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Andere Schreibweise: Amasja; Amaziah (engl.)

(erstellt: Dezember 2008)

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1. Name

Der Personenname Amazja stammt aus dem Hebräischen und ist in zwei Varianten überliefert: אֲמַצְיָה ’ǎmaṣjāh und אֲמַצְיָהוּ ’ǎmaṣjāhû. Es handelt sich um einen Satznamen, dessen erstes Element das Verb אמץ ’mṣ „stark / kräftig sein“ und dessen zweites Element der Eigenname JHWH darstellt. Der Name bedeutet „stark erwiesen hat sich JHWH“ (vergleichbar sind die Kurznamen Amzi אַמְצִי ’amṣî in 1Chr 6,31; Neh 11,12 und Amoz אָמוֹץ ’āmôṣ in Jes 1,1 u.ö. sowie inschriftlich in → Dan und → Beerscheba [HAE I, 134.234]). Im Alten Testament gibt es vier Träger dieses Namens.

2. Amazja, König von Juda

Von Amazja, Sohn des → Joasch, König von Juda, wird in 2Kön 14,1-20 und 2Chr 25,1-28 berichtet. Der Bericht von 2Kön 14 scheint im Kern historisch verlässlich zu sein, auch wenn er literarisch überarbeitet wurde (Würthwein) und manche Ereignisse auf Grund fehlender Hintergrundinformationen merkwürdig erscheinen. Demnach dürfte Amazja im Jahre 824 geboren worden sein und von 800-786 als König über Juda und Jerusalem geherrscht haben.

Erwähnt wird erstens (2Kön 14,5-6), dass er die Söhne der Mörder seines Vaters Joasch am Leben ließ, was vom deuteronomistischen Autor des Berichts mit Verweis auf Dtn 24,16, wo Sippenhaft ausgeschlossen wird, positiv gewürdigt wird. Zweitens (2Kön 14,7) kämpfte er gegen die → Edomiter und konnte die Stadt Sela erobern, die er in Jokteel umbenannte. Drittens (2Kön 14,8-14) brach er, ohne dass ein Grund dafür genannt würde, einen Kampf gegen den Nordreichskönig → Joasch vom Zaun. Amazja hat sich nach seinem Erfolg über die Edomiter vermutlich so stark gefühlt, dass er die umstrittene Grenzstadt → Bet-Schemesch dem Reich Juda eingliedern wollte. Trotz der höhnischen Warnung des Joasch von Israel, der seine Überlegenheit über das Südreich in einer kleinen Fabel mit derjenigen einer → Libanon-Zeder über einen → Dornstrauch vergleicht (2Kön 14,9), begann Amazja den Kriegszug, wurde jedoch geschlagen und gefangengenommen. Joasch führte einen Gegenschlag durch, eroberte Jerusalem, plünderte den Tempel- und den Königsschatz und riss ein Stück der Nordmauer ein. So kommt Amazja die unrühmliche Rolle zu, durch seine Selbstüberschätzung zwei einmalige Dinge provoziert zu haben: Es war das einzige Mal, dass ein judäischer König von einem Nordreichskönig gefangen genommen, und das einzige Mal, dass Jerusalem vom Nordreich erobert wurde. Viertens wird berichtet (2Kön 14,17-20), dass Amazja, mindestens 15 Jahre nach diesen Ereignissen, einer Revolte zum Opfer fiel, deren Gründe im Dunkeln bleiben. Amazja konnte noch nach → Lachisch fliehen, wurde aber dort ermordet. Bestattet wurde er jedoch, anscheinend ehrenvoll, in Jerusalem.

Jepsen (38) hat die These aufgestellt, Amazja sei nach seinem misslungenen Feldzug abgesetzt und sein Sohn → Asarja / Usija als Regent eingesetzt worden. Nach 15 Jahren habe er dann versucht, die Macht wieder zu erlangen, was zu seiner Ermordung geführt habe. Diese These muss jedoch zuviel in die mageren Angaben des Textes hineinlesen (Würthwein 373).

