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(erstellt: August 2010)

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1. Einleitung

Das hebräische Wort für „zurückkehren“ (שׁוּב šûv Qal) gehört zu den am häufigsten vorkommenden Verben des Alten Testaments. Entsprechend breit gefächert sind Bedeutungsspektrum und Verwendungsweisen der Wurzel שׁוּב šûv (vgl. Holladay; Soggin; Fabry / Graupner; zur Verwendung der Wurzel שׁוּב šûv Qal in der Bedeutung „umkehren / sich bekehren“ s. → Umkehr).

Vom „Zurückkehren“ (Wurzel שׁוּב šûv) wird im Alten Testament sowohl im Sinne einer physischen Rückkehr an einen geographischen Ort als auch im übertragenen Sinne einer inneren Rückkehr zu einem Ausgangspunkt oder Ausgangszustand gesprochen. In manchen Fällen lassen sich beide Aspekte nicht voneinander trennen und ist die Rückkehr an einen Ort zugleich Ausdruck einer inneren Rückkehrbewegung, so z.B. im Falle der Rückkehr JHWHs nach Zion / Jerusalem (s.u. 2.2.1.).

Die wichtigsten theologischen Zusammenhänge, in denen im Alten Testament von Rückkehr die Rede ist, sind der Gedanke einer Rückkehr Gottes nach einer Zeit seiner zornigen Abwesenheit (2.), der prophetische Aufruf an Israel zur Rückkehr zu JHWH (3.) und die Rückkehr der Israeliten aus dem babylonischen Exil (4.) bzw. der Diaspora (5.).

2. Rückkehr Gottes

2.1. Abwesenheit und Rückkehr einer Gottheit im Alten Orient

Im → Weltbild der altorientalischen Kulturen spielt die Anwesenheit der Götter bzw. der Hauptgottheit in ihrem Tempel eine zentrale Rolle (→ Abwesenheit Gottes; → Gegenwart Gottes). Ihrer Anwesenheit wird eine heilvolle, die Stadt und von ihr ausgehend auch das Umland beschützende Wirkung zugeschrieben. Umgekehrt gilt die zornige Abwendung einer Gottheit von ihrem Wohnort als Ursache von Not- und Krisensituationen. Häufig findet sich in den einschlägigen assyrischen und babylonischen Königsinschriften folgendes Schema:

Die über die Stadt und ihre Bewohner erzürnte Gottheit wendet sich von ihrem Heiligtum ab und beschließt, vorübergehend an einem anderen Ort zu wohnen. Die dadurch verursachte Schutzlosigkeit der Stadt ermöglicht eine feindliche Eroberung und Plünderung. Dabei wird auch das Kultbild (→ Götterbild) der zürnenden Gottheit, als deren Werkzeug die siegreiche feindliche Macht auftritt, verschleppt. Zu einem späteren Zeitpunkt, in der Regel zeitgleich mit dem Antritt eines neuen Herrschers, erbarmt sich die Gottheit und beschließt, an ihren ursprünglichen Wohnort zurückzukehren. Dieser Beschluss konkretisiert sich in dem Befehl an den neuen Herrscher, das Kultbild der Gottheit zurück zu erobern, zu restaurieren oder neu anzufertigen. Am Ende steht eine umjubelte → Prozession, in der die Gottheit in Gestalt ihres strahlenden Kultbildes in das Heiligtum zurückkehrt. Die positiven Folgen dieser Rückkehr sind kosmischen Ausmaßes.

Beispiele für diesen Vorstellungszusammenhang finden sich u.a. in den Inschriften Nebukadnezars I. (Frame, RIMB 2, B.2.4.5; B.2.4.7; B.2.4.8; B.2.4.9), der „Marduk-Prophetie“ (Borger, 1971), dem „Erra-Epos“ (Cagni), den „Babylon-Inschriften“ Asarhaddons (Borger, 1956) sowie der „Adad-guppi-Stele“ und der „Babylon-Stele“ Nabonids (Schaudig). Vgl. hierzu auch Block, 125-161; Ehring, 99ff.

