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Kommunikation des Evangeliums

(erstellt: Februar 2021)

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Kommunikation des Evangeliums dient in der deutschsprachigen Praktischen Theologie sowohl auf evangelischer (Domsgen/Schröder, 2014) als auch katholischer (Mette, 2005) Seite als Leitbegriff, um deren Gegenstand im Anschluss an Theologie und Lebenswelt zu bestimmen. Auch im englischen Sprachraum gewinnt dieses Konzept durch seine theologische Präzision und empirische Weite an Bedeutung (Osmer, 2008; Grethlein, 2016).

1. Entstehung des Konzepts

„Kommunikation des Evangeliums“ nimmt drei verschiedene Begründungszusammenhänge auf:

1.1. Homiletische Perspektive

Bereits in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurde für hörerorientierte Prediger das damals in der Evangelischen Theologie vorherrschende Konzept der Wort-Gottes-Theologie problematisch. So forderte Hans-Otto Wölber, später Hamburger Bischof, 1957 „die Überwindung des weithin vorherrschenden, stumpfen, von blinder Orthodoxie bestimmten, undialogischen Verkündigungsbegriffs“. Er regte entgegen einer einseitigen exegetischen Ausrichtung der Predigt eine Orientierung am „Gegenüber“ an, forderte also eine „dialogische Predigt“ (zitiert bei Engemann, 2014, 19).

1.2. Ökumenische Perspektive

Als erster verwendete der niederländische, lange in Indonesien tätige Missionswissenschaftler und Ökumeniker Hendrik Kraemer den Begriff „Kommunikation des Evangeliums“. Dabei ging er von folgender Situationsanalyse aus: „Die Kirche von heute lebt in einer säkularisierten und in Desintegration begriffenen Massengesellschaft, welche ungewöhnlich dynamisch ist. Die Kirche führt sich aber in vielen Beziehungen so auf, als lebe sie immer noch in der alten, stabilen, begrenzten Welt“ (Kraemer, 1958, 91). Demgegenüber hob Kraemer die kommunikative Aufgabe von Kirche hervor. Allerdings setzte er dabei die „Kommunikation des Evangeliums“ als „eine Kategorie sui generis“ sonstigen Kommunikationsformen entgegen (Kraemer, 1958, 21). Während er damit noch dem Paradigma der Wort-Gottes-Theologie verhaftet blieb, weitete er inhaltlich durch die dreifache Bestimmung der Kommunikation des Evangeliums, nämlich „Kerygma (Predigt)“, „Diakonia (Dienst)“ (→ Caritas – Diakonie) und „Koinonia (Gemeinschaft)“ (Kraemer, 1958, 93), den Horizont.

Grundsätzlich behauptete dann Ernst Lange, beeindruckt durch ökumenische Erfahrungen in den USA, keine Sonderstellung der „Kommunikation des Evangeliums“ mehr. Programmatisch erklärte er: „Wir sprechen von Kommunikation des Evangeliums und nicht von ‚Verkündigung‘ oder gar ‚Predigt‘, weil der Begriff das prinzipiell Dialogische des gemeinten Vorgangs akzentuiert und außerdem alle Funktionen der Gemeinde, in denen es um die Interpretation des biblischen Zeugnisses geht – von der Predigt bis zur Seelsorge und zum Konfirmandenunterricht – als Phasen und Aspekte ein- und desselben Prozesses sichtbar macht“ (Lange, 1981, 101).

Von hier aus verbreitete sich zunehmend der Begriff „Kommunikation des Evangeliums“ als praktisch-theologischer Leitbegriff. In der Folgezeit erwies er seine Leistungsfähigkeit bei zurückgehender Plausibilität des institutionellen Charakters von Kirche und dem damit einhergehenden Übergang in der Form religiöser Kommunikation von der Autorität hin zur Authentizität (Nassehi, 2007, 188-190).

1.3. Medientheoretische Perspektive

Seit knapp zwanzig Jahren tritt zu den beiden, wesentlich in der kirchlichen Praxis verankerten Begründungszusammenhängen noch eine dritte Perspektive, die sich allgemeinen Entwicklungen in Gesellschaft und Kultur verdankt und damit an alltagsweltliche Plausibilitäten anschließt. Die mit dem Internet und den → Social Media gegebenen Veränderungen machen nachdrücklich auf die grundlegende Bedeutung von Kommunikationsprozessen für das Leben der Einzelnen, Gemeinschaften und die → Gesellschaft aufmerksam. „Kommunikation“ wird zu einem Leitbegriff, der technisch-naturwissenschaftliche und sozialempirische Forschungen zusammenführt. Er bietet, wie im Folgenden gezeigt, zugleich gute Möglichkeiten, zentrale biblische Einsichten aufzunehmen und ihnen Gehör in der Gegenwart zu verschaffen.

