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Abgaben (AT)

(erstellt: Januar 2006)

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Steuer

1. Staatliche Abgaben in der Königszeit

Obwohl davon auszugehen ist, dass der Staat mit seiner Entstehung Abgaben fordert, scheint das Abgabenwesen zunächst insgesamt eine geringere Rolle als die Forderung nach Arbeitsleistungen (→ Fron / Frondienst) zu spielen. Für den frühen Staat Sauls rechnet der Text nur mit freiwilligen Gaben (1Sam 10,27). In den Beamtenlisten Davids und Salomos (2Sam 8,16-18; 2Sam 20,23-26; 1Kön 4,2-6) fehlt ein Beamter für Steuereinnahmen. Ein staatlicher Zehnter wird nur in 1Sam 8,15.17 erwähnt. Der Zehnte für die Heiligtümer von Bethel (Gen 28,22; Am 4,4) und Jerusalem (Dtn 12,6.11.17) gehört möglicherweise insofern auch zu den Staatseinnahmen, als es sich um Staatsheiligtümer handelt. Für die Spätzeit der Staaten Israel und Juda wird noch eine Sondersteuer erwähnt, im Norden als Kopfsteuer (2Kön 15,19-20), im Süden aufgrund von Steuerschätzung (2Kön 23,35). Die Möglichkeit, eine Sondersteuer zu erheben, lässt auf ein existierendes Steuersystem schließen.

2. Das persische Steuersystem

Während im Zusammenhang mit den sozialen Konflikten der Königszeit (→ Sozialkritik) nie von staatlichen Abgaben die Rede ist, tauchen sie in Neh 5,1-13 als wesentlicher Faktor auf, der die Verelendung der verschuldeten Bevölkerung vorantreibt. Bei dem erwähnten „Tribut des Königs“ (Neh 5,4) handelt es sich um eine von jeder Satrapie aufzubringende feste Steuer in Gestalt von Edelmetall (deshalb heißt sie in Esr 6,8 „Tribut von Transeufrat“), die unabhängig von den tatsächlichen Ernteerträgen aufzubringen ist. In Esr 4,13.20; Esr 7,24 führt dieser „Tribut“ eine Liste mit zwei weiteren Steuerarten an, die wohl als Einkommens- und Vermögenssteuer zu verstehen sind (Schaper, 1995). Ergänzt werden diese Abgaben, die an die persische Zentralregierung gehen, durch eine lokale Steuer zur Finanzierung des persischen Statthalters (Neh 5,14-15; vgl. Mal 1,8). Dazu kommt noch ein paralleles Abgabensystem für den Tempel (s.u. 4.).

3. Steuerpacht im Hellenismus

In der hellenistischen Epoche tritt an die Stelle des Tempels, der in persischer Zeit als Fiskalbehörde fungiert (Schaper, 1995), das Institut der privaten Steuerpacht. Sie wird im Ptolemäerreich direkt von der Zentralverwaltung in Alexandria vergeben. Im Tobiadenroman, der ins XII. Buch der Jüdischen Altertümer des Flavius Josephus integriert ist, wird beschrieben, wie sich ein Angehöriger der judäischen Oberschicht die Pacht erkauft und dadurch zu Macht und Reichtum gelangt. Für die Seleukidenherrschaft liegen Angaben über die enorme Höhe der Steuern vor. Nach Josephus werden drei verschiedene Steuern erhoben: eine Kopfsteuer, eine Abgabe für die Krone und „die übrigen Abgaben“ (Antiquitates XII 142; Text gr. und lat. Autoren). Der Anteil der Seleukiden an der Ernte beträgt nach 1Makk 10,30 den dritten Teil der Saatfrucht und die Hälfte der Baumfrüchte. Auch hier erfolgt die Eintreibung der Steuern durch Verpachtung an die einheimische Aristokratie, die sich zusätzlich daran bereichert. Die hohen Abgaben sind einer der Gründe für den Ausbruch des makkabäischen Aufstands.

4. Abgaben an den Tempel

Dass man nicht mit leeren Händen vor der Gottheit erscheinen soll (Ex 23,15; Ex 34,20; Dtn 16,16), ist eine Grundforderung jeder Religion. Dies bezieht sich zunächst auf freiwillige Gaben, die allerdings ähnlich wie heute die gottesdienstliche Kollekte einen verpflichtenden Charakter haben, dem man sich nicht entziehen kann. Für Jerusalem wird von der Existenz einer Kollektenkasse bereits im ersten Tempel berichtet (2Kön 12,5-17; 2Kön 22,3-9). Am Heiligtum des Nordreichs in → Bethel wurde offenbar ein Zehnter erhoben (Gen 28,22; Am 4,4). In der Perserzeit vermehren sich die Abgaben an den Tempel. Neben die Anteile, die bei jedem Opfer an die Priesterschaft fallen, neben die Abgaben an Feldfrüchten und neben das Geld, das zur Auslösung von menschlichen Erstgeburten und unreinen Tieren zu zahlen ist, tritt nun eine Tempelsteuer. Sie macht nach Ex 30,11-16 einen halben und nach Neh 10,33-34 einen drittel Schekel pro Jahr aus. Ferner erwähnen Mal 3,8-10 und Neh 13,12 einen Zehnten für den Tempel. Und nach wie vor bleibt die Erwartung freiwilliger Kollektengaben.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001

2. Weitere Literatur

  • Crüsemann, F., 1985, Der Zehnte in der israelitischen Königszeit, WuD NF 18, 21-47
  • Jagersma, H., 1981, The Tithes in the Old Testament, OTS 21, 116-128
  • Schaper, J., 1995, The Jerusalem Temple as an Instrument of the Achaemenid Fiscal Administration, VT 45, 528-539

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