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Amminadab

Andere Schreibweise: Aminadab (lat.)

(erstellt: September 2017)

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1. Name

Amminadab 01
Bei dem Personennamen Amminadab (עַמִּינָדָב ‘ammînādāv) handelt es sich um einen Satznamen. Dessen Subjekt ist die Verwandtschaftsbezeichnung עַם ‘am „Onkel“, die wie אָב ’āv „Vater“ und אָח ’āḥ „Bruder“ in Personennamen Gott meint (vgl. Noth, 66-82). Es folgt das Verb נדב ndb, das „großzügig sein / freigiebig sein / freiwillig geben / spenden“ bedeutet. Bei dem î zwischen beiden Wortteilen kann es sich um einen bedeutungslosen Bindevokal oder das Possessivpronomen „mein“ handeln. Der Name beutet demnach „(mein) Onkel [= Gott] ist großzügig / hat (den Jungen) gespendet“. Er hebt einen Wesenszug Gottes hervor, die Großzügigkeit, die sich aktuell in der Gabe des Kindes manifestiert.

Vergleichbar sind die Namen Ahinadab (אֲחִינָדָב ’ǎḥînādāv) „(mein) Bruder ist großzügig / hat (den Jungen) gespendet“ (nur 1Kön 4,14) und → Abinadab (אֲבִינָדָב ’ǎvînādāv) „(mein) Vater ist großzügig / hat (den Jungen) gespendet“. An die Stelle einer auf Gott bezogenen Metapher tritt der Gottesname in den Männernamen Jehonadab (יְהוֹנָדָב jəhônādāv; 2Kön 10,15.23 u.ö.) bzw. verkürzt und die gleichen Personen bezeichnend Jonadab (יוֹנָדָב jônādāv; Jer 35,6 u.ö.; → Rechabiter) „Jahwe ist großzügig / hat (den Jungen) gespendet“ sowie mit eben dieser Bedeutung Nedabja (נְדַבְיָה nədavjāh; nur 1Chr 3,18; aber auch inschriftlich auf einem Ostrakon aus Arad [39,3: ndbjhw; HAE I, 300] und einem Gewicht aus Lachisch [ndbjhw; HAE II/2, Nr. 70,5] sowie auf einer Urkunde aus Ninive [Nadbiyau; HTAT 318f]). Ausgefallen ist die Gottesbezeichnung in dem Kurznamen → Nadab (נָדָב nādāv; 1Kön 14,20 u.ö.) „Er (Gott) ist großzügig / hat (den Jungen) gespendet“, der auch auf zwei Siegeln belegt ist (HAE II/2, Nr. 1,90 und 13,49).

Die genannten Namen sind auch in anderen semitischen Sprachen belegt, z.B. Ahinadab in keilschriftlich Aḫi-nadbi (Tallqvist 1914, 17) und phönizisch ’ḥndb (Benz, 61) und Abinadab in keilschriftlich Abu-nadib (Tallquist 1906, 1). Als Name eines moabitischen Königs findet sich in einer Inschrift Sanheribs Kamoschnadab (HTAT 331; → Kemosch). Zu Amminadab als ammonitischem Namen s.u.

2. Personen

2.1. Amminadab, der Schwiegervater Aarons

Amminadab hatte nach Ex 6,23 zwei Kinder. Seine Tochter Elischeba war die Frau → Aarons. Die beiden hatten vier Söhne: → Nadab und → Abihu, → Eleasar und → Itamar. Der älteste trug den Namen seines Großvaters in einer Kurzform.

Amminadabs Sohn → Nachschon wird im Buch → Numeri mehrfach als Oberhaupt des Stammes Juda während der → Wüstenwanderung erwähnt (Num 2,3). Er war dafür zuständig, die wehrpflichtigen Männer Judas zu zählen (Num 1,7), bei der Einweihung des Altars die Opfergaben Judas darzubringen (Num 7,12.17) und auf dem Marsch die Abteilungen Judas anzuführen (Num 10,14).

