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Instruktion, direkte

Andere Schreibweise: Instruktion durch die Lehrenden/die Lehrkraft; Lehrinstruktion; engl. direct instruction

(erstellt: März 2023)

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1. Instruktion – ein problembehafteter Begriff

„Instruktion“ zählt zu den „unanständigen“ Wörtern in der Pädagogik (Mendl, 2010, 316). Der Begriff befindet sich im Gleichklang mit Frontalunterricht (→ Sozialformen), Lehrerzentrierung und Unterweisung, im religionspädagogischen Kontext noch mit Glaubensweitergabe und → Katechese. Demgegenüber stehen Begriffe wie → Subjektorientierung, Selbststeuerung und → Freiarbeit, seit einigen Jahren auch Ganzheitlichkeit und „kindertheologisch lernen“ (→ Kindertheologie) und neuerdings Heterogenitätssensibilität (→ Heterogenität) didaktisch hoch im Kurs.

Bezeichnenderweise findet man auch in aktuellen Grundlagenwerken (z.B. Kropač/Riegel, 2021; Stögbauer-Elsner/Lindner/Porzelt, 2021) keine Beiträge zu den genannten „unanständigen“ Begriffen im Sinne einer Skizzierung konkreter entsprechender Lernwege, lediglich auf einer prinzipiellen Ebene (vgl. Porzelt, 2021: „→ Kognitive Aktivierung“) bzw. in einem Taschenlexikon (Mendl, 2019a: Stichworte „Instruktion, direkte“ und „Lehrervortrag“).

Katholisch-theologisch schwingen beim Begriff der Instruktion Vorbehalte gegenüber Verlautbarungen von Papst und Bischöfen mit; dies verbindet sich mit einer kritischen Sicht auf autoritäre deduktive Modelle einer religiösen Bildung, wie sie zu Zeiten einer → evangelischen Unterweisung und eines katechetisch ausgerichteten material → kerygmatischen Religionsunterrichts üblich waren. Im Bereich der ethischen Bildung lassen sich Bezüge zwischen Instruktion und dem Modell der Werteübertragung markieren.

Die Aversion den genannten Begriffen gegenüber erscheint als durchaus nachvollziehbar. In der Geschichte der Pädagogik in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lassen sich eine zunehmende Wertschätzung für die Bedeutung des lernenden → Subjekts und die Entfaltung entsprechender didaktischer Modelle feststellen. Demgegenüber betrachtete man seit der curricularen Wende in der Pädagogik einen Unterricht, der ausschließlich auf die Sachlogik der Lerngegenstände fokussiert und nach den Modalitäten eines lehrerzentrierten Frontalunterrichts im Sinne einer Weitergabe von Weltwissen hin angelegt war, als nicht ausreichend für die Frage, wie Lehr-Lernprozesse heute begründet und organisiert werden müssen. Mit dem Theorienbündel des Konstruktivismus (→ Konstruktivistischer Religionsunterricht) erfuhr ein subjektorientiertes Lernverständnis seine lerntheoretische Fundierung. Auch in offiziellen Verlautbarungen wird betont, dass aktuelle Lehrpläne keiner traditionellen Unterrichtsphilosophie im Sinne von Anleiten, Darbieten und Erklären, sondern einer konstruktivistischen im Sinne einer Aktivierung der Lernenden entsprechen (vgl. Schießl, 2000, 118-199). Und schließlich profiliert auch ein kompetenzorientierter Ansatz, der einen Paradigmenwechsel von Input zum Outcome einfordert: „Lernen“ und weniger „Lehren“ steht im Mittelpunkt allen didaktischen Bemühens! (→ Kompetenzorientierter Religionsunterricht)