2.2. Abwesenheit und Rückkehr JHWHs im Alten Testament

Im Alten Testament steht das Motiv der Rückkehr JHWHs im Kontext von Aussagen über Israels Gottesbeziehung. Dabei lassen sich zwei Ausformungen unterscheiden: In der exilisch-nachexilischen Prophetie wird mit der Rückkehr JHWHs nach → Zion / → Jerusalem eine grundsätzliche Heilswende am Ende des babylonischen → Exils verkündet (vgl. bei Deuterojesaja, Ezechiel und Sacharja). In Klageliedern des Volkes oder eines Einzelnen findet sich die Bitte um die Rückkehr JHWHs zu seinem Volk (vgl. Ps 80,15; Ps 85,5.7; Ps 90,13) bzw. zu einem einzelnen Beter (vgl. Ps 6,5) ohne den Bezug auf Zion / Jerusalem.

2.2.1. Die Rückkehr JHWHs nach Zion / Jerusalem

Das Motiv der Rückkehr JHWHs nach → Zion / → Jerusalem findet sich bei den exilisch-nachexilischen Propheten → Deuterojesaja (Jes 40,1-11*; Jes 52,7-10), → Ezechiel (Ez 43) und → Sacharja (Sach 1,3 sowie in den „Nachtgesichten“: Sach 1,16; Sach 8,3). In allen drei Fällen ist es in einem spezifischen Kontext zu verstehen, dem auch aus mesopotamischen Quellen bekannten Vorstellungszusammenhang von der Abwesenheit einer zürnenden Gottheit von ihrem Heiligtum und ihrer späteren erbarmungsvollen Wiederzuwendung und Rückkehr zu diesem (s.o. 2.1.).

Den grundlegenden Verständnishintergrund für das Alte Testament bildet dabei der auch in der vorexilischen Jerusalemer Kulttradition verankerte Gedanke, dass die Anwesenheit JHWHs in seinem → Tempel bzw. in der Stadt → Zion / → Jerusalem eine heilvolle Wirkung für die Stadt selbst sowie von dort ausstrahlend für das Umland und die ganze Erde hat (vgl. z.B. Jes 6, JHWH als thronender König; Ps 46 und Ps 48, Zion als Gottesstadt; → Eschatologie 2. Präsentische Eschatologie; zur „Symbolik des Zentrums“ vgl. Hartenstein, 21-23, mit Bezug auf Eliade). Die Rückkehr Gottes an seinen Wohn- bzw. Thronort ist somit ein Ausdruck des göttlichen Erbarmens und Willens zur Restitution nach einer Zeit der durch die → Abwesenheit Gottes verursachten Not.

2.2.1.1. Die Rückkehr JHWHs bei Deuterojesaja. In Jes 40,1-11* und Jes 52,7-10, den vermutlich ursprünglichen Rahmentexten der deuterojesajanischen Grundschicht (vgl. Kratz, 148f), bildet das Motiv der Rückkehr JHWHs den Ausgangspunkt und die Legitimation der deuterojesajanischen Trost- und Heilsbotschaft. Seine Ausgestaltung ist von mesopotamischen Schilderungen der Rückkehr einer Gottheit (d.h. eines Kultbildes) an ihren Wohnort beeinflusst. Man denke z.B. an die Beschreibung des Prozessionsweges (Jes 40,3), die visuelle Wahrnehmbarkeit der Rückkehr JHWHs (Jes 40,5; Jes 52,8b.10) und ihre prozessionsartige Ausgestaltung mit den Elementen des Jubels (Jes 52,8a.9) und des Sichtbarwerdens der → „Herrlichkeit“, d.h. des „Lichtglanzes“ JHWHs (Jes 40,5; vgl. Höffken; Ehring, 156ff.). Gleichzeitig sind die Aussagen über die sichtbare Gestalt des zurückkehrenden Gottes bewusst reduziert: Neben der Erwähnung der „Herrlichkeit JHWHs“ (כְּבוֹד יהוה kəvôd JHWH) werden vor allem Szenarien beschrieben, die das Handeln JHWHs als siegreicher König und fürsorgender → Hirte herausstellen.

