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Jona / Jonabuch

Andere Schreibweise: Jonah (engl.)

(erstellt: April 2008)

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Das Jonabuch ist im Rahmen des → Zwölfprophetenbuchs (→ Kanon) überliefert, in dem es allerdings eine Besonderheit darstellt: Es handelt sich um die einzige durchgehende Erzählung dieser Sammlung. Ursprünglich bildete das Jonabuch sehr wahrscheinlich eine selbstständige Erzählung (vgl. dazu Gerhards, 2006, 9f.; aber auch die Minderheitsposition von Bosshard-Nepustil, 423-426). Daher ist es legitim, das Buch zunächst für sich zu betrachten, zumal es auch im Zusammenhang der Zwölfprophetensammlung immer noch als klar abgegrenzte Einheit vorliegt. Anschließend soll auf seine Stellung und Bedeutung im Zwölfprophetenbuch eingegangen werden, um schließlich Aspekte der Wirkungsgeschichte in Judentum, Christentum und Islam anzusprechen.

1. Inhalt und Gliederung

1.1. Inhaltsangabe

Jona ben Amittai (יוֹנָה בֶן־אֲמִתַּי jônāh bæn ’ǎmittaj) erhält von Jahwe den Auftrag, nach → Ninive zu gehen, um der Stadt das Gericht anzukündigen. Er bricht allerdings in die entgegengesetzte Richtung auf: von → Jaffa aus über das Mittelmeer nach → Tarsis. Da Jona → „Taube“ bedeutet, ist vermutet worden, dass in dem Namen Flatterhaftigkeit anklingt. So soll der Name „Jona ben Amittai“ nach Wolff (1977, 76) andeuten, dass der Prophet „ein Flattergeist und doch ein Sohn der Treue Jahwes“ ist (אֲמִתַּי ’ǎmittaj von אֱמֶת ’æmæt „Treue“). Ob der Verfasser tatsächlich an dieser Namensbedeutung interessiert war oder nur an der aus älterer biblischer Literatur bekannten Prophetengestalt (vgl. 5.1.1.1), ist jedoch fraglich.

Jedenfalls flieht Jona, doch Jahwe wirft einen großen Sturm auf das Meer, das Schiff gerät in schwere Seenot. Jona wird als Schuldiger ausgelost und nach anfänglichem Zögern von den Seeleuten über Bord geworfen. Jahwe sendet einen großen Fisch, der Jona verschlingt, und der Prophet betet im Inneren des Fischs einen Dankpsalm (→ Walfisch). Auf Jahwes Befehl hin wird er an Land gespieen.

An dieser Stelle beginnt die Geschichte von vorn: Jona bekommt erneut den Auftrag, nach → Ninive zu gehen (Jon 3,1f), den er nun auch befolgt. Er geht ein Drittel des Weges in die Stadt hinein und kündigt an, dass Ninive nach vierzig Tagen „umgestürzt“ wird.

Diese Ankündigung ergeht zwar ohne Begründung, ja sogar ohne eine Erwähnung Gottes, gleichwohl löst sie bei den Niniviten eine umfassende Buße aus, an der nicht nur die gesamte menschliche Bevölkerung beteiligt ist, sondern auch die Tiere. Auf Grund dieser Buße reut Gott das angekündigte Unheil; er vollzieht das Gericht nicht.

Die Verschonung Ninives bedeutet für Jona ein großes Ärgernis. Er begründet nun zum ersten Mal, warum er den Auftrag nicht erfüllen wollte: Er habe von Anfang an gewusst, dass Jahwe „ein gnädiger und barmherziger Gott“ ist, „langsam zum Zorn und groß an Güte, der das (angekündigte) Unheil bereut“ (Jon 4,2). Nachdem die von Anfang an befürchtete Verschonung Ninives eingetreten ist, wünscht er sich den Tod, und Jahwe fragt ihn nach der Berechtigung seines Zorns.

Die Szene wechselt: Jona war nach der Gerichtsankündigung aus der Stadt gegangen und hatte sich östlich von ihr niedergelassen. Über die Hütte, die er sich vorher dort gebaut hatte, lässt Jahwe zu Jonas Freude einen → Rizinus als zusätzlichen Schattenspender wachsen; doch schon am nächsten Morgen lässt er den Rizinus wieder verdorren. Die Sonne und ein heißer Ostwind setzen Jona bis zur Ohnmacht zu. Nachdem Gott ihn noch einmal nach der Berechtigung seines Zorns gefragt und Jona energisch bejaht hat, fragt Jahwe abschließend: „Du hast dich über den Rizinus erbarmt, um den du dich nicht gemüht hast, und den du nicht großgezogen hast, der in einer Nacht wurde, und in einer Nacht verging; ich aber sollte mich nicht über Ninive, die große Stadt, erbarmen, in der mehr als 120 000 Menschen sind, die zwischen rechts und links nicht unterscheiden können, und viel Vieh?“ (Jon 4,10f).

Mit dieser Frage endet die Erzählung; eine Reaktion Jonas ist nicht berichtet.

1.2. Gliederung

Für die Gliederung bieten sich zwei Möglichkeiten an, die sich allerdings nicht ausschließen.

1. Ausgehend von der variierten Wiederholung von Jon 1,1-3 in Jon 3,1-3a ist eine Gliederung in zwei parallele Teile zu erkennen. Jon 1 und Jon 2 bilden den ersten Teil, Jon 3 und Jon 4 den zweiten. Beide Teile beginnen mit dem Auftrag zur Gerichtsverkündigung in Ninive (Jon 1,1-2; Jon 3,1-2), auf den ein Aufbruch Jonas folgt: in Jon 1,3 nach Tarsis, in Jon 3,3a nach Ninive. Darauf folgt jeweils eine Szene, in der neben Jona eine nichtisraelitische Gruppe vorkommt, die durch religiöse Übungen versucht, Lebensgefahr abzuwenden: In Jon 1,4-16 sind es die aus verschiedenen Völkern stammenden Seeleute, die dadurch, dass jeder zu seinem Gott ruft (Jon 1,5), den Untergang des Schiffes verhindern wollen; in Jon 3,3b-10 sind es die Niniviten, die durch ihre Buße dem angekündigten Gericht zu entgehen suchen. Bei beiden Gruppen wird jeweils ein hervorgehobener Repräsentant besonders erwähnt: in Jon 1,6 der Kapitän, in Jon 3,6 der König von Ninive.

Jeder der beiden Teile läuft auf eine Szene hinaus, in der Jona mit Jahwe allein ist (Jon 2 und Jon 4). In Jon 2 wird ihm von Jahwe der große Fisch zur Rettung gesandt, und Jona betet nach der Verschlingung einen Dankpsalm. Jahwe selbst bleibt in dieser Szene stumm. In Jon 4 hadert Jona mit Jahwe wegen der Verschonung Ninives, und Jahwe antwortet ihm. Es wird das Wunder von Aufwachsen und Vergehen des Rizinus erzählt, woran sich die Schlussfrage Jahwes anschließt. Die Parallelität dieser beiden Szenen reicht bis in Einzelheiten: In Jon 4,2, innerhalb der Klage von Jon 4,1-3, zitiert der Prophet ein traditionelles Bekenntnis zu Jahwe als gnädigem und barmherzigen Gott, das letztlich in der Sinaierzählung gründet (Ex 34,6). Das vorgeprägte Bekenntnis im Zusammenhang des Gebets bildet eine Parallele zu dem ebenfalls in geprägter Gebetssprache formulierten Psalm in Jon 2 (vgl. Lux, 163ff.). Der Rizinus und der Wurm, der die Pflanze sticht (Jon 4,6-7), bilden Parallelen zu dem großen Fisch aus Jon 2. An allen dreien zeigt sich die Herrschaft Gottes über die Dinge der Schöpfung im Großen (Fisch) wie im Kleineren (Rizinus) und Kleinsten (Wurm), jeweils durch das Prädikat מנה mnh Pi. „bestimmen / beordern“ zum Ausdruck gebracht (Jon 2,1; Jon 4,6-7).

Die Gliederung ist tabellarisch folgendermaßen darzustellen:

Jonabuch

2. Ausgehend von der Beobachtung, dass der in Jon 1,1f erteilte Auftrag am Ende von Jon 3 ausgeführt ist, ergibt sich eine andere Gliederung in Kap. 1-3 einerseits (Kap. 1-2 „Verweigerung“; Kap. 3 „Durchführung des Auftrags“) und Kap. 4 andererseits, wo das Geschehen von Kap. 1-3 reflektiert wird. Innerhalb von Kap. 4 folgt der einleitenden Klage von Jon 4,1-3 in Jon 4,4-11 Jahwes Antwort, die aus einer Zeichenhandlung mit anschließender Erklärung besteht.

Während die erste Gliederungsmöglichkeit den parallelen Aufbau der Erzählung hervorhebt, betont die zweite ihr theologisches Achtergewicht in den Reflexionen des Schlusskapitels.

2. Datierung

Das Jonabuch gehört schon aus sprachlichen Gründen zu den späten Schriften des Alten Testaments. Es enthält eine Reihe von Vokabeln, die sonst nur in anderen späten Texten bzw. in der nachbiblischen Literatur vorkommen: עשׁת ‘št Hitp. „denken an“ (Jon 1,6); מנה mnh Pi. „beauftragen“ (Jon 2,1; Jon 4,6-8); חרישׁית ḥǎrîšît „scharf“, „heftig“ (Jon 4,8); רבו ribbô „zehntausend“ (Jon 4,11). Darüber hinaus ist neben dem Relativpronomen אשׁר ’ăšær dreimal die Relativpartikel שׁ šæ verwendet, die im Zuge der Sprachentwicklung zum Mittel- und Neuhebräischen das ältere אשׁר ’ăšær schließlich ganz verdrängt hat. Auch ist die Gottesbezeichnung „Gott des Himmels“ (Jon 1,9) – mit einer gewissen Unsicherheit in Gen 24,3 und Gen 24,7 – nur in Texten der nachexilischen Zeit belegt.

Schließlich sprechen auch die von der Erzählung verarbeiteten Vorgaben (vgl. 5.) für eine späte Datierung: Die vielen Bezugnahmen auf andere biblische Texte weisen den Verfasser als „Schriftgelehrten“ aus (Blum, 19), setzen also bereits Kanonisierungsprozesse im Bereich der biblischen Literatur voraus. Darüber hinaus legen die in der Verschlingungsepisode und im Ninivebild aufgenommenen außerbiblischen Traditionen (vgl. 5.2.) eher eine Datierung in die hellenistische Zeit nahe als die mehrheitlich vertretene Ansetzung in die Perserzeit. Allerdings ist durch die Erwähnung der „Zwölf Propheten“ in Sir 49,10 (Lutherbibel: Sir 49,12) ein sicherer terminus ante quem gegeben (→ Jesus Sirach). Danach lag das Zwölfprophetenbuch schon im ersten Drittel des 2. Jh.s v. Chr. als kanonische Sammlung vor. Das ursprünglich selbstständige Jonabuch kann also keinesfalls später als 200 v. Chr. entstanden sein.

3. Einheitlichkeit

Der Wechsel zwischen den Bezeichnungen „Jahwe“ und „Gott“ sowie inhaltliche Doppelungen und Spannungen haben literarkritische Eingriffe angeregt (zum Überblick vgl. Lux, 34-42; Jörg Jeremias in: Wolff, 2003, 109-117). Allerdings sind Modelle, die den gesamten Bestand des Buchs auf mehrere Schichten aufteilen (L. Schmidt, 18-130; Krüger, 61-69, 85-88; Weimar, 1982a; 1982b; 1984), nur auf wenig Zustimmung gestoßen.

1. Der Wechsel der Gottesbezeichnungen. Dieser Wechsel lässt sich sachlich erklären: Gott wird „Jahwe“ genannt, wenn von ihm als dem Gott Israels, und damit auch Jonas, die Rede ist. Dagegen wird er – sofern nicht das Appellativum gemeint ist (Jon 1,5f) – als „Gott“ bezeichnet, wenn von ihm in Verbindung mit den Niniviten die Rede ist (Jon 3,3b-10), die seinen Eigennamen nicht kennen, und wenn Jona ihn in der Rizinusepisode (Jon 4,6-9) als unverständlich und fremd erlebt (vgl. Jörg Jeremias, 2007, 104f.).

2. Nachholender Stil. Besonders auffällige Brüche finden sich in Jon 3,6ff, wo das Edikt des Königs erst erwähnt wird, nachdem schon summarisch über die umfassende Buße der Niniviten berichtet wurde (Jon 3,5), und in Jon 4,5, wo unklar ist, worauf Jona noch wartet, nachdem ihm bereits in Jon 4,1ff klar war, dass Gott Ninive verschont hat. Diese Brüche sind aber wohl als bewusste Nachholungen zu erklären, die einem „szenischen Gestaltungsprinzip“ (Wolff) folgen (vgl. dazu Wolff, 2003, 40ff.; schon Lohfink, v.a. 196f.). Jon 4,5 schließt dann gedanklich über Jon 3,5-4,4 hinweg an Jon 3,4 an und holt nach, was Jona getan hatte, nachdem er die Gerichtsandrohung in Ninive ausgestoßen hatte.

3. Der Psalm in Jon 2. Das wichtigste literarkritische Problem bietet der Psalm in Jon 2, der mehrheitlich als Zusatz betrachtet wird, auch wenn die übrige Erzählung meist als Einheit gilt (vgl. dazu die gründliche Analyse von Jörg Jeremias, 2008). Für die Ausscheidung des Psalms lässt sich auf den Gattungswechsel zwischen der Erzählung und dem „Danklied des Einzelnen“ hinweisen, auf sprachliche Unterschiede zwischen Psalm und erzählerischem Umfeld sowie auf das inhaltliche Problem, dass Jona bereits ein Danklied singt, ohne dass er das rettende Land schon wieder erreicht hätte. Vor allem wird aber auf die mangelnde Konsistenz der Jonafigur hingewiesen: „Diese frommen und dankergebenen Worte passen doch gar nicht zu dem störrischen Jona, der sich nachher nur noch unglaublicher benimmt als vorher“ (v. Rad, 77).

Der Herauslösung des Psalms steht allerdings ein gewichtiges kompositorisches Argument entgegen: Die in 1.2. beschriebene parallele Struktur der Erzählung würde dadurch massiv gestört. Das Gegenüber der beiden Szenen, in denen Jona mit Jahwe allein ist (Jon 2 und Jon 4), ist nicht mehr gegeben, wenn Jon 2 auf Jon 2,1-2 und Jon 2,11 reduziert wird (vgl. etwa Gese, 137; Opgen-Rhein, 129 m. Anm. 5), zumal ja gerade das Gebet in Jon 4,1-3 mit der überlieferten Bekenntnisformulierung in Jon 4,2 eine Parallele zu dem Psalm bildet.

Entscheidet man sich also unter Hinweis auf die Gesamtkomposition des Jonabuchs für die Ursprünglichkeit des Psalms, lässt sich das Singen des Dankliedes damit erklären, dass Jona schon die Verschlingung – und nicht erst die Rückkehr ans Festland – als Rettung erkennt; und der Umstand, dass dem ungehorsamen Propheten ein frommes Gebet in den Mund gelegt wird, lässt sich entweder mit seiner Zerrissenheit erklären – Jona wäre dann als eigentlich frommer Mann an der Sendung nach Ninive verzweifelt und hätte deshalb den Weg des Ungehorsams gewählt (so Gerhards, 2006, 23; 166) –, oder mit einer „inneren Wende“, durch die Jona, der sich „aus Israel, der nachexilischen Tempelgemeinde“, entfernt hatte, in die „Gemeinde der Beter Israels“ zurückkehrt (so Lux, 182f.). Schließlich besteht die Möglichkeit, das Gebet des ungehorsamen Propheten ironisch zu verstehen (Golka, 65ff. unter Berufung auf Magonet, 49-54; Schart, 1998a, 285).

Während sich also die größeren Anstöße zur Literarkritik ohne Eingriffe in den Text erklären lassen, scheinen in Jon 1,8aβ und dem מצולה məṣûlāh „Tiefe“ von Jon 2,4 sekundär in den Text geratene Randglossen vorzuliegen.