2. Die Folge: instruktionslos unterrichten

Studien aus dem Feld der religionsdidaktischen Unterrichtsforschung (→ Religionslehrer und -lehrerinnen-Forschung) haben ergeben, dass Religionslehrkräfte heute über ein großes didaktisches Potenzial verfügen, wenn es um die Befähigung der Lernenden zum eigenständigen Lernen in Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit geht. Demgegenüber unterbelichtet ist das direkte Einspielen von Bildungsgegenständen durch die Lehrkraft. „Die fachliche und theologische Expertise kommt zu kurz“ (Englert/Hennecke/Kämmerling, 2014, 113); es komme nur selten vor, „dass Information und inhaltliche Innovation durch die Lehrer/innen ins Spiel kommen“ (Englert/Hennecke/Kämmerling, 2014, 113). Lehrkräfte würden direkte Instruktionen vermeiden; selbst dort, wo sich in der Sachlogik einer Unterrichtsstunde ein bündelnder Lehrervortrag anbieten würde, neigen die Lehrkräfte dazu, die Verantwortung für die Erarbeitung wieder den Lernenden zuzuspielen (Englert/Hennecke/Kämmerling, 2014, 115; siehe auch bündelnd und weiterführend: Englert/Eck, 2021). Verzichtet wird auf jede Form des Vortrags (vgl. Stinglhammer, 2017, 325); der Lehrervortrag gilt gleichsam als ein „hässliches Entlein“ (Stinglhammer, 2019) auf der Klaviatur religionsdidaktischer Methoden. Auch das ambitionierte Projekt der Entfaltung einer → Kindertheologie wurde immer wieder kritisch daraufhin angefragt, ob letztlich nicht die Theologie für Kinder gegenüber der Theologie der Kinder und der Theologie mit Kindern zu kurz komme (in Bucher/Schwarz, 2013 wird diese Anfrage konstruktiv aufgegriffen).

Die Zurückhaltung der Lehrenden besonders dann, wenn es um einen mündlichen Vortrag durch die Lehrkraft geht, lässt sich mit weiteren Schwachstellen heutigen Unterrichts in Verbindung bringen, bei denen deutlich wird, dass die Lehrenden die Möglichkeiten eines kognitiv herausfordernden Unterrichts zu wenig nutzen: Lehrende sind zurückhaltend bei der Bewertung von Schüleräußerungen (vgl. Englert/Eck, 2021, 16; Roose, 2018, 207; Stinglhammer, 2017, 323) – das häufig vorgetragene Mantra lautet „Es gibt kein Richtig und kein Falsch!“ – und sie fordern die Lernenden zu wenig zu Ko-Konstruktionen auf (vgl. Stinglhammer, 2017, 322f.).

Rudolf Englert macht die „Verbreitung konstruktivistischer Sichtweisen in der Didaktik“ dafür verantwortlich, dass Lehrkräfte zu einer „epistemischen Bequemlichkeit“ (Englert, 2013, 29) neigen; etwas vorsichtiger formuliert: In der schulischen Praxis entstand als Gegenfolie zu einem instruktivistischen Paukunterricht eine Unterrichtskultur, welche den Lernenden deutlich mehr Möglichkeiten zu einer Entfaltung eigener Gedankengänge einräumte, als dies zuvor der Fall war (vgl. Mendl/Stinglhammer, 2019, 140). Es wird weiter unten noch zu zeigen sein, dass von Beginn der Rezeption konstruktivistischer Theorien in der Religionsdidaktik darauf Wert gelegt wurde, Phasen der Instruktion und des wechselseitigen Diskurses zu integrieren (vgl. Mendl, 2005, 36). Freilich: Die aktuellen Studien zeigen, dass in der Unterrichtspraxis die Sensibilität für die Notwendigkeit einer Instruktion heute eher unterbelichtet ist.

Den Eindruck, dass sich zur Jahrtausendwende hin die didaktischen Gewichtungen radikal verschoben haben, vermitteln Titel wie „Frontalunterricht – neu entdeckt“ (Gudjons, 2011), „Frontalunterricht – gut gemacht!“ (Pädagogik 5/1998) oder „Lob des Frontalunterrichts“ (Meyer/Meyer, 1997), mit denen zu einer Rehabilitation der didaktischen Lehr-Perspektive aufgefordert wird (vgl. auch: Friedrich Jahresheft 2016: Lehren).