In der Notiz 2Kön 14,3-4 wird Amazja eingeschränkt positiv bewertet, insofern er „tat, was JHWH wohlgefiel, doch nicht wie sein Vater David“. Insbesondere wird ihm der stereotype Vorwurf gemacht, er habe den Kult an den Höhenheiligtümern nicht unterbunden.

Der Bericht der → Chronik schmückt den Bericht von 2Kön 14, der mit nur geringfügigen Änderungen übernommen wird, mit zusätzlichen Episoden aus, die deutlich machen sollen, dass Amazja zunächst als JHWH-treuer König begann, weshalb er im Rahmen seines Edom-Feldzuges auf den Rat eines namenlosen Gottesmannes hörte (2Chr 25,7-10), dann aber von JHWH abfiel, indem er die eroberten Götterstatuen der Edomiter anbetete (2Chr 25,14). Auf den daraufhin von JHWH gesandten Propheten hörte Amazja dann nicht mehr (2Chr 25,15-16), weshalb er im Kampf gegen den Nordreichskönig Joasch eine vernichtende Niederlage erlitt. So wird nachträglich, und sehr wahrscheinlich ohne dass sich der Chronist auf zusätzliche Quellen stützen konnte, die Eroberung Jerusalems als Strafe für den Abfall von Gott und den Ungehorsam gegenüber einem Propheten erklärt.

3. Amazja, Priester von Bethel

Von dem Priester Amazja wird nur in Am 7,10-17 berichtet. Die Angaben über ihn sind spärlich. Gleich bei seiner ersten Nennung wird er als „der Priester von → Bethel“ (Am 7,10) bezeichnet. Die Determination spricht dafür, dass er am dortigen Heiligtum eine hervorgehobene Stellung hatte. Vermutlich war er der Oberpriester. Auf jeden Fall fällt es in seinen Zuständigkeitsbereich, dem König, als dem Herrn des Staatsheiligtums, Meldung über staatsfeindliche Umtriebe daselbst zu machen. Diese Meldung enthält zwei Teile: Zum einen legt er dem König in eigenen Worten seine Einschätzung dar, dass die Tätigkeit des → Amos einer Verschwörung (קשׁר qšr) gleichkommt (Am 7,10b), und zum anderen führt er ein Amoszitat an, das seine Einschätzung belegen soll (Am 7,11). Dieses Zitat kann sich in der gesamten Amosschrift lediglich auf Am 7,9 stützen, wo allerdings nicht von → Jerobeam II. selbst, sondern von seiner Familie („Haus Jerobeams“) die Rede ist, allerdings ist aus dem Kontext Am 7,8-9 deutlich, dass es dort nicht um eine zielgerichtete Aktion gegen Jerobeam, etwa einen Staatsstreich, geht; das Schicksal der Königsfamilie ist vielmehr Teil des Vorgehens JHWHs gegen Israel insgesamt. Obwohl Amos sicher kein staatstragender Prophet war, formuliert Amazja dessen Botschaft in unzulässiger Weise so um, als würde dieser einen politischen Aufstand gegen Jerobeam betreiben.

Nachdem Amazja den Boten zum König abgeschickt hat, wendet er sich Amos zu. Da nicht erzählt wird, dass Amazja vom König eine Antwort erhalten hat, ist vorausgesetzt, dass er die folgende Rede an Amos (Am 7,12-13) in eigener Autorität gesprochen hat. Meist wird sie als formale Ausweisung des judäischen Sehers Amos in sein Herkunftsland verstanden, da Amazja aber agiert, ehe die Antwort des Königs eingetroffen ist, dürfte es sich eher um einen gut gemeinten Ratschlag an Amos handeln. Amazja bestreitet Amos weder seine prophetische Sendung, noch sein Recht öffentlich aufzutreten; er legt ihm lediglich nahe, dass er in Juda gefahrlos sein Brot essen könne (Am 7,12b), wohingegen er sich ausmalen könne, was ihn am Königstempel des Nordreichs erwarte.

