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Stock / Stab / Stecken

(erstellt: Oktober 2020)

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Stock 01
Stöcke und Stäbe unterschiedlicher Länge und Dicke fanden im antiken Israel in allen Lebensbereichen Verwendung, z.B. als Wanderstock, als Hirtenstab zum Aufstützen und zum Antreiben von Vieh (→ Ochsenstachel), als Werkzeug, z.B. um Lasten auf der Schulter zu tragen, reife Oliven vom Baum zu schlagen (→ Ölbaum) oder zu → dreschen sowie als Zuchtrute bei der → Erziehung von Jugendlichen, übertragen auch von Völkern und Gottlosen. Ferne konnte ein Stock als einfache → Waffe dienen und zur Keule weiterentwickelt werden. Wohl davon abgeleitet war ein Stab ein Würde- und Machtzeichen, das als Herrschaftssymbol, bei anderer Perspektive aber auch als Unterdrückungssymbol wahrgenommen werden konnte. Als → Zepter konnte ein Stab wie im Alten Orient zur Insignie speziell königlicher Macht werden (→ Königtum) und als solche auch der königlichen Würde von Gottheiten Ausdruck geben. Schließlich spielt ein Stab als „Stab Gottes“ bei diversen Wundern eine Rolle.

Archäologisch sind Stöcke und Stäbe nicht zu belegen, da von Gegenständen aus Holz in der Regel nichts mehr erhalten ist. Außer den Texten kommen als Quellen deswegen nur Bilder in Frage sowie Analogien aus vergleichbaren Kulturen.

1. Begrifflichkeit

1.1. Stock – Stab – Stecken

Stock 02
Die Begriffe „Stock“, „Stab“ und „Stecken“ lassen sich im Deutschen nicht klar voneinander abgrenzen. Grob gesagt ist ein Stock der dünne, gerade gewachsene Ast eines Baumes, der nicht oder nur geringfügig bearbeitet ist und bei der Verwendung in der Hand gehalten wird, etwa als Spazierstock (heute können Stöcke auch aus anderen Materialien gefertigt sein, z.B. Skistöcke). Ein Stab ist ein längliches, hartes Holz, das aus irgendeinem Baumteil gemacht sein kann, das stärker bearbeitet, insbesondere geglättet ist und meist irgendwo eingearbeitet wurde, z.B. in einem Gitter (anders: ein Hirtenstab). „Stecken“ bezeichnet ursprünglich einen in die Erde gesteckten Stock (→ Pflock), wird inzwischen aber als altertümliches Wort für einen Stock verwendet (vgl. Steckenpferd). In deutschen Übersetzungen der Hebräischen Bibel werden alle drei Begriffe verwendet (Lutherbibel, 1984: Stock 14-mal; Stab 78-mal; Stecken 9-mal), doch geben sie dabei nicht jeweils einen anderen hebräischen Begriff wieder, vielmehr werden alle drei für mehrere hebräische Begriffe verwendet, die jeweils ihrerseits über ein mehr oder weniger großes Bedeutungsspektrum verfügen.

So dient „Stecken“ in der Lutherbibel (1984) der Wiedergabe von drei verschiedenen Begriffen: שֵׁבֶט ševæṭ (6-mal), מַקֵּל maqqel (2-mal) und מַטֶּה maṭṭæh (1-mal), die jeweils auch mit Stock und Stab sowie anderen Begriffen übersetzt werden.

Im Hebräischen werden insbesondere שֵׁבֶט ševæṭ und מַטֶּה maṭṭæh synonym gebraucht, sowohl im Sinne von „Stamm / Volksstamm“ (Jos 13,29) als auch im Sinne von „Stock / Stab“ (Jes 10,5.15.24; Jes 14,5).

1.2. Stecken und Stab des Hirten

Der Wechsel der hebräischen Begriffe lässt sich an den Hirtenstöcken veranschaulichen. Wie Hirten in Palästina um 1900 n. Chr. verfügten wohl schon → Hirten im antiken Israel über zwei Stöcke, einen langen Wanderstock und einen kurzen Schlagstock (vgl. Dalman, 238; Power, 435-436). Für beide werden nicht je eigene Termini gebraucht, sondern mehrere Begriffe können sowohl für den langen als auch für den kurzen Stock verwendet werden.