3. Die Unverzichtbarkeit einer Instruktion

„Du sollst instruieren!“ (Mendl/Stinglhammer, 2019, 143), so lautet die provozierende Forderung. Wieso? Mit einer Instruktion nimmt die Lehrkraft ihre inhaltliche Steuerungsaufgabe wahr. Denn Lernen besteht darin, mit neuen Wirklichkeitssegmenten in Berührung zu kommen, im Religionsunterricht besonders mit religiösen Deutungsmustern der Wirklichkeit. Die Lehrenden sind dabei nicht nur die Moderatoren, sondern haben auch die Aufgabe, fachspezifisches Wissen sachrichtig und verständlich aufbereitet zu präsentieren.

In der Münchner Scholastik-Studie – eine der umfassendsten Langzeituntersuchungen mit dem Ziel, die Entwicklung schulischer Leistungen sowie lernbezogene Motive und Orientierungen zu beschreiben und zu erklären – stellte sich heraus, dass bei aller professionsspezifischen Individualität der Lehrenden, die sogenannte „Best-Practice-Klassen“ unterrichteten, nur ein Merkmal durchgängig im positiven Bereich vorhanden war: das der Klarheit in der Darbietung (vgl. Weinert/Helmke, 1997, 250). Franz Weinert bezeichnet die direkte Unterweisung, „eine lehrergesteuerte, aber schülerzentrierte, also die Lernenden aktivierende, verständnisförderliche und auf die Vermeidung oder schnelle Beseitigung von Wissensdefiziten bei einzelnen Schülern ausgerichtete Unterrichtsform“ (Weinert, 1998, 115), als zweckmäßigste Form des Unterrichtens, wenn es um den Erwerb von intelligentem Wissen geht. Denn auch selbstständiges Lernen ist nur möglich, wenn auf den Seiten der Lernenden eine relevante Wissensbasis vorhanden ist. Diese grundzulegen, ist Aufgabe des Lehrenden. Dass vor dem Hintergrund des skizzierten subjektorientierten Trends in der Didaktik solche Forschungsergebnisse perturbieren, verwundert nicht; ähnlich wirkten die Ergebnisse der Hattie-Studie (→ Bildungsstudien), nach denen Formen der direkten Instruktion wirkungsvoller für einen erfolgreichen Unterricht seien als Formen der Freiarbeit (vgl. Hattie, 2014). Man darf dabei aber nicht übersehen, dass bei den genannten Studien entgegen einer dualistischen Ausdifferenzierung zwischen Lehr- und Lernprozessen bereits eine dialektische Verschränkung beider Perspektiven gegeben ist. So besteht der Wert einer gelingenden Instruktion nach John Hattie gerade darin, dass diese vor dem Hintergrund der Postulate „Ich sehe Lernen durch die Augen meiner Lernenden“ und „Ich helfe Lernenden, ihre eigene Lehrperson zu werden“ (Hattie, 2014, 6) zu verstehen sind, wie weiter unten auch noch didaktisch entfaltet werden soll. Insofern unterscheidet sich die aktuelle Vorstellung einer direkten Instruktion deutlich von einem „bornierten Frontalunterricht“ (Wellenreuther, 2018, 287-290). Aber ganz realistisch betrachtet verdeutlichen alle neueren Studien einen Befund: „Wenn es um erfolgversprechende Strategien im Umgang mit Wissen geht, haben jene Unterrichtsverfahren, die wir unter den Sammelbegriff der ‚Instruktion‘ fassen, besondere Stärken“ (Englert, 2010, 332). Dies scheint gerade dann als unverzichtbar zu sein, wenn es um die Aneignung eines neuen und komplexen Wissens geht (vgl. Wellenreuther, 2010, 327). Im Bereich der religiösen Bildung ist eine umsichtige Ausdeutung von religiösen Fragestellungen durch die Lehrenden auch deshalb so wichtig, weil hier nicht nur Faktenwissen (knowing what) dargeboten wird, sondern auch komplexere theologische Interpretationen erfolgen, um den Schülerinnen und Schülern Verstehenshilfen und Referenzrahmen für grundlegende religiöse Weltsichten zu ermöglichen (vgl. Englert/Eck, 2022, 216).