Auch das Gegenbild zum Rückkehrmotiv, das Szenario des die Stadt verlassenden Gottes, findet man bei Deuterojesaja (Jes 46,1-2) – allerdings in polemischer Verzerrung: die babylonischen Götter → Bel und → Nabu verlassen hier gerade nicht aus eigenem Antrieb zürnend ihren Wohnort, sondern werden in Gestalt ihrer wehrlosen Kultbilder unfreiwillig abtransportiert (vgl. Ehring, 220ff.).

2.2.1.2. Auszug und Rückkehr der „Herrlichkeit JHWHs“ bei Ezechiel. Die Vision von der Rückkehr der „Herrlichkeit JHWHs“ (כְּבוֹד יהוה kəvôd JHWH) in den wiederaufgebauten Jerusalemer → Tempel (Ez 43) bildet das Gegenstück zur Vision von ihrem Auszug vor der babylonischen Zerstörung Jerusalems (Ez 10-11). Sie markiert den Beginn einer neuen, „für ewig“ (לְעוֹלָם lә‘ôlām) andauernden Heilszeit für Jerusalem und Juda.

Visuell wahrnehmbar ist die Rückkehr der „Herrlichkeit JHWHs“ (כְּבוֹד יהוה kəvôd JHWH) als ein das Land und den Tempel erfüllender Lichtglanz, akustisch als ein starkes Rauschen (vgl. Ez 43,2). In dieser relativen Unanschaulichkeit liegt ein Spezifikum der alttestamentlichen Ausformung des Motivs der Rückkehr Gottes im Vergleich zu seinen mesopotamischen Varianten, in denen es sich in der Regel um die Rückkehr einer Gottheit in Gestalt ihres Kultbildes handelt (vgl. Bodi).

2.2.1.3. Die Rückkehr JHWHs bei Sacharja. Auch Protosacharja (Sach 1-8) kennt das Motiv der Rückkehr JHWHs nach Zion / Jerusalem als Ausdruck der Heilswende für die Stadt und das Volk nach dem Ende des babylonischen → Exils. Sach 1,1-7 verheißt die Rückkehr JHWHs zu seinem Volk und verbindet sie mit der Aufforderung, selbst zu JHWH zurückzukehren (Sach 1,3). Sach 8 beschreibt die positiven Folgen der erfolgten Rückkehr und des erneuten Wohnens (שׁכן škn) JHWHs inmitten Jerusalems (Sach 8,3). Und auch im Zyklus der „Nachtgesichte“ Sacharjas (Sach 1,7-6,8) lässt sich der Vorstellungszusammenhang von der zornigen Abwendung und erbarmungsvollen Rückkehr Gottes wiedererkennen (vgl. Lux). Programmatisch schildert das erste der Nachtgesichte (Sach 1,8-17), wie die Situation der seit 70 Jahren andauernden → Abwesenheit und Verborgenheit JHWHs durch seine Rückkehr nach Jerusalem ein Ende findet (Sach 1,16). Ähnlich wie in Ez 40-43 ist auch bei Sacharja die Rückkehr JHWHs mit dem Wiederaufbau der Stadt und des → Tempels verbunden.

2.2.2. Weitere Aussagen der Rückkehr JHWHs zu seinem Volk oder zu einem einzelnen Beter

Auch ohne den konkreten Bezug auf eine Rückkehr JHWHs an den Ort Zion / Jerusalem kann die positive Wende im Verhältnis zwischen JHWH und seinem Volk als Rückkehrbewegung JHWHs beschrieben werden.

