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Andere Schreibweise: Adonijah; Adonia; Adonias

(erstellt: Januar 2010)

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1. Name und Belege

Adonija (אדניהו ’ǎdonîjjāhû / אדניה ’ǎdonîjjāh) ist ein Satzname und bedeutet: „Jah(we) ist mein Herr“.

Der prominenteste Träger dieses Namens ist der vierte Sohn → Davids (2Sam 3,4; 1Chr 3,2). Wie seine beiden älteren Halbbrüdern → Amnon und → Absalom erleidet er das Schicksal eines vorzeitigen und gewaltsamen Todes (1Kön 2,24f). Während der Tod Amnons und Absaloms sowie des namenlosen Kindes von David und → Batseba in 2Sam 12,18 (→ Jedidja) die Thronbesteigung des jüngeren Salomo erst ermöglicht, ist die Rolle Adonijas verwickelter.

2. Adonija, der Sohn Davids

2.1. Die gescheiterte Thronbesteigung

Die Erzählung von der gescheiterten Thronbesteigung setzt sich aus den folgenden Einzelepisoden zusammen:

  • 1. Davids hohes Alter und Einführung → Abischags von Schunem (1Kön 1,1-4);
  • 2. Selbstproklamation Adonijas zum König und Nachfolger Davids (1Kön 1,5-10);
  • 3. Intervention des Propheten → Nathan bei der Königin Batseba (1Kön 1,11-14);
  • 4. Audienz Batsebas und Nathans bei David und Intervention zugunsten Salomos (1Kön 1,15-28);
  • 5. Proklamation Salomos zum König durch David (1Kön 1,29-31);
  • 6. Salbung Salomos zum König (1Kön 1,32-49);
  • 7. Begnadigung Adonijas durch Salomo unter gleichzeitiger Androhung von Strafe bei einem etwaigen Fehlverhalten (1Kön 1,50-53).

Auslöser des geschilderten Konflikts ist die Anschaffung von „Wagen und Gespann“ sowie von 50 Läufern, die Adonija einen repräsentativen Eindruck verschaffen sollen (1Kön 1,5). Der gebrauchte Ausdruck „er erhob sich“ (נשׂא Hitp.) charakterisiert den Vorgang als Selbstüberhebung (Noth, 14). Der Leser muss sich an den Beginn der Absalom-Revolte in 2Sam 15 erinnert fühlen. Auch diese beginnt mit der Anschaffung von „Wagen und Pferden“ und der Bestallung von 50 Läufern (2Sam 15,1). Im Unterschied zu 1Kön 1,6 wird hier allerdings nicht gesagt, dass David nirgendwo das Handeln seines Sohnes in Frage gestellt habe.

Mit Recht hat M. Noth (39-41) darauf hingewiesen, dass die Figuren in 1Kön 1 erstaunlich blass bleiben. Dem Leser wird nicht signalisiert, was er von den Thronambitionen Adonijas halten soll. Ebenso scheint der Erzähler nicht sonderlich stark für Salomo Partei zu ergreifen. Warum die Audienz Batsebas und Nathans bei David dessen Eingreifen zugunsten Salomons bewirkt, wird mit der Erinnerung an einen entsprechenden Eid begründet (1Kön 1,13.17.30). Von einem solchen Eid erfährt der Leser hier allerdings zum ersten Mal. Offen bleibt auch, warum die bloße Nachricht von der Salbung Salomons zum König die Adonija-Partei in alle Winde zerstreut (1Kön 1,49).

Bemerkenswert ist die narrative Dramatik, die sich gegen Ende der Erzählung entfaltet. Adonija und seine Anhänger hören den Klang des Schophar-Horns (→ Musikinstrumente) und die „tosende Stadt“ (1Kön 1,41) und fragen sich nach dem Grund des Lärms. „Noch während“ (עודנו) des Aussprechens der knappen Frage erreicht ein Bote die Gruppe. Dieser kündigt die Inthronisation Salomos mit einem einleitenden „Ach!“ (אבל) an. Mit einem dreifachen „Sogar!“ (וגם) wird schließlich die bereits erfolgte Thronübernahme durch Salomo (1Kön 1,46), seine zeremonielle Huldigung (1Kön 1,47) und die JHWH geltende Benediktion Davids, dass seine Augen seinen neu besetzten Thron haben sehen dürfen (1Kön 1,48), berichtet.

Die Darstellungsweise offenbart einen Erzähler, der sehr gekonnt die Dramatik der Ereignisse um die Thronbesteigung Salomos (bzw. die Entmachtung Adonijas) in Szene setzt, der sich aber jeglicher Beurteilung zugunsten eines der Kontrahenten enthält.

2.2. Die Ermordung

Unmittelbar auf die Notiz, dass Salomo seine Herrschaft nach Davids Tod habe fest etablieren können ( 1Kön 1,12), folgt die ausführlich erzählte Episode vom Tod Adonijas. Diese gliedert sich in die einzelnen Schritte:

  • 1. Audienz Adonijas bei Batseba, der Mutter Salomos (1Kön 2,13f);
  • 2. Bitte Adonijas, Batseba möge beim König intervenieren, dass dieser ihm Abischag von Schunem als Frau geben solle (1Kön 2,15-17);
  • 3. Zustimmung Batsebas (1Kön 2,18);
  • 4. Audienz Batsebas bei Salomo, zugleich höfisches Zeremoniell für Batseba (1Kön 2,19);
  • 5. Batseba übermittelt Adonijas Bitte (1Kön 2,20f);
  • 6. Reaktion Salomos: Adonijas Bitte sei Hochverrat, die Bitte um Abischag zeige die verräterischen Absichten Adonijas und seine Usurpationsabsichten (1Kön 2,22);
  • 7. Exekution Adonijas auf Geheiß Salomos (1Kön 2,23-25).