4. Ziele und Wege von schulischen Instruktionen

4.1. Didaktische Funktionen eines lehrergesteuerten Frontalunterrichts

Nach Herbert Gudjons hat ein guter Frontalunterricht folgende didaktische Funktionen (vgl. Gudjons, 2011, 51-131):

  • Informieren und darbieten,
  • Stoff erarbeiten und Lernen vernetzen,
  • Lernmethoden vermitteln,
  • Entdecken und Problemlösen,
  • Ergebnisse sichern – üben – wiederholen,
  • Lehr-/Lernprozesse planen, koordinieren, auswerten
  • und Klassengemeinschaft fördern.

In diesem Sinn ist ein richtig verstandener Frontalunterricht die Grundform des Unterrichtens, in die weitere methodische Groß- und Kleinformen auf einer Makro- (z.B. → Projektunterricht, Freiarbeit), Meso- (verschiedene → Sozialformen wie Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit) oder Mikroebene (kleinschrittige Aktionsformen der Lehrenden und Lernenden) integriert werden können (zur Begrifflichkeit: Mendl, 2019a, 185f.).

Im Unterschied zu einem monomethodisch gestalteten lehrerzentrierten Unterricht kann man bei einem in diesem Sinne differenziert gestalteten variantenreichen Setting von einem lehrergesteuerten Unterricht sprechen. „Lehrergesteuert“ bedeutet, dass die Lehrkraft bei der → Unterrichtsplanung überlegen muss, auf welche Weise der konkrete Lerngegenstand didaktisch so ins Spiel gebracht werden kann, dass bei den Lernenden optimale Lernprozesse initiiert werden und eine reine Anhäufung von trägem Wissen vermieden wird. Dabei kann Weltwissen auf unterschiedliche Weise eingespeist werden: medial vermittelt (Texte, Bilder, Filme, Gegenstände; Arbeitsblätter, multimediale Präsentationen, z.B. → Erklärvideos, konkrete Anschauungsmaterialien, Schulbuch), durch externe Personen (Einladung von Expertinnen und Experten), im Schülerinnen- und Schülervortrag – oder eben auch im Lehrervortrag.

Diese grundsätzlichen Funktionen des Frontalunterrichts sollen im Folgenden weiterhin ausdifferenziert werden auf verschiedene Aufgabenstellungen, die eine Lehrerinstruktion und speziell ein Lehrervortrag erfüllen müssen, auf unterschiedliche didaktische Möglichkeiten und die damit impliziten körpersprachlichen und interaktiven Begleitphänomene.

4.2. Didaktische Funktionen der Lehrinstruktion

Wie bereits oben (2.) erwähnt: Der klassische Lehrervortrag ist heute im Religionsunterricht kaum mehr zu beobachten. „Mit inhaltlichen Eingaben im Sinne von Lehrervorträgen oder anderweitigen Präsentationen halten sich Lehrkräfte tendenziell eher zurück“ (Stinglhammer 2017, 318), selbst dann, wenn ihnen im Rahmen von Forschungsprojekten ausführliches Informationsmaterial zur Verfügung gestellt wird. Die Lehrenden agieren „vorzugsweise als Moderator/in von Arbeitsprozessen, Arrangeur/in von Materialbörsen, Stationenarbeiten, Schülerrecherchen“, bringen aber „ihre eigene fachliche Expertise in den Lernprozess kaum noch ein“ (Englert/Eck, 2021, 20), sie „treten überwiegend als (disziplinierende) Moderator/-innen auf, selten als (theologische) Expert/-innen“ (Roose, 2019, 207).

Demgegenüber belegen die skizzierten pädagogischen und religionspädagogischen Studien, dass instruktive Unterrichtsverfahren besondere Stärken haben, wenn es um erfolgversprechende Strategien im Umgang mit Wissen geht (siehe oben). Die Aufgabe des Lehrers bzw. der Lehrerin besteht nach der Münchner Scholastikstudie darin: „Er gibt die Ziele vor; zerlegt den Unterrichtsstoff in kleine überschaubare Einheiten; vermittelt das notwendige Wissen; stellt Fragen unterschiedlicher Schwierigkeit, sodass der bzw. die jeweils antwortende Schülerin die richtige Lösung mit großer Wahrscheinlichkeit finden kann; er sorgt für ausreichende Übung; kombiniert in zweckhafter Weise Klassen-, Gruppen- und Individualarbeit; kontrolliert bestätigt die Lernfortschritte der einzelnen Kinder und hilft in möglichst unauffälliger Art bei der Vermeidung oder Überwindung von Lernschwierigkeiten“ (Weinert/Helmke, 1997, 136).