Möglicherweise bildet nicht nur Jon 4,5, sondern die ganze Rizinusepisode in Jon 4,5-9 eine Nachholung, die gedanklich an Jon 3,4 anschließt und einen zur Buße Ninives parallelen Erzählstrang bildet. Dann muss aber wohl auch das להציל לו מרעתו ləhaṣîl lô merā‘ātô („um ihm von seinem Ärger zu helfen“) aus Jon 4,6 als Glosse gelten, die nicht beachtet, dass Jon 4,5-9 logisch hinter Jon 3,5-4,4 zurückgreift. Von daher kann sie den in Jon 4,1 erwähnten „Ärger“ (רעה rā‘āh) des Propheten für Jon 4,6 voraussetzen und ihn dort einfügen (vgl. dazu auch Gerhards, 2006, 45-47.54).

4. Lehrerzählung

Die Gattungsbestimmung setzt am besten bei dem auffälligen Umstand an, dass das Jonabuch mit einer offenen Frage endet. Diese Frage richtet sich auf der Figurenebene an Jona. Da diese Ebene aber mit der Frage abbricht, ist sie letztlich an den Leser oder die Leserin gerichtet, der oder die sich mit Jona identifizieren und im Anschluss an das Gelesene bedenken soll, ob Jahwes Mitleid mit Ninive berechtigt ist. Die Erzählung verfolgt also unverkennbar eine didaktische Intention. Jahwe als Figur der Erzählung erscheint an deren Schluss als „der erste Sokratiker“ (Jauß, 272). Zu dem lehrhaften Charakter passen die vielen Zitate und Anspielungen auf andere biblische Texte, in denen sich „die umfassende Schriftkenntnis des Erzählers“ (Jörg Jeremias, 2007, 80) spiegelt, der offenbar unter Voraussetzung des sich ausprägenden Kanons ein theologisches Problem behandelt. Das Jonabuch kann als „didaktische Erzählung“ oder „didaktische Novelle“ bezeichnet werden (vgl. dazu Wolff, 2003, 32ff.; Gerhards, 2006, 68-71) bzw. unter Aufnahme eines Begriffs der jüdischen Tradition als → „Midrasch“ (so Wolff, 2003, 56-58). Diese Bestimmung mag, wie wohl alle bisher vorgeschlagenen Alternativen, nicht restlos befriedigen (vgl. dazu Jörg Jeremias, in: Wolff, 2003, 105-109); sie leitet aber immerhin dazu an, das Buch nicht als Darstellung vergangener Ereignisse zu verstehen – und sei es auch als sagen- oder legendenhafte Darstellung –, sondern nach seinem theologischen Anliegen zu fragen (vgl. 6.; → Erzählende Gattungen).

5. Verarbeitung von Vorgaben

5.1. Aus biblischer Literatur

5.1.1. Jona ben Amittai – Ninive – Tarsis

1) Die Gestalt des Jona ben Amittai

In 2Kön 14,25, also den „Vorderen Propheten“, die in der Entstehungszeit des Jonabuchs mindestens schon auf dem Weg zu kanonischem Ansehen waren (vgl. Gese, 124), wird in der Rückschau ein Prophet Jona ben Amittai aus Gat Hepher in Galiläa erwähnt, der die von → Jerobeam II. vollzogene Rückeroberung der Gebiete „von Lebo Hamat bis zum Meer der Araba“ vorhergesagt haben soll.

In Jon 1,1 wird Jona ben Amittai ohne jede weitere Information zur Person, aber auf Grund von „Wortereignisformel, Boteninstruktion und Inhalt der Botschaft“ eindeutig als Prophet eingeführt (Kaiser, 43). Die Erzählung wählt offenbar die in 2Kön 14,25 genannte Gestalt zur Hauptperson – und dies wurde auch verstanden, denn von hier aus ergibt sich in der Anordnung der Schriften des Zwölfprophetenbuchs die Einreihung Jonas unter die Propheten des 8. Jh.s (vgl. 7.).

Da Jona nach 2Kön 14,25 die Rückeroberung ehemals israelitischer Gebiete vorhergesagt hat, wird er bisweilen als „Eiferer für sein Volk und gegen dessen (…) Erbfeind“ (Eißfeldt, 140) charakterisiert oder wenigstens als „Heilsprophet“, der das religiöse Selbstbewusstsein Israels in einer Weise gesteigert habe, die von den vorexilischen Unheilspropheten wie etwa Amos kritisiert wurde (vgl. Wolff, 2003, 15f.). Durch diese Charakterisierung wird Jona wenigstens tendenziell zur Negativgestalt. Im 2. Königebuch selbst wird sein Wirken aber unter einem anderen Aspekt gesehen. Die Rückeroberungen Jerobeams und die Verkündigung Jonas werden in 2Kön 14,26f als Gnadenakt Jahwes charakterisiert, der Israels Elend sah und seinen Untergang (noch) nicht wollte. Im Übrigen scheint das Wirken Jonas mithilfe einer Stichwortverknüpfung zwischen 2Kön 14,27 und 2Kön 13,3-5 (über ישׁע jš‘ Hif. „retten“) mit einem kultischen Akt von → Joahas, dem Großvater und zweiten Vorgänger Jerobeams II., verbunden zu sein (vgl. dazu Gerhards, 2006, 84-86). Das Wirken Jonas wird so in den Rahmen der von Jahwe geschenkten Rettung Israels aus der Aramäerbedrängnis (→ Aramäerkriege) gestellt. Wichtig ist dabei, dass es um das in der Sünde → Jerobeams I. beharrende Israel geht (2Kön 14,24). Wenn man nun davon ausgeht, dass der Jona-Erzähler sich bei der Wahl seiner Hauptperson eng an 2Kön 14 als Quelle hielt, wird er in Jona einen Vermittler der unverdienten Gnade an ein Israel gesehen haben, dessen Untergang Jahwe trotz aller Schuld (noch) nicht wollte.

2) Ninive

Ninive wird im Alten Testament außerhalb des Jonabuchs in Gen 10,11f; 2Kön 19,36 = Jes 37,37; Nah 1,1; Nah 2,9; Nah 3,7; Zef 2,13 erwähnt sowie in den Apokryphen in Judit und Tobit. An allen diesen Stellen ist es assyrische Residenzstadt, im → Nahumbuch und in Zef 2,13-15 ist es als solche Inbegriff des Assyrerreichs (vgl. dazu Gerhards, 2003b, 61-64; Gerhards, 2006, 92-95). Da die → Assyrer Israel und Juda bedrängten, ist mit Ninive eine tendenziell negative, mitunter, wie im Nahumbuch, sogar eine äußerst negative Wertung verbunden.

3) Tarsis

Mit → Tarsis ist die Vorstellung eines in weiter Ferne liegenden Reiseziels verbunden. So benötigten die von Salomo nach Tarsis gesandten Schiffe nach 2Chr 9,21 drei Jahre für den Hin- und Rückweg. In Jes 66,19 ist Tarsis zu den weit entfernten Ländern gezählt, in die die Kunde von Gott noch nicht gedrungen ist. Wegen der großen Entfernung einschließlich des Aspektes, dass man dort von Gott nicht gehört hat, ist Tarsis für Jona ein interessantes Fluchtziel. Sein Fluchtversuch wirkt auf den ersten Blick sinnlos: Wohin sollte Jona fliehen wollen, weiß er doch selbst, dass Jahwe als „Gott des Himmels“ Meer und Festland (Jon 1,9) geschaffen hat, so dass sein Machtbereich Himmel, Erde und Meer, also schlechterdings alles, umfasst? Gleichwohl hat das Unternehmen vielleicht den rationalen Kern, dass Jona zwar nicht den Machtbereich Jahwes verlassen, aber einen Ort erreichen will, an dem er vor einer weiteren Beauftragung durch seinen Gott sicher ist. Diese Interpretation lässt sich mit dem Hinweis auf nachbiblische jüdische Quellen unterstützen (vgl. unten 8.1.2.).

5.1.2. Die Reue Gottes – der Prophet als Warner

Die Darstellung in Jon 3,3b-10, dass über Ninive ein Gericht verkündigt wird, dessen Ausführung jedoch unterbleibt, weil Jahwe das angekündigte Unheil auf Grund der Buße bereut, lässt sich als erzählerische Ausgestaltung von Jer 18,7f verstehen, zumal in der Niniveszene sprachliche Anklänge an entsprechende Texte des Jeremiabuchs vorliegen (vgl. Wolff, 2003, 16f.).

In Jon 4,2 zitiert Jona ein Bekenntnis zur Gnade und Barmherzigkeit Gottes, das in der Sinaioffenbarung gründet (Ex 34,6f) und in vielen Texten der Spätzeit aufgenommen wird (vgl. dazu u.a. die Monographien von Scoralick und Franz). Allerdings ist es nur hier und in Jo 2,13 um das Element „den das (angekündigte) Unheil reut“ ergänzt. Möglicherweise setzt das Jonabuch das Joelbuch voraus, bezieht aber die → Reue Gottes über ein angekündigtes Gericht nicht wie dieses auf das bußfertige Israel, sondern auf andere Völker (vgl. Wolff, 2003, 68-70; Jörg Jeremias, 1997, 98; 101; 103f.; Jörg Jeremias, 2007, 107). Allerdings ist schon von Jer 18,7f her die Gewissheit vorausgesetzt, dass Gott auf die Umkehr der Betroffenen hin ein angekündigtes Gericht bereut und nicht vollzieht, wobei auch die dortige Formulierung nicht auf Israel beschränkt ist. Über Jer 18 geht das Jonabuch aber insofern hinaus, als hier nicht nur „thesenartige Andeutungen“ vorgetragen werden, sondern die Konsequenzen der „Reue Gottes“ gegenüber Ninive bedacht sind (vgl. Jörg Jeremias, 1997, 98).

Unter Voraussetzung von Ex 34,6 in Verbindung mit Jer 18,7f kann die Erzählung Jona zuschreiben, dass er von Anfang an wusste, dass Jahwe im Fall einer Buße Ninives das Gericht nicht vollziehen wird (Jon 4,2). Auch wenn Jona Prophet ist, ist dazu kein prophetisches Vorherwissen nötig, es reicht die Kenntnis von schon damals kanonischen „Bibeltexten“.

Dem Wissen um die Reue Gottes entspricht nicht nur in Jer 18,7f, sondern auch an anderen Stellen (Jer 23,22; Jer 25,4f; Jer 26,2f; Jer 36,3; vgl. auch 2Kön 17,13) ein Verständnis des prophetischen Amtes, nach dem der Prophet nicht unverrückbar feststehende Zukunft vorherzusagen, sondern vor drohendem Unheil zu warnen hat, um den Betroffenen die Möglichkeit zur Umkehr zu geben. Dieses „deuteronomistisch-jeremianische Prophetenverständnis“ ist auch im Jonabuch vorausgesetzt (vgl. Gese, 126f.).

5.2. Weitere Vorgaben

5.2.1. Das Verschlingungsmotiv

Wie die Sammlung von H. Schmidt dokumentiert, kursieren in aller Welt Geschichten über die Verschlingung von Menschen durch große Seetiere (zum Folgenden vgl. ausführlicher Gerhards, 2003a.). Diese Erzählungen wird man allerdings nicht auf eine einzige Urform, etwa einen im Bereich des Indischen Ozeans beheimateten Verschlingungsmythos, zurückführen können (vgl. H. Schmidt, 29ff.; 65f.; 122f.), von dem dann auch im Jonabuch ein Nachklang vorläge (vgl. Wolff, 2003, 22). Auch legt sich die Verbindung der Verschlingung des Jona mit bestimmten Versionen der Herakles-Hesione-Sage bzw. der Perseus-Andromeda-Sage (vgl. Wolff, 2003, 24, 26; Opgen-Rhein, 192-195, 203) nicht nahe, da der Fisch in Jon 2 anders als in diesen Geschichten nicht als bedrohliches Ungeheuer, sondern als göttliches Rettungswerkzeug erscheint, was vor allem dann eindeutig ist, wenn der Dankpsalm in Jon 2 zum ursprünglichen Bestand gerechnet wird. Die engsten Parallelen zu Jon 2 enthalten indische Erzählungen, die allerdings erst aus sehr viel späterer Zeit belegt sind. Trotz dieser in der Quellenlage gründenden Unsicherheit liegt die Annahme nahe, dass das Verschlingungsmotiv aus Indien in den Mittelmeerraum gelangte, wo es vom Jona-Erzähler rezipiert wurde. Denkbar ist eine Verbindung mit der im Rahmen von Alexanders Indienzug durchgeführten Flottenexpedition unter Nearchos, bei der die Griechen die großen Wale des Indischen Ozeans kennen lernten. Dann wäre die Verwendung des Verschlingungsmotivs ein Beleg für die hellenistische Datierung des Jon.

Im biblischen Zusammenhang betrachtet erscheint der große Fisch als eine Version der ursprünglich mythischen Meerwesen, die verschiedentlich erwähnt sind, um die uneingeschränkte Verfügung Jahwes über die gesamte Schöpfung einschließlich der Bewohner der Meerestiefen zu illustrieren (Gen 1,21; Ps 104,26). Vor diesem Hintergrund erscheint das ganz von Jahwe bestimmte Verschlingen und Ausspeien Jonas (Jon 2,1; Jon 2,11) als Ausdruck göttlicher Herrschaft über alle Bereiche der Welt.

5.2.2. Persische Elemente im Ninivebild

Die merkwürdige Darstellung, dass in Ninive nicht nur die Menschen, sondern auch die Tiere fasten (Jon 3,7) und den Sack tragen sollen (Jon 3,8), ist schon lange, vor allem auf Grund von griechischen Quellen, als persische Tradition bzw. als eine ursprünglich mit den Persern verbundene Vorstellung angesprochen worden (zum Folgenden vgl. ausführlicher Gerhards, 2003b, 67-72; Gerhards, 2006, 97-101.). Nach inner- und außeralttestamentlichen Belegen gehört auch der Umstand, dass der König in Jon 3,7 das Bußedikt nicht allein, sondern gemeinsam mit seinen Großen erlässt, zum Bild der → Perser. Berücksichtigt man zudem, dass die Perserkönige in biblischen Texten als Verehrer des einen Himmelsgottes erscheinen (Esr 1,2-4; Esr 6,3-5; Esr 7,12), dann ist nicht zuletzt auch der Umstand, dass die Niniviten in Jon 3,3b-10 als Verehrer eines einzigen Gottes dargestellt sind, der mit Jahwe identisch ist, ohne dass er ihnen unter diesem Namen bekannt wäre, als ursprünglich mit den Persern verbundenes Element im Ninivebild zu werten.

In das Ninivebild sind also Elemente verschiedener Großmächte eingegangen, mit denen Israel im Laufe seiner Geschichte zu tun hatte: Der Name und die himmelschreiende Bosheit (Jon 1,2) gehen auf Traditionen über die Assyrer zurück; dazu kommen aber Elemente, die ursprünglich aus dem Bild der Perser stammen.

Die Bedeutung der persischen Elemente liegt unter anderem darin, dass sie positive Züge in das im Alten Testament hauptsächlich negative Bild Ninives eintragen. So ist die Buße der Niniviten eng mit ihrem „Monotheismus“ verbunden, der es ihnen erlaubt, auf die Verkündigung des fremden Propheten hin an Gott zu glauben und Buße zu tun (Jon 3,5) – und das in einer Weise, die durch die ebenfalls dem Perserbild entnommene Einbeziehung der Tiere so umfassend wie nur möglich dargestellt ist.

Die positive Würdigung der Buße Ninives wird im Übrigen dadurch unterstrichen, dass die Verkündigung Jonas, auf die sie erfolgt, als äußerst kurz und nachlässig dargestellt ist, und dass die ganze Bußszene wie ein positives Gegenstück zu der verweigerten Buße Judas in Jer 36 erscheint (vgl. Wolff, 2003, 17f.). So sind es also neben den persischen Elementen auch kompositorische Beobachtungen und Rückgriffe auf biblische Vorgaben, die zur Aufhellung des Ninivebildes beitragen; die persischen Elemente haben aber einen beachtlichen Anteil daran. Dass ursprünglich persische Elemente in dieser Weise eingesetzt werden, spricht wohl dafür, dass das Perserreich bereits im verklärten Rückblick wahrgenommen wird, was ein weiteres Indiz für eine hellenistische Datierung wäre.

6. Theologisches Anliegen

6.1. Problemstellung

In 4. wurde festgehalten, dass die Bestimmung als „didaktische Erzählung“ oder „Midrasch“ dazu anleitet, nach dem theologischen Anliegen des Jonabuchs zu fragen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob sich die Aussage des Buchs auf ein bestimmtes Anliegen beschränkt. Immerhin wird darauf verwiesen, dass sich die Leerstellen der Erzählung unterschiedlich füllen lassen (vgl. Magonet, 87) oder dass Jona und Ninive für sehr unterschiedliche Größen stehen können (vgl. Koenen, 31). An entsprechende Positionen ist aber die Anfrage zu richten, ob sie nicht die Lenkungsfunktion bestimmter Textstellen und verarbeiteter Vorgaben zu gering veranschlagen. Zumindest scheint es sinnvoll, von einem Hauptanliegen auszugehen, von dem gegebenenfalls „mehr am Rande liegende Einsichten“ zu unterscheiden sind (Kaiser, 43).

Die wichtigste Stelle mit Lenkungsfunktion ist ohne Zweifel die offene Schlussfrage in Jon 4,10f. Das Anliegen des Buchs muss also dem in der Schlussfrage angesprochenen Thema der Berechtigung des Mitleids Jahwes mit Ninive entsprechen. Da die offene Frage letztlich an den Leser oder die Leserin gerichtet ist, geht es um ein Problem, das der von der Erzählung angesprochene Rezipientenkreis mit sich klären soll.

Dafür steht als eine weitere wichtige Kernstelle auch die Klage des Propheten in Jon 4,1-3, die insofern die gesamte Erzählung umfasst, als erst hier, gegen Ende der Erzählung, die Ablehnung begründet wird, die Jona von Anfang an gegen die Sendung nach Ninive hegte. Indem diese Begründung aber darin besteht, dass er von Anfang an wusste, dass Jahwe im Fall der Umkehr das Gericht nicht vollstreckt, wird auch von hier aus deutlich, dass es um die Berechtigung des Mitleids Jahwes mit Ninive geht.

Damit ist aber für die Auslegung der Erzählung zunächst nur ein Rahmen gewonnen. Die eigentliche Problematik erschließt sich erst, wenn deutlich wird, warum Jona das Mitleid Jahwes mit Ninive für unberechtigt hält und es daher ablehnt, Ninive vor dem Gericht zu warnen und die Begnadigung der Stadt zu akzeptieren.

Zu dieser Frage sind verschiedene Antworten vorgeschlagen worden, von denen die wichtigsten vier Grundalternativen zuzuordnen sind (vgl. dazu Gerhards, 2006, 107ff. [Lit!] im Anschluss an Blum, 15f.):

1. Jona will nicht, dass Nichtisraeliten („Heiden“) der Gnade Gottes teilhaftig werden;

2. Jona hat Gericht angekündigt und will nicht durch die Begnadigung Ninives als falscher Prophet dastehen;

3. Jona erträgt die Nachsicht Gottes nicht, weil ihm an der Gerechtigkeit Gottes liegt;

4. Jona will die Begnadigung Ninives nicht, weil er weiß oder wenigstens befürchtet, dass von dort weiterhin Gefahr für Israel ausgehen wird.

6.2. Universalität der Gnade

Von diesen Grundalternativen scheitert die 2. schon daran, dass das Jonabuch ein Prophetenverständnis voraussetzt, nach dem die prophetische Aufgabe nicht in der Ansage sicher eintreffender Zukunft, sondern in der Warnung vor Unheil besteht und mit dem Anliegen einhergeht, den Betroffenen die Möglichkeit der Umkehr zu geben (vgl. 5.1.2.). Vor diesem Hintergrund kann Jona aber gar nicht als falscher Prophet dastehen, wenn seine Gerichtsankündigung nach der Umkehr Ninives nicht eintrifft (so auch Gese, 126f.; Jörg Jeremias, 1997, 103; anders etwa Blenkinsopp, 244; Willi-Plein, 228). Die 2. Alternative kommt also kaum in Frage, obwohl das Problem, dass Jona durch das Nichteintreffen des Gerichts als falscher Prophet gelten könnte, schon das antike Judentum beschäftigte (vgl. Ego, 157f.; auch 8.1.3.).

Die 3. Alternative hat den – freilich weniger gravierenden – Nachteil, dass sie nicht berücksichtigt, warum Jona gerade nach Ninive gesandt wird. Die Sendung eines israelitischen Propheten in eine fremde Hauptstadt ist aber sehr ungewöhnlich und verdient daher, bei der Interpretation beachtet zu werden. Im Alten Testament findet sich dazu als Parallele nur die Sendung → Elias nach → Damaskus (1Kön 19,15), wobei ein Vergleich beider Sendungen größere Unterschiede als Gemeinsamkeiten zeigt (vgl. dazu Gerhards 2006, 118f.).

Wenn nun aber die Frage der Gerechtigkeit Gottes angesichts seiner Gnade im Mittelpunkt stehen sollte, wäre zu erwarten, dass Ninive als eine mit so gewichtigen Assoziationen verbundene Größe in der Erzählung gar nicht vorkäme, um nicht vom eigentlichen Anliegen abzulenken.

Von hier aus sind die 1. und die 4. Alternative im Vorteil, weil die Sendung nach Ninive in ihnen hinreichend berücksichtigt wird, allerdings unterscheiden sie sich danach, wofür die Stadt steht.

Bei der 1. Alternative steht Ninive für die Nichtisraeliten überhaupt, unter denen die für ihre Bosheit bekannte Stadt (Jon 1,2b), die Hauptstadt einer bedrohlichen Großmacht, eine Art Extremfall bildet, etwa als „Exponent des ganzen Heidentums“ (Rudolph, 336). Die Berechtigung von Jahwes Mitleid mit dem heidnischen Ninive wird am Ende damit begründet, dass Jahwe Jona darauf anspricht, dass ihm das Verdorren des Rizinus Leid getan hat, um dann zu fragen, ob das göttliche Mitleid mit dem großen Ninive, seinen vielen Menschen und Tieren, nicht ungleich mehr berechtigt sei. Der Leser oder die Leserin soll zu einem Schluss a minore ad maius („vom Kleineren zum Größeren“) angeregt werden.

Jahwe spricht in der Schlussfrage als der universale Schöpfer, der sich auch um die Nichtisraeliten gemüht hat – im Unterschied zu Jona, der mit dem Rizinus keine Mühe hatte und doch Leid um die ephemere Pflanze trägt (Jon 4,10). Das universale Schöpfersein Jahwes wird in der Erzählung allerdings nicht erst am Ende thematisiert, sondern ist von Anfang an von Bedeutung. In Jon 1,9 bekennt Jona selbst vor der Schiffsbesatzung Jahwe als Schöpfer von Meer und trockenem Land; in dem Erlebnis von Sturm und Sturmstillung erfahren die Seeleute, die in Jon 1,5 verschiedene Götter anrufen, die Macht Jahwes, die sie in Jon 1,16 durch große Furcht sowie Gelübde und Opfer anerkennen. Der große Fisch erinnert im Rahmen des Alten Testaments an andere ursprünglich mythische Meerwesen, an denen die über alles erhabene Schöpfermacht Jahwes demonstriert wird (vgl. 5.2.1.), auch bildet der Fisch in der parallelen Gliederung der Erzählung das Gegenstück zu Rizinus und Wurm aus Jon 4, an denen gezeigt wird, wie Jahwe auch die Dinge der Natur im Kleinen bestimmt (vgl. 1.2.). Angesichts dieser Hervorhebung der Universalität Jahwes wirkt die These plausibel, dass die Erzählung die Leserinnen und Leser, die sich mit dem widerspenstigen Propheten identifizieren sollen, davon überzeugen will, dass das Mitleid und die Gnade Gottes nicht auf Israel beschränkt ist.

Häufig wird vor dem Hintergrund dieser Auslegungsalternative auch mit ironischen und satirischen Elementen im Jonabuch gerechnet (vgl. Wolff, 1977, 62-64; auch etwa Schart, 1998a, 283-287; → Humor), so wurde in 3. ja schon die ironische Deutung des Psalms als eine Möglichkeit angesprochen, das Dankgebet als ursprünglichen Bestandteil der Erzählung zu verstehen. Wenn Jonas Problem wirklich darin besteht, dass er die Gnade Gottes auf Israel beschränkt sehen möchte, wirkt er borniert und damit tendenziell komisch. Dem Erzähler, der diese Gestalt vorführt, ist allerdings ein durchaus ernsthaftes, ja sogar ein freundliches Anliegen zu unterstellen: Er will diejenigen, die sich mit der so verstandenen Jonagestalt identifizieren können „aus der trübsinnigen Beschäftigung mit sich selbst heraus[locken], indem er die Verdrossenheit ihres Glaubens ironisiert“ (Wolff, 1977, 64).

6.3. Bedrohlichkeit der Universalität der Gnade

Allerdings könnte gerade die Möglichkeit einer satirischen Interpretation auch ein Problem der 1. Alternative anzeigen. Diese Alternative verschiebt nämlich unter Umständen nur das Interpretationsproblem, wenn nicht klar wird, warum Jona den Nichtisraeliten die gnädige Zuwendung Jahwes missgönnt. So hat man darin unter anderem „enge, fast pathologische Rechtgläubigkeit“ gesehen (Haller, 6) – eine Charakterisierung, die deutlich zeigt, dass Jonas Vorbehalte nicht wirklich verständlich sind. Ein weiteres Problem der 1. Alternative besteht darin, dass eine Auslegung, in der Ninive als Extrembeispiel oder Exponent des Heidentums vorkommt, über das hinausgeht, was Ninive an anderen Stellen des Alten Testaments und der Apokryphen ist. Dort erscheint die Stadt nämlich als Hauptstadt bzw. als Inbegriff des Assyrerreichs. Berücksichtigt man im Übrigen, dass auf Grund der in 5.2.2. festgestellten persischen Elemente im Ninivebild des Jonabuchs Züge zweier Großmächte enthalten sind, dann legt es sich nahe, in Ninive ein Symbol der verschiedenen Großmächte zu sehen, von denen Israel im Laufe seiner Geschichte bedroht bzw. beherrscht wurde. Das aber führt auf die 4. Alternative: Jona will die Begnadigung Ninives nicht, weil er weiß oder wenigstens befürchtet, dass von dort weiterhin Gefahr für Israel ausgehen wird. Wenn Ninive für die Großmächte überhaupt steht, ist ja mit dieser Gefahr zu rechnen.

Bei einer spätnachexilischen Datierung gehört es zum geschichtlichen Hintergrund der Erzählung, dass Israel seit Jahrhunderten von Großmächten bedroht wird und seit der babylonischen Eroberung Jerusalems auch restlos unter ihrer Vorherrschaft steht. Unter den Persern und – falls man hellenistisch, aber auf Grund von Sir 49,10 (Lutherbibel: Sir 49,12) vor 200 v. Chr. (vgl. 2.), datiert – unter den Ptolemäern hat sich das trotz der möglichen Rückkehr aus dem Exil, dem Wiederaufbau des Tempels und den religiösen Rechten, die der Tempelgemeinde gewährt waren, nicht grundsätzlich geändert. Dabei blieb es auch einer eher „toleranten“ Großmacht vorbehalten, den untergebenen Ländern und Völkern Grenzen zu setzen; auch sie konnte zu Gewaltmaßnahmen greifen, wenn sie diese Grenzen verletzt sah. Die Gefahr, Opfer einer solchen Maßnahme zu werden, blieb also potentiell bestehen, solange die Vorherrschaft einer Großmacht währte.

Wenn nun von Jona verlangt wird, dass er nach Ninive geht, um dort Gericht anzukündigen, bedeutet das nach dem in der Erzählung vorausgesetzten Prophetenverständnis (vgl. 5.1.2.), dass er Ninive die Gelegenheit zur Buße geben soll – und zwar im Wissen darum, dass Gott bei erfolgter Buße Ninive verschonen wird. Im Sinne der 4. Alternative heißt das, dass er dazu beitragen soll, die für Israel stets bedrohlichen Großmächte vor dem Gericht zu bewahren. Damit wird das im Rahmen der 1. Alternative nicht ganz verständliche Widerstreben Jonas nachvollziehbar. Der Prophet, der aus 2Kön 14,25 als Vermittler der unverdienten Gnade Jahwes an ein in Schuld gefallenes und von äußeren Feinden bedrängtes Israel bekannt war (5.1.1.), musste angesichts dieses Auftrags an Jahwes Treue und Gnade für Israel irrewerden, von der die im 2. Königebuch erzählte Sendung noch bestimmt war. Von hier aus ist die Zerrissenheit verständlich, als deren Ausdruck der Psalm in Jon 2 verstanden werden kann (vgl. 3.): Jona kann bei diesem Interpretationsansatz nach wie vor als frommer Mann gelten; aber er flieht, weil er an Gott und seiner Sendung verzweifelt. Auch der im Gebet, also wiederum in der Sprache der Frömmigkeit, ausgedrückte Todeswunsch in Jon 4,3 wird im Rahmen der 4. Alternative verständlich: Vor ihrem Hintergrund kommt Jona nach der Begnadigung Ninives nicht damit zurecht, dass er selbst durch seine Verkündigung daran mitwirken musste, dass die Bedrohung durch die Großmächte nicht durch das Gericht beendet wurde.

Die Lösung des Konflikts ist bei der 4. Alternative dieselbe wie bei der ersten: Jahwe verdeutlicht Jona, dass ihm als universalem Schöpfer auch die Großmächte am Herzen liegen. Bedenkt man aber, dass Jona an der Treue Gottes zu Israel verzweifeln muss, wirkt der seit dem Anfang des Buchs herausgestellte → Universalismus Jahwes bedrohlich und macht die Frage unausweichlich, worin denn angesichts der Weite dieses Gottes noch das Proprium Israels als Volk Jahwes besteht, das Israels Identität und Existenz sichert. Hierauf gibt die Erzählung freilich keine ganz klare Antwort, was trotz aller Erklärungsleistung einen Schwachpunkt der 4. Alternative bildet.

In der Frage nach dem Proprium Israels wurde zum einen auf die ersten beiden Kapitel der Erzählung hingewiesen, wo man in Jon 1 eine Bekehrung der Seeleute von ihren Göttern zu Jahwe finden kann, während in Jon 2 der Psalm auf das Bekenntnis hinausläuft, dass die Verehrer anderer Götter vom Heil abgefallen sind, da Rettung nur bei Jahwe ist (Jon 2,9f). Danach kann das Proprium, etwa in Anlehnung an deuterojesajanische Theologie (→ Deuterojesaja), dahingehend bestimmt werden, dass Israel um Jahwe weiß und die anderen Völker zu seiner wahren Erkenntnis führen kann (vgl. dazu Gese, 135ff.). Eine gewisse Unsicherheit dieser Interpretation besteht allerdings darin, dass in Jon 1 zwar erzählt wird, dass die Seeleute die Macht Jahwes anerkennen (Jon 1,14b) und ihm nach dem Ende des Sturms sogar Opfer geloben (Jon 1,16), dass aber andererseits nichts davon gesagt wird, dass sie ihren alten Göttern abschwören. Daher ist nicht auszuschließen, dass am Ende von Jon 1 gemeint ist, dass die Seeleute bei der Vielgötterverehrung bleiben, also nicht zur wahren Erkenntnis Jahwes kommen, wiewohl sie ihm in der konkreten Situation des Sturmerlebnisses als einem mächtigen Gott die Ehre geben, wie es auch Polytheisten in einem bestimmten Rahmen möglich ist.

Eine andere Antwort auf die Frage nach dem Proprium Israels kommt ohne die Annahme einer Bekehrung der Seeleute aus (vgl. zum Folgenden Gerhards, 2006, 203-207). Sie geht von der Schlussfrage aus, die ohnehin von außerordentlichem Gewicht für die Interpretation der Erzählung ist, und deutet die Bemerkung, dass Ninive zwischen rechts und links nicht unterscheiden kann, als indirekten Hinweis darauf, dass Israel dies sehr wohl kann. Dieser Hinweis kann als Anspielung darauf verstanden werden, dass Israel das Gesetz kennt, das ihm etwa nach Dtn 5,32f den rechten Weg weist (so auch Lux, 157). Damit läge in der Schlussfrage eine leise Ermahnung an Israel, das Gesetz zu halten. Der Widerwille, den die Figur des Jona dagegen hegt, dass Jahwe die Großmächte nicht dem Gericht ausliefert, die Furcht, die von der bleibenden potentiellen Bedrohung durch diese Mächte ausgeht, wird dann in der Schlussfrage für den Fall als grundlos erklärt, dass Israel auf dem Weg des Gesetzes bleibt. Wenn diese Interpretation zutrifft, werden Leser und Leserinnen, die sich angesichts der bleibenden Existenz der Großmächte mit Jonas Sorge identifizieren können, auf die Bedeutung der Tora für Israels Identität und Existenz verwiesen.

