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Amalek / Amalekiter

(erstellt: Mai 2008)

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Über die Amalekiter lässt sich historisch wenig sagen. Im Alten Testament gelten sie als räuberisches Nomadenvolk im Süden Palästinas und Erbfeind Israels (Ex 17,16: „Krieg hat Jahwe mit Amalek von Geschlecht zu Geschlecht!“).

1. Name

Die Bedeutung des Namens Amalek / Amalekiter (עֲמָלֵק / עֲמָלֵקִי), der nur aus der hebräischen Bibel bekannt ist, ist nicht geklärt. Nach Knauf verweist er möglicherweise auf protoarabische Herkunft (< *‘Amāliq).

2. Biblische Überlieferung

2.1. Amalek, der Enkel Esaus

In der Geschlechterliste → Esaus, des Stammvaters der Edomiter, erscheint Amalek als Enkel Esaus und Sohn von Elifas und seiner Nebenfrau Timna (Gen 36,12; Parallelstelle: 1Chr 1,36). Gen 36,16 listet ihn unter den Häuptlingen → Edoms auf. Dem entspricht 1Chr 4,43, wo ein Rest Amaleks im Gebirge Seïr, also im Bereich Edoms, lokalisiert wird.

2.2. Lebensweise

Gesichertes lässt sich über die Lebensweise wenig sagen. Meist wird vermutet, Amalek habe als nomadisierender Stamm den Negeb bewohnt. Nach Ri 6,3-5; 1Sam 15,3; 1Sam 30,17 sind die Amalekiter Kamelbesitzer. Die Erzählung 1Sam 30 und die Erwähnungen in Ri 6,3.33; Ri 7,12 zeichnen Amalek als räuberisches Volk. Nach 1Sam 15,5 bewohnt Amalek eine Stadt mit einem König namens Agag an der Spitze (1Sam 15,8.9.20.32.33), was das Nomadentum Amaleks fraglich erscheinen lässt.

2.3. Erbfeind Israels

2.3.1. Das Amalekitergesetz

Im Buch → Deuteronomium gebietet Gott Israel – unter Verweis auf den Überfall der Amalekiter nach dem Auszug aus Ägypten (Ex 17,8-16) – das Volk der Amalekiter auszurotten, sobald man nach der Landgabe Frieden gefunden hat (Dtn 25,17-19). Die Missachtung dieses Gebots begründet später die Verwerfung Sauls (1Sam 15,18f).

2.3.2. Kriegserzählungen

Abgesehen von der kurzen Notiz in Gen 14,7, die von der Verwüstung des Gebiets der Amalekiter durch eine Koalition von vier Königen weiß, spielen die Amalekiter erst in Ex 17,8-16 eine Rolle. Sie haben die Israeliten auf der → Wüstenwanderung angegriffen, doch → Mose schickt → Josua gegen sie in den Kampf. Israel erringt den Sieg, da Mose die Arme von → Aaron und → Hur gestützt zum Gebet erhoben halten kann. Die Erzählung, die in der göttlichen Zusage der Vernichtung der Amalekiter gipfelt, begründet die Erzfeindschaft zwischen Amalek und Israel und zeigt als theologische Lehrerzählung die Kraft des Gebets (Schmitt).

Num 14,39-45 liest sich als negatives Gegenstück zu Ex 17,8-16: Der eigenmächtige, gegen den ausdrücklichen Willen Jahwes unternommene Kriegszug gegen Amalek endet mit Israels Niederlage.

Ri 3,13 lässt die Amalekiter und → Ammoniter unter → Moabs Führung an einem Eroberungszug gegen Israel teilnehmen. Nach Ri 6,3.33; Ri 7,12 beteiligt sich Amalek im Gefolge → Midians an Beutezügen. In Ri 10,12 erscheint Amalek in einer Reihe von Völkern, die Israel in der vorstaatlichen Zeit bedrängten.

Die Notiz 1Sam 14,48 berichtet von → Sauls Schlag gegen Amalek und schafft so den Übergang zu 1Sam 15. Zwölf Mal werden hier Amalek bzw. die Amalekiter genannt (zehn Mal עמלק, zwei Mal עמלקי). Nach dem Amalekitergesetz (s.o.) hat Saul den vollständigen → Bann an Amalek zu vollziehen. Da er den Befehl nicht korrekt ausführt, wird er verworfen. 1Sam 28,18 begründet mit dem nicht ganz vollstreckten Bann den Verlust von Sauls Königtum.