In folgenden Dimensionen konkretisiert sich die besondere didaktische Stärke der direkten Lehrerinstruktion, welche auf eine Inszenierung eines dramatischen Spannungsbogens, die Eingabe fachlicher Expertise, die Strukturierung des Unterrichtsgesprächs und die Anregung von Denkprozessen bei den Schülerinnen und Schülern durch geeignete Fragen zielt und somit ein Angebot fachlicher wie menschlicher Kompetenz darstellt (vgl. Englert, 2010, 332-336):

1. Arrangieren: Aufgabe der Lehrkraft ist es, die Lernschritte so zu planen, dass sich ein Spannungsbogen aufbaut. Vom Modell der Kompetenzorientierung her besteht der Anspruch, dass das dramaturgische Setting auch den Lernenden transparent gemacht wird („Kompetenztransparenz“).

2. Präsentieren: Die Lerngegenstände werden verständlich eingespielt; wie oben erwähnt, sind neben dem heute stark vernachlässigten Lehrervortrag auch andere methodische Präsentationen möglich.

3. Aktivieren: Was die Lehrkraft vorträgt bzw. was an Information instruktiv eingespielt wird, soll Prozesse der Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand bei den Lernenden in Gang setzen; dazu eignen sich vor allem kognitive Konflikte, am besten solche, die von den Lernenden selber erkannt werden, weil sie Fragen aufwerfen, die einer Lösung bedürfen (vgl. Porzelt, 2021).

4. Interpretieren: Durch geeignete Aufgabenstellungen eröffnen sich inhaltliche Adaptionsmöglichkeiten durch die Schülerinnen und Schüler.

5. Reflektieren: Im gemeinsamen Gespräch werden die erarbeiteten Lernerträge einer Einzel-, Partner- oder Gruppenarbeit noch einmal gebündelt, geordnet, korrigiert und weitergeführt und vernetzt.

Während die ersten drei Dimensionen im engeren Sinne als direkte Lehrinstruktion verstanden werden können, wird mit den beiden letzten darauf verwiesen, dass auch präzise Aufgabenstellungen oder eine geschickt vernetzende Gesprächsführung einen intentional-instruktiven Charakter haben können.

Als grundlegende Form eines lehrergesteuerten Unterrichts erfordert eine direkte Instruktion von den Lehrenden die Fähigkeit (1) zur Eingabe fachlicher Expertise, (2) zur Gesamtgestaltung eines spannungsreichen didaktischen Settings, (3) zur Strukturierung des Unterrichtsgesprächs und (4) zu einer Fragetechnik, die das Denken der Schülerinnen und Schüler herausfordert (vgl. Mendl, 2019a, 121).

4.3. Lehrervortrag – gut gemacht!

Ziel eines guten Lehrervortrags besteht darin, den Lernenden Informationen zu einem Thema in konzentrierter Form und gut strukturiert zu präsentieren oder Sachverhalte zu erklären (vgl. Stinglhammer, 2019, 35), so dass sie davon ausgehend dazu angeregt werden, das vorgetragene Weltwissen weiter zu verarbeiten. Die Lehrkraft nimmt die Rolle der fachlichen Expertin ein und konfrontiert die Lernenden mit Weltwissen und theologischen Deutungsmustern.

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Wie jeder gute Vortrag besteht ein Lehrervortrag aus drei Teilen (vgl. Mendl, 2019a, 165f.; Stinglhammer, 2019, 36):

1. Einleitung: Die knappen Ausführungen beginnen mit einer Einbettung in den unterrichtlichen Zusammenhang; den Lernenden muss die Bedeutung des Vorgetragenen für den Lernzusammenhang begründet deutlich werden.

2. Hauptteil: Klar und verständlich werden die zentralen Informationen dargeboten. Die Problementfaltung erfolgt so, dass immer wieder ein Bezug zum Vorwissen der Lernenden hergestellt wird.