Charakteristisch ist die Bitte um JHWHs Rückkehr in den Klageliedern des Volkes (→ Psalmen; vgl. Ps 80,15, parallel mit der Bitte, wieder von JHWH gesehen / angesehen zu werden [Wurzeln נבט nbṭ und ראה r’h]; Ps 85,5.7 und Ps 90,13). Jes 63,17 bittet um die Rückkehr JHWHs zu seinem angesichts der fehlenden göttlichen Leitung ziellos umherirrenden Volk.

Auch mit Bezug auf einen einzelnen Beter kommt die Bitte um die Rückkehr JHWHs vor (Ps 6,5). Von ihr verspricht sich der Beter eine positive Wende seines Schicksals, hier die Bewahrung vor dem Tod und Errettung von Feindesnot.

Vergleichbare Bitten um die Rückkehr bzw. Wiederzuwendung der persönlichen Schutzgottheit, deren Abwendung als primäre Ursache der eingetretenen → Krankheit oder persönlichen Notlage verstanden wird, sind auch aus individuellen Klage- und Bittgebeten des mesopotamischen Raums bekannt (vgl. z.B. die sumerischen Eršaḫunga-Gebete [Herzberuhigungsklagen]; vgl. Maul).

Eine Sonderform der Rede von JHWHs Rückkehr stellt die Formel שׁוּב שְׁבוּת šûv šəvût dar (übliche Übersetzung: „das Geschick / die Gefangenschaft wenden“). Nach Willi-Plein (71) beschreibt die Formel ein Zurückkommen, das „Gott zugunsten der im Genetiv an das Verbalnomen [שׁבות] tretenden geographischen Größe oder Personengruppe vornimmt, indem er in bezug auf diese an den Ausgangspunkt ‚zurückkehrt‘ und einen Neuanfang möglich macht“ (vgl. Dtn 30,3; Jer 30,18; Jer 31,23; Ez 29,14; Am 9,14; Zef 2,7; Zef 3,20 u.ö.).

2.3. Personennamen mit der Wurzel שׁוּב „zurückkehren“

Sowohl alttestamentlich als auch außerbiblisch sind Personennamen belegt, in denen die Wurzel שׁוּב šûv zusammen mit einem Gottesnamen enthalten ist.

Im 1. Chronikbuch wird der Name Schebuël (שְׁבוּאֵל in 1Chr 23,16; 1Chr 25,4; 1Chr 26,24) bzw. Schubaël (שׁוּבָאֵל in 1Chr 24,20; 1Chr 25,20) erwähnt: „Kehre zurück, El!“ (vgl. Fabry / Graupner, 1132). Fasst man עַם ‘am „Verwandter“ als theophores Element (= Gottesbezeichnung) auf, ist auch der Name Joschobam (1Chr 11,11; 1Chr 12,7; 1Chr 27,2) zu nennen: „May the (divine) Kinsman return“ (Fowler, 96; vgl. Fabry / Graupner, 1133).

Außerbiblisch belegt sind der Name šbn-jhw „Kehre doch zurück, JHWH“ (Arad-Ostraka 60,3 und 27,4; → Arad) sowie der Name šb-’el „El ist zurückgekehrt“ (vgl. Fowler, 95f). Letzterer ist auch altaramäisch sowie ugaritisch (ṯb3l) belegt (vgl. Fabry / Graupner, 1132).

Möglicherweise im Zuge der Bildung eines Hypokoristikons (Kurzform eines Eigennamens) weggefallen ist das theophore Element in den Namen Schobai „Kehre zurück!“ (Esr 2,42; Neh 7,45) und Jaschub „Er möge zurückkehren“ (Num 26,24; Esr 10,29; vgl. Fabry / Graupner, 1132).