2. Kommunikation

In verschiedenen Fächern werden Kommunikationsprozesse erforscht und wichtige Einsichten für kirchliche und pädagogische Arbeit gewonnen. Aus der großen Fülle seien fünf kurz präsentiert (Grethlein, 2016, 146-159), die im Konzept Kommunikation des Evangeliums präsent sind:

2.1. Psychologische Perspektive

Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun entwarf ein sogenanntes Kommunikationsquadrat. Demnach enthält jede Nachricht vier, grundsätzlich gleichrangige Botschaften:

  • zum Sachinhalt,
  • zur Selbstkundgabe (Ich-Botschaft),
  • zur Beziehung zwischen den Kommunizierenden,
  • einen Appell.

Dass sich bei Kommunikationen mindestens zwei Seiten Nachrichten senden, steigert Komplexität. Nicht zuletzt Verständigungsschwierigkeiten zwischen Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft oder auch verschiedener Generationen können so gut erklärt und gegebenenfalls behoben werden.

2.2. Semiotische Perspektive

Semiotische Forschung macht darauf aufmerksam, dass kommunikative Verständigungen unterschiedliche Ebenen umfassen. Dabei werden verschiedene „Sprachen“ benannt, die sich weiter in Codes differenzieren lassen. Karl-Heinrich Bieritz stellt fünf vor (Bieritz, 2004, 44-46):

  • Wortsprachen: Sprach-Codes, Sprech-Codes und Schrift-Codes;
  • Körpersprachen: kinetische, hodologische, proxemische, taktile, textile und odoratische Codes;
  • Klangsprachen: akustische und musikalische Codes;
  • Objektsprachen: Raum- und ikonische Codes;
  • Soziale Sprachen: Heortologische, hierarchische und szenische Codes.

Dabei ist darauf zu achten, dass diese Codes sich gegenseitig überlagern und so Kommunikation störanfällig wird. Dabei entstehende Missverständnisse können aber auch kreative Prozesse anregen (Engemann, 2003, 266).

2.3. Soziolinguistische Perspektive

Einen weiteren Zugang eröffnen soziolinguistische Forschungen. Grundgelegt wurden sie durch die Unterscheidung von restringiertem und elaboriertem Code (Bernstein, 1972). Auch bei weiteren, etwa milieubezogenen Ausdifferenzierungen bleibt die hierin formulierte Einsicht bestehen, dass die jeweilige soziale Herkunft und ihr Kontext die Kommunikationsform bestimmt. Während der restringierte Code durch kurze, häufig unvollständige Sätze gekennzeichnet ist, zeichnet sich der elaborierte Code durch komplizierte Syntax und differenzierte Wortwahl aus. Zugleich ist aber die erste Ausdrucksform situativ und emotional geprägt, während die zweite auf Allgemeines und Abstraktes zielt.

2.4. Systemtheoretische Perspektive

Wiederum neue Einsichten ergeben sich, wenn Kommunikation systemtheoretisch (→ Systemtheorie) analysiert wird. Hier können unterschiedliche Akzentuierungen von Kommunikationen herausgearbeitet werden, etwa als „Mitteilung“, „Information“ oder „Verstehen“ (Luhmann, 1984, 226f.). Theologisch gilt dabei das besondere Interesse Kommunikationen des „Verstehens“. Sie sind aber zugleich die unsichersten, so dass Luhmann sogar von der „Unwahrscheinlichkeit von Kommunikation“ (Luhmann, 1981) spricht. Dazu zeigt sich, dass sich Kommunikationen stets zwischen Redundanz und Selektion bewegen. Ohne Redundanz ist Kommunikation unmöglich, ohne Selektion schlicht langweilig.

2.5. Handlungstheoretische Perspektive

Jürgen Habermas führte einen handlungstheoretischen Zugang zu Kommunikation ein, indem er zwischen „instrumentellem“, „strategischem“ und „kommunikativem“ Handeln unterscheidet. Kommunikation gewinnt dann einen normativen Gehalt: „Hingegen spreche ich von kommunikativen Handlungen, wenn die Handlungspläne der beteiligten Aktoren nicht über egozentrische Erfolgskalküle, sondern über Akte der Verständigung koordiniert werden. Im kommunikativen Handeln sind die Beteiligten nicht primär am eigenen Erfolg orientiert; sie verfolgen ihre individuellen Ziele unter der Bedingung, dass sie ihre Handlungspläne auf der Grundlage gemeinsamer Situationsdefinitionen aufeinander abstimmen können“ (Habermas, 1981, 385). Daraus ergibt sich für die Kommunikation des Evangeliums, dass taktische bzw. strategische Finten bei ihr unangemessen sind.

3. Evangelium

Mit „Evangelium“ bezeichnen Paulus und die Synoptiker den Impuls, der vom Auftreten, Wirken und Geschick Jesu von Nazareth ausgeht. Er eignet sich von daher besonders gut, inhaltlich die christliche Lebensform zu bestimmen (Grethlein, 2016, 159-172).

3.1. Zwei grundlegende Traditionen

„Evangelium“ war den Zeitgenossen Jesu in zwei unterschiedlichen Zusammenhängen präsent:

Auf der einen Seite spielt der Begriff eine grundlegende Rolle in der Zionstheologie. Die LXX übersetzt das hebräische Wort „bisar“ mit „euangelizesthai“. Es bezeichnet die Tätigkeit eines/von Freudenboten inhaltlich (Jes 40,9; 41,27; 52,7) und eröffnete so den Menschen im Exil neue Hoffnung.

