die-Bibel.de

Andere Schreibweise: Serajahu; Seraiah

(erstellt: März 2017)

Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/28441/

1. Name

Der Personenname Seraja (שְׂרָיָה śərājāh) ist eine Kurzform von Serajahu (שְׂרָיָהוּ śərājāhû). Die Langform ist im Alten Testament nur in Jer 36,26 bezeugt, die Kurzform dagegen 19-mal (2Sam 8,17; 2Kön 25,18.23; 1Chr 4,13.14.35; 1Chr 5,40; Esr 2,2; Esr 7,1; Neh 10,3; Neh 11,11; Neh 12,1.12; Jer 40,8; Jer 51,59.61; Jer 52,24).

Seraja ist ein theophorer Name (→ Name / Namensgebung), für den zwei Ableitungen in Betracht kommen: Erstens von שׂרה śrh I „streiten / kämpfen“ (vgl. arabisch śrj „streiten / kämpfen“), so dass der Name „JHWH kämpft“ bedeutet (Reiterer, 690); zweitens von שׂרה śrh II (Nebenform zu שׂרר śrr) „regieren / herrschen“, womit der Name im Sinne von „JHWH herrscht“ zu verstehen ist. Meist wird die zweite Ableitung vertreten (vgl. Noth, 191; Gesenius 18. Aufl., 1299; Richter 1996, 196). Das semantische Konzept des Namens rekurriert nicht darauf, dass der Namensträger von der Gottheit beherrscht wird wie von einem Hirten oder Führer (Rechenmacher 2012, § 386). Der Verbalsatzname gibt vielmehr das Wirken Gottes wieder: JHWH herrscht.

Biblische Namensderivate der Wurzel śrj sind → Israel (יִשְׂרָאֵל jiśrā’el) und → Sarai / Sara (שָׂרַי śāraj / שָׂרָה śārāh; Rechenmacher 2012, § 385). Auf Siegeln aus dem 8. bis 6. Jh. v. Chr. sind die Namensvarianten śrjh (Richter 1999, Sig033), śrjhw (Sig334, Sig537, Sig780, Sig885) sowie śrmlk (Sig755) zu finden. Des Weiteren erwähnen zwei Samaria-Ostraka aus dem 8. Jh. v. Chr. – Sam(8) 1.42 und Sam(8) 1.48 (Renz, Bd. I) – den Namen śr’l. Diskutiert wird, ob es sich bei śr’l um einen Personennamen (Rechenmacher 2012, § 386), einen Sippennamen (Renz, Bd. II/1, 82) oder um eine Lokalbezeichnung (Davies, 3.042.1 und 3.048.1) handelt.

Im Alten Testament ist Seraja ausschließlich als Männername belegt. Aber der aramäische Papyrus Nr. 22 aus → Elephantine gebraucht ihn als Frauennamen: śrj[h br]t hwš‘ „Seraja, Tochter Hoseas“ (Col. I, Z. 4; Cowley, 67.71; Schwiderski, 108).

2. Alttestamentliche Namensträger

In der hebräischen Bibel ist der Name Seraja 20-mal belegt. Anhand unterschiedlicher Status- und Amtszuweisungen, der erzählten zeitlichen Zuordnung sowie verschiedener verwandtschaftlicher Bezüge, lassen sich mehrere Namensträger ausmachen.

2.1. Seraja, Sohn Kenas

In der → Genealogie des Stammes Juda nennt 1Chr 4,13.14 unter den Nachkommen → Kalebs Seraja, den Sohn des Kenas. Dieser Seraja zeugt → Joab, der als Vater „des Tals der Handwerker“ bezeichnet wird.

2.2. Seraja, Sohn Asiëls

Im selben Kapitel erscheint in der Genealogie des Stammes Simeon in 1Chr 4,35 ein weiterer Seraja. Er ist Vater des Joschibja und Sohn des Asiël.

2.3. Seraja, der Schreiber Davids

In 2Sam 8,17 wird ein Schreiber Davids namens Seraja erwähnt. Nach Manfred Görg (2001, 575) ist eben dieser Schreiber mit Schewa (2Sam 20,25), Schischa (1Kön 4,3) und Schawscha (1Chr 18,16) gemeint. Bei diesen Bezeichnungen handele es sich ursprünglich um Varianten eines ägyptischen Schreibertitels, die nach Görg später als Eigennamen missverstanden worden sind.

