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(erstellt: September 2007)

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1. Zoologisch

Schakal 01
Der Schakal ist ein Wildhund. Er sieht ähnlich aus wie ein Wolf, ist aber kleiner als dieser. Zur Gattung der Schakale (canis) gehören der Goldschakal (canis aureus), der Schabrackenschakal (canis mesomelas) und der Streifenschakal (canis adustus). Sein Verbreitungsgebiet ist Afrika, Asien, Südosteuropa. Am bekanntesten und weitesten verbreitet ist der Goldschakal, der in der offenen Grassteppe oder seltener der Savanne in Familienverbänden als Aasfresser und Jäger (Gazellen) lebt. Wenn größere Raubtiere und damit deren Beutereste als Nahrung fehlen, schließen sich Familienverbände zur Jagd zusammen. Gegenüber Artgenossen anderer Familienverbände zeigt der Goldschakal besonders aggressives Verhalten, das sich vor allem im Futterneid ausdrückt und sich in der Zeit der Welpenaufzucht verstärkt. Sowohl Gold- als auch Schabrackenschakal können mit Hilfe verschiedener Laute Stimmungen und Aggressionen zum Ausdruck bringen.

2. Vorkommen im Alten Testament

2.1. Begriff

Die Bezeichnung תנים tannîm begegnet nur im Plural und bezeichnet den Schakal (Keel / Küchler, 1984, 147), möglicherweise auch allgemein den Wildhund oder den Wolf (so Riede, 2002, 188, der איים ’ijjîm [→ Dämonen; → Wüstentiere] mit „Schakal“, תנים tannîm dagegen mit „Wildhund“ übersetzt). Außerbiblisch ist der Terminus als Nomen oder Tierbezeichnung nicht belegt und bezeichnet erst im Neuhebräischen den Schakal. Die Lesung und Deutung der protosinaitischen Inschrift Nr. 353,2 (d3 tn „Herr der Schakale“) ist unsicher (Frevel, 1995, 702).

Schwierig ist die etymologische Herleitung des Wortes, das möglicherweise verwandt ist mit תנין tannîn „(Chaos-)Schlange“ (→ Chaos / Chaoskampf). Hugger (1971, 253 [Anm. 176]) leitet *תן tn aus einer hypothetischen Wurzel jtn „sich strecken / dehnen“ ab, Elliger (1978, 356) hingegen von der ebenfalls nicht sicher nachweisbaren Wurzel *tnn „sich ausstrecken“. Gesenius hingegen schlägt eine Verwandtschaft von *tnn mit assyrisch danânu „stark / fest / mächtig sein“ vor. Auch eine Verbindung mit *tnn / tnh „klagen / heulen“ wäre möglich (König, 7. Aufl. 1936, 549f., der tan aus tnh II ableitet, tannin hingegen aus tnh I „hinstrecken“), die Wurzel ist allerdings sicher nur im Pi. in Ri 5,11; Ri 11,40 in der Bedeutung „besingen“ belegt. Frevel (1995, 702) schlägt daher vor, *tan als Primärnomen aufzufassen – das wiederum im Sg. nicht belegt ist.

2.2. Verwendung

Schakale konnotieren die von ihnen bewohnten Orte auf bestimmte Weise: Der Ort, an dem diese Tiere wohnen, ist zerstört (Jes 34,13f.; Jes 13,21f.) und menschenleer (Jer 50,39; Jer 9,10; Jer 49,33; Jer 51,37; vgl. Jer 10,22). Trockenheit führt selbst zum Tod von Tieren, die das Leben in der Wüste gewohnt sind (Jer 14,6, vgl. Jes 43,20; Klgl 4,3; Jes 35,7). Ps 44,20 ergänzt, dass Finsternis über dem Ort liegt, an dem die Schakale hausen, Mi 1,8 und Hi 30,28 sprechen von der Geräuschkulisse, die von den Tieren ausgeht.