Ein langer, bis zu den Achseln reichender Wanderstock half, in unwegsamem Gelände über Felsen zu klettern und Geröllfelder zu überqueren sowie dorniges Gestrüpp beiseite zu schieben. Zudem konnte man sich bei längerem Stehenbleiben auf ihn stützen und mit seinem u-förmigen Ende Schafe an den Hinterbeinen einfangen. Der Hirte konnte ihn auch auf Pfosten legen und damit einen Durchgang bilden, um seine Schafe unter seinem Stock hindurchziehen zu lassen und dabei zu zählen (Lev 27,32; vgl. Ez 20,37, שֵׁבֶט ševæṭ). Bei dem Stab (מַטֶּה maṭṭæh), der bei der Berufung des Hirten → Mose als Beglaubigungswunder und Zeichen göttlicher Macht von Gott zu einer Schlange und wieder zu einem Stab verwandelt wird, wird man angesichts der Form einer Schlange an den Langstab denken dürfen (Ex 4,2-4; vgl. Ex 7,9.10). Er wird von Mose später vielfach für Wundertaten eingesetzt (vgl. z.B. Ex 4,17.20; Ex 7,15.17; Ex 9,23; Ex 10,13; Ex 14,16; Ex 17,5; Num 20,8.9.11; → Plagenerzählung; → Meerwunder) und deswegen als „Stab Gottes“ bezeichnet (Ex 4,20; Ex 17,9). In der Vorstellung vom Erheben dieses Stabes verdichtet sich die Rettung Israels. Ebenso wird man sich → Aarons Stab (מַטֶּה maṭṭæh) als Hirtenstab vorstellen dürfen. Auch er wird zu einer Schlange und verschlingt die ebenfalls zu Schlangen gewordenen Stäbe der ägyptischen Weisen (Ex 7,8-13). Anschließend werden mit seinem Stab die drei ersten → Plagen gewirkt (Ex 7,14-8,15).

Ein kurzer, ca. 75 cm langer Schlagstock (Keule), der am Gürtel befestigt werden konnte, diente dagegen der Abwehr von Dieben und wilden Tieren, aber auch zum Antreiben der Herde (Mi 7,14, שֵׁבֶט ševæṭ). Nach 1Sam 17,40.43 trat der Hirtenjunge David → Goliat mit einem Schlagstock (מַקֵּל maqqel) entgegen, als ob er einen wilden Hund verjagen wollte.

In Ps 23,4 sind mit Jahwes Stecken (שֵׁבֶט ševæṭ) und Stab (מִשְׁעֶנֶת miš‘ænæt) wohl die beiden Hirtenstäbe gemeint, also Schlagstock und Wanderstock (Power, 438-439). Diese Gegenstände, die für Hirten in ihrem täglichen Überlebenskampf in einer vielfach feindlichen Umgebung wichtig waren, bieten dem Beter → Trost, sind für ihn zu Symbolen der rettenden Hilfe Gottes geworden (vgl. Mi 7,14; vgl. Riede, 189).

In Ez 37,15-28 sind mit den beiden „Hölzern“ (עֵצִים ‘eṣîm), die für Juda und Israel stehen und die → Ezechiel in einer → Zeichenhandlung vereinigt, trotz des Hirtenbilds in V. 24 kaum die besagten beiden Hirtenstäbe gemeint (Zimmerli, 909). Erst in der Aufnahme dieses Textes in Sach 11,4-14 dürften mit den beiden Stäben (מַקְלוֹת maqəlôt) angesichts der breiten Hirtenmetaphorik jedoch der kurze und der lange Hirtenstab gemeint sein. Sie sollen hier „Freundlichkeit“ und „Zusammenhalt“ symbolisieren, doch werden sie in einer Zeichenhandlung zerbrochen, um den Bruch zwischen Israel und Juda sowie des Gottesbundes vor Augen zu führen.

2. שֵׁבֶט ševæṭ „Schlagstock / Stock“

Das Nomen שֵׁבֶט ševæṭ ist ca. 190-mal belegt und bezieht sich meist auf Volksstämme, insbesondere „Stämme“ Israels (→ Stamm). Der soziologische Begriff ist jedoch wie das deutsche Wort „Stamm“ dem Wortfeld „Baum“ entnommen. Da das Nomen von שׁבט šbṭ „schlagen“ abzuleiten ist, bezeichnet שֵׁבֶט ševæṭ zunächst wohl einen Stock, und zwar einen Schlagstock, ursprünglich vielleicht speziell einen Schlagstock zum → Dreschen. Jedenfalls bestand ein solcher Stock aus Holz (Jes 10,15; Ez 19,11.14) und war damit zerbrechlich (Jes 14,5.29). Die Rede von einem „eisernen Stab“ in Ps 2,9 (vgl. Apk 2,27) soll die Härte des Stabes veranschaulichen, damit aber vor allem die Härte, mit der der König diesen Stab gegen alle Feinde einsetzt, um – so jedenfalls die Vorstellung – Ordnung herzustellen.