Für die Identifizierung sprechen Übereinstimmungen in den genannten Versen. 2Sam 8,17; 2Sam 20,25 und 1Chr 18,16 führen neben dem Schreiber den Priester → Zadok unter König → David auf. Dann nennen alle drei Stellen einen weiteren Priester. Nach 2Sam 8,17 und 1Chr 18,16 ist dieser → Ahimelech (in 1Chr 18,16 Verschreibung zu Abimelech), der Sohn → Abjatars, in 2Sam 20,25 wird jedoch Abjatar als Priester genannt. 1Kön 4,3 weicht ab, da hier nicht die Beamten zur Zeit Davids, sondern die unter seinem Sohn → Salomo (1Kön 4,1) aufgelistet werden.

2.4. Seraja, Sohn Asriëls

Im Buch → Jeremia sind drei Namensträger zu unterscheiden. In Jer 36,26 wird Seraja, Sohn des Asriël, zusammen mit Jerachmeel und Schelemja von König → Jojakim ausgesandt, den Propheten Jeremia und seinen Schreiber → Baruch gefangen zu nehmen.

2.5. Seraja, Sohn Nerijas

Jer 51,59 bezeugt für die Zeit des Königs → Zedekia einen Seraja, Sohn des Nerija, der wiederum ein Sohn des Machseja ist. Weil in Jer 32,12 für Baruch – den Schreiber Jeremias – dieselbe Vater- und Großvaterschaft belegt ist, gilt Seraja als Bruder des Baruch (Leuchter, 143-144). In Jer 51,59-64 gibt der Prophet Jeremia Seraja den Auftrag, in Babylon eine Buchrolle vorzulesen, in der das Unheil niedergeschrieben ist, das über Babylon kommen soll. Im Anschluss daran soll Seraja die Rolle mit einem Stein beschweren und in den → Euphrat werfen. Mit dieser → Zeichenhandlung wird Babylon prophezeit, dass es durch das Unheil JHWHs untergeht. Nach dem masoretischen Text von Jer 51,59 reist Seraja als Quartiermeister (שַׂר מְנוּחָה) mit Zedekia nach Babylon, nach der Septuaginta (Jer 28,59-64 LXX) wurde er dagegen von Zedekia als königlicher Repräsentant nach Babylon gesandt. Auch die Betitelung Serajas weicht in der Septuaginta ab. In Jer 28,59 LXX wird er als ἄρχων δώρων „Oberster (der) Gaben“ ausgewiesen (LXX.D: „Schatzmeister“).

2.6. Seraja, Sohn Tanhumets

Jer 40,8 nennt einen dritten Seraja. Er ist der Sohn Tanhumets. 2Kön 25,23 präzisiert dessen Herkunft, indem Tanhumet als Netofatiter bezeichnet wird. Dieser Seraja ist ein Anführer versprengter judäischer Truppenreste. Zusammen mit anderen Führern sucht er → Gedalja in → Mizpa auf (2Kön 25,23). Gedalja ist der nach der Hinrichtung → Zedekias vom babylonischen König ernannte Statthalter. Er schwört, dass die Truppenführer sich nicht vor den Chaldäern fürchten müssen, wenn sie die babylonische Herrschaft akzeptieren (Jer 40,9). Zumindest → Jismael lehnt das Angebot ab und ermordet mit seiner Anhängerschaft Gedalja und dessen Vertraute (Jer 41,1-9). Daraufhin flieht Jismael zu den → Ammonitern (Jer 41,15), während ein Teil des Volkes aus Furcht vor Rache nach Ägypten emigriert (Jer 41,16-17). Ob der Mord unter der Beteiligung Serajas erfolgte oder dieser sich gleichfalls ins Exil begab, wird nicht berichtet.

2.7. Seraja, der Sohn Asarjas und Vater Esras

In 2Kön 25,18-21 heißt ebenso der letzte Oberpriester der Königszeit Seraja. Nach dem Aufstand Zedekias wird er deportiert und in Ribla hingerichtet.

Die Priesterliste in 1Chr 5,27-41 (Knoppers, 120-121) bietet eine andere genealogische Konstruktion. Nach 1Chr 5,40-41 ist es Serajas Sohn Jozadak, der in die babylonische Verbannung geführt wird (1Chr 5,41). Jozadaks Sohn → Jeschua ist es dann, der als Priester maßgeblich am Wiederaufbau des Tempels beteiligt ist (vgl. Esr 3,2).

