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Alt, Albrecht

(1883-1956)

(erstellt: Januar 2007)

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1. Leben

Albrecht Alt wurde am 20. September 1883 im mittelfränkischen Stübach als Sohn eines Pfarrers geboren. Er besuchte von 1894 bis 1898 das Progymnasium in Neustadt/Aisch, von 1898 bis 1902 das Gymnasium in Ansbach und studierte in den Jahren 1902 bis 1906 Theologie in Erlangen und Leipzig. Während seiner Zeit als Kandidat des Predigtamtes nahm er von Januar bis Mai 1908 mit einem Stipendium der bayrischen Kirche am Lehrkurs des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes (DEI) unter der Leitung von G. Dalman teil. 1909 wurde Alt in Greifswald zum Lizentiaten promoviert, im gleichen Jahr noch erfolgte die Habilitation und 1912 die Ernennung zum a.o. Professor für Altes Testament.

Nach einem erneuten Aufenthalt am Institut in Jerusalem im Winter 1912/13 ging Alt 1914 als o. Professor nach Basel, verbrachte aber den größten Teil des Ersten Weltkrieges in Palästina, wo er in den deutschen Heeresdienst auf türkischer Seite eingetreten war und zunächst als Sanitäter und dann bei der kartographischen Abteilung in Nazareth diente. 1921 trat Alt eine o. Professur in Halle an, von der aus er jedoch bereits im Winter 1921/22 wiederum nach Jerusalem ging, um dort das DEI zu leiten und gleichzeitig als Propst an der deutschen Erlöserkirche zu arbeiten. Zum Sommersemester 1923 folgte er einem Ruf nach Leipzig (Nachfolge R. Kittel) und kehrte nach Deutschland zurück. Auch nach seiner Übersiedlung leitete er von 1924 bis 1931 (sowie aufgrund der politischen Lage in Deutschland mit Einschränkungen noch 1933 und 1935) die jährlichen Lehrkurse des DEI und gab von 1927 bis 1941 auch dessen Jahrbuch heraus. Von 1925 bis 1949 war er Vorsitzender des → Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas.

Zahlreiche Ehrenämter und -würden wurden Albrecht Alt zuteil: Domherr des Hochstifts zu Meißen, Ehrendoktor der Universitäten Leipzig (phil.), Tübingen (phil.) und Frankfurt/Main (jur.) sowie (Ehren-)Mitgliedschaften zahlreicher in- und ausländischer wissenschaftlicher Gesellschaften. Albrecht Alt ist am 24. April 1956 in Leipzig gestorben.

2. Werk

Von den 243 Titelangaben, die K.H. Mann in der von W.F. Albright herausgegebenen Festgabe zu Alts siebzigstem Geburtstag 1953 verzeichnet hat, sind zahlreiche substanzielle Beiträge in den drei Sammelbänden „Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel“ (KS I-III) leicht zugänglich abgedruckt. Alt selbst hat die ersten beiden Bände, die 1953 in erster Auflage erschienen sind, zusammengestellt, während der dritte Band (1959) postum von Alts Schüler Martin → Noth herausgegeben wurde.

Der eindeutige Schwerpunkt der Forschungen Alts liegt in der Landeskunde Palästinas in Verbindung mit der Geschichte Israels vom 2. vorchristlichen Jahrtausend bis in die byzantinische Zeit. Hinzu kommen religionsgeschichtliche („Der Gott der Väter“, 1929, KS I, S. 1-78) sowie rechtsgeschichtliche („Die Ursprünge des israelitischen Rechts“, 1934, KS I, S. 278-332) Studien, die aber ihrerseits immer an die Geschichte Israels und deren gestaltende Kräfte rückgebunden sind. So dient die exegetische Rekonstruktion der Verehrung des „Gottes der Väter“ gleichzeitig dazu, den herausgearbeiteten „Religionstypus“ in den Zusammenhang der „Landnahme“ der israelitischen Stämme und der Bindung dieser Stämme an JHWH zu stellen (KS I, S. 58ff.). Die Grundunterscheidung von „apodiktischem“ und „kasuistischen“ Recht spiegelt, so Alt, den ursprünglichen Gegensatz zwischen dem genuin nomadisch geprägten israelitischen Rechtsdenken und dem kanaanäischen Recht wider, das damit erst nach der Sesshaftwerdung in das israelitische Rechtsdenken eingedrungen sei (KS I, S. 295ff.).