Dieser diplomatische Versuch des Amazja, den unliebsamen Judäer los zu werden, ohne dessen göttliche Sendung in Frage zu stellen, wird allerdings von Amos äußerst scharf abgewiesen (Am 7,14-17). Amazja stelle sich gegen den Willen JHWHs, der ihm ausdrücklich aufgetragen habe, sich an das Nordreich Israel zu wenden. Der Vorwurf, gegen den König zu agitieren, spielt in Amos’ Antwort dagegen keine Rolle. Dann richtet Amos eine schreckliche Strafansage gegen die Familie des Amazja (Am 7,17): Dessen Frau wird in der Stadt Hurerei treiben, Söhne und Töchter werden im Krieg sterben, der Landbesitz der Familie wird, vermutlich von den militärischen Eroberern, anderen zugeteilt werden und Amazja selbst wird im Exil, im unreinen Land sterben. Damit endet die Episode, ohne dass man erfährt, wie die Beteiligten sich weiter verhalten haben.

Für diejenigen, die die Episode, vermutlich unter Veränderung einiger weniger Formulierungen, in den Visionenzyklus eingebaut haben, war aber offensichtlich, dass sich die Drohungen gegen Amazja, das Königshaus und das Nordreich, im Rahmen der assyrischen Eroberung Israels erfüllt haben. Damit war Amos als wahrer Prophet erwiesen.

Weitere → Redaktoren haben zudem angenommen, dass Amos trotz seiner scharfen Antwort an Amazja nach Juda gegangen ist. So dürfte die Nennung des Zion in Am 6,1 und des judäischen Königs Usija in Am 1,1 erklärbar sein.

Die Historizität des Vorfalls und damit auch die des Priesters Amazja wird gelegentlich bestritten (Levin 310; Gertz 157). Die gesamte Szenerie spricht aber sehr für deren historische Glaubwürdigkeit (Riede 293-294). Wer sollte z.B. später erfunden haben, dass es Amos ablehnt, ein „Prophet“ נביא nābî’ zu sein (Am 7,14)?

Die Auseinandersetzung zwischen Amazja und Amos wurde für die Tradenten der Amosüberlieferung insbesondere deshalb wichtig, weil Amazja den königskritischen Aspekt der Botschaft des Amos erspürt hatte. Historisch gesehen hat Amazja Amos, bewusst oder unbewusst, missverstanden, aber für die Tradenten hatte Amazja aufgedeckt, dass auch Amos genauso wie Hosea das Nordreichskönigtum als gottvergessen abgelehnt hat. Die Tradenten untermauerten dies noch dadurch, dass sie den Vers Am 7,9 einfügten und so dem Amos ein Wort in den Mund legten, auf das sich die Zusammenfassung der Botschaft des Amos durch Amazja in Am 7,10-11 stützen konnte (Jeremias 112; Schart, 88.115).

Die ganze Episode Am 7,10-17 erklärt, wenn man sie in ihrem literarischen Kontext der Abfolge der fünf Visionen liest, in den sie durch wörtliche Aufnahme ganzer Phrasen verwoben ist (Jeremias 107), warum Amos in der dritten → Vision (Am 7,7-8), im Gegensatz zu den ersten beiden Visionen, keine → Fürbitte für Israel mehr leistet, und JHWH an Israel nicht mehr schonend vorüber geht (Jeremias 107). Amos konnte nicht mehr Fürsprache leisten, weil die führenden Repräsentanten Israels, nämlich König und Priester, zusammenwirkten, um ihm in Bet-El das Wort zu verbieten. Weil Amazja Amos „nicht mehr länger“ prophezeien lässt (Am 7,13), darum kann JHWH „nicht mehr länger“ Geduld üben (Am 7,8; Am 8,2; Jeremias 108). Amazja gebührt deshalb nach Meinung der Amosschrift die unrühmliche Rolle, mit seinem Verhalten den Untergang des Nordreichs besiegelt zu haben.