Das Buch Esra enthält in Esr 7,1-5 einen Stammbaum → Esras. Esr 7,1 betrachtet Esra als Sohn des Seraja, welcher der Sohn des Priesters Asarja (1Kön 4,2; 1Chr 5,36) ist. So wird Esra mithilfe des Oberpriesters Seraja mit einer aaronidischen Abstammung versehen, die ihn mit der Priesterschaft des ersten Jerusalemer Tempels sowie mit der des zweiten Tempels verbindet (Japhet, 170). Es handelt sich um ein genealogisches Konstrukt, wie die zeitliche Lücke zwischen Seraja und Esra zeigt. Esra tritt nämlich erst unter dem Perserkönig Artaxerxes (Esr 7,1) in Erscheinung (Hieke, 126), über ein Jahrhundert nach dem Priester Seraja, der sein Vater sein soll.

2.8. Seraja, Sohn Hilkijas

Neh 11,3-20 bietet in einer Liste der Einwohner Jerusalems (→ Rückwandererliste) einen Seraja. Neh 11,11 zählt ihn zu den Priestern. Er ist der Sohn → Hilkijas, des Sohnes Meschullams, des Sohnes Zadoks, des Sohnes Merajots, des Sohnes Ahitubs. Die aufgelisteten Vorfahren Serajas sind fast dieselben wie die in Esr 7,1-2 angeführten. Beide Genealogien weichen an zwei Stellen voneinander ab. Ausgetauscht wird Meschullam (Neh 11,11) in Esr 7,2 durch Schallum. Des Weiteren steht in Esr 7,1 zwischen Seraja und Hilkija Asarja, der in Neh 11,11 nicht aufgeführt ist.

2.9. Meraja, Oberhaupt der Familie Serajas

Das Buch Esra beinhaltet ebenso eine → Rückwandererliste (vgl. Esr 2,2.3-70), die einen Priester namens Seraja kennt. Unter den in der Überschrift Esr 2,2a aufgelisteten Anführern, der Rückkehrbewegung nach Juda, wird dieser Seraja verzeichnet, ohne einen Verweis auf seine Herkunft. Die eigentliche Liste in Esr 2,3-70 registriert den Namen Seraja nicht.

Neh 12,1-26 enthält zwei Priesterlisten (Neh 12,1-7.12-21). Aus der Überschrift der ersten Liste (Neh 12,1) geht hervor, dass es sich um eine Gruppe handelt, die unter Serubbabel und Jeschua nach Juda kam. Neh 12,1 erwähnt einen Seraja in der Gruppe derer, die geführt werden. In der zweiten Liste wird der Priester Meraja als Oberhaupt der Familie Serajas bezeichnet (Neh 12,12). Meraja ist wahrscheinlich ein Nachfahre des in Neh 12,1 genannten Seraja. Eingeordnet wird Meraja in die Zeit Jojakims, welcher der Sohn Jeschuas (Neh 12,10) und Hohepriester ist.

In Neh 10,3 unterzeichnet ein Priester Seraja die Vertragsurkunde. Als Unterzeichnender verpflichtet er sich zur Treue gegenüber dem Gesetz Gottes. Die Aufstellung derer, welche die Urkunde nach Neh 10,2-28 siegeln, ist literarisch abhängig von den Listen in Esr 2,3-70; Neh 3,1-32 und Neh 12,1-25 (Häusl, 145-146). Anders als Esr 2 und Neh 12 nennt Neh 3,1-32 keinen Seraja.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015 (שַׂר śar)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg u.a. 2008