Mit einem Stock geschlagen wurden z.B. Kümmel beim vorsichtigen Dreschen (Jes 28,27), vielleicht Tiere, um sie anzutreiben, vor allem aber Menschen. Sklaven konnten von ihrem Herrn mit einem Stock geschlagen werden (Ex 21,20) und Kinder zur → Erziehung von ihren Eltern (z.B. Spr 10,13; Spr 13,24; Spr 22,15; Spr 23,13-14). In gleicher Weise konnte sich ein Leidender von Gott mit einem Stock geschlagen und gezüchtigt fühlen (Hi 9,34; Hi 21,9; Klgl 3,1; vgl. 2Sam 7,14; Ps 89,33). Rutenschläge auf die → Wange zielen darauf, besiegte Herrscher zu demütigen (Mi 4,14).

In einem → Zweikampf konnte man mit einem Stock antreten (2Sam 23,21 // 1Chr 11,23). Dabei kann ein Stock auch als Stoßwaffe verwendet werden. So tötet → JoabAbsalom, indem er ihm drei Stäbe ins Herz stößt (2Sam 18,14). Ob hier an längere oder kürzere Stäbe zu denken ist, bleibt unklar.

Stock 02
Bildlich können ein militärischer Angriff und eine Zeit militärischer Unterdrückung als Schlag mit einem Stock bzw. einer Keule beschrieben werden (Num 24,17; Jes 9,3; Jes 10,24; Jes 14,29). Das assyrische Reich, das im 8. Jh. Israel erobert hat, konnte als Stock Jahwes gelten, so dass Gott als Zuchtmeister mit Stock erscheint (Jes 10,5a שֵׁבֶט ševæṭ und מַטֶּה maṭṭæh; anders Jes 10,5b, wo Assur den Stock hält und damit nicht Werkzeug, sondern selbst der Schlagende ist). Ein Heilsbild bietet dagegen die Vorstellung, dass Gott mit einem Stock auf Feinde einschlägt (Jes 30,31-32 שֵׁבֶט ševæṭ und מַטֶּה maṭṭæh) und den Stock, die Macht von Feinden, zerbricht (Jes 9,3; Jes 14,5; s.u. 3.).

Da „Hirte“ ein geläufiges Bild für einen König ist, kann mit dem Stock in königlichem Kontext eine Keule als Schlagwaffe des Königs bzw. ein → Zepter als Insignie königlicher Macht gemeint sein (Ps 2,9; Ps 45,7). Darüber hinaus kann der Stock zum Bild für Macht und Vorherrschaft werden (Gen 49,10; Num 24,17; Am 1,5.8; Sach 10,11). Der Stab des Mundes ist dann ein machtvolles Wort (Jes 11,4).

3. מַטֶּה maṭṭæh „Stock / Stab“

Das Nomen מַטֶּה maṭṭæh ist über 250-mal belegt, bezieht sich allerdings wie שֵׁבֶט ševæṭ meist auf Volksstämme, insbesondere „Stämme“ Israels (→ Stamm). Zunächst bezeichnet der Begriff, der von נטה nṭh „ausstrecken“ abzuleiten ist, einen einfachen Holzstock, wie ihn → Jonatan benutzt, um → Honig aus den Waben wilder → Bienen zu holen (1Sam 14,27.43).

Der Ausdruck „den Stab des Brotes zerbrechen“ bedeutet „eine Hungersnot verursachen“ (Lev 26,26; Ps 105,16; Ez 4,16; Ez 5,16; Ez 14,13; Sir 48,2); unklar ist allerdings, wie es zu der Wendung gekommen ist. Sollte „Stab des Brotes“ einfach eine Ähre meinen? Görg denkt an „eine Art Maßstab für die Magazinbestände in Hungerszeiten“ (674). Vielleicht ist ein Stab im Blick, an dem Brotkringel zum Schutz vor Mäusen etc. aufgesteckt wurden (zu weiteren Deutungen s. George, 74ff). In Hab 3,9.14 ist bei den „Stäben“, von denen im Zusammenhang mit einem Bogen die Rede ist, vermutlich an Pfeile zu denken (vgl. Barré, 78; nach Pinker, 419-420, sind die einzelnen Holzschichten eines Kompositbogens im Blick).