7. Das Jonabuch im Zwölfprophetenbuch

7.1. Unterschiedliche Anordnungen im Zwölfprophetenbuch

7.1.1. Problemstellung und Befund

Seit die redaktionsgeschichtliche Erforschung der Prophetenbücher und synchrone Textanalysen an Bedeutung gewonnen haben, stellt sich auch die Frage nach Entstehung und Bedeutung des → Zwölfprophetenbuchs als Großeinheit (vgl. Jörg Jeremias, 1998, 122f., 130ff.; Schart, 1998b, 14f.; auch Scoralick, 130f.). Diese Frage wurde von der Forschung sehr lange nicht beachtet, obwohl die „Zwölf Propheten“ schon an der im Zusammenhang mit der Datierung des Jonabuchs (vgl. 2.) genannten Stelle Sir 49,10 (Lutherbibel: Sir 49,12) „als eine geschlossene Gruppe mit einer einheitlichen Gesamtaussage“ erwähnt sind (Schart, 1998a, 4). Allerdings besteht bis heute keine Einigkeit darüber, ob und gegebenenfalls wie das Zwölfprophetenbuch tatsächlich als Großeinheit, d.h. als ein aus mehreren „Schriften“ bestehendes „Buch“ (zu dieser Unterscheidung vgl. Schart, 1998b, 15), und nicht etwa als Sammlung von zwölf einzelnen „Büchern“ zu verstehen ist, die womöglich nur aus ökonomischen Gründen auf dieselbe Rolle geschrieben wurden. Da in diesen Dingen weder ein Konsens vorausgesetzt werden kann noch diese Frage hier zu behandeln ist, sind nur grundsätzliche Hinweise darauf zu geben, wie das Jonabuch als Teil des Zwölfprophetenbuchs verstanden werden kann. Als Ansatzpunkt dazu soll die Stellung der Erzählung in der Abfolge der zwölf Schriften dienen. Von dieser Abfolge liegen allerdings drei Varianten vor, die alle die Stellung des Jonabuchs betreffen (vgl. zum Folgenden Schart, 1998b, 18f.):

1. In der nur fragmentarisch erhaltenen Qumranrolle 4QXII(a) steht das Jonabuch nach → Maleachi am Schluss des Zwölfprophetenbuchs (vgl. auch Steck, 249). Diese Anordnung ist zwar singulär, verdient aber Berücksichtigung, weil es sich um einen der ältesten Textzeugen handelt.

2. Die masoretische Tradition ordnet das Jonabuch an fünfter Stelle nach → Hosea, → Joel, → Amos, → Obadja und vor → Micha ein. Dieselbe Abfolge ist für Jona – Sacharja auch im ältesten griechischen Textzeugen, der Zwölfprophetenrolle aus dem Nachal Hever, belegt (vgl. die Umschrift in: Barthélemy, 170-178 sowie die Ausgabe von Tov).

3. Der Hauptstrang der Septuagintatradition (→ Septuaginta) ordnet das Jonabuch an sechster Stelle nach Hosea, Amos, Micha, Joel, Obadja und vor Nahum ein. Von Nahum an entspricht die Reihenfolge der masoretischen.

7.1.2. Die älteste Anordnung

Von diesen Varianten scheint die erste die älteste zu sein (anders Steck; zum Problem vgl. Schart, 1998a, 2, 290; Schart, 1998b, 19f.). Danach wäre das Jonabuch, dessen späte Entstehung ja allgemein anerkannt ist (vgl. 2.), zunächst am Ende einer bereits bestehenden Mehrprophetensammlung angehängt worden.

7.1.3. Die masoretische Anordnung

Später wurde es in die Reihe der Propheten des 8. Jh.s umgestellt. Dabei ist offenkundig vorausgesetzt, dass das Wirken Jonas nach 2Kön 14,25 in die Zeit Jerobeams II. fällt, obwohl das 2. Königebuch durch die Stichwortverknüpfung zwischen 2Kön 14,27 und 2Kön 13,3-5 ein früheres Wirken anzudeuten scheint (vgl. 5.1.1.). Die Umstellung zu den Propheten des 8. Jh.s verdankt sich offenkundig einer geschichtlichen Lesart des Zwölfprophetenbuchs (vgl. dazu Schart, 1998a, 290f.; Schart, 1998b, 19f.). Dabei entstand wohl zunächst die Reihenfolge der masoretischen Überlieferung, bei der das Jonabuch zwischen Amos (und Obadja) und Micha zu stehen kommt.

Die geschichtliche Einordnung ergibt sich von den in den Überschriften von Hosea, Amos und Micha genannten Königen aus. Danach wirkten Hosea und Amos zur Zeit → Usijas von Juda und → Jerobeams II. von Israel, während Hosea und Micha auch noch zur Zeit von → Jotam, → Ahas und → Hiskia von Juda wirkten. Die Überschriften setzen wohl voraus, dass der Leser oder die Leserin über die Könige und ihre Zeit aus der Darstellung der Vorderen Propheten unterrichtet war. Dann ergab sich aus der Überschrift, dass Hosea der Prophet mit der längsten Wirkungszeit war, während Amos’ Wirken mit der frühen Zeit Hoseas, und Michas Wirken mit dessen Spätzeit zusammenfiel. Dem entspricht es, dass Amos in der Reihenfolge des Zwölfprophetenbuchs Micha vorangeht.

Dass zwischen den datierten Schriften Hosea, Amos und Micha auch die undatierten Bücher Joel und Obadja stehen, spricht nicht dagegen, dass die Gruppierung von Hosea bis Micha chronologischen Gesichtspunkten folgt.

Der Prophet Obadja wurde in der jüdischen Tradition mit dem in 1Kön 18,3ff erwähnten Haushofmeister Ahabs identifiziert, der allerdings geschichtlich noch vor Hosea einzuordnen wäre (vgl. dazu Rudolph, 295; Wolff, 1977, 1, 53). Diese Identifizierung muss aber nicht von den Sammlern des Zwölfprophetenbuchs geteilt worden sein, zumal „Obadja“ nach inner- und außerbiblischen Zeugnissen ein durchaus gängiger Name ist (zuletzt Jörg Jeremias, 2007, 61).

Die Einordnung von Obadja hinter Amos ergibt sich aus einer engen Verbindung zwischen beiden Büchern: Einerseits kann Obadja als Ausführung von Am 9,12 verstanden werden (schon Rudolph, 298; vgl. auch Jörg Jeremias, 2007, 60), andererseits scheint Obadja durch bestimmte Stichworte auf Amos zurückbezogen. So könnte es „gleichsam als eine weitere Vision des Amos“ dem Amos angehängt worden sein (Schart, 1998a, 270; zur Anordnung Amos – Obadja – Jona überhaupt vgl. Schart, 1998a, 270-272; 290). Dann aber wird die ansonsten unbekannte, möglicherweise fiktive Prophetengestalt Obadja auch als Zeitgenosse des Amos gegolten haben, so dass das Jonabuch durch die Einordnung hinter Amos und Obadja in der Tat der Zeit Jerobeams II. zugeordnet wird.

Die Einordnung von Jona im Anschluss an Obadja mag auch dadurch plausibel erscheinen, dass in Ob 1 die Rede davon ist, dass ein Bote zu den Völkern gesandt wird. Dazu kann die – außergewöhnliche – Sendung Jonas in die fremde Hauptstadt Ninive als Parallele gegolten haben (vgl. Wolff, 1977, 53). Dieser Aspekt ist aber sicher nicht der entscheidende Grund für die Stellung von Jona hinter Obadja, sondern ergänzt die chronologische Ordnung (so schon Rudolph, 336).

7.1.4. Die Septuaginta-Anordnung

Die masoretische Anordnung wurde später von der Septuagintatradition abgeändert, indem sie Amos und Micha unmittelbar hinter Hosea stellte. Den Anlass dazu bot wohl der Umstand, dass Hosea, Amos und Micha als Bücher mit Datierungen in der Überschrift als eine „geschlossene Gruppe“ empfunden wurden, in der die nicht datierten Bücher Joel, Obadja und Jona „in der Tat wie Fremdkörper“ wirken (Schart, 1998b, 19). Erklärt man die Septuagintareihenfolge auf diese Weise als Umstellung der masoretischen Anordnung, entspricht die Nummerierung der Varianten in der oben vorgestellten Auflistung der mutmaßlichen Abfolge ihrer Entstehung.

Dass die in der Septuagintatradition übliche Anordnung der zwölf Schriften als Abwandlung der masoretischen Reihenfolge entstand, ist vor allem deshalb anzunehmen, weil die umgekehrte These nicht plausibel zu begründen ist. Das höhere Alter der masoretischen Anordnung wird dadurch gestützt, dass sie auch vom ältesten griechischen Textzeugen, der Prophetenrolle aus dem Nachal Hever, geteilt wird. Daraus allein ergibt sich aber noch kein sicherer Schluss, da der Text dieser Rolle der sog. „καίγε-Rezension“ angehört, die um die Angleichung einer älteren griechischen Textform an den hebräischen Text bemüht ist (vgl. Barthélemy, 195-202, 266f.; Tilly, 83f.). Es scheint immerhin denkbar, dass in einem Textzeugen dieser Rezension auch die Anordnung der zwölf Schriften sekundär der hebräischen Überlieferung angeglichen wurde.

7.2. Konsequenzen für das Verständnis des Jonabuchs

Die Frage, wie das Jonabuch als Teil des Zwölfprophetenbuchs zu verstehen ist, ist nach den Anordnungsvarianten differenziert zu beantworten. Dabei werden auch wieder bestimmte Alternativen relevant, die schon bei der Interpretation des eigenständigen Jonabuchs in 6. angesprochen wurden.

7.2.1. Das Jonabuch am Ende des Zwölfprophetenbuchs (4QXII[a])

Bei der in 4QXII(a) belegten Schlussstellung kann Jona als Typus eines Israeliten verstanden werden, mit dem sich die Leser und Leserinnen identifizieren sollen, und Ninive kann als Symbol der Großmächte überhaupt verstanden werden oder als Exponent des Heidentums. Im letzteren Fall lässt sich in der Qumranhandschrift eine „durch Textanordnung hervorgehobene Perspektive feststellen, die auf Bekehrung und Heilsintegration der Völker“ im Sinne einer „endzeitlich-jetztzeitlichen Völkerbekehrung“ zielt und „den eschatologischen Aspekt eines letzten Völker-Frevler-Gerichts (Sach 14,17-29; vgl. für Israel Mal 3,1-21) in den Hintergrund“ rückt (Steck, 252).

7.2.2. Das Jonabuch unter den Propheten des 8. Jh.s (masoretische Anordnung)

Da sich die in der masoretischen Tradition belegte Einordnung des Jonabuchs unter die Propheten des 8. Jh.s einer geschichtlichen Lesart des Zwölfprophetenbuchs verdankt, besteht die Interpretationsvorgabe, dass Jona nun nicht, wenigstens nicht in erster Linie, als Typus eines Israeliten zu verstehen ist, sondern als historische Gestalt, als Prophet seiner Zeit. Dementsprechend ist auch Ninive nicht als Symbol für die Großmächte oder als Exponent der Heiden zu verstehen, sondern als Hauptstadt der aus der Geschichte bekannten Großmacht Assyrien. Dann ergeben sich aus der masoretischen Einordnung ins Zwölfprophetenbuch Grundlinien eines Jonaverständnisses, das der Interpretation von H. Gese nahe kommt, die den Sinn der Erzählung von Jonas geschichtlichem Ort im 8. Jh. her rekonstruiert.

Leser und Leserinnen, die das Jonabuch entsprechend der masoretischen Einordnung in das Zwölfprophetenbuch auf dem Hintergrund der Zeit Jerobeams II. zu deuten wissen, erkennen mit Gese gesagt in Ninive „jene politische Großmacht, die hinter Jonas → Aramäern am geschichtlichen Horizont Israels erschien“ (Gese, 130). Damit wissen sie aber auch, dass zu dieser Zeit von den Assyrern noch keine direkte Gefahr für Israel ausging, und so konnte die Darstellung der Umkehr Ninives im Jonabuch, durch die eine potentielle Gefährdung ja zunächst gebannt war, ohne weiteres als eine Geschichte aus der Zeit vor der unmittelbaren Assyrerbedrohung verstanden werden.

Teilt man die Voraussetzungen bis hierher, muss den historisch versierten Lesern und Leserinnen aber auch bewusst gewesen sein, dass es nicht bei der Abkehr der Niniviten von ihrem bösen Weg (Jon 3,8) geblieben sein kann, denn die assyrische Bedrohung wurde ja nicht lange nach der Zeit des in 2Kön 14,25 erwähnten Jona ben Amittai für Israel virulent: In 2Kön 15,19 erzwingt der Assyrerkönig Phul (→ Tiglatpileser III.) den ersten Tribut; in 2Kön 15,29 werden die ersten israelitischen Städte und Gebiete erobert; in 2Kön 17f. bereiten die Assyrer dem Reich Israel ein gewaltsames Ende (was freilich als Gottesgericht gedeutet wird) und bedrohen Juda. Da die → Assyrer erst nach der Zeit des Jona in Syrien und Palästina auf den Plan traten, scheint ihre Gewalttätigkeit nun sogar noch schlimmer gewesen zu sein als vorher.

Dass Ninive aber nach der im Jonabuch geschilderten Umkehr rückfällig wurde, ergibt sich nicht nur aus der Darstellung der Vorderen Propheten. Im Rahmen des Zwölfprophetenbuchs wird dem insofern Rechnung getragen, als dem Jonabuch als übernächste Schrift das Nahumbuch folgt, das in Nah 1,1 als „Last über Ninive“ (משׂא נינוה; maśśā’ nînəweh) eingeführt wird und erneut den Untergang der Stadt ankündigt. Später folgt noch das weniger auffällige Gerichtswort über Ninive in Zef 2,13-15.

Dass sowohl das Jonabuch als auch Nahum der Sammlung angehören, ist als Problem für ein einheitliches Verständnis des Zwölfprophetenbuchs empfunden worden (vgl. dazu Schart, 1998a, 291; Ego, 155).

Bei konsequenter Berücksichtigung der geschichtlichen Ordnung ergibt sich dieses Problem jedoch nicht – im Gegenteil: Für Leser und Leserinnen, denen bewusst ist, dass die Assyrerbedrohung erst nach der Zeit des in 2Kön 14,25 erwähnten Jona ben Amittai eintrat, spricht der Verlauf der Geschichte dafür, dass Ninive wieder von seiner Buße abgekommen sein muss oder dass die Buße von vornherein nur oberflächlich und geheuchelt war. Für beide Erklärungen finden sich Belege in der jüdischen Tradition (vgl. Ego, 160ff.; auch Schart, 1998a, 27f.). Dann aber ist es nur konsequent, dass Nahum (und Zef 2,13-15) im Zusammenhang des Zwölfprophetenbuchs auf Jona folgen.

Auch geht aus Quellen des antiken Judentums hervor, dass Nahums Prophetie als Bestätigung von Jonas Unheilsansage aufgefasst wurde. Dafür wäre auf Tob 14,4.8 (nicht in Lutherbibel) sowie die Berichte über Jona und Nahum in Josephus’ Antiquitates (IX 10,2 [214]; 11,3 [242]; Text gr. und lat. Autoren) hinzuweisen. Allerdings sind an diesen Stellen Reue und Begnadigung Ninives nicht erwähnt (vgl. Ego, 156-158), so dass der Anstoß nicht darin liegt, dass zwischen Jona und Nahum eine Spannung besteht, weil die im Jonabuch geschilderte Begnadigung Ninives rückgängig gemacht wurde, sondern vielmehr in dem vom antiken Judentum erwogenen Problem, dass Jona auf Grund dieser Begnadigung als falscher Prophet gelten könnte.