2. Weitere Literatur

  • Albertz, R., 2001, Die Exilszeit. 6. Jahrhundert v. Chr. (BE(S) 7), Stuttgart.
  • Cowley, A.E.,1923, Aramaic papyri of the fifth century B.C. (ed. with transl. and notes), Oxford, 65 und 67, online unter: Frankfurt a. M., Univ.-Bibliothek, 2012 URN: urn:nbn:de:hebis:30:1-139248.
  • Davies, G.I., 1991, Ancient Hebrew Inscriptions. Corpus and Concordance, Cambridge.
  • Dietrich, W., 1997, Die frühe Königszeit in Israel. 10. Jahrhundert v. Chr. (BE(S) 3), Stuttgart.
  • Fischer, G., 2005, Jeremia 26-52 (HThK.AT), Freiburg i. Br.
  • Görg, M., 1997, Elihoref – oder: der eine Name, der keiner war?, BN 89, 5-11.
  • Görg, M., 2001, Art. Seraja, in: Neues Bibel-Lexikon, Bd. III, Zürich u.a. 2001, 575.
  • Häusl, M., 2016, Registriert – Beobachtungen zur Funktion der Listen im Buch Esra / Nehemia, in: H. Rechenmacher (Hg.), In Memoriam Wolfgang Richter (ATSAT 100), St. Ottilien, 129-148.
  • Hieke, Th., 2005, Die Bücher Esra und Nehemia (NSK.AT 9/2), Stuttgart.
  • Japhet, S., 2002, 1 Chronik (HThK.AT), Freiburg i. Br.
  • McKane, W., 1995, Jeremiah’s Instructions to Seraiah (Jeremiah 51:59-64), in: D.P. Wright (Hg.), Pomegranates and Golden Bells. Studies in Biblical, Jewish and Near Eastern Ritual, Law and Literature (FS J. Milgrom), Winona Lake, 697-706.
  • Karrer, Chr., 2001, Ringen um die Verfassung Judas. Eine Studie zu den theologisch-politischen Vorstellungen im Esra-Nehemia-Buch (BZAW 308), Berlin / New York.
  • Kessler, R., 2006, Sozialgeschichte des Alten Israel. Eine Einführung, Darmstadt.
  • Knoppers, G.N., 2003, The Relationship of the Priestly Genealogies to the History of the High Priesterhood in Jerusalem, in: O. Lipschits / J. Blenkinsopp (Hgg.), Judah and the Judeans in the Neo-Babylonian Period, Winona Lake, 109-133.
  • Leuchter, M., 2008, The Polemics of Exile in Jeremiah 26-45, Cambridge.
  • Mazar, B., 1986, King David’s Scribe and the High Officialdom of the United Monarchy of Israel, in: S. Ahituv / B.A. Levine (Hgg.), The Early Biblical Period. Historical Studies, Jerusalem, 126-138.
  • Noth, M., 1928, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namensgebung (BWANT 46), Stuttgart.
  • Oeming, M., 1990, Das wahre Israel. Die „genealogische Vorhalle“ 1 Chronik 1-9 (BWANT 128), Stuttgart.
  • Rechenmacher, H., 1997, Personennamen als theologische Aussagen. Die syntaktischen und semantischen Strukturen der satzhaften theophoren Personennamen in der hebräischen Bibel (ATSAT 50), St. Ottilien.
  • Rechenmacher, H., 2012, Althebräische Personennamen (Lehrbücher orientalischer Sprache, Vol. II/I), Münster.
  • Reiterer, Fr.V., 2008, Art. Seraja, in: Herders Neues Bibellexikon, Freiburg u.a., 690.
  • Renz, J., 1995, Die Althebräischen Inschriften (HAE I), Darmstadt.
  • Renz, J., 1995, Die Althebräischen Inschriften (HAE II/1), Darmstadt.
  • Richter, W., 1996, Material einer althebräischen Datenbank. Die bibelhebräischen und aramäischen Eigennamen morphologisch und syntaktisch analysiert (ATSAT 47), St. Ottilien.
  • Richter, W., 1999, Althebräische Inschriften transkribiert (ATSAT 52), St. Ottilien.
  • Rüterswörden, U., 1985, Die Beamten der israelitischen Königszeit. Eine Studie zu śr und vergleichbaren Begriffen (BWANT 17), Stuttgart.
  • Schunck, K.-D., 2009, Nehemia (BKAT XXIII/2), Neukirchen-Vluyn.
  • Schwenen, J., 1995, Biblische Eigennamen. Gottes-, Personen und Ortsnamen im Alten Testament, Neuhausen / Stuttgart.
  • Schwiderski, D., 2004, Die alt- und reichsaramäischen Inschriften, Bd. 2 (FoSub 2), Berlin / New York.
  • Stamm, J.J., 1980, Hebräische Frauennamen, in: ders., Beiträge zur Hebräischen und Altorientalischen Namenkunde (OBO 30), Freiburg (Schweiz), 97-135.
  • Werlitz, J., 2002, Die Bücher der Könige (NSK.AT 8), Stuttgart.
  • Würthwein, E., 1985, Das erste Buch der Könige. Kapitel 1-16 (ATD 11,1), Göttingen / Zürich.

PDF-Archiv

Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:

Abbildungen

Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz) und ihrem Präsidenten Othmar Keel.

VG Wort Zählmarke
die-Bibel.dev.4.18.12
Folgen Sie uns auf: