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Altarhörner

(erstellt: März 2009)

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1. Archäologische Belege

Die Form des Hörneraltars, d.h. eines Altars, dessen Ecken mit Hörnern versehen waren, reicht bei steinernen Räucheraltären bis ins 10. Jh. v. Chr. zurück (aktuelle Zusammenstellung der Funde bei Gitin 2002). Inzwischen sind auch entsprechende tönerne Altäre aus der Eisenzeit II in → Tel Rechov und Javne gefunden worden (Zwickel 2007). Beispiele aus Holz (wie in der Priesterschrift vorausgesetzt) haben sich nicht nur nicht erhalten, sondern dürften auch ungebräuchlich gewesen sein, da das Material nicht ausreichend hitzebeständig war.

Altarhoerner 2

Ein Altarhorn aus Dan, das allerdings unstratifiziert ist, sowie die Reste eines steinernen Hörneraltars aus Tell es-Seba‘ (→ Beerscheba) belegen die Existenz von entsprechenden großen Hörneraltären aus Stein für die vorexilische Zeit (Zwickel 1990, 126f).

2. Literarische Belege

Aus der Darstellung der Priesterschrift schließt man, dass es Hörner sowohl an dem → Räucheraltar gegeben hat, der im Jerusalemer → Tempel aufgestellt war und der aus Akazienholz mit Goldüberzug bestand (vgl. Ex 30,2.3; Ex 37,25-26), als auch an dem Brandopferaltar (→ Kultinstallationen), der vor diesem Tempel errichtet war und gleichfalls aus Akazienholz bestand, aber mit Kupfer überzogen war (vgl. Ex 27,2; Ex 38,2). Diese Überlieferung spiegelt die Verhältnisse des nachexilischen Tempels wider.

Die Existenz von vorexilischen Hörneraltären, die als Räucheraltäre benutzt wurden, legen neben dem archäologischen Befund auch alttestamentliche Texte nahe (vgl. Jer 17,1; Am 3,14). Schon im 10. Jh. dürfte ein solcher Räucheraltar in dem Kultzelt an der Gihonquelle gestanden haben (1Kön 1,50.51; 1Kön 2,28). Im Salomonischen → Tempel wird er am Eingang des Tempels aufgestellt gewesen sein (vgl. 1Kön 12,10). Der Brandopferaltar, der im 8. Jh. v. Chr. unter → Ahas im Hof des Jerusalemer Heiligtums errichtet worden war (2Kön 16,10-16), könnte auch ein Hörneraltar gewesen sein, falls Ez 43,15.20 Erinnerungen an diesen Altar widerspiegeln.

3. Funktion der Altarhörner

Nach der Darstellung der Priesterschrift sollte an die Altarhörner das Blut von Opfertieren gestrichen werden (Ex 29,12). Für das Sündopfer des Volkes Israel, der politischen Führer oder eines einfachen Mannes sollten die Hörner des Brandopferaltars bestrichen werden (Lev 4,18.25.30.34), für das Sündopfers des Hohenpriesters (Lev 4,7; vgl. Lev 8,15; Lev 9,9 den Weiheritus eines Hohenpriesters bzw. eines normalen Priesters) sowie am → Jom Kippur dagegen die Hörner des Räucheraltars (Ex 30,10; Lev 16,18). Es handelt sich um Reinigungsrituale an den Altären.

Über die ursprüngliche Funktion der Altarhörner ist viel spekuliert worden (Übersicht Zwickel 1990, 125). Man sah in den Hörnern geviertelte → Mazzeben, die aus praktischen Gründen an die Ecken des Altars gestellt wurden, aber auch ein Symbol für Könige oder Götter, die Reste eines Stierkultes oder die Halterung für eine Kultschale. All diese Vorschläge können nicht voll überzeugen. Setzt man voraus, dass der Altar ein Tempel en miniature ist, könnten die Hörner viel eher rudimentäre Türme sein, wie sie bei den mittel- und spätbronzezeitlichen Tempelbauten häufig existierten, und damit den Schutzcharakter des Tempels symbolisieren.

Das Umfassen der Altarhörner bot im Falle der Anklage als Mörder → Asyl (1Kön 1,50.51; 1Kön 2,28; vgl. Ex 21,13.14). Das Abschlagen des Hornes bedeutete gleichzeitig auch die Vernichtung des Altars als Kulteinrichtung (Am 3,14; Jdt 9,8 [Lutherbibel: Jdt 9,9]).

Literaturverzeichnis

  • Gitin, S., 2002, The Four-Horned Altar and Sacred Space: An Archaeological Perspective, in: B.M. Gittlen (Hg.), Sacred Time, Sacred Space. Archaeology and the Religion of Israel, Winona Lake, 95-123
  • Zwickel, W., 1990, Räucherkult und Räuchergeräte. Exegetische und archäologische Studien zum Räucheropfer im Alten Testament (OBO 97), Fribourg (Schweiz) / Göttingen
  • Zwickel, W., 1999, Der salomonische Tempel, Mainz
  • Zwickel, W., 2007, Clay Altar, in: I. Ziffer / R. Kletter (Hgg.), In the Fields of the Philistines. Cult Furnishings from the Favissa of a Yavneh Temple, Tel Aviv, 27*.86f.

Abbildungsverzeichnis

  • Räucheraltar mit Hörnern (Megiddo, Eisenzeit IIA). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Hörneraltar, rekonstruiert (Tell es-Seba‘; Eisenzeit II). © Detlef Jericke; Foto 1984

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