Diese Rolle dürfte der Grund sein, warum mit der Wurzel des Namens Amazja zweimal in der Amosschrift gespielt wird: In Am 2,14.16 wird bei der Beschreibung der kommenden militärischen Niederlage Israels zweimal die Wurzel אמץ ’mṣ (im Piel „Stärke entfalten“) verwendet, die den ersten Bestandteil des Namens Amazja bildet (Riede 282 Anm 4). In Am 8,11-12 wird der Abweisung des JHWH-Wortes in Am 7,10-17 ein Hunger nach ihm gegenübergestellt, der sich aber nicht erfüllt. In Am 8,11 dürften das Lexem צמא ṣāmā’ „Durst“, das die Konsonanten der Wurzel אמץ ’mṣ „stark sein“ genau in umgekehrter Reihenfolge enthält, und das Lexem מצא mṣ’ „finden“ in Am 8,12, das ebenfalls die drei Konsonanten enthält, eine Anspielung auf den Namen Amazja darstellen (Schart 92).

Am Beispiel der Auseinandersetzung zwischen Amazja und Amos wurde erstmals in der Schriftprophetie Israels der Grundkonflikt zwischen Priester und Prophet erzählerisch entfaltet. Dabei hat sich für die Amosschrift das Gotteswort der institutionell ungebunden auftretenden, intuitiven Einzelgestalt gegenüber dem offiziellen, im Interesse des herrschenden Königs agierenden Amtsinhabers bewahrheitet.

4. Amazja aus dem Stamm Simeon

In 1Chr 4,34 wird im Rahmen der Aufzählung der Geschlechter des Stammes Simeon ein Amazja als Vater von Meschobab, Jamlech und Joscha genannt.

5. Amazja aus dem Stamm Levi

Eine weitere Person namens Amazja wird in 1Chr 6,30 als Vater von Haschabja und Sohn von Hilkija genannt. Nach der Vorstellung der Chronik gehört er zur → Etan-Familie, einer der drei levitischen Familien, die → David als Sänger eingesetzt hatte und die seit → Salomo dieses Amt am Jerusalemer → Tempel wahrnahmen.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Baltzer, K., 1991, Bild und Wort. Erwägungen zu der Vision des Amos in Am 7,7-9, in: W. Groß / H. Irsigler / Th. Seidl (Hgg.), Text, Methode und Grammatik (FS W. Richter), St.Ottilien, 11-16
  • Bjørndalen, A. J., 1980, Erwägungen zur Zukunft des Amazja und Israels nach der Überlieferung Amos 7,10-17, in: R. Albertz / H.P. Müller / H.W. Wolff (Hgg.), Werden und Wirken des Alten Testaments (FS C. Westermann), Göttingen / Neukirchen-Vluyn, 236-251
  • Gertz, J. C., 2003, Die unbedingte Gerichtsankündigung des Amos, in: F. Sedlmeier (Hg.), Gottes Wege suchend. Beiträge zum Verständnis der Bibel und ihrer Botschaft (FS R. Mosis), Würzburg, 153-170
  • Japhet, S., 2003, 2 Chronik ausgelegt [Aus d. Engl. übers. von Dafna Mach] (HThK.AT), Freiburg u.a.
  • Jepsen, A. / Hanhart, R., 1964, Untersuchungen zur israelitisch-jüdischen Chronologie (BZAW 88), Berlin
  • Jeremias, J., 1995, Der Prophet Amos (ATD 24,2), Göttingen
  • Levin, C., 1995, Amos und Jerobeam I., VT 45, 307-317
  • Noble, P. R., 1998, Amos and Amaziah in context: synchronic and diachronic approaches to Amos 7-8, CBQ 60, 423-439
  • Riede, P., 2008, Vom Erbarmen zum Gericht. Die Visionen des Amosbuches (Am 7-9*) und ihr literatur- und traditionsgeschichtlicher Zusammenhang (WMANT 120), Neukirchen-Vluyn, 283-294
  • Schart, A., 1998, Die Entstehung des Zwölfprophetenbuchs. Neubearbeitungen von Amos im Rahmen schriftenübergreifender Redaktionsprozesse (BZAW 260), Berlin u.a.
  • Utzschneider, H., 1988, Die Amazjaerzählung (Am 7,10-17) zwischen Literatur und Historie, BN 41, 76-101
  • Würthwein, E., 1984, Die Bücher der Könige Teilbd. 2, 1. Kön. 17-2. Kön. 25 (ATD 11,2), 2. Aufl., Göttingen

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