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Andere Schreibweise: Abishai (engl.)

(erstellt: September 2006)

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1. Name

Geht man davon aus, dass die hebr. Namensform ’ǎbîšaj aus āb („Vater“) und ješ („Vorhandensein“) zusammengesetzt ist, so bedeutet sie: „der Vater existiert“ oder „mein Vater existiert“. Denkbar ist allerdings auch eine Verkürzung von ’ǎbîšālôm („der Vater / mein Vater ist Heil / Unversehrtheit“ oder „[Die Gottheit] Šalom ist Vater“).

2. Herkunft

Abischai, der als prominenter Gefolgsmann → Davids gilt, war der Bruder → Joabs und → Asaëls (2Sam 2,18; 2Sam 3,30; 1Chr 2,16). Als Name seiner Mutter wird Zeruja angegeben (1Sam 26,6; 2Sam 2,18; 2Sam 16,9 u.a.), der Name des Vaters wird auffälligerweise nicht genannt (zur Wendung „Söhne der Zeruja“ vgl. u.a. 2Sam 3,39; 2Sam 16,10; 2Sam 19,23). Nach 1Chr 2,16 war Zeruja eine Schwester Davids, Abischai also dessen Neffe. Die sonst unübliche permanente Bezugnahme auf die Mutter Abischais bzw. Joabs könnte somit deren verwandtschaftliche Bande mit David hervorheben. Gegenüber seinem Bruder Joab wird Abischai immer erst an zweiter Stelle genannt (2Sam 2,18.24; 2Sam 3,30), wie er ihm auch sonst nachgeordnet ist (2Sam 10,10; 2Sam 18,2.5.12).

3. Abischai im Alten Testament

3.1. Abischai als Krieger

In der Überlieferung wird besonders der Heldenmut Abischais hervorgehoben. So ist er nach 1Sam 26,6 bereit, sich zusammen mit David in Sauls Lager zu begeben. Auch im Ammoniterkriegsbericht (2Sam 10,1-11,1a; 2Sam 12,26-31; → Thronfolgegeschichte) wird er erwähnt, da ihm Joab einen Teil des Heerbanns unterstellt (2Sam 10,10.14). In der Schlacht gegen Absalom erhält er von David den Oberbefehl über den dritten Teil des Heeres (neben Joab und dem Gatiter Ittai; 2Sam 18,2).

Als der mit der Niederschlagung des Scheba-Aufstands beauftragte Amasa zu lange ausbleibt, erhält Abischai von David den Befehl, mit seinen Männern dem Rebellen nachzujagen (2Sam 20,6). War Abischai nach 2Sam 10,10 seinem Bruder Joab untergeordnet, so sind jetzt die Weisungsbefugnisse umgekehrt, da Joab von David in 2Sam 19,14 als Oberbefehlshaber abgesetzt worden war. Allerdings übernimmt Joab nach seinem Mord an Amasa wieder die Führung im Kampf gegen Scheba (2Sam 20,11ff).

Von Abischais militärischen Leistungen ist auch in einer Sammlung der Heldentaten der Krieger Davids die Rede (2Sam 21,15–22). Hier wird berichtet, dass er David vor einem philistäischen Kämpfer rettet (2Sam 21,17). Nach 2Sam 23,18 (zur Änderung des Textes s. BHS) war Abischai das Oberhaupt der 30 Helden Davids (vgl. 1Chr 11,20 [zur Änderung des Textes s. BHS]). Sein in 1Chr 18,12 erwähnter Sieg über die Edomiter beruht wahrscheinlich nicht auf alter Tradition.

3.2. Abischai als Kontrastfigur zu David

Neben dem Mut und den kriegerischen Fähigkeiten Abischais wird als besonderer Charakterzug seine impulsive Art hervorgehoben, die ihn zu unüberlegten, von Jähzorn geleiteten, gewalttätigen Handlungen hinreißt. Dabei fällt auf, dass bei den entsprechenden Episoden David mit seinen besonnenen Entscheidungen ihm gegenüber als Kontrastfigur erscheint. Als sich beide in Sauls Lager schleichen und diesen schlafend vorfinden, schlägt Abischai vor, → Saul mit dessen eigenem Speer zu töten. David weist diesen Vorschlag zurück und betont, dass niemand seine Hand gegen den Gesalbten JHWHs ausstrecken dürfe (1Sam 26,8-9).

Ein ähnlicher Kontrast zeigt sich in 2Sam 16,9, als Abischai den Sauliden Schimi, der David beim Verlassen Jerusalems Flüche zuruft und der ihn mit Steinen bewirft, den Kopf abschlagen will. Auch hier wird er von David in die Schranken gewiesen, der sich nach 2Sam 16,10-12 dem von JHWH geschickten Unglück beugt (v11f wird z.T. als sekundär beurteilt; vgl. Veijola 1975, der die Verse als deuteronomistisch betrachtet).

In 2Sam 19,22 fordert Abischai ein weiteres Mal Schimis Tod, als David nach Jerusalem zurückkehrt. Auch dieses Mal weist ihn David zurecht: An einem so heilvollen Tag, an dem er das Königtum über Israel wieder erlangt habe, dürfe niemand sterben. Sowohl in 2Sam 16,10 als auch in 2Sam 19,10 wird David eine „Lossageformel“ gegenüber Abischai in den Mund gelegt: „Was habe ich mit euch zu schaffen, ihr Söhne der Zeruja?“ Dabei wird er nicht mit seinem persönlichen Namen angeredet, sondern gilt als Repräsentant eines Personenkreises, dem David distanziert gegenüber steht (wenn dieser dem König auch wertvolle Dienste erwiesen hat; Gunn, 1976, spricht von einer „love-hate relationship“). Auf die Härte der Zerujasöhne weist David auch nach der Ermordung Abners durch Joab ausdrücklich hin (2Sam 3,39; nach Veijola 1975 deuteronomistisch).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001

2. Weitere Literatur

  • Elliger, K., 1935, Die dreißig Helden Davids, PJ 31, 29-75
  • Gunn, D.M., 1976, Traditional Composition in the ,Succession Narrative‘, VT 26, 214-229
  • Stamm, J.J., 1980, „Hebräische Ersatznamen,“ in: E. Jenni / M. Klopfenstein (Hgg.), Beiträge zur hebräischen und altorientalischen Namenkunde (OBO 30), Freiburg (Schweiz), Göttingen, 59-79
  • Veijola, T., 1975, Die ewige Dynastie: David und die Entstehung seiner Dynastie nach der deuteronomistischen Darstellung (AASF B/193), Helsinki

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