In der geschichtlich motivierten masoretischen Anordnung ergibt auch die Stellung von Micha zwischen Jona und Nahum Sinn, wenn man die Angabe aus Mi 1,1 berücksichtigt, nach der der Prophet zur Zeit von → Jotam, → Ahas und → Hiskia wirkte. Synchronisiert man sie mit dem 2. Königebuch, fällt sein Wirken in die Zeit, in der Ninive nach der durch Jona angeregten Buße zur Gewalttätigkeit zurückgekehrt war, denn gerade zur Zeit Hiskias wurde Juda ja auf das heftigste bedroht (2Kön 18,13ff).

Von Mi 1,1 aus kann auch das nicht mit einer Datierung versehene Nahumbuch chronologisch eingeordnet werden. Auf Grund der Stellung im geschichtlich geordneten Zwölfprophetenbuch kann die Prophetie Nahums frühestens zeitgleich mit Micha sein. Damit gehört sie aber in die Zeit, in der Assyrien wegen seines Rückfalls in die Bosheit erneut reif zum Gericht war.

Die nächste datierte Schrift des Zwölfprophetenbuchs und zugleich die, die das nächste Gerichtswort gegen Ninive enthält, ist das → Zefanjabuch. Das Wirken Zefanjas wird in Zef 1,1 in die Zeit → Josias datiert. Dem 2. Königebuch ist aber zu entnehmen, dass die Macht Assyriens gerade während dieser Zeit zusammenbrach: Nach 2Kön 23,29 stellte sich Josia dem Pharao entgegen, als dieser einen Feldzug gegen den König von Assur bis an den Euphrat unternahm. Schon dass der Pharao so weit kommen konnte, zeigt, dass die Assyrer längst keine bedeutende Großmacht mehr waren. Dementsprechend taucht in 2Kön 24,1 während der Zeit von Josias zweitem Nachfolger → Jojakim nicht mehr ein Assyrer, sondern „Nebukadnezar, der König von Babel“ als neue Bedrohung in Juda auf. Geschichtlich vorgebildete Leser und Leserinnen des Zwölfprophetenbuchs können also auf Grund der Datierung aus Zef 1,1 das Gerichtswort in Zef 2,13-15 einer Zeit zuordnen, in der Assyrien nicht nur wieder reif für das Gericht war, sondern in der sein Untergang tatsächlich schon nahe war.

Wenn man dem im Rahmen des Zwölfprophetenbuchs geschichtlich verstandenen Jonabuch eine allgemeine Lehre abgewinnen will, wird sich diese der in 6. besprochenen 4. Alternative annähern. Das Jonabuch zeigt dann am Beispiel der Assyrer, dass auch in einer so schrecklichen Großmacht echte Frömmigkeit vorhanden war, die Jahwes Reue über ein verdientes Gericht erregen konnte und so die Begnadigung ermöglichte. Ninive gilt dann entsprechend dem geschichtlichen Verständnis zwar als historische Hauptstadt der Assyrer; indem diese aber zum Beispiel werden, ergibt sich die Annäherung an die 4. Alternative, in der Ninive als Symbol für die Großmächte überhaupt steht. So lässt sich dem Jonabuch auch bei dieser Lesart im Rahmen der masoretischen Ordnung des Zwölfprophetenbuchs entnehmen, dass die Großmächte für Jahwe keine massa perditionis („Masse des Verderbens / Unheils“) sind, sondern dass sie ihm als seine Geschöpfe am Herzen liegen. Zugleich zeigt das Ninivebeispiel aber im weiteren Zusammenhang, dass die göttliche Gnade für die Großmächte ihre Grenzen hat: Nachdem Ninive-Assyrien in der Zeit nach Jona ben Amittai seine Gewalttätigkeit fortsetzte, ließ Jahwe, der in der Zeit Jonas noch einmal Gnade walten ließ, durch → Nahum und → Zefanja das endgültige Gericht ankündigen, das auch vollzogen wurde.

Damit findet das, was in 6. zur Interpretation des isolierten Jonabuchs im Sinne der 4. Alternative zum Problem des bleibenden Propriums Israels gesagt wurde, eine Ergänzung. Das Problem besteht ja darin, dass angesichts der anhaltenden Bedrohung durch die Großmächte und der Universalität Jahwes zu fragen bleibt, worin denn die Besonderheit Israels besteht, die seine Identität und sein Überleben sichert. Die genannten Lösungsversuche (Israel steht als Zeuge der wahren Erkenntnis Jahwes vor den Völkern bzw. Israel kennt im Unterschied zu Ninive das Gesetz) mag man beide für einen schwachen Trost halten. Im Zusammenhang der masoretischen Ordnung des Zwölfprophetenbuchs wird aber klar, was im Jonabuch nicht ausdrücklich gesagt ist: Jahwes Gericht über die Großmächte ist nicht dauerhaft aufgehoben. Wenn sie bestimmte Grenzen überschreiten und der Gewalt nicht bleibend absagen, werden sie der Vernichtung anheim fallen.

Die geschichtliche Erfahrung am Beispiel der Assyrer stimmt damit überein: Ninive ist – wie von israelitischen Propheten vorhergesagt – untergegangen.

7.2.3. Das Jonabuch in der Anordnung der Septuaginta

Wenn in der Anordnung der Septuaginta (vgl. dazu 7.1.) auf die Gruppe Hosea, Amos und Micha als nächste Gruppe Joel, Obadja und Jona folgen, kommt Jona unmittelbar vor Nahum zu stehen. Eine grundsätzliche Abwendung von der geschichtlichen Auffassung bedeutet diese Ordnung nicht. Allerdings wird der geschichtliche Abstand zwischen der Begnadigung Ninives nach der Verkündigung des Jona ben Amittai und der erneuten und dann erfüllten Prophezeiung seines Untergangs durch Nahum und Zefanja weniger stark betont als in der masoretischen Ordnung. Umgekehrt wird durch das unmittelbare Aufeinanderfolgen von Jona und Nahum die Erkenntnis pointiert, dass Jahwes Gnade für die Großmächte Grenzen hat.

8. Wirkungsgeschichte

Die reiche Wirkungsgeschichte des Jonabuchs in Judentum, Christentum und Islam kann hier nicht besprochen werden (vgl. dazu etwa die materialreiche Monographie von Steffen, 1994). Die Darstellung beschränkt sich daher auf wichtige Aspekte der Jonaauslegung im antiken Judentum, Neuen Testament und Koran. Daneben sollen wenige Hinweise zu Jonamotiven der christlichen Kunst stehen sowie zu Ortstraditionen, die mit Jona verbunden sind.

8.1. Jona im Judentum

8.1.1. Zur Midraschauslegung

Die midraschische Arbeit am kanonischen Text, deren Vorstufen im Alten Testament selbst greifbar sind (vgl. dazu Stemberger, 233), hat sich schon im antiken Judentum auch auf das Jonabuch bezogen. Was → „Midrasch“ ist, „läßt sich nicht genau definieren, eher beschreiben“ (Stemberger, 233), vielleicht als gläubiger, nie abzuschließender Dialog mit der Bibel (so Steffen, 1994, 16), bei dem auf vielfältigste Weise Fragen aus dem Text entwickelt werden, Gedanken des Textes fortgesponnen bzw. Gedanken an den Text angeschlossen werden. Auch wenn es sich hierbei um einen anderen Zugang zur Bibel handelt als ihn die neuzeitliche Bibelwissenschaft als „objektive Fachexegese“ übt (Steffen, 1994, 16), wurden schon in der antiken jüdischen Arbeit am Jonabuch Fragen behandelt, die auch noch die moderne Forschung beschäftigen. Moderne jüdische Forscher berücksichtigen daher bei der Arbeit am Jonabuch sowohl die jüdische Tradition als auch Methoden und Ergebnisse der neuzeitlichen Bibelwissenschaft (z.B. der Kommentar von U. Simon).

Oben wurde angesprochen, dass schon das antike Judentum bemüht war, das Verhältnis von Jona und Nahum zu bestimmen (7.2.2.), und es wurde angedeutet, dass nachbiblische jüdische Quellen die Interpretation unterstützen, dass der rationale Kern von Jonas Fluchtversuch darin liegt, dass er einen Ort erreichen wollte, an dem er vor einer weiteren Beauftragung durch Jahwe sicher ist (5.1.1.).

Es lohnt sich, auf diesen Aspekt etwas näher einzugehen, weil er ein Beispiel dafür bietet, wie die Auslegungen jüdischer Tradition das Verständnis biblischer Texte immer noch fördern können.

8.1.2. Jonas Fluchtversuch

Zur Interpretation von Jonas Fluchtversuch lässt sich konkret auf die „Mechilta des Rabbi Jischmael“ verweisen, einen Kommentar zum Exodusbuch, der möglicherweise in der 2. Hälfte des 3. Jh.s n. Chr. seine Endredaktion erhielt (so Stemberger, 253; vgl. zum Folgenden auch Gerhards, 2006, 148ff.). Darin wird, im Zusammenhang einer midraschischen Auslegung von Ex 12,1, die an dieser Stelle nicht nachzuvollziehen ist, Jonas Fluchtabsicht folgendermaßen motiviert:

„Allein Jona sprach: Ich will ins Ausland gehen nach einem Orte, wo die Schechina nicht wohnt und sich nicht offenbart, denn die Völker sind der Buße nahe, (sie sind bereit, Buße zu tun), damit ich Israel nicht schuldig mache. Gleich dem Sklaven eines Priesters, der seinem Herrn entfloh. Er sprach: Ich will nach dem Gräberhause (Friedhof) gehen, einem Orte, wohin mein Herr mir nicht nachkommen kann. Sein Herr sprach zu ihm: Ich habe deinesgleichen. So sprach auch Jona: Ich will ins Ausland gehen, nach einem Orte, wo sich die Schechina nicht offenbart, denn die Völker sind der Buße nahe, damit ich Israel nicht schuldig mache. Der Heilige, geb. sei er!, sprach zu ihm: Ich habe Boten deinesgleichen, wie es heißt: ‚Und der Ewige warf einen großen Sturm aufs Meer’ (Jon 1,4)“ (Winter / Wünsche, 3).

Danach hätte Jona also nicht geglaubt, an einen Ort außerhalb des Machtbereichs Jahwes fliehen zu können, aber er wollte einen Ort erreichen, „wo sich die Schechina nicht offenbart“. Mit der → „Schechina“ (שׁכינה šəkhînāh), wörtlich: der „Einwohnung“ Gottes (< שׁכן škn „wohnen“), nimmt die Interpretation ein jüdisches Konzept auf, das die unmittelbare Gegenwart Gottes in der Welt umschreibt. Auch wenn die ganze Welt den Machtbereich Gottes bildet, so ist diese Weise seiner Gegenwart doch nicht allgegenwärtig (vgl. dazu Goldberg, 496). Berücksichtigt man, dass das Schechina-Konzept im Alten Testament gründet, wo der Zion und der Tempel als Orte der besonderen Gegenwart Gottes galten – und das auch noch in Zeiten, in denen feststand, dass Jahwe der einzige Gott und Herr der ganzen Welt ist –, dann lässt sich in Anlehnung an die antik-jüdische Interpretation auch unter den Bedingungen neuzeitlicher Bibelwissenschaft der rationale Kern von Jonas Fluchtversuch darin sehen, dass Jona der Glaube zugeschrieben wird, ihm werde an einem Ort außerhalb des Heiligen Landes keine weitere Berufung oder Beauftragung zur prophetischen Verkündigung mehr zuteil. In diesem Zusammenhang ergibt es Sinn, dass gerade → Tarsis als Fluchtziel genannt wird, denn der „schriftgelehrte“ Autor des Jonabuchs wusste sicher um die in 5.1.1. genannte Stelle Jes 66,19, die Tarsis als einen Ort nennt, an den die Kunde von Gott noch nicht gelangt ist. Mit Tarsis konnte daher nicht nur die Vorstellung geographischer Entfernung, sondern auch die von Gottesferne verbunden sein.

Die moderne Auslegung ist also nicht genötigt, in Jonas Fluchtversuch ein satirisches Element zu sehen (vgl. etwa Wolff, 1977, 80, wonach der Fluchtversuch „nur als Eröffnung einer Satire“ verstanden werden kann), sondern sie kann ihn mit den antiken Rabbinen grundsätzlich ernst nehmen, wie etwa der in der Mechilta des Rabbi Jischmael zitierte Rabbi Eleazar ben Zadok, der in Jonas Fluchtvorhaben einen Beleg dafür sieht, „daß die Schechina sich nicht im Auslande offenbart“ (bei Winter / Wünsche, 3).

Dass Jona in Jon 4 eine Offenbarung östlich von Ninive, also ebenfalls an einem vom Heiligen Land weit entfernten Ort, empfängt, korrigiert diese Auffassung möglicherweise; es spricht aber nicht dagegen, dass Jonas Vorstellung, man könne sich dem Bereich prophetischer Offenbarungen entziehen, grundsätzlich als ernst zu nehmende Haltung bestand.

Auch der Midrasch Jona (vgl. dazu Stemberger, 315) legt ihm das Anliegen in den Mund:

„Allein ich werde nach einem Orte fliehen, wo seine Herrlichkeit nicht erwähnt wird. Von den Himmeln heisst es (Ps 113,4): ‚Ueber den Himmeln ist seine Herrlichkeit’, und von der Erde heisst es (Jes 6,3): ‚Voll ist die ganze Erde seiner Herrlichkeit’. Siehe, ich werde nach dem Meere fliehen, denn da wird seine Herrlichkeit nicht erwähnt“ (Wünsche, 40).

8.1.3. Jona – kein falscher Prophet

Während die antike jüdische Tradition also in der Tat bleibende Verstehenshilfen enthält, so führt die midraschische Herangehensweise doch auch dazu, dass Dinge mit dem Text verbunden werden, die eine um wissenschaftliche Objektivität bemühte Exegese nicht als Thema des Jonabuchs akzeptieren kann. So wurde oben unter 7.2.2. erwähnt, dass schon das antike Judentum im Jonabuch das Thema von wahrer und falscher Prophetie angesprochen fand. Nach dem Midrasch Jona soll der Prophet vor der Sendung nach Ninive nach Jerusalem gesandt worden sein, wo sich schon einmal ereignete, was im Jonabuch von Ninive erzählt wird. Nach der in 2Kön 14,25 genannten Sendung sei Folgendes geschehen:

„Das zweitemal sandte er ihn nach Jerusalem, um es zu zerstören. Als die Israeliten aber Busse taten, erbarmte sich der Heilige in der Fülle seiner Barmherzigkeit und es gereute ihn ob des Bösen und er zerstörte es nicht. Infolgedessen nannten ihn die Israeliten einen Lügenpropheten. Das drittemal sandte er ihn nach Ninive. Jona urteilte für sich und sprach: Nicht genug, dass mich die Israeliten einen Lügenpropheten nennen, sogar die Völker der Welt nennen mich einen Lügenpropheten“ (Wünsche, 40).

Wie wirkungsvoll die Verbindung der Problematik von wahrer und falscher Prophetie mit der Jonagestalt im antiken Judentum war, geht nicht nur aus den Stellen hervor, die die Prophetie Nahums als eine Bestätigung der Prophetie Jonas deuten (vgl. dazu die unter 7.2.2. genannten Belege), sondern z.B. auch daraus, dass die Jona-Vita der „Vitae prophetarum“ (Text und Übersetzung in: Schwemer, 1996, 48f.; Übersetzung in: Schwemer, 1997, 617-621) diese Problematik verwendet, um eine Übersiedlung Jonas in das Gebiet von Tyrus zu motivieren. Die ursprünglich jüdische Sammlung der „Vitae prophetarum“ stammt wohl aus dem 1. Jh. n. Chr. und gehört in die Vorgeschichte späterer rabbinischer Überlieferungen (vgl. dazu Schwemer, 1995, 68f.). Nach ihrer Darstellung stammte Jona aus „der Nähe der Stadt der Griechen, Azotos (Aschdod), beim Meer“. Dort ließ er sich aber nach der Rückkehr von der Verkündigung in Ninive nicht mehr nieder, sondern zog mit seiner Mutter in die Gegend von Sour (Tyrus).