3. Rückkehr Israels zu JHWH

Die Verheißung der Rückkehr JHWHs zu seinem Volk geht in der Regel mit einer Erwartungshaltung hinsichtlich des Verhaltens des Volkes einher. Je nach Kontext (Heilsprophetie, definitive oder noch abwendbare Unheilsankündigung) kann das Motiv der entweder verheißenen, unter Umständen noch möglichen oder bereits endgültig verspielten heilvollen Rückkehr JHWHs mit einer Rückkehrforderung an das Volk oder mit dem Nachweis der schuldhaft verpassten Chance zur Rückkehr zu JHWH verknüpft sein (→ Prophetie).

In der nachexilischen Heilsprophetie bildet die Aufforderung an Israel, zu JHWH zurückzukehren, in der Regel das Gegenstück zur Verheißung der mit der Rückkehr JHWHs anbrechenden neuen Heilszeit (vgl. Sach 1,3; Mal 3,7 sowie Jes 31,6; Jes 44,22; Jes 55,7; Jer 3,12.14.22; Jer 4,1; Hos 3,5). Dabei kann die Rückkehr des Volkes zu JHWH auch erst als eine Folge der erbarmungsvollen Wiederzuwendung JHWHs verstanden werden (vgl. Jer 24,7, JHWHs Zuwendung zu den exilierten Judäern ermöglicht deren Rückkehr zu JHWH; Hos 14,2ff, v5: JHWH heilt Israels „Abkehrneigung“ [מְשׁוּבָה mәšûvāh; vgl. Jeremias, 232f] und ähnlich evtl. auch Klgl 5,21).

Im Kontext prophetischer Gerichtsreden findet sich der Aufruf zur Rückkehr zu JHWH immer dann, wenn das drohende Strafgericht durch eine Rückkehr des Volkes zu JHWH noch abgewendet werden kann (vgl. Jo 2,12-14; Ez 14,6; Jer 18,8; Jer 36,3; vgl. → Umkehr).

Dort, wo das göttliche Strafgericht bereits unabwendbar beschlossen ist, typischerweise in der Gerichtsprophetie des 8. Jh.s, dient der Vorwurf der nicht erfolgten Rückkehr Israels zu JHWH dem Aufweis der Schuld des Volkes und damit der Begründung des angekündigten Strafgerichts (vgl. Jes 9,12; Jes 30,15; Jes 7,3 [→ „Schear-Jaschub“: „[Nur] ein Rest wird zurückkehren“ – zu JHWH bzw. aus der Schlacht]; Hos 5,4; Hos 7,10; Am 4,6-11).

4. Rückkehr aus dem babylonischen Exil

Die Erfahrungen des babylonischen Exils und der Rückkehr aus dem Exil spielen eine wichtige Rolle in der alttestamentlichen Literatur der nachexilischen Zeit (zu den historischen Hintergründen der Rückwanderung aus dem Exil s. → Exil). Thematisiert werden die Rückkehr der Exilierten, der Wiederaufbau Jerusalems und die mit beidem verbundenen Konflikte besonders bei → Esra und Nehemia (vgl. die Rede von den „Rückkehrern“ [הַשָּׁבִים] in Esr 6,21; Neh 8,17; sowie bei → Haggai und → Sacharja).

Die Heilsverkündigung des → Deuterojesajabuches verheißt die Sammlung und Rückkehr der Exilierten nach Juda und Jerusalem (Jes 43,5-7; Jes 49,14ff; Jes 51,11; vgl. Jes 35,10) und ruft zum Auszug aus Babylon auf (Jes 48,20; Jes 52,11-12). Dabei wird die von JHWH geleitete Rückkehr durch die Wüste als neuer → Exodus gedeutet (vgl. Jes 43,16-21; Jes 48,20f; Jes 51,9-11; Jes 55,12f.).