Nach der → GenealogieDavids im Buch Rut, war David der Urenkel von Boas und seiner Frau → Rut (Rut 4,21-22). Boas war ein Enkel von Nachschon, dem Sohn Amminadabs (Rut 4,19-20). 1Chr 2,10-15 bietet die gleichen Angaben zum Stammbaum Davids, doch wird Nachschon hier – anders als im Buch Rut – als Oberhaupt des Stammes Juda bezeichnet. Damit wird Num 2,3 aufgenommen, um die dort genannte Generationenfolge Amminadab – Nachschon mit eben dieser im Stammbaum Davids zu identifizieren. Als Vorfahre Davids erscheint Amminadab im Neuen Testament im Stammbaum Jesu (Mt 1,4; Lk 3,33).

Von Amminadab, der der Generation vor dem Auszug angehörte, bis zu → Salomo sind es nach diesen Genealogien 8 Generationen (inklusiv gezählt). 1Kön 6,1 gibt für die Zeit vom Auszug aus Ägypten bis zum Beginn des Tempelbaus im 4. Jahr Salomos einen Zeitraum von 480 Jahren an. Dies ist ein wesentlich längerer Zeitraum, so dass sich die beiden Angaben nicht miteinander vereinbaren lassen.

2.2. Amminadab, der Levit

In 1Chr 15,1-15 versammelt David die Priester und die Oberhäupter der Leviten und gibt ihnen den Auftrag, die Lade nach Jerusalem zu überführen. Zu den namentlich genannten Oberhäuptern der Leviten gehört ein gewisser Amminadab, Sohn des Usiel (1Chr 15,10.11).

2.3. Amminadab, der Vater Esters (LXX)

Ester wird in der hebräischen Fassung des nach ihr benannten Buches als Tochter des Abihajil (אֲבִיחַיִל ’ǎvîḥajil) vorgestellt (Est 2,15; Est 9,29). In der → Septuaginta heißt ihr Vater dagegen Amminadab (Αμιναδαβ; Est 2,7.15; Est 9,29).

2.4. Weitere Personen im Alten Testament?

Der hebräische Text von 1Chr 6,7-9 gibt unter den Nachkommen Levis als Generationenfolge an: Levi – Kehat – Amminadab – Korach. Demgegenüber ergibt sich aus 1Chr 6,22-23 für die Nachkommen Levis eine leicht abweichende Generationenfolge: Levi – Kehat – Jizhar – Korach. Da Num 3,19, 1Chr 5,28 und 1Chr 6,3 alle Söhne Kehats aufzählen, dabei aber keinen Amminadab, wohl aber einen Jizhar kennen und da auch Ex 6,18.21 die Abfolge Kehat – Jizhar – Korach bezeugen, ist in 1Chr 6,7 Amminadab wohl – wie schon in → Septuaginta-Handschriften (Alexandrinus, Venetus) – zu Jizhar zu ändern (so BHS; Rudolph, 54; Willi, 194).

Amminadab 02
Hhld 6,12 spricht von „Wagen Ammi-Nadibs“. Bei Ammi-Nadib (עַמִּי־נָדִיב ‘ammî-nādîv) kann es sich um eine Variante zu Amminadab handeln (Septuaginta: Αμιναδαβ; Vulgata: Aminadab). So konnte der hier genannte Ammi-Nadib mit einem zur Idealgestalt der Lebensfreude überhöhten König Amminadab von Ammon identifiziert werden (Müller, 156-160). In anderen Deutungen werden beide Teile der Verbindung „Ammi-Nadib“ appellativisch verstanden: „mein edles Volk“ (Schwienhorst-Schönberger, 140) oder „mein edler Verwandter“ (Gerhards, 413). Da in dieser Frage keine sichere Entscheidung möglich und auch der Rest des Verses schwer verständlich ist, wird der Text zuweilen geändert (so z.B. Lutherbibel 1984; vgl. dagegen Lutherbibel 1545 und 2017), etwa zu „die Wagen mit dem Prinz (עִם נָדִיב ‘im nādîv)“.

Der Name → Abinadab wird in der Septuaginta durchweg mit Αμιναδαβ „Aminadab“ wiedergegeben.