Der Bericht über die Umsiedlung verfolgt offenbar das Ziel, gleichzeitig einer judäischen Tradition über die Herkunft Jonas aus der Gegend von Aschdod (vgl. dazu Schwemer 1996, 55) gerecht zu werden als auch dem Bedürfnis jüdischer Bewohner des Hinterlandes von Tyrus, denen zur Legitimation ihrer dortigen Ansiedlung an einer Ätiologie lag, die auf bedeutende Gestalten der Bibel zurückgreift (vgl. dazu Schwemer, 1996, 67).

So wird in der Jona-Vita auch von → Elia erzählt, er habe sich in dieser Gegend als Flüchtling aufgehalten. Damit wird das aus 1Kön 17,8-24 bekannte Exil Elias in Zarpat im Gebiet von Sidon in das Gebiet von Tyrus verlegt (Näheres hierzu in 8.1.5.). So treffen „der erste und der letzte (Heils-)Prophet des Nordreiches“ (Schwemer, 1996, 67) in der Gegend von Tyrus zusammen, was genügend Legitimierung für jüdische Siedlungen in diesem Gebiet bedeuten dürfte.

Um nun die Herkunft Jonas aus der Gegend von Aschdod und den Aufenthalt im Gebiet von Tyrus zu verbinden, greift die Vita aus dem midraschischen Diskurs über das Jonabuch das Problem auf, dass Jona wegen des Nichteintreffens der Verkündigung über Ninive als falscher Prophet gelten konnte: „denn er sagte: ‚So werde ich meine Schande beseitigen, denn ich habe gelogen, als ich weissagte gegen Ninive, die große Stadt’“ (Schwemer, 1996, 48; Schwemer, 1997, 619).

Dass ein Verständnis, das Jona die Furcht unterstellt, er könne wegen der Verschonung Ninives als Lügenprophet gelten, am Textbefund des Jonabuchs und an den in ihm verarbeiteten alttestamentlichen Vorgaben vorbeigeht, wurde bereits in 6.2. gesagt. Einer um Objektivität bemühten Betrachtung des Buchs erschließt sich schnell, dass der Prophet im Jonabuch nicht die Funktion hat, unverrückbar feststehende Zukunft anzukündigen, sondern dass er die Funktion eines Warners wahrnimmt (vgl. oben 5.1.2.). Eine nüchtern-distanzierte Herangehensweise entspricht aber nicht dem antiken jüdischen Umgang mit der Erzählung. Es scheint, dass die damaligen Rezipienten sich vielmehr in die Gestalt des Jona hineinversetzt und auf diese Weise eine Gefahr bedacht haben, die tatsächlich auch dann besteht, wenn der Prophet nicht zum Zukunftskünder, sondern zum Warner berufen wurde: Er kann immer noch von anderen, die nach einer ebenfalls biblischen Tradition den Anspruch des Propheten am Eintreffen seiner Botschaft messen (vgl. Dtn 18,20-22), für einen Falschpropheten gehalten und dementsprechend verachtet oder verurteilt werden. Die Jonadarstellung der Vitae prophetarum greift dabei auf die Furcht Jonas vor der Schande des Lügenprophetentums zurück, während der Midrasch Jona gleichsam objektiver berichtet, „die kurzsichtigen Israeliten“ hätten Jona einen Falschpropheten genannt (Schwemer, 1996, 72; zum Problem vgl. a.a.O., 67ff.).

8.1.4. Jona – ein bußfertiger Sünder

Auch wo nur Raum für wenige Andeutungen zur Wirkungsgeschichte des Jonabuchs im Judentum ist, muss die liturgische Bedeutung der Erzählung als Prophetenlesung am Großen Versöhnungstag erwähnt werden (vgl. dazu etwa Steffen, 1994, 11ff.). Diese Verwendung beruht nicht nur auf der umfassenden Buße Ninives und der Vergebung, die die Stadt erfährt, sondern auch darauf, dass Jona selbst als bußfertiger und geretteter Sünder verstanden wurde. So wird im Midrasch Jona die Flucht, Verschlingung und Rettung Jonas folgendermaßen gedeutet:

„‚Und Jona machte sich auf, nach Tharschisch zu fliehen’. Womit ist die Sache zu vergleichen? Mit einem Könige von Fleisch und Blut, dessen Gemahlin starb, als sie säugte. Er suchte nun eine Amme, um seinen Sohn zu säugen, damit er nicht umkomme. Was machte die Amme des Königs? Sie liess den Sohn des Königs liegen und floh. Als der König sah, daß sie geflohen war und seinen Sohn hatte liegen lassen, schrieb er einen Brief, sie aufzugreifen und in das Gefängnis zu werfen, an einen Ort, wo Schlangen und Skorpione waren. Nach einigen Tagen ging der König an der Grube vorüber, worin sie gebunden war, und sie weinte und schrie zum König aus der Grube. Da regte sich das Erbarmen des Königs über sie, und er trug seinem Gesandten auf, sie wieder heraufzuholen und zurückzuführen. So verhält es sich auch mit Jona. Als er vor dem Heiligen, geb. sei er!, floh, schloss er ihn im Meere in dem Leibe eines Fisches ein, bis er zu dem Heiligen, geb. sei er!, schrie und dieser ihn wieder auswarf“ (Wünsche, 39).

An dieser Stelle nimmt die jüdische Auslegung eine Umdeutung von Jonas Gebet im Inneren des Fischs vor, die freilich auf einer auch noch von modernen Exegeten empfundenen Spannung des biblischen Textes beruht. In Jon 2 betet Jona im Inneren des Fischs einen Dankpsalm für erfahrene Rettung. Er hat die Verschlingung offenbar als Rettung erlebt. In 3.3. wurde der Jonapsalm das wichtigste literarkritische Problem des Buchs genannt, wobei unter den Einwänden gegen seine Ursprünglichkeit der Umstand genannt wurde, dass Jona bereits ein Danklied singt, ohne dass er das sichere Festland wieder erreicht hätte. Offenbar hat schon das antike Judentum diese Spannung empfunden und das Gebet zu einem Hilferuf bzw. einem Schuldbekenntnis umgedeutet. Als solches erscheint es auch in der Wiedergabe des Midrasch (vgl. Wünsche, 44f.). Dass es sich bei dieser Deutung um eine verbreitete jüdische Tradition handelt, zeigt sich z.B. auch in der Jonadarstellung des Josephus (Antiquitates, IX 10,2 [214]; Text gr. und lat. Autoren), wo insofern eine Variante vorliegt, als Jona hier erst nach seiner Ausspeiung, aber bevor er nach Ninive geht, um Vergebung seiner Sünden bittet.

8.1.5. Jonas Tod und Erweckung zu neuem Leben

In 8.1.3. wurde schon erwähnt, dass die Jona-Vita der Vitae prophetarum Jona und Elia im Exil in der Gegend von Tyrus zusammentreffen lässt und dass es sich dabei um eine Aufnahme der Mitteilungen über Elias Exil in Zarpat (1Kön 17,8-24) handelt. Während des Exils soll Elia den Sohn der Witwe, bei der er in Zarpat wohnte, vom Tod erweckt haben (1Kön 17,17-24). Die Jona-Vita gehört nun als ältester in eine Reihe von antik-jüdischen Texten, die den Sohn dieser Witwe mit Jona identifizieren (zu weiteren Belegen vgl. Joachim Jeremias, 1938, 411 Anm. 9; Steffen, 1994, 35 m. Anm. 60; Schwemer, 1996, 73 m. Anm. 131):

„Damals wies Elia das Haus Ahab zurecht. Und als er eine Hungersnot über das Land angekündigt hatte, floh er. Und er kam und fand die Witwe mit ihrem Sohn [nach dem vorhergehenden Text: Jona, der mit seiner Mutter in das Gebiet von Tyrus übergesiedelt war], denn er konnte nicht bei Unbeschnittenen bleiben, und er segnete sie. Und als ihr Sohn starb, erweckte Gott ihn wiederum von den Toten durch Elia, denn er wollte ihm zeigen, daß es nicht möglich ist, Gott wegzulaufen“ (Schwemer, 1996, 48; Schwemer, 1997, 619f.).

Die Totenauferweckungsgeschichte, die möglicherweise überhaupt erst vom Verfasser der Vita auf Jona übertragen wurde, wird mit dem letzten Satz in die Jonaüberlieferung eingebunden. Die Vita berichtet zwar nur knapp, dass Jona „aus dem Fisch ausgeworfen“ wurde, bevor er nach Ninive ging, setzt aber darin das Wissen über seine Flucht voraus. Die Übersiedlung in das Gebiet von Tyrus, das ausdrücklich als „(Land) fremder Völker“ bezeichnet wird, mag als weiterer Fluchtversuch in dem Sinne gelten, wie die Mechilta des Rabbi Jischmael die Flucht des Jona versteht (vgl. dazu Schwemer, 1996, 69): Jona wollte dadurch ausdrücklich der Schande entgehen, von den Israeliten als falscher Prophet betrachtet zu werden (vgl. dazu 8.1.3.), damit aber wohl auch dem Anspruch Gottes, der ihn zum Propheten berufen hatte. Indem dem Wunder der Totenauferweckung nun aber der Zweck der Demonstration zugeschrieben wird, dass es unmöglich ist, vor Gott wegzulaufen, erweist sich auch dieser Fluchtversuch als gescheitert. Und so erscheint es konsequent, dass Jona unmittelbar darauf durch eine Hungersnot zur Rückkehr nach Juda gezwungen wird.

Die Identifizierung Jonas mit dem in 1Kön 17 genannten Sohn der Witwe von Zarpat muss den in den biblischen Geschichtsbüchern bewanderten Leserinnen und Lesern als Anachronismus bewusst gewesen sein, da Elia lange vor dem in 2Kön 14,25 genannten Jona ben Amittai lebte (vgl. Schwemer, 1996, 73). Dass dies aber weder für den Verfasser der Vita relevant war noch für spätere Rabbinen, die dieselbe Identifizierung vertraten, ergibt sich daraus, dass die „schöpferische Geschichtsschreibung“ der haggadischen Auslegung (so Steffen, 1994, 17) nicht an der Rekonstruktion von historischen Tatsachen interessiert ist. Es geht ihr vielmehr darum, durch Verknüpfung von biblischen Geschichten Leerstellen zu füllen und so etwa dem namenlosen Sohn der Witwe von 1Kön 17 durch die Gleichsetzung mit Jona eine Identität zu verschaffen (vgl. dazu Schwemer, 1996, 73 Anm. 131). Die „Brücke“ zwischen beiden Gestalten, die die Identifizierung ermöglicht, liegt darin, dass die Verschlingung Jonas und seine Rettung aus dem großen Fisch als ein Geschehen von Sterben und Auferstehen verstanden wurde. Damit hatte Jona also im Wesentlichen dasselbe erlebt wie der Sohn der Witwe. Infolgedessen dient die Gleichsetzung beider Figuren aber nicht nur dazu, dem anonymen Sohn der Witwe einen Namen zu geben, sondern auch dazu, Jona über den Bericht des Jonabuchs hinaus als jemanden zu charakterisieren, „der vor Gott starb und von Gott zu neuem Leben erweckt wurde“ (Steffen, 1994, 34).

Ein Beispiel dafür, wie Jona durch die Verbindung von Verschlingungsmotiv und Identifizierung mit dem Sohn der Witwe von Zarpat als Symbolgestalt für das Erlangen neuen und unvergänglichen Lebens aus dem Tod gezeichnet wurde, bildet folgende Stelle aus dem Midrasch zu den Psalmen:

„Der Sohn der Witwe von Çarpath, das ist der (Prophet) Jona ben Amitthai, der lebte als vollkommener Gerechter; er wurde durch das Verschlingen seitens der Fische (sic!) u. in den Wassertiefen geläutert (…) u. starb nicht, sondern ‚Jahve gebot dem Fisch, u. dieser spie Jona aufs trockene Land, Jona 2,11, u. er ging bei Leibesleben in den Gan Eden ein“ (Strack / Billerbeck IV/2, 1134).

Eine kurze Erklärung verdient die merkwürdige Aussage, dass Jona „seitens der Fische (Plural!)“ verschlungen worden sei. Dahinter steht offenbar eine auch im Midrasch Jona greifbare Auslegungstradition, nach der der Prophet nacheinander von zwei Fischen verschlungen wurde. Diese Interpretation geht von einer Auffälligkeit des biblischen Textes aus: Das hebräische Wort für „Fisch“ ist nämlich in Jon 2,1 (2-mal) und Jon 2,11 in der maskulinen Form דג dāg verwendet, während in Jon 2,2 דגה dāgāh steht, also ein schwer zu erklärendes Femininum. Die jüdischen Exegeten schlossen daraus, es sei von zwei verschiedenen Fischen die Rede, einem männlichen und einem weiblichen. Zu modernen Erklärungen vgl. Rudolph 346 Textanm. 2a. Eine weitere mögliche, aber sicher auch nicht unproblematische Erklärung bietet die Annahme, dass in Jon 2,2 gar kein Femininum vorliegt, sondern eine um ה locale erweiterte Form (vgl. Gerhards, 2006, 52).

8.2. Jona im Christentum

8.2.1. Neues Testament

Im Neuen Testament wird Jona in Mt 12,38-41; Mt 16,4 und Lk 11,29-32 erwähnt.

1) Das „Zeichen des Jona“

In Mt 12,38-40 wird den Schriftgelehrten und Pharisäern auf eine Zeichenforderung kein anderes Zeichen angekündigt als das des Propheten Jona: „Denn wie Jona im Leib des Fischs war drei Tage und drei Nächte, so wird der Sohn des Menschen im Herzen der Erde sein drei Tage und drei Nächte“ (Mt 12,40). In Mt 16,4 wird erneut das „Zeichen des Jona“ angekündigt, ohne zu sagen, worin es besteht. In Lk 11,29f. lautet die Ankündigung: „Denn wie Jona den Niniviten ein Zeichen wurde, so wird es auch der Sohn des Menschen sein für diese Generation“ (Lk 11,30).

Die ursprüngliche Bedeutung der Rede vom „Zeichen des Jona“ stellt sich unterschiedlich dar, je nachdem, ob man die Deutung auf Jesu Tod und Auferstehung als ursprünglichen Bestandteil ansieht oder nicht. Bultmann betrachtet sie als „ganz sekundäre Gemeindebildung“ (124; vgl. 133; 162; Wiefel, 241f.). Dann hätte die Lukas-Fassung die ältere, möglicherweise auf Jesus selbst zurückgehende Version bewahrt, deren Sinn vielleicht so zu bestimmen ist: „Wie Jonas aus dem fernen Lande zu den Niniviten kam, so wird der Menschensohn aus dem Himmel zu diesem Geschlecht kommen; d.h. das geforderte Zeichen für die Predigt Jesu ist der Menschensohn, wenn er zum Gericht kommt“ (Bultmann, 124).

Möglicherweise bezieht sich die Rede vom Menschensohn aber nicht auf den kommenden, sondern auf Jesus als den gegenwärtigen Menschensohn. Dann wäre bei dem „Zeichen des Jona“ auch nicht an das Kommen aus der Ferne gedacht, sondern „an die Bußpredigt des Propheten (…), die das ungläubige Volk in letzter Stunde zur Entscheidung ruft“. Mit ihr wird Jesu Predigt unter seinen (als letzte Generation verstandenen) Zeitgenossen gleichgesetzt (Wiefel, 241; vgl. auch Klein, 420).

Schließlich besteht die Möglichkeit, dass das Zeichen des Jona von Anfang an auf den Tod und die Auferstehung Jesu bezogen war, auch in Lk 11,30, wo diese nicht ausdrücklich erwähnt werden. Zur Begründung dieser Alternative lässt sich daran erinnern, dass Jona auch in der jüdischen Rezeption als Symbolgestalt für den Weg durch den Tod zu neuem Leben galt (vgl. oben 8.1.5.). Die „Errettung des Propheten aus dem Innern des Seeungeheuers (…) gilt den Zeitgenossen als das dem Jonas widerfahrene Wunder“ (Joachim Jeremias, 1938, 412; Hervorhebung im Original). Dann besteht „das alte wie das neue Jonaszeichen in der Legitimierung des Gottgesandten durch die Errettung aus dem Tode“ (Joachim Jeremias, 1938, 413). Die Version in Mt 12,40 wäre allerdings auch dann jünger als die von Lk 11,30, weil sie durch das Zitat aus Jon 2,1 (nach der Septuaginta) die „drei Tage und drei Nächte“ einführt und somit „den Nachdruck auf die Zeitangabe statt auf die Errettung aus dem Tode legt“ (Joachim Jeremias, 1938, 413).