1) Schakale als Bewohner der Einöde (Ruinen und Wüste): In den Prophetien → Jesajas und → Jeremias gehören die Schakale fest zur Schilderung der Vernichtung von Stätten. Jes 34,13f. nennt die Schakale (תנים tannîm) als Bewohner der Trümmer → Edoms gemeinsam mit → Straußen (בנות יענה bənôt ja‘ǎnāh), heulenden Tieren (איים ’ijjîm „Wildhund / Schakal“?) und „Wüstlingen“ (ציים ṣijjîm; → Dämonen; → Wüstentiere) sowie dem → Ziegenbock und der → Lilit. Nach Jes 13,21f. bevölkert dieselbe Gruppe von Tieren – Lilit ist hier nicht genannt – die Ruinen → Babylons. Ps 44,20 bringt den Ort der Schakale zusätzlich zur Zerstörung auch mit Finsternis in Verbindung.

Fast sprichwörtlich findet sich im Buch → Jeremia die Wortverbindung מעון תנים mə‘ôn tannîm „Lager der Schakale“. So beschreibt Jer 51,37 das zerstörte und nicht mehr bewohnbare → Babylon als Lager der Schakale, in dessen Trümmern nur noch unheimliches und höhnisches Pfeifen und Zischen zu hören ist (vgl. Zef 2,14f.; Mi 1,8; Dtn 32,10). Der Vers spielt mit den Worten: Das „Lager“ (מעון mə‘ôn) wird durch die Schakale zu einem Ort, an dem sich „niemand“ (מאין me’ên) mehr aufhalten kann. Auch nach Jer 9,10; Jer 10,22; Jer 49,33 verhindert die Ansiedlung von Schakalen in den Trümmern einer Stadt alles andere Leben darin.

Mal 1,3 bezeichnet die Schakale (die Verwendung der femininen Pluralbildung תנות tannôt ist singulär) als Wüstentiere, die den Erbbesitz → Esaus (→ Edoms) bevölkern, so dass dieser, will er sein Land in Besitz nehmen, selbst zum Ausgestoßenen werden muss. Als Wüstentiere gelten Schakale auch in Jer 14,6, wo auf ihr Jaulen angespielt wird (vgl. Jer 51,37). Der Text verbindet Schakale mit dem Tod durch Verhungern und Verdursten, indem das Luftschnappen der Schakale mit dem verzweifelten Luftholen verhungernder → Wildesel verglichen wird.

Dagegen hebt Jes 43,20 im Gegenteil das Blühen der Wüste hervor, in der sogar die Schakale, → Strauße und die wilden Tiere des Feldes Jahwe anbeten. Entsprechend beschreibt die Zukunftshoffnung in Jes 35,7 den Ort, an dem die Schakale lagern, als Gegensatz zu einer wasserreichen Gegend. Während in Jes 43,20 allerdings die Tiere in die Jahweverehrung hineingenommen werden, bleibt in Jes 35,7 offen, ob die Schakale ihr zur Oase gewordenes Lager bewohnen werden oder nicht.

2) Das Heulen der Schakale als Bild für Klage und Trauer: Mi 1,8 nennt die Schakale neben den → Straußen wohl wegen der heulenden Laute, die die Tiere ausstoßen. Gleichzeitig wird auf das Verstummen beim Trauerritual angespielt (Riede, 2003, 295). Die beiden Tiere werden als Bild für das Klagen genannt, wobei die Betonung auf der von Schakal und → Strauß verursachten Geräuschkulisse liegt (vgl. Jer 14,6). Ähnlich gelten auch in Hi 30,28f. die Schakale und Strauße als Metapher für soziale Isolation, für Trauer und Klage. Das Klagen → Hiobs wird mit dem Schreien der Schakale und Strauße verglichen. Auch Klgl 4,3 spricht wohl vom „Schakal“, obwohl der Masoretische Text (→ Bibeltext) in v3a nicht tannîm („Schakale“), sondern tannîn („(Chaos-)Schlangen“; → Chaos / Chaoskampf) liest: In v3a ist offensichtlich von einem Säugetier die Rede und der zweite Versteil nennt die häufig gemeinsam mit den Schakalen genannten Strauße (יענים jə‘enîm). Inhaltlich hebt sich die Aussage Klgl 4,3 von anderen Texten ab: Sonst werden Schakale gemeinsam mit Straußen als negative Beispiele für Bewohner unbewohnbarer Gebiete am Rand der Zivilisation genannt, an dieser Stelle werden sie den → Straußen jedoch positiv gegenübergestellt. So werden die Schakale in Klgl 4,3 das einzige Mal positiv konnotiert – wobei allerdings die positive Konnotation ihre Wirkung erst durch das Wissen um die sonst negative Bedeutung der Schakale erhält. Im Vergleich zu den grausamen Bewohnern Jerusalems erscheinen sogar Schakale positiv, da sie doch immerhin ihre Jungen liebevoll versorgen.