Auch in den Heilsverheißungen anderer Prophetenbücher spielt die Aussicht auf Rückkehr (שׁוּב šûv Qal) bzw. Rückführung durch JHWH (שׁוּב šûv Hif.) eine Rolle (vgl. Sach 8,7-8; Jes 27,12f und besonders die jüngeren Texte im → Jeremiabuch, Jer 16,14f; Jer 23,3; Jer 24,4-7; Jer 29,10-14; Jer 30,3; Jer 30,1-10; Jer 31, v.a. Jer 31,8.16-17.21; Jer 32,37; Jer 46,27).

5. „Zurückkehren“ (שׁוּב) aus der Diaspora als Leitwort im Buch Rut

Um Rückkehr aus der → Diaspora, hier → Moab, geht es im Buch → Rut. Mit zwölf Vorkommen in Rut 1 (Rut 1,6.7.8.10.11.12.15.16.21.22) sowie einer Wiederaufnahme in Rut 2,6 und am Schluss des Buches in Rut 4,3 und Rut 4,15 (שׁוּב šûv Hif.: der Löser lässt Noomis Lebenskraft zurückkehren) kommt dem Verb „zurückkehren“ (שׁוּב šûv Qal) die Funktion eines zentralen Leitwortes zu (vgl. Dommershausen, 396-398; Fischer, 38f.).

Noomis (und Ruts) Rückkehr nach Juda wird in Rut 1 der Rückkehr der moabitischen Schwiegertochter Orpa zu ihrem Volk und ihrem Gott gegenübergestellt. Auffällig ist dabei, dass es auch von der Moabiterin Rut heißt, sie sei nach Juda „zurückgekehrt“ (vgl. Rut 2,6). Auf diese Weise beschreibt das Buch Rut in nachexilischer Zeit die volle Integration von Ausländerinnen in das Volk Israel als eine grundsätzlich mögliche und positiv bewertete Option (vgl. auch Fischer, 169; Köhlmoos, 36).

6. Rückkehr / Umkehr in der Qumranliteratur

In der Literatur aus → Qumran spielt das Thema Rückkehr / Umkehr (שׁוּב šûv Qal) eine verhältnismäßig große Rolle. Fabry (1978, 286) unterscheidet vier Verwendungsweisen: 1. Rückzug im Kampf (v.a. in 1QM [= Kriegsrolle]), 2. Rückkehr / Umkehr zur Gemeinschaft (v.a. in 1QS [= Gemeinderegel] und CD [=Damaskusschrift]), 3. Abkehr von der Sünde und 4. Umkehr zur → Tora. Die Rede von der Rückkehr / Umkehr zur Tora, zur Wahrheit oder zum → Bund tritt dabei an die Stelle der alttestamentlichen Rede von der Rückkehr zu Gott (in der Qumranliteratur nur selten belegt, vgl. u.a. CD 20,23; 4Q375,1,I,2; 1QH 16,17 [= Hodajot]). Selbstbezeichnungen wie die „Umkehrenden der Wüste“ (šbj hmdbr, 4QpPs 37,3,1) oder die „Umkehrenden Israels“ (šbj jśr’l, CD 4,2; 6,5 u.ö.) weisen auf die für die Gemeinschaft von Qumran charakteristische Auffassung von Rückkehr / Umkehr als umfassender Lebenshaltung hin (vgl. Fabry und Fabry / Graupner, 1169-1176).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995