3. Schluss: Am Ende wird der Ertrag des Vorgetragenen nochmals knapp gebündelt; es erfolgt im Sinne einer „Fugendidaktik“ (Mendl, 2019a, 284) eine Überleitung zur folgenden Unterrichtsphase.

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Ein Lehrervortrag muss zielgruppenorientiert gestaltet, frei vorgetragen und zeitlich begrenzt sein sowie für die Lernenden deutlich erkennbar beginnen und schließen. Die Schülerinnen und Schüler sollten während des Vortrags ihre Fragen an die Themenstellung erkennen bzw. entwickeln. Wie bei jeder Aktionsform bedarf es auch beim Lehrervortrag einer Vorklärung der Rahmenbedingungen (konzentriertes Zuhören, mitschreiben, Fragen dazwischen oder danach, visuelle Unterstützung, zusätzliches Skript oder Arbeitsblatt).

Eine besondere Form des Lehrervortrags besteht im Modus des Zeigens (z.B. eines Umgangs mit Lerngegenständen) oder Vormachens (z.B. von Handlungsvollzügen; vgl. Wellenreuther, 2010, 322; ein Beispiel für den Religionsunterricht: Kreuzzeichen). In Sinne einer Didaktik der Ermöglichung stellen die Inhalte eines Lehrervortrags ein Lernangebot an die Lernenden dar; dieses muss dann in explizit benannte Formen einer individuellen oder kollektiven Auseinandersetzung mit dem Gehörten münden. Dies gilt auch für eine weitere Form des Lehrervortrags, der besonders für den Religionsunterricht nicht nur in der Grundschule als bedeutsam erscheint: Das Erzählen von (biblischen) Geschichten, das einer besonderen didaktischen Gestaltung bedarf (vgl. Zimmermann, 2018)

Wie im Regensburger FALKE-Projekt deutlich wurde, sind bei der Qualitätseinschätzung von Erklärungen vor allem die überfachlichen Kriterien Strukturiertheit, Adressatenorientierung, sprachliche Verständlichkeit und Sprech- und Körperausdruck von Bedeutung (vgl. Fricke/Murmann, 2020, 346).

4.4. Körpersprache und Interaktion

Bei den personal gebundenen Formen einer direkten Instruktion, z.B. beim Lehrervortrag, müssen auch die damit verbundenen körpersprachlichen Aspekte bedacht werden (ausführlich: Gudjons, 2011, 215-254): Dazu zählen insbesondere das Verhalten im Raum (z.B. das Agieren vom statischen oder dynamischen Raummittelpunkt aus), grundlegende körpersprachliche Aspekte wie Blickkontakt, Körperstellung, Mimik und Gestik sowie das Einhalten von Distanzzonen (→ Körpersprache). Auch ein zunächst monologisch angelegter Lehrervortrag, der vom Autoritätsgefüge im Klassenzimmer einer komplementären und keiner symmetrischen Kommunikation entspricht (vgl. Watzlawick/Beavin/Jackson, 1982, 70), impliziert von seiner Wirkungsabsicht her interaktionale Perspektiven: So wird eine Präsentation dann erfolgversprechend sein, wenn die Lehrersprache klar in der Darbietung, zielgruppenangemessen und -aktivierend angelegt ist. Das Potenzial einer direkten Instruktion kann auch auf das Feld des Klassenmanagement („Class-Room-Management“) ausgeweitet werden; es umfasst auch Störungsprävention und das Einführen hilfreicher, entlastender und Sicherheit verschaffender → Rituale. Nicht umsonst wurde bei allen genannten Studien die Bedeutung der zentralen beiden Aspekte des Lehrerhandelns für einen erfolgreichen Unterricht herausgestellt – Klarheit und Struktur, wobei sich letzteres in einer straffen Klassenführung und in der Einführung von Regelsystemen sowie in der Pflege einer Feedback-Kultur (→ Evaluation/Feedback) konkretisiert. Herbert Gudjons verweist abschließend darauf, dass der berufsprofessionelle Habitus einer Lehrkraft (→ Lehrkraft, Rolle) auch bei Instruktionen stark von der individuellen Persönlichkeit des und der einzelnen geprägt ist, die sich im Austarieren verschiedener bipolarer Bedürfnisse konkretisiert: zwischen Distanz und Nähe einerseits und Ordnung und System sowie Freiheit und Spontanität andererseits (vgl. Gudjons, 2011, 249-250).