3. Vorkommen auf Bildträgern

Schakal 02
Caniden (→ Hund / Schakal / → Wolf) werden auf → Siegeln in der Regel nicht dargestellt. Zwar gibt es Hundedarstellungen, aber diese sind selten und wohl als Attributiere der Heilgöttin Gula zu interpretieren (Abb. 1), wie dies wahrscheinlich auch für den geflügelten Caniden auf einem weiteren Stempelsiegelamulett aus Tell el-‘Aǧǧūl (→ Tell el-‘Aǧǧūl [Tell el-Aggul]; → Amulett) gilt (Abb. 2).

Schakal 03

Singulär ist die Darstellung eines Caniden (Wolf?), der einen Menschen angreift, auf einem in Jerusalem gekauften Skarabäus (Abb. 3). Parallelen zu diesem Motiv können vielleicht in dem den Pharao darstellenden → Löwen, der seine Feinde unterwirft, gesehen werden. Da Wölfe in Ägypten nicht vorkommen, handelt es sich hier wohl um ein asiatisches Motiv (Keel, 1994, 212f.).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Frevel, Christian, 1995, Art. תַּן in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament 8, Stuttgart u.a., 701-709.
  • Elliger, Karl, 1978, Deuterojesaja. 1.Teilband: Jesaja 40,1-45,7 (BKAT XI / 1), Neukirchen-Vluyn.
  • Hugger, Pirmin, 1971, Jahwe meine Zuflucht. Gestalt und Theologie des 91. Psalms, Münsterschwarzach.
  • Keel, Othmar / Küchler, Max / Uehlinger, Christoph, 1984, Orte und Landschaften der Bibel, Bd.1: Geographisch-geschichtliche Landeskunde, Göttingen.
  • Keel, Othmar, 1994, Stempelsiegel – Das Problem palästinischer Werkstätten, in: Studien zu den Stempelsiegeln aus Palästina / Israel IV. Mit Registern zu den Bänden I-IV (OBO 135), Freiburg (Schweiz) / Göttingen, 203-252.
  • Keel, Othmar, 1997, Corpus der Stempelsiegel-Amulette aus Palästina, Israel. Katalog Band 1: Von Tell Abu Farag bis Atlit (OBO.SA 13), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
  • Keel, Othmar, 2003, Schwache alttestamentliche Ansätze zur Konstruktion einer stark dualistisch getönten Welt, in: Lange, Armin / Lichtenberger, Hermann / Römheld, K.F. Diethard (Hg.), Die Dämonen. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt – Demons. The demonology of Israelite-Jewish and early Christian literature in context of their environment, Tübingen, 211-236.
  • König, Eduard, 7. Aufl. 1936, Hebräisches und aramäisches Wörterbuch zum Alten Testament (mit Einschaltung u. Analyse aller schwer erkennb. Formen Deutung d. Eigennamen sowie d. massoret. Randbemerk. u. e. deutsch-hebräischen Wortregister) (Neudr. der 6. und 7. Aufl. 1936), Wiesbaden 1969.
  • Riede, Peter, 2000, Im Netz des Jägers. Studien zur Feindmetaphorik der Individualpsalmen (WMANT 85), Neukirchen-Vluyn.
  • Riede, Peter, 2002, „Denn wie der Mensch jedes Tier nennen würde, so sollte es heißen“. Hebräische Tiernamen und was sie uns verraten, in: ders. (Hg.), Im Spiegel der Tiere. Studien zum Verhältnis von Mensch und Tier im alten Israel (OBO 187), Freiburg (Schweiz) / Göttingen, 165-212.
  • Riede, Peter, 2003, „Ich bin ein Bruder der Schakale“ (Hi 30,29). Tiere als Exponenten der gegenmenschlichen Welt in der Bildsprache der Hiobdialoge, in: A. Lange / H. Lichtenberger / K.F.D. Römheld (Hgg.), Die Dämonen. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt – Demons. The demonology of Israelite-Jewish and early Christian literature in context of their environment, Tübingen, 292-306.
  • http://www.world-of-animals.de/tierlexikon/tierart_Schakale.html
  • http://www.fressi-fressi.de/brehm/wolf_seite_5.htm

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