Ἀσ- As- erhalten ist, da dies nicht mit der realen Aussprache des Ägyptischen ’Iw=ś als /es-/ in Verbindung zu bringen ist. Dies muss dementsprechend auch für die Interpretation von Spiegelberg gelten. Ebenfalls ist bei der Herleitung von Kitchen darauf hinzuweisen, dass das Suffixpronomen bei -n=ṯ in der Mitte des ersten Jahrtausends vor Christus wohl nicht mehr als Konsonant, sondern nur noch als Vokal realisiert wurde, wie es sich noch im Koptischen zeigt (vgl. Quack 2000, 3; Till 1961, 26). Die von Kitchen vorgeschlagene Interpretation wurde von Michael Figer und Sigrid Hodel-Hoenes abgelehnt, „da nach Ranke diese Namensform nur im Alten und Mittleren Reich häufig ist und daher zeitlich keine Verbindung zur Josefsgeschichte“ (Figer / Hodel-Hoenes 2007, 189) zeigen würde. Es sei hierzu angemerkt, dass bei Ranke sicher nicht alle heute bekannten Namen verzeichnet sind, hierzu noch diejenigen Personennamen kommen, die heute nicht durch Inschriften bekannt sind, und weitere, die nie verzeichnet wurden. Als Herleitung des Namens Asenat führen Figer und Hodel-Hoenes ägyptisches Nś-nṯr.t „Sie gehört zur Göttin“ an, da „‘nṯr’ auf das endungslose nat(ā)r zurückzuführen (ist), was bereits im Alten Reich anzunehmen ist.“ (2007, 189). Gegen eine Herleitung von nṯr.t spricht allerdings die Vokalisierung in der Septuaginta, da das Element -νεθ -neth (Vulgata -neth) mit seiner Vokalisierung mit /e/ nicht zur Wiedergabe des Wortes „Göttin“ im Ägyptischen passt. Dies kann mit der noch im Koptischen vorliegenden Aussprache des Wortes „Göttin“ als Nτωρε Ntōre (Westendorf 1965/1977, 127) belegt werden, womit auch deutlich wird, dass das r in der Aussprache des femininen Substantivs in diesem Fall erhalten bleibt.

4) Judith S. Antonelli (2004, 114) übersetzte den Namen mit „Sie gehört zur (Göttin) Nut“. Diese Deutung ist ebenfalls abzulehnen, da die in der Septuaginta wie auch im Hebräischen vorliegende Vokalisierung nicht mit dem Namen der ägyptischen Göttin Nut in Einklang zu bringen ist.

5) Einen völlig anderen Weg beschritt William F. Albright (1918, 140f.) mit seiner Deutung des Namens als S3.t-nṯr „Tochter des Gottes“, wobei sich aber mehrere Problematiken hinsichtlich der Wiedergabe von s3(.t) und der nötigen Emendationen ergeben, für die Albright jedoch keine Erläuterungen aufführt. Auch muss die Frage gestellt werden, warum in diesem Fall plötzlich ein Titel und kein Eigenname verwendet worden sein sollte.

Zusammenfassend betrachtet ist die bereits von Georg Steindorff im Jahr 1892 benannte Etymologie des Namens Asenat mit Nś-Nἰ.t „(Die) der Göttin Neith zugehörige“ diejenige, welche die Wiedergaben im Hebräischen und im Griechischen am besten erklärt.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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