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(erstellt: Februar 2009)

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Außer einer Stele aus → Elephantine (s.u.) gibt es nur sehr wenige ägyptische Texte, denen man historische Informationen über die Regierung des Pharao Amasis (570-526 v. Chr.) entnehmen kann. Die mit Abstand wichtigste Quelle ist Herodot (II, 162ff.; Text gr. und lat. Autoren).

1. Name, Herkunft und Familie

Amasis (oder Ahmose II., ägyptisch J‘ḥ-msw S3-Njtt, Thronname Hnm-jb-R‘) war der fünfte und vorletzte König der ägyptischen 26. Dynastie, der den Thron 570 von seinem Vorgänger → Apries (589-570) usurpierte und bis 526 regierte. Herodot (II, 172) zufolge stammte Amasis aus Siuph im Gau von → Sais und war geringer Herkunft. Über seine Familie ist wenig bekannt; seine Mutter hieß T3-šrjt-n-3st, der Vater ist unbekannt. Vor der Usurpation scheint Amasis zum Hofstaat des Apries gehört zu haben; dass er Offizier war, ist nur eine Vermutung. Auf jeden Fall ist er, anders als früher oft angenommen, nicht identisch mit dem General Amasis, der auf dem Feldzug Psammetichs / Psametiks II. nach Nubien (593) die ägyptischen Truppen befehligte.

Von den Ehefrauen des Amasis sind drei namentlich bekannt: Tanetcheta (T3-nt-cht3 „Die Hethiterin“), Nechetbasteru (Ncht-B3stt-r.w) sowie Ladike (Herodot II, 181), eine Griechin aus Kyrene, von seinen Kindern Psammetich / Psametik (III., sein Nachfolger, Sohn der Tanetcheta), Nitokris (II., designierte Nachfolgerin der thebanischen Gottesgemahlin Anchnesneferibre), der General Amasis sowie ein Pasenenchons (Vittmann 1975).

2. Usurpation und frühe Jahre

Die Usurpation des Thrones durch Amasis im Jahr 570 wird bei Herodot (II, 161-163; 169) und Diodor (I, 68) geschildert, und auch auf einer ägyptischen Stele aus Elephantine (Daressy 1900; Edel 1978) geht es um die Kämpfe zwischen Apries und Amasis in dessen 1. (570) und 4. Jahr (567). Diese Quellen liefern z.T. widersprüchliche Informationen. Apries schickt ein ägyptisches Heer, um den libyschen Fürsten Adikran gegen die griechische Kolonie von Kyrene zu unterstützen. Nach einer Niederlage meutert dieses Heer, und Amasis, von Apries ausgesandt, um es wieder unter Kontrolle zu bringen, lässt sich selbst zum Gegenkönig erheben. Apries wird in einer oder zwei Schlachten besiegt (Herodot, II, 169: bei Momemphis; Diodor, I, 68: bei Marea) und der griechischen Überlieferung nach erdrosselt. Die Elephantinestele des Amasis besagt dagegen, dass im 4. Jahr des Amasis (567) eine asiatische Invasion abgewehrt wurde und Apries in dieser Schlacht ums Leben kam. Dazu passt ein Keilschriftfragment der babylonischen Chronik, das von einem Invasionsversuch Ägyptens unter Nebukadrezzar II. in dessen 37. Jahr (567) spricht (Edel 1978; Lloyd, 1988, 178-181; Leahy 1988). Übereinstimmend berichten die Quellen dann, dass Apries in Sais neben seinen Vätern bestattet wurde.

3. Außenpolitik

Die nahezu einzige Quelle dafür ist Herodot (II, 178-182). Ihm zufolge eroberte Amasis Zypern (II, 182), er schloss ein Bündnis mit Kyrene und heiratete auch eine Frau von dort (Ladike, II, 181; vgl. auch Diodor, I, 68). Allgemein gilt er bei Herodot als besonderer Freund der Griechen (II, 178), der erheblich für den Wiederaufbau des Tempels von Delphi stiftete (II, 180) und Weihegeschenke nach Lindos auf Rhodos und nach Samos schickte (II, 182). Ferner habe er den Griechen Naukratis als Handelsplatz überlassen und ihnen gestattet, dort auch Heiligtümer zu errichten (II, 178-179). Naukratis diente zwar sicher schon unter Psammetich / Psametik I. griechischen Händlern als Stützpunkt, es wird aber von Amasis besonders gefördert worden sein und bekam eine Monopolstellung für den Seehandel. Wie die früheren Könige der 26. Dynastie stützte auch Amasis seine Herrschaft und die militärische Sicherheit Ägyptens nicht zuletzt auf ausländische Söldner. Die unter Psammetich / Psametik I. am pelusischen Nilarm stationierten Ionier und Karer wurden jetzt bei → Memphis angesiedelt (II, 154).

Als unter Kyros II. das Perserreich eine bedrohliche Macht zu werden schien, schloss er (vor 541) mit Kroisos von Lydien ein Bündnis, der seinerseits mit Nabonid von Babylon verbündet war (Herodot, I, 77).

Im Jahr 41 (530) scheint Amasis einer demotischen Quelle zufolge einen Feldzug nach Nubien unternommen zu haben (Erichsen 1941; Zauzich 1992).