Ein Stock zum Tragen von Lasten (vgl. Abb. 2) dürfte in Jes 9,3 mit dem „Stock (auf) der Schulter“ gemeint sein (vgl. Jes 10,27; Jes 14,25). Er ist hier als Symbol von Gewaltherrschaft zu verstehen – genau wie das parallel genannte → Joch, das auch in neuassyrischen Königsinschriften breit als Symbol von Gewaltherrschaft belegt ist und die unterworfene Bevölkerung als eingespanntes und getriebenes Zugtier erscheinen lässt. Von diesem Tragstock wird – vermutlich im Kontext des Untergangs des assyrischen Reiches – verkündet, dass Jahwe ihn zerschmettert hat, die Gewaltherrschaft der Assyrer also gebrochen ist (vgl. Jes 14,25), so dass die „Friedensherrschaft auf der Schulter“ des neuen Davidischen Königs an ihre Stelle treten kann (Jes 9,5; vgl. Liess, 88-99).

Stock 03
Ein besserer Stab (mit Schnitzzeichen?) gehörte wie ein Siegelring zu den Insignien eines vornehmen Mannes (Gen 38,18.25). An einen derartigen Stab ist wohl bei dem Stab-Wunder zu denken, das das Priesteramt → Aarons legitimiert. Von zwölf Stäben, die die zwölf Stämme repräsentieren, treibt nur der Stab der Leviten, der den Namen Aarons trägt und sich damit allein auf sein Geschlecht bezieht, über Nacht im Heiligtum Blüten und bringt sogar Mandeln hervor (Num 17,16-28; vgl. Hebr 9,4).

Stock 04
Darüber hinaus bezeichnet מַטֶּה maṭṭæh dann einen Herrscherstab, ein Szepter als Symbol von Macht, das ikonographisch und metaphorisch als Schlagstock eingesetzt werden kann. Wenn das assyrische Reich (→ Assyrien) seinen Stab, das Symbol seiner Macht, erhebt (Jes 10,24), holt es zum Schlag aus gegen Israel. In der Vorstellung vom „Erheben“ des Stabes verdichtet sich hier (anders als bei Mose; s.o.) die Aggression der Angreifer. Doch findet diese Aggression ein Ende, wenn Jahwe umgekehrt seinen Stock wie seinerzeit beim Auszug aus Ägypten zur Rettung Israels erheben (Jes 10,26) und Assur mit seinem Stock attackieren wird (Jes 30,32). Dann wird der Stab Assurs zerbrochen, seine Macht gebrochen (Jes 14,5).

In Ps 110,2 (vgl. Jer 48,17 par. zu מַקֵּל maqqel) bezieht sich der Ausdruck „Stab / Zepter der Stärke“ auf die königliche Macht der Davidischen Dynastie und lässt deren Erwählung anklingen. Er findet sich auch drei Mal in Ez 19,10-14, wo der Aufstieg und Niedergang des Davidischen Königshauses im Bild eines Weinstocks dargestellt wird. Dessen Ranken entwickeln sich zunächst zu starken Ästen bzw. Stäben, zu Herrscherstäben, die dann jedoch verdorren und verbrennen (שֵׁבֶט ševæṭ und מַטֶּה maṭṭæh). Demgegenüber ist der Ausdruck „Stab / Zepter der Gottlosigkeit“ polemisch auf den König von Babel gemünzt (Ez 7,11; vgl. Ps 125,3; Sir 32,23).