2.5. Amminadab, die Könige von Ammon

Der assyrische König → Assurbanipal (669-631 v. Chr.) zählt auf einem Prisma all die Könige auf, die sich ihm unterworfen haben, unter ihnen einen ammonitischen König namens Amminadab (HTAT, 346; → Ammon / Ammoniter). Dem entsprechen zwei ammonitische Beamten-Siegel, deren Besitzer sich als „Untergebene Amminadabs“ (‘bd ‘mndb) bezeichnen (7. Jh. v. Chr.; Hübner, 53f). Die ammonitische Tell-Siran-Inschrift nennt sogar zwei Könige namens Amminadab, bei denen es sich um Großvater und Enkel handelt (KAI 5. Aufl., Nr. 308).

3. Amminadab in der Kunst

3.1. Quadrigae Aminadab (Hhld 6,11 Vulgata)

Amminadab 03
Der in Hhld 6,12 erwähnte Amminadab und sein Wagen wurden im Mittelalter mit dem → Abinadab der Ladeerzählung und dem Wagen, der die Lade nach Jerusalem brachte, identifiziert. Der Wagen wurde allegorisch auf das Evangelium bezogen, das sich in alle Welt ausbreitet, und die vier Räder auf die Evangelisten (vgl. Rupert von Deutz, ca. 1070-1129, in: Migne, Patrologia Latina 167, 1162; Honorius von Autun, ca. 1080-1150, in: Migne, Patrologia Latina 172, 512). In dieser Tradition steht die Darstellung in einem der Fenster der Abteikirche St. Denis. Der Wagen wird in Aufnahme der Vulgata als „Quadrige Aminadab“ (Hhld 6,11 – abweichende Zählung) ausgewiesen. Er trägt die → Bundeslade mit dem Kreuz, das von Gott gehalten wird. Den Rädern sind Symbole der Evangelisten zugeordnet.

Eine Buchmalerei aus Salzburg (um 1150) zeigt den Wagen Amminadabs mit den Evangeliensymbolen in den Rädern. In dem Wagen hält → Sulamit, die die bekehrte Synagoge symbolisiert, die Kreuzesfahne.

3.2. Amminadab im Stammbaum Jesu

Amminadab 04
Die bekannteste Darstellung Amminadabs stammt von Michelangelo und findet sich in der Sixtinischen Kapelle. Dort werden in den halbkreisförmigen Feldern über den Fenstern die Vorfahren Jesu nach dem Stammbaum von Mt 1,4-16 dargestellt. Die Reihe beginnt mit der Darstellung des „Aminadab“ am Ostende der Südwand und setzt sich fort mit der seines Sohnes Nachschon am Ostende der Nordwand. Amminadab erscheint mit ernster Miene und angespannter Körperhaltung. Edgar Wind (61) sieht in dem Bild angesichts der Darstellung Jeremias unmittelbar darüber und der sich kämmenden Frau rechts einen Bezug auf Jer 2,32: „Vergisst eine Jungfrau ihren Schmuck oder eine Braut ihren Schleier? Mein Volk aber vergisst mich seit endlos langer Zeit.“ Amminadab betrachtet er deswegen als Darstellung des Vergessens. Auf dem Schulterumhang weist ein gelber Kreis, wie ihn Juden nach päpstlicher Vorschrift tragen mussten, Amminadab als solchen aus. Nach Wisch (159-166) soll er so als Jude stigmatisiert werden. Herzner (245f) verweist dagegen auf die judenfreundliche Tendenz von Papst Julius II. (1503-1513) und meint, in Amminadab solle die jüdische Herkunft Jesu positiv hervorgehoben werden. Dabei verweist er auf die positive Amminadab-Rezeption Savonarolas. Dieser entnimmt dem Namen „Mein Volk macht freiwillig“, dass aus Amminadab ein Volk Gottes geboren wird, das freiwillig Gutes tut.