2. Weitere Literatur

  • Block, D.I., The Gods of the Nations (Studies in Ancient Near Eastern National Theology, Evangelical Theological Society Monograph Series 2) Mississippi 1988
  • Bodi, D., The Book of Ezekiel and the Poem of Erra (OBO 104), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1991
  • Dommershausen, W., Leitwortstil in der Ruthrolle, in: Theologie im Wandel, Festschrift zum 150jährigen Bestehen der katholisch-theologischen Fakultät an der Universität Tübingen 1817-1967 (Tübinger Theologische Reihe 1), München 1967, 394-407
  • Ehring, C., Die Rückkehr JHWHs. Traditions- und religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Jesaja 40,1-11, Jesaja 52,7-10 und verwandten Texten (WMANT 116), Neukirchen-Vluyn 2007
  • Eliade, M., Kosmos und Geschichte. Der Mythos der ewigen Wiederkehr, 2. Aufl., Frankfurt a.M. 1984 (frz. 1949)
  • Fabry, H.-J. / Graupner, A., Art. שׁוּב, Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Bd. VII, Stuttgart u.a. 1993, 1118-1176
  • Fabry, H.-J., Die Wurzel ŠÛB in der Qumran-Literatur. Zur Semantik eines Grundbegriffes (BBB 46), 1975
  • Fabry, H.-J., Die Wurzel שׁוּב in der Qumrânliteratur, in: M. Delcor (Hg.), Qumrân. Sa piété, sa théologie et son milieu (BEThL 46), Paris / Leuven 1978, 285-293
  • Fischer, I., Rut (HThKAT 11), Freiburg i. Br. 2001
  • Fowler, J.D., Theophoric Personal Names in Ancient Hebrew. A Comparative Study (JSOT Suppl. Series 49), Sheffield 1988
  • Hartenstein, F., Die Unzugänglichkeit Gottes im Heiligtum. Jesaja 6 und der Wohnort JHWHs in der Jerusalemer Kulttradition (WMANT 75), Neukirchen-Vluyn 1997
  • Höffken, P., Zur Mardukinterpretation in Babylonien mit besonderer Hinsicht auf Deuterojesaja, BN 125 (2005), 11-23
  • Holladay, W.L., The Root šûb in the Old Testament with Particular Reference to its Usage in Covenantal Contexts, Leiden 1958
  • Jeremias, J., Zur Eschatologie des Hoseabuches, in: J. Jeremias / L. Perlitt (Hgg.), Die Botschaft und die Boten (FS H.W. Wolff), Neukirchen-Vluyn 1981, 217-234; auch in: ders., Hosea und Amos (FAT 13), Tübingen 1996, 67-85
  • Köhlmoos, M., Ruth (ATD 9/3), Göttingen 2010
  • Kratz, R.G., Kyros im Deuterojesaja-Buch. Redaktionsgeschichtliche Untersuchungen zu Entstehung und Theologie von Jes 40-55, Tübingen 1991
  • Lux, R., JHWHs „Herrlichkeit“ und „Geist“. Die „Rückkehr JHWHs“ in den Nachtgesichten des Sacharja, in: ders., Prophetie und Zweiter Tempel. Studien zu Haggai und Sacharja (FAT 65), Tübingen 2009, 193-222
  • Soggin, J.A., Art. שׁוּב šûb, in: Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 5. Aufl., München / Zürich 1994-1995, 884-891
  • Willi-Plein, I., ŠWB ŠBWT – eine Wiedererwägung, ZAH 4 (1991), 55-71

3. Quelleneditionen und -übersetzungen

  • Cagni, L., L’Epopea di Erra, Studi Semitici 34, Rom 1969. Engl. Übers.: ders., The Poem of Erra, (SANE I/3), Malibu 1977
  • Borger, R., Gott Marduk und Gott-König Šulgi als Propheten, BiOr 28 (1971), 3-24
  • Borger, R., Die Inschriften Asarhaddons, Königs von Assyrien, AfO Beiheft 9, Graz 1956
  • Frame, G., The Royal Inscriptions of Mesopotamia. Babylonian Periods II. Rulers of Babylonia. From the Second Dynasty of Isin to the End of Assyrian Domination (1157-612 BC), Toronto, Buffalo, London 1995
  • Maul, S.M., ‚Herzberuhigungsklagen’. Die sumerisch-akkadischen Eršaḫunga-Gebete, Wiesbaden 1988
  • Schaudig, H., Die Inschriften Nabonids von Babylon und Kyros’ des Großen samt den in ihrem Umfeld entstandenen Tendenzschriften (AOAT 256), Münster 2001

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