4. מַקֵּל maqqel „Stock / Stab“

Das Nomen מַקֵּל maqqel (18 Belege) kann Ruten und Zweige bzw. Äste von Bäumen bezeichnen (Gen 30,37-41), aber auch einen Wanderstock, wie er auf Reisen verwendet wurde (Gen 32,11; Ex 12,11), einen Stock, mit dem man einen Esel antreibt (Num 22,27), den Schlagstock des Hirten (s.o.), ferner eine → Waffe (Keule, Stoßwaffe oder – so Zimmerli, 964 – Wurfstock), die man gegen Feinde einsetzen kann (Ez 39,9) und die als Herrscherstab bzw. Zepter den König als Kämpfer und Oberbefehlshaber seiner Truppe zeigt und damit auf seine Macht verweist (Jer 48,17 par. zu מַטֶּה maṭṭæh). Wenn Jeremia in der → Vision Jer 1,11-12, nicht den „Zweig“, sondern den „Stab“ eines Mandelbaums sieht, so soll die Rede von einem Stab vielleicht dem Anspruch Ausdruck geben, „zu lenken und zu dirigieren“ (Keel, 34), wenn nicht gar die Vorstellung vom „Zepter Jahwes“ aufnehmen (Ruprecht, 55-60). Hos 4,12 richtet sich gegen Mantiker, die bei ihrer Wahrsagerei vielleicht in irgendeiner Form einen Stock oder Stab verwendet haben (Stabwerfen?), falls nicht (despektierlich?) eine → Aschere gemeint sein sollte. Zu Sach 11,7.10.14 s.o. 1.2.

5. מִשְׁעֶנֶת miš‘ænæt „Stützstock“

Die Nomina מִשְׁעֶנֶת miš‘ænæt (11 Belege), מַשְׁעֵנָה maš‘enāh (nur Jes 3,1), מַשְׁעֵן maš‘en (3-mal in Jes 3,1) und מִשְׁעָן miš‘ān (nur Ps 18,19 = 2Sam 22,19) kommen von der Wurzel שׁען š‘n „sich auf etwas stützen“. Sie bezeichnen demnach einen Stock, auf den man sich stützt, z.B. Wanderer (2Kön 4,29), Hirten (Ps 23,4), alte Menschen (Sach 8,4) oder Verletzte (Ex 21,19). Auch der → Engel Jahwes hat einen Wanderstock, kann mit ihm sogar Wunder vollbringen (Ri 6,21). Mit → Elisas Wanderstock ist es dagegen nicht möglich, ein Wunder zu wirken, nämlich einen verstorbenen Jungen wieder aufzuerwecken (2Kön 4,29.31). Num 21,18 besingt, dass die Vornehmen einen Brunnen mit Stützstöcken und Herrscherstäben (מְחֹקֵק məḥoqeq) gegraben haben. Damit sind Stöcke nicht als Werkzeuge zum Brunnenbau belegt, vielmehr ist ein symbolischer Akt im Blick, vielleicht ein Auflockern des Bodens vergleichbar unserem „Spatenstich“.

Metaphorisch kann eine Frau für ihren Mann eine stützende Säule sein (Sir 36,29 [Lutherbibel: Sir 36,26]). Ein Beter kann Gott vertrauensvoll als Stütze bezeichnen (Ps 18,19 = 2Sam 22,19; vgl. Sir 3,31 [Lutherbibel: Sir 3,34]; Sir 40,26). Zum Aufstützen soll man natürlich keinen Rohrstock nehmen, da er hohl und damit zerbrechlich ist. Er stellt ein Bild für gefährliche Zerbrechlichkeit und Unzuverlässigkeit dar (2Kön 18,21 = Jes 36,6; Ez 29,6). Jes 3,1 kündigt die Beseitigung der Stützen Jerusalems an und ein Zusatz bezieht diesen offenen Begriff auf Brot und Wasser. Ob „Stützstock des Brotes“ dabei konkret einen Stock für Brotkringel (s.o.) meint und in Analogie dazu „Stützstock des Wassers“ formuliert wird, bleibt fraglich.

6. מְחֹקֵק məḥoqeq „Kommandostab“

מְחֹקֵק məḥoqeq ist ein Partizip (Pol.) von חקק ḥqq „einritzen / festsetzen / bestimmen“ und kann angesichts der Parallelbegriffe שֵׁבֶט ševæṭ (Gen 49,10) und מִשְׁעֶנֶת miš‘ænæt (Num 21,18) wohl auch einen Kommandostab oder ein Zepter bezeichnen (Gen 49,10; Num 21,18; Ps 60,9 = 108,9; anders Kopf, 255f.) und dann einen Anführer (Dtn 33,21; Ri 5,14).