Auch in Kirchenfenstern findet sich Amminadab im Kontext von Darstellungen der Vorfahren Jesu, z.B. in Braine in der ehemaligen Klosterkirche von St. Yved (um 1200), im Westfenster von Canterbury Cathedral (12. Jh.; Abb. 1) und in London im Westfenster der Kirche All Saints Margaret Street (Alexander Gibbs; 1877).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Lexikon der christlichen Ikonographie, Freiburg i.Br. 1968-1976 (Taschenbuchausgabe, Rom u.a. 1994)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Encyclopedia of the Bible and its Reception, Berlin / New York / Boston 2009ff

2. Weitere Literatur

  • Benz, F.L., Personal Names in the Phoenician and Punic Inscriptions (StP 8), Rom 1972
  • Erich, O.A., Art. Aminadab, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I (1934), 638-641; auch in: RDK Labor, URL: http://www.rdklabor.de/w/?oldid=89268 (Zugriff: 09.09.2017)
  • Fowler, J.D., Theophoric Personal Names in Ancient Hebrew (JSOT 49), Sheffield 1988
  • Froehlich, K., Sensing the Scriptures: Aminadab’s Chariot and the Predicament of Biblical Interpretation, Grand Rapids 2014
  • Gerhards, M., Das Hohelied. Studien zu seiner literarischen Gestalt und theologischen Bedeutung (ABG 35), Leipzig 2010
  • Herzner, V., Die Sixtinische Decke – warum Michelangelo malen durfte, was er wollte, Hildesheim u.a. 2015
  • Hübner, U., Die Ammoniter. Untersuchungen zur Geschichte, Kultur und Religion eines transjordanischen Volkes im 1. Jahrtausend v. Chr. (ADPV 16), Wiesbaden 1992
  • Michael, M.A., Stained Glass of Canterbury Cathedral, London 2004
  • Müller, H.P., Kohelet und Amminadab, in: A.A. Diesel u.a. (Hgg), „Jedes Ding hat seine Zeit ...“. Studien zur israelitischen und altorientalischen Weisheit (FS Diethelm Michel; BZAW 241), Berlin u.a. 1996, 149-165
  • Noth, M., Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung, Stuttgart 1928 (Nachdr. Hildesheim / New York 1980)
  • Rudolph, W., Chronikbücher (HAT I,21), Tübingen 1955
  • Schwienhorst-Schönberger, L., Das Hohelied der Liebe, Freiburg u.a. 2015
  • Shea, W.H., The Siran Inscription: Amminadab’s Drinking Song, PEQ 110 (1978), 107-112
  • Stamm, J.J., Hebräische Ersatznamen (1965), in: ders., Beiträge zur hebräischen und altorientalischen Namenkunde (OBO 30), Freiburg (Schweiz) / Göttingen, 59-79
  • Tallquist, K.L., Neubabylonisches Namenbuch zu den Geschäftsurkunden aus der Zeit des Šamaššumukîn bis Xerxes (Acta Societatis Scientiarum Fennicae 32,2), Helsingfors 1906
  • Tallqvist, K.L., Assyrian Personal Names, Helsingfors 1914 (Nachdruck: Hildes­heim 1966)
  • Willi, Th., Chronik (BK.AT XXIV/1), Neukirchen-Vluyn 2009
  • Wisch, B., Vested Interest: Redressing Jews on Michelangelo’s Sistine Ceiling, Artibus et Historiae 48 (2003), 143-172
  • Wind, E., Die Bildsprache Michelangelos, hg. und kommentiert von P. Schneider, Berlin / Boston 2017

Abbildungsverzeichnis

  • Aminadab im Westfenster von Canterbury Cathedral (12. Jh.). Aus: Wikimedia Commons; © Mattana, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-sa 3.0 nicht portiert; Zugriff 11.9.2017 (Ausschnitt)
  • Der Wagen Amminadabs (Fenster im Chorraum der Abteikirche St. Denis, links der Achse; ca. 1140 n. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © public domain; Zugriff 11.9.2017
  • Der Wagen Amminadabs (Miniatur, Salzburg um 1150). Wien, Staatsbibliothek; aus: O.A. Erich, Art. Aminadab, in: Reallexikon zur Deutschen Kunstgeschichte, Bd. I (1934), 638-641; Creative Commons 3.0 Deutschland Lizenz
  • Amminadab als Vorfahre Jesu (Michelangelo, 1509). Aus: Wikimedia Commons; © public domain; Zugriff 11.9.2017

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