Kontrovers diskutiert werden die Charaktere und die Motive der Handlungsträger:

a) Hat Adonija tatsächlich versucht, mit der Heirat Abischags einen Thronwechsel zu initiieren?

b) Hat Salomo zu Recht in der Bitte Adonijas einen Versuch zum Machtumsturz gesehen, wobei er dabei möglicherweise etwas „überreagiert“ habe?

c) Oder hat ihm die Frage Adonijas den willkommenen Anlass geboten, den unliebsamen Wiedersacher loszuwerden?

d) Spielt Batseba die Rolle einer naiven und ahnungslosen Botin (Fritz, 34, Hentschel, 28)? Oder hat sie die Reaktion ihres Sohnes vorhersehen können? Hat sie die Bitte Adonijas, für ihn bei David vorzusprechen, ausgenutzt, um ihrem Sohn die Gelegenheit in die Hand zu spielen, Adonija endgültig auszuschalten?

Zu a) Es ist nicht sehr wahrscheinlich, dass der Erzähler mit der Bitte Adonijas um Abischag tatsächlich eine insgeheim verfolgte Absicht zur Machtübernahme intendiert habe. Der gelegentliche gegebene Verweis auf 2Sam 16,20-22 verfängt an dieser Stelle nicht (Noth, 34). Absalom hat die Frauen seines Vaters David öffentlich vergewaltigt, um den unheilbaren Bruch mit ihm zu demonstrieren und so die eigenen Anhänger noch stärker an sich zu binden. Allerdings lässt sich Adonija auch als „second Absalom“ deuten (Halpern, 396). Soll der Leser hinter der Bitte Adonijas also doch eine Anspielung an Absaloms Revolte und seine öffentliche Inbesitznahme der Nebenfrauen Davids sehen? Auch wenn der Erzähler deutliche Parallelen zwischen Absalom und Adonja gezogen hat (vgl. dazu ausführlich Ishida, 114-121), so lassen sich die Nebenfrauen Davids und Abischag, die gerade keine sexuelle „Funktion“ am Hof Davids ausübte (1Kön 1,4), nicht ohne Weiteres miteinander vergleichen.

Zu b) Ein Teil der Kommentatoren deutet Salomos Reaktion als Ausdruck einer inneren Unsicherheit. Die von ihm betonte Existenz eines älteren und somit thronberechtigten Bruders sowie einer Adonija-Partei am Hof habe seine Unsicherheit offenbart und ihn so „überreizt reagieren lassen“ (Würthwein, 2). Allerdings liegt mit dem Befehl Salomos zur Tötung → Schimis in 1Kön 2,36-46 ein vergleichbarer Text vor, der für die Möglichkeit c spricht.

Zu c) Ein ähnliches Schicksal wie Adonija ist Schimi, der sich während der Absalom-Revolte gegen David gestellt hat ( 2Sam 16,5-13), beschieden. Er begeht die (an sich harmlose) Tat, Jerusalem gegen den Befehl Salomos zu verlassen und zwei entlaufene Diener zurückzuholen, was Salomo allerdings den willkommenen Grund zum Tötungsbefehl liefert. Zwischen der Hinrichtung Adonijas und Schimis berichtet der Abschnitt 1Kön 2,28-34 vom Befehl Salomos zur Tötung Joabs. Ein näherer Grund dafür wird nicht genannt (außer dass Joab Anhänger der Adonija-Partei gewesen ist; vgl. 1Kön 2,28). Salomos Vorgehen wirkt hier besonders rigide, da nicht einmal Joabs Versuch, den Altar JHWHs als Asylort zu benutzen (Ex 21,14), seine Tötung aufschieben oder gar verhindern kann.

Zu d) Neben den schwer zu fassenden Gründen und Motiven Salomos zur Ausschaltung der drei Konkurrenten Adonija, Joab und Schimi bleiben auch die Beweggründe Batsebas im Dunkeln. DeVries (36) hat hinter der Batseba-Gestalt weit mehr gesehen als eine bestenfalls gutwillige Botin. Vielmehr habe sie ihre scheinbare Gutmütigkeit nur vorgespielt, um auf diese Weise Adonija loszuwerden.

3. Weitere Personen

Zwei weitere Personen tragen den Namen Adonija. Unter den Leviten, die König → Joschafat nach 2Chr 17,8 im Land umherschickt, um das Volk in der Weisung Gottes zu bilden, befindet sich ein Mann namens Adonija. Ferner taucht ein Mann dieses Namens in der Liste derer auf, die unter Nehemia eine Selbstverpflichtung auf die Tora Gottes unterzeichnen (Neh 10,17).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Kommentare

  • DeVries, S.J., 1985, 1 Kings (WBC 12), Waco
  • Fritz, V., 1996, Das erste Buch der Könige (ZBK 10,1), Zürich
  • Hentschel, G., 1984, 1 Könige (NEB 10), Würzburg
  • Noth, M., 1968, Könige (BKAT IX/1), Neukirchen-Vluyn
  • Würthwein, E., 1985, Das erste Buch der Könige. Kapitel 1-16 übersetzt und erklärt (ATD 11,1), Göttingen / Zürich, 2. Auflage

3. Weitere Literatur

  • Halpern, B., 2001, David’s Secret Demons. Messiah, Murderer, Traitor, King, Grand Rapids / Cambridge
  • Ishida, T., 1999, Solomon’s Succession to the Throne of David, History and Historical Writing in Ancient Israel. Studies in Biblical Historiography (Studies in the History and Culture of the Ancient Near East XVI), Brill / Leiden / London, 102-136
  • Kunz-Lübcke, A., 2004, Salomo. Von der Weisheit eines Frauenliebhabers (Biblische Gestalten 7), Leipzig

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