Je nachdem, wie man in diesen Fragen entscheidet, stand der alttestamentliche Prophet in der Rede vom „Zeichen des Jona“ also ursprünglich für einen Gottgesandten aus unerreichbarer Ferne, oder er galt als Inbegriff des Bußpredigers oder auf Grund des Verschlingungserlebnisses als Symbolgestalt für den Weg durch den Tod zu neuem Leben.

Nach Mt 12,40 besteht das „Zeichen des Jona“ darin, dass Jona, der drei Tage und drei Nächte im Leib des Fischs war, als Typos (Urbild; Präfiguration) Christi gilt, der drei Tage im Grab lag. Dabei wird es offenkundig nicht als störend empfunden, dass Christus nur zwei Nächte lang im Grab war, während Jona nach der in Mt 12,40 zitierten Angabe von Jon 2,1 drei Tage und drei Nächte lang verschlungen war.

2) Die Niniviten als Vorbild der Buße

In Mt 12,41f. und Lk 11,31f. werden die Niniviten und die „Königin des Südens“, also die Königin von → Saba, als Ankläger genannt, die im Endgericht gegen die Zeitgenossen Jesu auftreten werden. Die Niniviten werden zu Richtern, weil sie auf die Verkündigung Jonas hin Buße taten – die jüdischen Zeitgenossen Jesu tun keine Buße, obwohl Jesus mehr ist als Jona. In diesem Wort wird aus dem Jonabuch nicht nur die beeindruckende Buße der Niniviten aufgenommen, die auf ein äußerst knapp formuliertes Wort Jonas hin geschah, sondern in gewisser Weise auch der Umstand, dass die Nichtisraeliten sich als eifrige Büßer gegenüber dem Israeliten Jona als frömmer erweisen, hatte dieser doch seinen Verkündigungsauftrag nur widerwillig und äußerst sparsam ausgeführt (5.2.2.). Das Motiv der frömmeren Heiden wird in Mt 12,40 allerdings zu einer „eschatologischen Umkehrung gesteigert, dank derer die Heiden zu Berufenen werden, das erwählte Volk zum verworfenen wird“ (Wiefel, 242).

8.2.2. Darstellung in der Kunst

In der christlichen Kunst erscheint Jona vor allem als Symbol der Auferstehung und des seligen Nachlebens. Inwiefern darin eine Aufnahme der Rede vom „Zeichen des Jona“ vorliegt, ist allerdings gerade für altkirchliche Jonadarstellungen nicht sicher.

In der frühchristlichen Grabkunst gehören Jonadarstellungen zu den zeitweise beliebtesten Motiven. Dargestellt sind Meerwurf und Verschlingung durch den üblicherweise als drachenartiges Ungeheuer dargestellten großen Fisch sowie die Ausspeiung und die Ruhe Jonas in der Kürbislaube (vgl. Steffen, 1963, Tafel V [nach S. 112]; Paul, 416; Engemann, 690f.). Die Laube ist aus der Hütte und dem Rizinus in Jon 4 abgeleitet. Das Ruhemotiv ist das „Hauptbild“ des Zyklus (vgl. Stommel, 112f.); der ruhende Jona symbolisiert die Seligkeit der Toten.

Dass der Fisch als Ungeheuer dargestellt ist und Jona in einer Kürbislaube ruht, entspricht der Übersetzung der Septuaginta. Diese bezeichnet den großen Fisch (hebr. דג גדול; dāg gādôl) als κη̃τος (kētos) und verwendet damit eine Vokabel, die auch für Seeungeheuer stehen kann. Darüber hinaus übersetzt sie קיקיון qîqājôn → „Rizinus“ mit κολοκύνθη (kolokynthē) „Kürbis“ (vgl. dazu Fürst, v.a. 16f.); wozu eine gewisse Übereinstimmung in der Peschitta besteht, die mit „junge Kürbispflanze“ (šərûrā’ dəqar’ā’) übersetzt.

Allerdings ist trotz der Verbindung zu Septuaginta und Peschitta zu berücksichtigen, dass sich die Ruhe des Geretteten in der Kürbislaube von Jon 4 deutlich unterscheidet. Jona ist „nackt und ruhend oder schlafend“ dargestellt, „aber keineswegs, wie die Bibel angibt, in gespannter Erwartung des Untergangs der Stadt Ninive“ (Stommel, 112). Möglicherweise ist die Darstellung durch nichtbiblische Versionen der Jonageschichte beeinflusst, die jedoch ihrerseits an das biblische Buch anschließen werden. Sicher ist der Einfluss paganer Motive wie Sarkophag-Darstellungen des schlafenden Endymion oder Abbildungen des ruhenden Dionysos anzunehmen (vgl. Stommel, 112.114f.; Wischmeyer, 170.175; Engemann, 694).

Dass der durch Verschlingung und Rettung hindurchgegangene Jona zum Symbol eines aus dem Tod hervorgegangenen seligen Lebens wurde, entspricht immerhin in der Logik dem „Zeichen des Jona“ von Mt 12,40. Da aber zum einen die Ruhe in der Kürbislaube keine Auferstehungsdarstellung ist und zum anderen ein typologischer Bezug zur Auferstehung Christi nicht hergestellt wird, ist ein unmittelbarer Zusammenhang mit Mt 12,40 nicht nachweisbar (vgl. Stommel, 113; Engemann, 693f.). So greift das Motiv der Jona-Ruhe möglicherweise unabhängig von Mt 12,40 auf die Rettung und Todesüberwindung Jonas zurück; wozu ja in der jüdischen Rezeption des Jonabuchs Parallelen vorliegen (vgl. 8.1.5.). Denkbar ist eine liturgische Vermittlung durch sog. „Paradigmengebete“, in denen Jona als Beispiel eines von Gott Geretteten genannt wurde. Diese Gebetsgattung hatten die Christen aus dem Judentum übernommen (vgl. dazu Wischmeyer, 175f.).

Simson 08 Biblia Pauperum

Die häufigen Darstellungen des ruhenden Jona entsprechen weder der biblischen Schilderung noch der altkirchlichen Jonaauslegung, die stärker an Jona als Bußprediger interessiert war. Sie gehören damit in den Bereich der frühchristlichen Frömmigkeit, nicht der Theologie (vgl. Wischmeyer, 168; 177). Allerdings machte sich ab der zweiten Hälfte des 3. Jh.s ein biblisch-theologischer Einfluss auf die Jonadarstellungen geltend, indem nun auch der unter der vertrockneten Laube sitzende „Jona irritatus“ in den Katakomben dargestellt wird (vgl. Wischmeyer, 170). In der mittelalterlichen Kunst ist dann die typologische Deutung von Verschlingung und Ausspeiung Jonas „sehr häufig verbildlicht“ (Engemann, Sp. 693). Dargestellt wird nicht mehr die Ruhe Jonas, sondern etwa der Meerwurf in Verbindung mit dem Brunnenwurf Josefs (Gen 37) als Typos der Grablegung Christi (vgl. Steffen, 1963, 129 Abb. 18; Paul, 417 Abb. 2; 419f.). Die Ausspeiung Jonas kann gemeinsam mit dem die Stadttore Gazas davontragenden Simson (Ri 16,3) als Typos der Auferstehung dargestellt werden (vgl. Steffen, 1963, 129 Abb. 19).

Jona 11

Auf Grund seiner Verbindung mit der Rettung aus dem Tod bzw. Auferstehung ist Jona auch seit der Zeit der Alten Kirche bis in die Moderne symbolhaft mit der Taufe verbunden worden (vgl. Steffen, 1963, 132-134).

In manchen Kirchen (z.B. St. Maria im Kapitol, Köln; Stiftskirche von Bad Gandersheim) finden sich im Übrigen Walknochen, die – auch wenn über die Herkunft und Aufstellungsabsicht wenig bekannt ist – gerne mit der Jona-Erzählung in Verbindung gebracht werden.

8.3. Jona im Islam

8.3.1. Jona im Koran

Jona 12

1) Überblick

Im Koran wird Jona unter der arabisierten Namensform jûnus erwähnt, die letztlich auf das ’Ιωνᾶς (jōnâs) der Septuaginta zurückgehen wird, wobei eine Vermittlung über das Äthiopische oder Christlich-Palästinische anzunehmen ist (vgl. dazu Tottoli, 63 Anm. 61 [Lit!]; Heller / [Rippin], 347).

Jona ist der einzige Buchprophet der Bibel, der im Koran (Text Koran) namentlich genannt ist. Diese Sonderstellung ergibt sich aus der Besonderheit des Jonabuchs als der einzigen durchgehenden Erzählung nicht nur im Rahmen des Zwölfprophetenbuchs, sondern unter den Prophetenbüchern überhaupt. Die Figur des Jona ist dadurch eindrücklicher und somit wirkungsvoller gezeichnet als die anderer Buchpropheten, deren Person und Verkündigung allenfalls in Anklängen im Koran vorkommen (zu Anspielungen auf die Person anderer Propheten vgl. Tottoli, 18; Vajda; zu Anklängen an prophetische Wortverkündigung vgl. Speyer, 444-446).

Jona ist in sechs Suren erwähnt. In Sure 4,163; 6,86 wird allerdings nur sein Name in Aufzählungen biblischer Gestalten (Jesus, Hiob, Aaron, Ismael, Elisa, Lot u.a.) genannt, die zu den Mohammed vorangehenden Gesandten und Propheten gerechnet werden. Die 10. Sure trägt Jonas Namen. Zum Überblick über die Jonabelege des Korans vgl. Thyen, 172-175; Hoheisel, 618f.; Tottoli, 42f. m. Anm. 61 (Lit!).

Die Jonabelege in Sure 10,98 sowie 21,87f. und 37,139-148 gehören nach der immer noch als Standardwerk geltenden „Geschichte des Qorans“ von Th. Nöldeke sämtlich der mekkanischen Periode vor der Auswanderung (hiǧra) nach Medina an (zur Chronologie der Suren vgl. Nöldeke / Schwally, 58ff.). Die Intention der mekkanischen Suren „ist die Bekehrung der Menschen zum einen, wahren Gotte und (…) zum Glauben an die Auferstehung der Toten und das Gericht am jüngsten Tage“ (Nöldeke / Schwally, 71).

Die Erwähnung Jonas in Sure 68,48-50 bildet einen Einschub in eine mekkanische Sure, der möglicherweise erst der medinensischen Periode angehört.

2) Sure 10

In Sure 10,98 heißt es:

„Wenn doch (irgend)eine Stadt geglaubt hätte, so daß ihr Glaube ihr genützt hätte! (Keine tat es), außer dem Volk des Jonas. Als diese geglaubt haben, haben Wir die Pein der Schande im diesseitigen Leben von ihnen aufgehoben und ihnen eine Nutznießung für eine Weile gewährt“ (Übersetzung von Khoury).

Ausgehend vom Wunsch, die Mekkaner zur Umkehr und zum Glauben an den einen Gott aufzurufen, wird „das Volk des Jonas“ als einziges Beispiel für eine Gemeinschaft genannt, die auf die Verkündigung eines Propheten hin geglaubt hat – anders als die Mekkaner. Die folgenden Verse unterstreichen freilich, dass es allein bei Gott liegt, ob sich Menschen bekehren oder nicht. Dass dem Volk des Jona die Fürsorge Gottes nur „eine Weile“ (oder: „eine Zeit lang“) galt, lässt vielleicht ein Wissen darum erkennen, dass Ninive schließlich doch zerstört wurde (so Speyer, 410).

Wenn aber eine konkretere Vorstellung über Ninive im Hintergrund steht, bleibt zu erklären, dass die Niniviten „Volk“ oder „Leute“ bzw. „Stammesgenossen“ (arab. qawmun) des Jona genannt werden. Wenn die Tradition über das Jonagrab auf einem der Hügel im Bereich des antiken Ninive bereits vorislamisch sein sollte (zu dieser Grabtradition vgl. Steffen, 1994, 127f.; auch Parrot, 8 m. Tafel I a [nach S. 16]), könnte diese Bezeichnung der Niniviten damit zusammenhängen. Das Vorhandensein des Grabes mag dahin gedeutet worden sein, dass Jona bis zu seinem Tod in Ninive geblieben und insofern ein Ninivit geworden war. Der Ursprung dieser Grabtradition ist allerdings unbekannt, seit dem 14. Jh. ist es aber das von den Muslimen am meisten verehrte Jonagrab (Hoheisel, 620).

3) Sure 21

Jona wird darüber hinaus in der 21. Sure erwähnt, die den Titel „Die Propheten“ (’al-’anbijâ’) trägt. Als Zweck prophetischer Aufgabe wird in V. 25 genannt: „Und Wir haben keinen Gesandten vor dir [=vor Mohammed] geschickt, dem Wir nicht offenbart hätten: ‚Es gibt keinen Gott außer Mir, so dienet Mir“ (Khoury). Mohammed, wegen der Verkündigung des einen wahren Gottes in Mekka angefeindet, stellt sich in die Traditionslinie dieser vorausgegangenen Gesandten und Propheten (vgl. Hoheisel, 611). In 21,87f. heißt es:

„Und (erwähne) den Mann mit dem Fisch. Als er erzürnt wegging und meinte, Wir könnten ihn nicht überwältigen. Und er rief in den Finsternissen: ‚Es gibt keinen Gott außer Dir. Preis sei Dir! Ich war einer von denen, die Unrecht tun’. Da erhörten Wir ihn und erretteten ihn aus der Trübsal. So retten Wir die Gläubigen“ (Khoury).

Die Jona-Passage der Prophetensure setzt mit dem Fluchtversuch ein, den Jona in Verkennung der Allmacht Gottes unternahm. Im Inneren des Fischs („in den Finsternissen“) bekennt sich der Flüchtige allerdings zur Einzigkeit Gottes und zu dem Unrecht, das er getan hatte. Das Bekenntnis ersetzt den Dankpsalm der biblischen Jonaerzählung. Darin entspricht die koranische Darstellung der jüdischen Tradition, die – offenbar, weil das Beten des Dankliedes vor dem Wiedererreichen des Festlandes als unpassend galt – den Jonapsalm in ein Schuldbekenntnis und einen Hilferuf umdeutet (vgl. dazu oben 8.1.4.). Darin, dass die Rettung durch Gott als Antwort auf das Gebet im Inneren des Fischs verstanden wird, entspricht der Koran dem Midrasch Jona, in dem es heißt, Gott habe den flüchtigen Propheten im Leib des Fischs eingeschlossen, „bis er zu dem Heiligen, geb. sei er!, schrie“ (Wünsche, 39).

Indem Sure 21 aber dem Schuldbekenntnis ein Bekenntnis zur Einzigkeit Gottes voranstellt, ordnet sie Jona in die Reihe der Propheten ein, deren Aufgabe ja in der Verkündigung des einzigen Gottes besteht. Dem Bekenntnis folgt die Rettung, so dass Jona zum Beispiel eines Sünders wird, der durch Umkehr zu Gott ein Gläubiger wird und Gottes Rettung erfährt.

4) Sure 37

Eine interessante, weil auf viele Einzelheiten der biblischen Erzählung zurückgreifende Rezeption der Jonageschichte findet sich in 37,139-148. Auch in Sure 37 beruft sich Mohammed in seiner Auseinandersetzung mit den Mekkanern auf die Traditionslinie der biblischen Propheten. Dabei heißt es:

„Auch Jonas war einer der Gesandten. Als er zum vollbeladenen Schiff davonlief. [sic!] Er warf Lose und wurde einer der Unterlegenen. Der Fisch verschlang ihn, der sich Tadel zugezogen hatte. Und wäre er nicht einer von denen geworden, die (Gott) preisen, wäre er in seinem Bauch geblieben bis zu dem Tag, an dem sie auferweckt werden. Da warfen Wir ihn auf das kahle Land; dabei war er krank. Und Wir ließen eine Kürbisstaude über ihm wachsen. Und Wir sandten ihn zu Hunderttausend oder gar mehr. Da glaubten sie. Und Wir gewährten ihnen Nutznießung für eine Weile“ (Khoury).