7. Neues Testament

Im Neuen Testament ist nur relativ selten von einem Stock bzw. Stab (ῥάβδος rhabdos) die Rede. In seiner Aussendungsrede befielt Jesus den Aposteln eine bescheidene Lebensweise: Sie sollen auf ihren Reisen nichts mitnehmen, außer einem Wanderstock (Mk 6,8). Nach den Parallelstellen in Mt 10,10 und Lk 9,3 sollen sie dagegen auch auf diesen verzichten. Ferner erscheinen Stöcke bzw. Stäbe als Schlagstock zur Züchtigung (1Kor 4,21), als Messlatte (Apk 11,1) sowie als königliches Zepter und Machtsymbol (Hebr 1,8; Apk 12,5; Apk 19,15).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979 (Stab)
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977 (Keule)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001 (Stab)
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006 (Stecken und Stab; Stock)

2. Weitere Literatur

  • André, G., Art. מַקֵּל maqqel, in: ThWAT, Bd. IV, Stuttgart 1984, 1129-1131
  • Barré, M.L., Yahweh Gears Up for Battle: Habakkuk 3,9a, Biblica 87 (2006), 75-84
  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. VI, Gütersloh 1939 (Nachdr. 1987)
  • George, P.G., The Rod in the Old Testament: A Study of Vocabulary and Function, Neu Delhi 2004
  • Görg, M., Art. Stab, in: NBL, Neues Bibel-Lexikon, Bd. 3, Zürich u.a. 2001, 674f
  • Keel, O., Zeichensysteme der Nähe Gottes in den Büchern Jeremia und Ezechiel, in: G. Eberhardt / K. Liess (Hgg.), Gottes Nähe im Alten Testament (SBS 202), 2004, 30-64
  • Köhler, L., Der Stab des Brotes, in: ders., Kleine Lichter, Zürich 1945, 25-27
  • Kopf, L., Arabische Etymologien und Parallelen zum Bibelwörterbuch, VT 9 (1959), 247-287
  • Liess, K., Prophetische Herrschererwartungen. Studien zu Jesaja 8,23-9,6 und verwandten Texten, masch. Habil., München 2016
  • Pinker, A., The Lord’s Bow in Habakkuk 3,9a, Biblica 84 (2003), 417-42
  • Power, E., The Shepherd’s Two Rods in modern Palestine and in some Passages of the Old Testament, Biblica 9 (1928), 434-442
  • Riede, P., Gott der Tröster. Ein Beitrag zum biblischen Gottesverständnis, ThQ 188 (2008), 205-228, auch in: ders., Schöpfung und Lebenswelt. Studien zur Theologie und Anthropologie des Alten Testaments (Marburger Theologische Studien 106), Leipzig 2009, 167-192
  • Ruprecht, E., Das Zepter Jahwes in den Berufungsvisionen von Jeremia und Amos, ZAW 108 (1996), 55-69
  • Schoneveld, J., Het breken van de staf des broods, NedThT 27 (1973), 132-145
  • Schult, H., Marginalie zum „Stab des Brotes“, ZDPV 87 (1971), 206-208
  • Simian-Yofre, H., מַטֶּה maṭṭæh, in: ThWAT, Bd. IV, Stuttgart 1984, 818-826
  • Wenham, G.J., Aaron’s Rod (Numbers 17,16-28), ZAW 93 (1981), 280f
  • Zimmerli, W., Ezechiel. 2. Teilband, Ezechiel 25-48 (BK XIII/2), Neukirchen-Vluyn 2. Aufl. 1979
  • Zobel, H.-J., Art. שֵׁבֶט šeḇæṭ, in: ThWAT, Bd. VII, Stuttgart 1993, 966-974

Abbildungsverzeichnis

  • Oliven werden mit einem Stock vom Baum geschlagen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Schwere Lasten konnten mit einem Stock auf der Schulter getragen werden (Grab des Rechmire in Theben; 15. Jh.). Aus: R. Lepsius, Denkmaeler aus Ägypten und Äthiopien, Tafelwerke, Abteilung III, Band V, Berlin 1849, 40 (bearbeitet)
  • Zu den Insignien des Königs gehört in Ägypten der sog. Krummstab (ḥeḳa3-Zepter), der wohl von einem Hirtenstab abzuleiten ist. Aus: Wikimedia Commons; © Jeff Dahl, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 23.10.2020
  • Der persische König Darius mit einem Stock (Persepolis, Apadana, Nordtreppe; 5. Jh. v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © alisamii, Wikimedia Commons, lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 2.0 generic; Zugriff 23.10.2020
  • In einem traditionellen Bildmotiv packt der Pharao die Feinde am Schopf und erschlägt sie mit einer Keule (ptolemäischer Chnumtempel in Esna). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2004)

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