5. Instruktion und Konstruktion

Das Modell eines lehrergesteuerten Unterrichts, wie es in diesem Beitrag entfaltet wurde, stellt die Grundform von Unterricht dar, in die weitere didaktische Formen integriert werden müssen. Es entspricht dem didaktischen Verständnis von Unterricht gemäß dem Angebot-Nutzungs-Modell sowie einer Didaktik der Ermöglichung (vgl. Mendl, 2013, 21); Lehrerinstruktionen haben also einen Aufforderungscharakter (vgl. Mendl/Stinglhammer, 2019, 134), dienen der fachlichen Unterstützung und kognitiven Herausforderung der Lernenden (vgl. Englert/Eck, 2021, 20f.) und sind so verstanden eine Form der adressatenorientierten Vermittlung. Auch im Kontext religionsdidaktisch entfalteter konstruktivistischer Lerntheorien wurde von Beginn an die unverzichtbare Bedeutung von instruktivistischen Unterrichtsphasen betont (vgl. Mendl, 2005, 36); im Unterschied zum oben skizzierten engen Frontalunterricht im Sinne eines Einpaukens von trägem Weltwissen dient aber eine Instruktion nach heutigem Verständnis als Auslöser für weiterführende Verarbeitungsprozesse durch die Lernenden: Grundgelegt werden soll ein fundiertes, anregendes und herausforderndes religiöses Weltwissen, das aber einer individuellen und kollektiven Weiterverarbeitung bedarf; wo aber „die kognitive Aktivierung schwach ist, ist die individuelle Adaption selten stark“ (Englert/Hennecke/Kämmerling, 2014, 125). Eine solche Weitung erscheint auch vor dem Hintergrund eines kompetenzorientierten Lernverständnisses sinnvoll (vgl. Mendl, 2019b): Geht es doch neben dem Wissenserwerb im (Religions-)Unterricht auch um den Erwerb weiterer Kompetenzen (z.B. Wahrnehmungs-, Urteils-, Dialog-, Ausdrucks-, Teilhabekompetenz). Eine direkte Instruktion wie ein zentral vorgetragener Lehrerimpuls impliziert dementsprechend weitere didaktische Ziele über die Wissenspräsentation hinaus (siehe bes. 4.4.) und muss im Zusammenhang mit der gesamten Steuerungsfunktion von Unterricht verstanden werden. Und schließlich weist das abschließende Plädoyer für eine gut verstandene Lehrerinstruktion im Religionsunterricht auch auf die Personengebundenheit von Lerninhalten hin: Denn der Verzicht auf das Einbringen einer theologischen Expertise durch die Lehrkraft korreliert mit einer Versachkundlichung des Religionsunterrichts, da damit zusammenhängend auch der Typus einer konfessionellen Rede (→ Positionalität, Lehrende) im Religionsunterricht weitgehend abhandengekommen ist (vgl. Englert/Hennecke/Kämmerling, 2014, 112-113). Die Qualität des Religionsunterrichts wird aber nicht zuletzt durch die Person der Lehrkraft gehoben, die fachlich kundig und umfassend Konstrukte und Zusammenhänge einer religiösen Weltdeutung einspielt und dabei auch als intellektuell kompetente, um Wahrheitsansprüche ringende, auskunfts- und dialogfähige Expertin im Klassenzimmer präsent ist.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Drei Phasen eines Lehrervortrags. (inhaltlich nach Mendl, 2019a, 165f.) Inhaltlich nach Mendl, Hans, Taschenlexikon Religionsdidaktik, München 2019a, 165f. © Mendl
  • Kriterien eines guten Lehrervortrags. (Stinglhammer, 2019, 35). Kriterien eines guten Lehrervortrags. Stinglhammer, Manuel, Lehrervortrag – das „hässliche Entlein“, in: Katechetische Blätter 144 (2019), 34-36, 35.

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