Dieser historischen Rahmen, in den er seine religions- und rechtgeschichtlichen Thesen stellen konnte, ist von Alt selbst in fundamentalen Essays zur Geschichte Israel erarbeitet worden. Zunächst ist das von ihm entworfene Modell der „Landnahme“ der Israeliten zu nennen, bei dem er die in der europäischen Geschichtswissenschaft bereits erprobte „territorialgeschichtliche Methode“ programmatisch für die Verhältnisse in Palästina zur Anwendung bringt („Die Landnahme der Israeliten in Palästina“, 1925, KS I, S. 89-125). Diese Methodik bedient sich eines Dreischrittes: Nachdem zunächst die geschichtlichen Verhältnisse in Palästina anhand von ägyptischen und keilschriftlichen Quellen vor der „Landnahme“ und dann die geschichtlichen Verhältnisse nach der „Landnahme“ anhand von alttestamentlichem Material („negatives Besitzverzeichnis“ in Ri 1; Gaulisten von Israel und Juda) dargestellt werden, zieht ein dritter Schritt die Konsequenzen aus den beobachteten Differenzen. Alts bekanntes Fazit lautet: „Israel wuchs mit der Landnahme nicht geradewegs in die städtische Kultur Palästinas hinein, sondern blieb zunächst sozusagen vor den Toren der Städte wohnen.“ (KS I, S. 125) Von dieser Erkenntnis ausgehend, entwickelt Alt ein Modell der „Landnahme“, das teils kriegerische, teils friedliche Vorgänge annimmt („Erwägungen über die Landnahme der Israeliten in Palästina“, 1939, KS I, S. 126-175) und den nomadischen Weidewechsel („Transhumanz“) als eine territorial- und sozialgeschichtliche Grundlage der (friedlichen) „Landnahme“ etabliert (KS I, S. 139ff.). Dieser kurze Blick auf Alts Modellbildung zeigt bereits seine interdisziplinäre Bildung und Vorgehensweise deutlich an: Die Bibel ist eine Quelle unter vielen, die – innerhalb eines leitenden Paradigmas – zur Sprache kommen. Dass für Alt dabei die sozialgeschichtliche Fragestellung unter der Aufnahme von Gedanken Max Webers eine bedeutende Rolle spielte, zeigt neben dem Transhumanzmodell auch sein Essay „Die Staatenbildung der Israeliten in Palästina“ (KS II, S. 1-65), in dem – neben dem individuellen „politischen Genie Davids“ („Das Großreich Davids“, 1950, KS II, S. 66-75, S. 66) – auch das die „Urgestalt“ des Reiches Israel unter Saul (und seinen Nachfolgern im Königreich Israel) prägende charismatische Königtum entfaltet wird (KS II, S. 11ff.).

Zahlreiche weitere Aufsätze zu Themen der Geschichte Israels bis in die nachexilische Zeit vervollständigen das Bild eines Gelehrten, der es verstand, sein enormes landeskundliches, historisches und philologisches Wissen auf zumeist wenigen Seiten in griffige Thesen zu fassen. Dies erklärt wahrscheinlich auch Alts Wirkung nicht nur im deutschsprachigen Raum, die sich vielleicht am besten in den geschlossenen Darstellungen der Geschichte Israels seiner Schüler Martin Noth, Siegfried Herrmann und Herbert Donner ablesen lässt. Vieles, was auf Alt zurückgeht, ist hier einem breiteren Publikum (selbstverständlich nicht unkritisch) vermittelt worden.

Abschließend sei noch auf einen weiteren Arbeitsschwerpunkt Alts hingewiesen, der nicht zu unterschätzen ist: Als Nachfolger von R. Kittel übernahm er zusammen mit Otto → Eißfeldt 1929 die Herausgabe der Biblia Hebraica, deren viel beachtete dritte Auflage damit von den Genannten 1937 zu Ende geführt werden konnte.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Bautz, F.W., Art. Alt, Albrecht, in: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, www.bautz.de/bbkl
  • Weippert, M., Art. Alt, Albrecht, in: Theologische Realenzyklopädie, Bd. 2, Berlin / New York 1978, 303-305

2. Weitere Literatur

  • Albright, W.F., Albrecht Alt, JBL 75 (1956), 169-173
  • Alt, A., Kleine Schriften zur Geschichte des Volkes Israel, 3 Bd.e, Bd. I München 4. Aufl. 1968, Bd. II München 3. Aufl. 1964, Bd. III München 2. Aufl. 1968
  • Bardtke, H., Albrecht Alt. Leben und Werk, ThLZ 81 (1956), 513-522
  • Noth, M., Albrecht Alt zum Gedächtnis, ZDPV 72 (1956), 1-8
  • Oelke, H., „… für Altertumswissenschaft werden sie wohl nicht viel übrig haben“. Der Deutsche Verein zur Erforschung Palästinas in der Zeit des Nationalsozialismus, in: U. Hübner (Hg.), Paleastina exploranda. Studien zur Erforschung Palästinas im 19. und 20. Jahrhundert anlässlich des 125jährigen Bestehens des Deutschen Vereins zur Erforschung Palästinas (ADPV 34), Wiesbaden 2006, 265-283
  • Smend, R., Deutsche Alttestamentler in drei Jahrhunderten, Göttingen 1989, 182-207

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