1Sam 27,8 nennt Amalek als Ziel von Überfällen, die → David von → Ziklag aus unternimmt. Die Notiz bereitet die große Erzählung 1Sam 30 vor, wo eine amalekitische Räuberbande Davids Residenzstadt Ziklag ausplündert, was einen Rachefeldzug Davids zur Folge hat. In 2Sam 1,1-16 wird der Amalekiter, der David die Königsinsignien Sauls überbringt, niedergestochen, weil er vorgibt, Saul getötet zu haben. In 2Sam 8,12 (Parallele 1Chr 18,11) erscheint Amalek unter Fremdvölkern, die David besiegt und geplündert hat.

Ps 83,7f nennt Amalek in einer Reihe transjordanischer Völker. Diese repräsentieren die feindliche Völkerwelt, ja die Chaosmächte (Hossfeld / Zenger), die Israel derart zu vernichten beabsichtigen, dass niemand mehr des Namens Israels gedenken wird (Ps 83,5).

3. Lokalisierung

Amalek kann nicht eindeutig lokalisiert werden. Zum einen fehlen archäologische Zeugnisse, zum andern sind die biblischen Angaben nicht eindeutig. Nach Num 14,25 besiedelt Amalek zusammen mit → Kanaan die Ebene, Num 14,39-45 siedelt die beiden dagegen im Gebirge an. Num 13,29 weist Amalek als Bewohner des → Negevs aus, wo auch die → Keniter lokalisiert werden. Nach einer plausiblen Konjektur sieht Ri 1,16 Amalekiter und Keniter als Nachbarn, was auch in 1Sam 15,6 vorausgesetzt ist. Ebenso könnte der Umstand, dass der wohl alte Völkerspruch über Amalek demjenigen über die Keniter unmittelbar vorangeht (Num 24,20f), ein Hinweis auf diese Nachbarschaft sein. Die Erwähnung Amaleks in der Geschlechterliste → Esaus (Gen 36,12; Parallelstelle: 1Chr 1,36), sowie in der Liste der Häuptlinge → Edoms (Gen 36,16) legt die Anwesenheit von Amalekitern in edomitischem Gebiet nahe. Ps 83,7f. sieht Amalek inmitten transjordanischer Völker. Ri 5,14 und Ri 12,15 zeugen von einer Erinnerung an Amalek sogar in Ephraim.

4. Geschichte

Eine Geschichte Amaleks kann kaum rekonstruiert werden, da ein historischer Kern aus Ex 17,8-16; 1Sam 15 und 1Sam 30 nicht mit genügender Sicherheit isoliert werden kann. Die Erzählungen dienen dazu, Amalek als Feind schlechthin darzustellen, an dem ein vollständiger Bann zu vollziehen ist. Keine Bannforderung geht so weit wie die gegen Amalek.

Die übrigen Erwähnungen Amaleks ergeben kein klares Bild. Es kann aber vermutet werden, dass Amalek in vorstaatlicher Zeit Israels ein hartnäckiger Feind an Judas Südgrenze war, mit dem es immer wieder zu Konflikten um Weide- und Quellenrechte gekommen sein mag. In späterer Zeit blieben nur noch rudimentäre Erinnerungen an einen nicht mehr existierenden Feind. Amalek konnte so zur Chiffre für jede Feindschaft gegen Israel werden.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Neues Lexikon des Judentums, München 1992

2. Weitere Literatur

  • Dietrich, W., 1992, David, Saul und die Propheten (BWANT 122), Stuttgart
  • Dietrich, W., 1997, Die frühe Königszeit in Israel. 10. Jahrhundert v. Chr. (BE 3), Stuttgart / Berlin / Köln
  • Dietzfelbinger, R., 1995, Ex 17,8-16 und Dt 25,17-19 beim Wort genommen, Sef 55/1, 41-60
  • Knauf, A., 1983, Zum Text von Ri 5,14, Bib. 64, 428f.
  • Nöldecke, Th., 1864, Über die Amalekiter und einige andere Nachbarvölker der Israeliten, Göttingen
  • Schmitt, H.-Ch., 1990, Die Geschichte vom Sieg der Amalekiter Ex 17,8-16 als theologische Lehrerzählung, ZAW 102, 335-345
  • Tanner, H.A., 2005, Amalek. Der Feind Israels und der Feind Jahwes, Zürich
  • Hossfeld, F.-L. / Zenger, E., 2000, Psalmen 51-100, Freiburg

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