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(erstellt: Januar 2009)

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1. Bedeutungsumfang

Das hebräische קוֹל qôl wird nicht nur für die menschliche Stimme verwendet, sondern für jegliche Art von Laut oder Geräusch. Welcher Laut gemeint ist, geht häufig aus einem hinzugefügten Genitiv hervor.

qôl bezeichnet u.a. das Rauschen des Regens (1Kön 18,41), das Tosen des Meeres (Ps 93,4), das Rascheln von Laub (Lev 26,36), das Säuseln einer sanften Luftbewegung (1Kön 19,12), das Prasseln des Feuers (Jo 2,5), Laute von Tieren (z.B. das Zwitschern der Vögel: Ps 104,12, oder das Brüllen des Löwen: Am 3,4 u.ö.), das Geräusch von Schritten (1Kön 14,6; vgl. Gen 3,8), das Knirschen der Mühlsteine (Jer 25,10), das Knallen der Peitsche (Nah 3,2), den Klang des Widderhorns (z.B. Ex 19,16) und anderer → Musikinstrumente (Leier: Ez 26,13, Flöte: Hi 21,12, Trompeten und Zimbeln: 2Chr 5,13) oder den Lärm der Schlacht (z.B. Ex 32,17). Außerdem wird qôl für Äußerungen der menschlichen Stimme verwendet (qôl des Jubels: z.B. Ps 47,2, des Gesangs: z.B. Jes 51,3, des Weinens: z.B. Ps 6,9, der Klage: z.B. Jer 9,18, des Zetergeschreis: z.B. 1Sam 4,14, des Stöhnens: z.B. Ps 102,6, oder des Kriegsgeschreis: z.B. 1Sam 4,6). Der Plural steht fast immer für die Schläge des Donners (z.B. Ex 9,23ff).

Wird qôl auf die Rede bezogen, kann ebenfalls die lautliche Ebene im Blick sein: Mit qôl kann der hörbare Klang der Worte (z.B. Dtn 4,12) oder eine bestimmte klangliche Färbung gemeint sein (sanft: Spr 26,25, angenehm: Hhld 2,14, hart: Hi 3,18, dumpf: Jes 29,4). Daneben wird qôl in Metonymie für den Inhalt der Rede verwendet: Ein von Herolden verkündeter Erlass (z.B. Esr 1,1) oder eine mündlich mitgeteilte Nachricht (Gen 45,16) können qôl genannt werden, ebenso ein Ausspruch (z.B. Jes 28,23), ein Rat (z.B. Ex 18,19) oder sogar das „Zeugnis“ eines Zeichens (Ex 4,8). Lautliche und inhaltliche Bedeutung können verschmelzen (z.B. Ps 58,6 vom Flüstern der Beschwörer).

Umstritten ist, in welchem Umfang qôl als Interjektion „Horch!“ gebraucht wird (so v.a. in Gen 4,10; Jes 52,8; Hhld 2,8; Hhld 5,2).

2. Geprägte Wendungen

„Die Stimme erheben“ steht für den lautlichen Einsatz der menschlichen Stimme, meist in Verbindung mit „weinen“ (z.B. Gen 21,16), aber auch mit „rufen“ (z.B. Ri 9,7) oder „jubeln“ (Jes 24,14).

„Auf jemandes Stimme hören“ (שׁמע לְקוֹל šm‘ ləqôl oder שׁמע בְּקוֹל šm‘ bəqôl) setzt einen übertragenen Sinn von qôl (Rat, Aufforderung, Auftrag oder Befehl) voraus und bedeutet „auf jemanden hören, ihm folgen, gehorchen“ (z.B. Gen 3,17).

3. Die Stimme Jahwes

Im Hall des Donners ist „Jahwes qôl“ zu hören (v.a. Ps 29,3-9; Ps 68,34; Ps 18,14; vgl. Jes 29,6; Jes 30,30f), eine alte Vorstellung, die Parallelen in ugaritischen Texten über den → WettergottBaal hat. Seltener wird „Jahwes qôl“ mit dem Brüllen des Löwen verglichen (z.B. Am 1,2).

Daneben kann „Jahwes qôl“ in Entsprechung zur verstehbaren menschlichen Stimme vorgestellt sein (z.B. Jes 6,8; 1Kön 19,13): Die Gebote des → Dekalogs wurden dem Volk von Jahwes Stimme mitgeteilt (Dtn 5,22ff).

„Jahwes qôl“ kann schließlich auch übertragene Bedeutung haben. Das wichtigste Beispiel ist die oft belegte Wendung „auf Jahwes Stimme hören“ (שׁמע בְּקוֹל יְהוָה šm‘ bəqôl jhwh), die sich meist in → deuteronomistischen Texten findet und auf das Befolgen von Jahwes Geboten bezogen ist (z.B. Dtn 28,1; Jer 7,23).

Literaturverzeichnis

  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

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