4. Innenpolitik

Wiederum nach griechischen Quellen stand Ägypten unter der Regierung des Amasis in besonderer wirtschaftlicher Blüte (Herodot, II, 177), und er sorgte auch für eine weise Gesetzgebung (die aber schon aus chronologischen Gründen nicht als Vorbild für Solon von Athen gedient haben kann, wie bei Herodot, I, 30 und II, 177 angegeben) und eine wohlgeordnete Verwaltung (Diodor, I, 95). Herodot erwähnt auch den großzügigen Ausbau des Tempels der Neith in Sais und seine Ausschmückung mit Großplastik (II, 175) sowie Bauten in → Memphis (II, 176). Umfangreiche Restaurierungsarbeiten in → Abydos sind aus einer ägyptischen Inschrift bekannt (Jelinková-Reymond, E., 1957, 275-287; Leahy 1984). Archäologische Spuren von Bauten gibt es u.a. aus → Abydos, Athribis, Buto, → Edfu, → Elephantine, → Memphis, Mendes, Philae, → Sais, → Tanis, Tanta, Tell Nebescheh und der Oase Bahrîja. Königliche Denkmäler aus der Zeit des Amasis sind dennoch nicht sehr zahlreich erhalten; man hat das auf die Verfolgung seines Andenkens durch Kambyses zurückgeführt, der kurz nach dem Tod des Amasis Ägypten eroberte. Ein anderer Grund dürfte in dem großangelegten Bau- und Restaurationsprogramm für die ägyptischen Tempel während der 30. Dynastie und der frühen → Ptolemäerzeit liegen, das vielfach die sichtbaren Spuren älterer Tempeldekoration beseitigte oder verbarg. Ein gutes Beispiel dafür ist der Tempel von Philae, wo man Hunderte von verbauten Blöcken aus der Zeit des Amasis erst bei der Verlagerung des Tempels entdeckt hat (Farag u.a. 1977; Farid 1980).

5. Tod und Nachleben

Amasis wurde wie seine Vorgänger im Tempel der Neith von Sais bestattet (Herodot, III, 10); von seiner Bestattung sind nur einige → Uschebtis erhalten. Angeblich ließ Kambyses, als er wenige Monate nach dem Tod des Amasis Ägypten eroberte, dessen Mumie misshandeln und dann verbrennen (Herodot III, 16).

Amasis muss eine sehr eigenwillige und für einen ägyptischen König eigenartige Person gewesen sein. Den Geschichten und Anekdoten zufolge, die Herodot (II, 172-174) und andere griechische Autoren wie Diodor, Plutarch und Polyainos sowie eine demotische Erzählung überliefert haben (Lloyd 1988, 211-215; Quaegebeur 1990, 265-270), war er trinkfreudig und leichtfertig (zumindest vor seiner Thronbesteigung), aber auch schlau und schlagfertig.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Lexikon der Pharaonen, München 1996

2. Weitere Literatur

  • Daressy, G., 1900, Stèle de l’an III d’Amasis, Recueil de Travaux 22, 1-9
  • Edel, E., 1978, Amasis und Nebukadrezar II., Göttinger Miszellen 29, 13-20
  • Erichsen, W., 1941, Erwähnung eines Zuges nach Nubien unter Amasis in einem demotischen Text, Klio 34, 56-61
  • Farag, S. u.a., 1977, Reused Blocks from a Temple of Amasis at Philae. A Preliminary Report, Oriens Antiquus 16, 315-324; Taf. XIII-XXX
  • Farid, A., 1980, Re-used Blocks from a Temple of Amasis at Philae. The Final Results, Mitteilungen des Deutschen Archäologischen Instituts Kairo 36, 1980, 81-103; Taf.27-29
  • Jelinková-Reymond, E., 1957, Quelques recherches sur les réformes d’Amasis, Annales du Service des antiquités de l’Egypte, 54, 251-287
  • Lloyd, A.B., 1988, Herodotus Book II, Commentary 99-182, Leiden
  • Leahy, A., 1984, The Date of Louvre A.93, Göttinger Miszellen 70, 45-58
  • Leahy, A., 1988, The Earliest Dated Monument of Amasis and the End of the Reign of Apries, in: Journal of Egyptian Archaeology 74, 183-199
  • Lippert, S., 2004, Ein demotisches juristisches Lehrbuch: Untersuchungen zu Papyrus Berlin P 23757 rto, Ägyptologische Abhandlungen 66, 172-173
  • Müller, C.W., 1989, Der Schelm als König und Weiser. Amasis von Ägypten in der Darstellung Herodots, in: Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz 1949-1989, Stuttgart, 209-236
  • Quaegebeur, J., 1990, Les rois saïtes amateurs de vin, Ancient Society 21, 241-271
  • Vittmann, G., 1975, Die Familie der saitischen Könige, Orientalia 44, 375-387
  • Zauzich, K.-Th., 1992, Ein Zug nach Nubien unter Amasis, in: J. Johnson (Hg.), Life in a Multi-Cultural Society: Egypt from Cambyses to Constantine and Beyond, Studies in Ancient Oriental Civilizations 51, 361-364

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