Mit der biblischen Erzählung stimmen folgende Elemente überein: Das Vollbeladensein des Schiffs (37,140; vgl. Jon 1,5), das Losewerfen (37,141; vgl. Jon 1,7), die Verschlingung und die (von Gott gewirkte) Ausspeiung, die Kürbisstaude (ein schwieriger Ausdruck im Arabischen: šaǧaratun min jaqṭînin – „ein Baum / Strauch von Kürbis[?]“), die hier für den hebräischen Rizinus steht (37,146; vgl. Jon 4,6, auch oben 8.2.2.) sowie die Größe Ninives von Hunderttausend und mehr (37, 147; vgl. Jon 4,11).

Die Darstellung zeichnet Jona erneut als Beispiel für einen reuigen Sünder, der zum Gläubigen wird und die Fürsorge Gottes erfährt. Mit dem Preisen Gottes, zu dem Jona im Leib des Fischs fand, ist sicher wie in 21,87 ein Bekenntnis zum einzigen Gott gemeint. Die Fürsorge Gottes zeigt sich darin, dass er über den Geretteten, der „auf das kahle Land“ geworfen krank daliegt, die Kürbisstaude wachsen lässt. Zum anderen hält die Sure wiederum den Mekkanern die Niniviten beispielhaft vor Augen als eine Gemeinschaft, die auf prophetische Verkündigung hin an Gott glaubte. Das Ende der Jonapassage aus Sure 37 erinnert an 10,98.

Da Jona hier in eine Traditionslinie der Vorgänger Mohammeds eingeordnet wird, so dass es bei seiner Verkündigung letztlich um nichts anderes als um die Einzigkeit Gottes und die Bekehrung der Menschen zu diesem einzigen Gott geht, fehlen trotz der bis in Einzelheiten reichenden Gemeinsamkeiten wesentliche Züge der biblischen Erzählung. Themen wie die Reue Gottes oder die Berechtigung der Begnadigung Ninives kommen nicht vor. Die Person des biblischen Propheten ist zwar als bußfertiger Sünder gezeichnet, nicht aber als ein Charakter, der zwischen Frömmigkeit, Verzweiflung und Widerstand zerrissen ist. Sein Fluchtversuch wird nicht begründet, und die Kürbisstaude als Wiedergabe des Rizinus wird nur als Wohltat erwähnt. Von ihrem allzu schnellen Vergehen und der theologischen Lehre, die sich für Jona daraus ergeben soll, ist nicht die Rede. Dabei scheint die koranische Darstellung im Blick auf die Staude, unter der sich der Gerettete zunächst erholen darf, von der Tradition beeinflusst zu sein, die auch in dem aus der frühchristlichen Grabkunst geläufigen Motiv des in der Kürbislaube ruhenden Jona greifbar ist (vgl. dazu 8.2.2.). Von hier aus mag auch die allgemein übliche, aber wohl nicht gesicherte Identifizierung der Pflanze (arab. jaqṭînun) mit einem Kürbis berechtigt sein. Die koranische Darstellung mag wie bei dem Namen jûnus so auch bei der Bestimmung der Pflanze über Zwischenstationen von der Septuaginta beeinflusst sein.

5) Sure 68

Schließlich wird in Sure 68,48-50 wieder an die misslungene Flucht Jonas erinnert mit einem besonderen Akzent auf seinem eigenwilligen Handeln:

„So sei geduldig, bis das Urteil deines Herrn eintrifft [=das Urteil über diejenigen, die die Verkündigung Mohammeds für eine Lüge halten, denen aber jetzt noch Aufschub gewährt wird]. Und sei nicht wie der mit dem Fisch, als er voller Gram (zu Gott) rief. Und hätte ihn nicht eine Gnade von seinem Herrn rechtzeitig erreicht, wäre er auf das kahle Land geworfen worden und hätte sich Tadel zugezogen. Da erwählte ihn sein Herr und machte ihn zu einem der Rechtschaffenen“ (Khoury).

Die 68. Sure gehört nach islamischer Tradition zu den ältesten. Sie wird üblicherweise chronologisch unmittelbar nach der 96. Sure eingeordnet, die als Niederschlag der Berufung Mohammeds gilt. Der Grundbestand der 68. Sure wird in der Tat in die Frühzeit gehören, wenn auch die Reaktion auf die Gegner Mohammeds, die ihn für besessen (V. 2; 51) oder für einen Lügner halten (V. 8) kaum an den ersten Anfang seiner Verkündigung gehört (so auch Nöldeke / Schwally, 96).

Die kritische Erwähnung Jonas als – negatives! – Vorbild zerreißt aber den Zusammenhang der VV. 47 und 51 mit ihren Vorwürfen gegen die Mekkaner und ist somit eindeutig ein Einschub, in dem Mohammed ermahnt wird, nicht eigenwillig zu handeln wie Jona, dem gerade das fast zum Verhängnis geworden wäre. Aber er rief dennoch „voller Gram“ (Khoury) zu Gott. Vielleicht ist die Aussage auch konkret zu verstehen, so dass Jona als Verschlungener (arab. maẓûm zu kaẓama – „verhehlen / unterdrücken / an sich halten“; daher Nagel, 87: „hinuntergeschluckt“), zu Gott rief. Jedenfalls wurde das Rufen gehört und Jona gerettet. Dabei ist jedoch interessant, dass an dieser Stelle die Rettung nicht darin gesehen ist, dass Jona überhaupt wieder von dem Fisch ausgespieen wird, sondern darin, dass er nicht auf das kahle Land geworfen und dass er erwählt und zu einem Rechtschaffenen gemacht wird. Nachvollziehbar wird dieses Verständnis der Rettung, wenn man um die Version der Jonageschichte aus Sure 37 weiß. Nach 37,145f. wird Jona zwar in der Tat auf das „kahle Land“ geworfen, aber Gott überlässt ihn dort nicht sich selbst, sondern er lässt die Kürbisstaude über ihn wachsen; dann wird er zu den „Hunderttausend oder gar mehr“ gesandt (37,147). Man darf wohl voraussetzen, dass diese Version der Rettung Jonas hinter den skizzenhaften Aussagen von Sure 68 steht. Dann wäre auch hier an die Kürbisstaude zu denken, die den Aufenthalt auf dem kahlen Land erträglich macht; und dass Jona erwählt und zu einem Rechtschaffenen gemacht wird, bezieht sich auf die Sendung nach Ninive.

Das Besondere des Jonabildes aus Sure 68 besteht darin, dass Jona an dieser Stelle nicht als positives Vorbild für einen bußfertigen, bekehrten und daraufhin geretteten Sünder erscheint wie an den zuvor besprochenen Stellen. Wie bereits erwähnt, sind diese Stellen nach gängiger Auffassung vor dem Hintergrund der Auseinandersetzungen in Mekka vor der hiǧra zu verstehen. In diesen Auseinandersetzungen rang Mohammed um Buße und Bekehrung der Mekkaner, daher konnte nicht nur der bußfertige Jona selbst als Vorbild genannt werden, sondern auch die Niniviten, die sich ja auf seine Verkündigung hin bekehrten. In Sure 68,48-50 geht es jedoch um eine Mahnung zu Geduld und vertrauendem Abwarten. Dann muss aber der eigenwillige, fliehende Jona in erster Linie als negatives Vorbild in den Blick kommen.

Die Auseinandersetzung mit den Mekkanern ist auch im ursprünglichen Bestand der 68. Sure greifbar. Wenn nun der Einschub der VV. 48-50 aber nicht wie die anderen mekkanischen Suren an das positive Vorbild Jonas erinnert, sondern unter Verweis auf sein Negativbeispiel zur Geduld ermahnt, könnte das ein Hinweis darauf sein, dass eine Ergänzung aus der medinensischen Periode mit ihrem veränderten Problemhorizont vorliegt. Für eine medinensische Datierung des Einschubs lässt sich auf parallele Ergänzungen in anderen Suren verweisen (so Nagel, 87; bei Nöldeke / Schwally, 96, wird der Einschub einer späteren mekkanischen Periode zugeordnet).

6) Zusammenfassung

Es ist also festzuhalten, dass Mohammed sich gegenüber den Angriffen der Mekkaner auf eine prophetische Traditionslinie berief, zu der er eine Reihe von biblischen Gestalten rechnete, darunter auch – als einzigen Buchpropheten – Jona. Jona wird als Vorbild für einen Sünder gezeichnet, der sich aber zu Gott bekehrt und dadurch Gottes Fürsorge und Erwählung erfährt. Zugleich gilt Ninive als Vorbild für eine Stadt, die sich auf die Verkündigung eines Propheten hin bekehrt.

Konkrete Übereinstimmungen mit der biblischen Erzählung bestehen in Jonas Flucht, Verschlingung und Rettung. Dass die Verschlingungsepisode als das hervorstechende Moment der Jonageschichte wahrgenommen wurde, zeigt sich, wenn Jona ohne Namensnennung als „der (Mann) des Fischs“ (21,87: ḏâ’n-nûni) bzw. „der Gefährte des großen Fischs“ oder „Walfischs“ (68,48: ṣâḥibu’l-ḥûti) eingeführt wird. Übereinstimmung besteht auch in der Umkehr Ninives; und möglicherweise ist die Terminierung der Rettung der Stadt auf eine gewisse Zeit (10,98; 37,148) von dem Wissen darum bestimmt, dass Ninive nach der Zeit Jonas doch zerstört wurde.

Als bekehrter Sünder kann Jona allerdings nur deshalb paradigmatisch wahrgenommen werden, weil das Gebet im Leib des Fischs im Unterschied zur Bibel kein Danklied für die schon geschehene Rettung ist, sondern als Buße und Bekehrung künftiger Rettung vorausgeht (21,87; 37,143ff.; 68,49).

Ein weiterer Unterschied zur biblischen Darstellung besteht darin, dass die dem Rizinus entsprechende Kürbisstaude nur als Wohltat gegenüber dem Geretteten dargestellt wird. Ein unerwartet frühes Verdorren und eine daraus gefolgerte theologische Lehre kommt nicht vor. In diesem Punkt scheint Abhängigkeit von dem in der frühchristlichen Grabkunst so häufigen Motiv des in der Kürbislaube ruhenden Jona vorzuliegen. Dann aber fällt auf, dass nach Darstellung von Sure 37 die Staude wohl ein Bild der Fürsorge Gottes gegenüber dem Geretteten ist – Jona darf sich offenbar unter ihr ausruhen –, dass hier aber kein Bild eines durch den Tod hindurchgegangenen unvergänglichen Lebens vorliegt. Anders als in der jüdischen und christlichen Rezeption kommt Jona im Koran nicht als Beispiel für Auferstehung oder seliges Nachleben vor.

In 68,48-50, einem vielleicht medinensischen Zusatz zu der wohl recht frühen mekkanischen Sure 68, wird Jona im Unterschied zu den anderen Stellen als negatives Vorbild der Ungeduld und des Eigenwillens herangezogen.

8.3.2. Jona in der außerkoranischen islamischen Tradition

In der dem Koran untergeordneten, aber dennoch religiös außerordentlich bedeutenden Überlieferung von Worten und Taten Mohammeds (ḥadîṯ) wird Jona in einem Wort erwähnt, in dem Mohammed es ablehnt, höher geachtet zu werden als andere Propheten. Er sei nicht bedeutender als Mose oder Jona. Das Wort mag – je nach Übersetzung – besagen, „that he [=Mohammed] is not more prominent than Moses nor even than a figure of secondary importance such as Jonah“ (Tottoli, 111f.; vgl. auch Heller / [Rippin], 348), oder es mag eine besondere Hochschätzung Jonas ausdrücken, der neben Mose gestellt wird und den Mohammed in besonderer Weise als Vorbild ansah (vgl. Hoheisel, 620).

In der islamischen Tradition sind auch „reich ausgesponnene Legendenkränze“ über Jona (Hoheisel, 620) bekannt, in denen Elemente des biblischen Jon anklingen, die im Koran nicht vorkommen. Teilweise ist Vermittlung durch jüdische Jonatraditionen und Jonalegenden anzunehmen (vgl. Heller / [Rippin], 348).

8.4. Mit Jona verbundene Ortstraditionen

Es wurde schon erwähnt, dass die Muslime auf dem Gebiet des antiken Ninive ein Jonagrab verehren, über dem eine Moschee errichtet ist.

Jonagräber werden allerdings auch in Palästina verehrt. Ein Jonagrab findet sich in dem Ort ḥalḥûl zwischen Jerusalem und Hebron (vgl. Abel, 180f.; Joachim Jeremias, 1958, 88-90; Keel / Küchler, 669f.; Steffen, 1994, 126), ein weiteres in el-mešhed in der Nähe von Sepphoris in Galiläa, wo Gat Hepher, der in 1Kön 14,25 genannte Heimatort Jonas (vgl. oben 5.1.1.), vermutet wird (vgl. Abel, 176f.; Joachim Jeremias, 1958, 24-28; Steffen, 1994, 126). Beide Gräber sind heute mit einer Moschee verbunden, ihre Verehrung geht aber auf die antike jüdische Tradition zurück.

Ein christliches Jonaheiligtum lag wenige Kilometer südlich von Jaffa, wo sich an der Küste ein tell jûnis befindet, auf dem noch im 19. Jh. die Reste einer kleinen Basilika zu sehen waren. Der Hügel entspricht wohl dem auf der Madabakarte verzeichneten Ort einer Jona-Kirche. Nach der Karte befindet er sich in der Nähe eines in der Küstenebene gelegenen Ortes Gat bei Diospolis / Lydda. Nach dem Prolog von Hieronymus’ Jona-Kommentar wurde dieser Ort von einigen – zu seiner Zeit wahrscheinlich von den Christen – für die Heimat des Propheten gehalten, und zwar in Konkurrenz zu dem galiläischen Gat Hepher bei Sepphoris, wo die Juden das Jonagrab verehrten (vgl. dazu Abel, 180; Joachim Jeremias, 1958, 24f.; Keel / Küchler, 30). Der Ort Gat bei Lydda mag als Heimatort Jonas gegolten haben; die Lage der Kirche auf dem Hügel über der Küste in der Nähe von Jaffa, wo Jona nach Jon 1,3 an Bord ging, sollte ursprünglich vielleicht an seine Einschiffung nach Tarsis erinnern. Vielleicht sah man hier aber auch den Ort, an dem Jona strandete, als ihn der große Fisch wieder an Land spie (Jon 2,11) (vgl. dazu Abel, 180).

Ergänzend sei erwähnt, dass der heute vor allem durch ein großes palästinensisches Flüchtlingslager medial bekannte Ort chân jûnis („Herberge des Jona“), die zweitgrößte Stadt im Gazastreifen, wahrscheinlich keine Verbindung zum Propheten Jona hat. Keel / Küchler, 106 erwähnen für diesen Ort die Reste einer mittelalterlichen Karawanserei (daher: chân), aber kein Jonaheiligtum. Nach Abel, 175 erinnert der Name möglicherweise an den Gründer der dortigen Moschee, einen Beamten des Mameluckensultans Barquq (1382-1399).

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Abbildungsverzeichnis

  • Die Jona-Erzählung (aus der Werkstatt von Lukas Cranach; 1526).
  • Seeleute werfen Jona über Bord (Marcellino-Katakombe; 3. Jh.).
  • Der Fisch spuckt Jona an Land (Jan Bruegel d. Ä; ca. 1600).
  • Jona predigt den Ninivitern (Gustave Doré; 1883).
  • Jona vor den Mauern von Ninive (Rembrandt; 1654/55).
  • Seeleute werfen Jona über Bord (Bible des Sauvigny; 12. Jh.).
  • Seeleute werfen Jona über Bord (Stuttgarter Psalter; 9. Jh.).
  • Der Fisch spuckt Jona an Land (Stuttgarter Psalter; 9. Jh.).
  • Der Fisch spuckt Jona an Land (Handschrift der Biblioteca Vaticana; 10. Jh.).
  • Jona als Typos der Auferstehung und Simson, der die Tore von Gaza sprengt wie Christus die der Hölle (Biblia pauperum; Codex Palatinus Latinus 871, fol. 16r; 15. Jh.).
  • Walknochen in St. Maria im Kapitol, Köln. © Tatiana Inyutina
  • Jona und der Fisch (Bagdad; 1600).

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