Auf der anderen Seite ist „euangelizesthai“ ein Begriff in der römischen Kaiser-Ideologie. Der Kaiser ließ durch Herolde seinen Untertanen Botschaften verkünden.

Von daher knüpft „Evangelium“ an die Zions-Verheißungen der Hebräischen Bibel an und hat gegenüber der damaligen politischen Ideologie einen eminent herrschaftskritischen Zug – das Evangelium stammt nicht vom Kaiser, sondern von Jesus.

3.2. Philologischer Befund

Theologisch bedeutsam ist die Tatsache, dass das zu Evangelium gehörende Verb („euangelizesthai“) im Neuen Testament in der Verbalform des Mediums, nicht des Aktivs oder Passivs erscheint. Damit ist diesem Verb ein interaktiver Grundcharakter eingeschrieben, der durch aktive Verben wie „verkündigen“ verzerrt wird.

Diesem Befund entspricht das in den Evangelien überlieferte Verhalten Jesu im Gespräch mit Menschen. So gewann er – als jüdischer Mann – erst in einem verbales und nonverbales Handeln umfassenden Kommunikationsprozess mit einer nichtjüdischen Frau Einsicht in die Weite seiner Aufgabe (Mk 7,24-30; Mt 15,21-28) und damit den radikal inklusiven Grundcharakter des Evangeliums.

3.3. Inhaltlicher Befund

Durchmustert man die Berichte in den Evangelien über Jesu Auftreten und Wirken, begegnen drei Modi der Kommunikation des Evangeliums (Grethlein, 2016, 256-327):

  • Vor allem die Gleichnisse initiieren vielfältiges Lehren und Lernen, bei dem die Wirklichkeit auf Gottes Handeln hin durchsichtig wird.
  • Ebenso führt gemeinsames, also solidarisches Essen und Trinken die Menschen zusammen und lässt sie den Anbruch der Gottesherrschaft erleben.
  • Schließlich begegnet in den Heilungen (und Dämonenaustreibungen) Jesu der Modus des Helfens zum Leben, durch den Segregierten wieder der Zugang zur Gemeinschaft und damit zu neuem Leben geöffnet wird.

Dabei zeigt genauere Analyse, dass diese drei Grundmodi der Kommunikation des Evangeliums untrennbar zusammengehören. Ausschließliche unterrichtliche Lehr- und Lernprozesse, die nicht zumindest offen für gemeinsames Feiern sowie gegenseitiges Helfen sind, sind demnach keine Formen der Kommunikation des Evangeliums usw.

3.4. Medientheoretische Unterscheidung

Tatsächlich wird „Evangelium“ heute in zweifacher Weise verwendet, deren Unterschied und Zusammenhang sich medientheoretisch erschließen lassen (Grethlein, 2003, 21):

Zum einen bezeichnet „Evangelium“ ein Übertragungsmedium: Menschen kommunizieren das Evangelium beim Lehren und Lernen, das die Wirklichkeit auf Gottes Handeln durchsichtig macht, beim gemeinschaftlichen, solidarischen Feiern sowie beim gegenseitigen Helfen. Dabei ist der ausdrückliche Bezug auf Gott bzw. Jesus Christus nicht unbedingt erforderlich, wie die Rede des Menschensohns als Weltenrichter anschaulich zeigt (Mt 25, 31-45). Zum anderen steht „Evangelium“ ebenso für ein Speichermedium, etwa in Form des Matthäus-Evangeliums. Deren Schriftlichkeit ermöglicht, immer wieder von neuem sich auf den Impuls zu besinnen, der vom Auftreten, Wirken und Geschick Jesu ausging. Etwaige Verfälschungen, von denen die Christentumsgeschichte voll ist – angefangen von hierarchischer Machtausübung bis hin zum (Zer-)Stören der Gemeinschaft aller Getauften –, können durch Rückgriff auf dieses Speichermedium erkannt und korrigiert werden. Dabei ist auffällig, dass das Speichermedium „Evangelium“ von Anfang an nur plural, also in Form mehrerer Evangelienbücher, zur Hand ist. Dies entspricht dem – philologisch konstatierten – interaktiven Grundcharakter des Evangeliums. Demnach kann Evangelium nur in einem bestimmten, konkreten Kontext kommuniziert werden – und ist keine allgemein an jedem Ort und zu jeder Zeit feststehende Größe.

3.5. Interreligiöse Perspektive

Während z.B. „Religion“ ein schon von seiner Herkunft her europäisch und zumindest in bestimmten Ausformungen protestantisch geprägter Begriff ist (Grethlein, 2016, 172-178), führt „Evangelium“ in einen religionsdialogisch offeneren Bereich. Wie bereits in 3.1 erwähnt, spielt „bisar“ als hebräischer Begriff für Evangelium in der jüdischen Theologie eine wichtige Rolle. Ähnliches lässt sich für den altarabischen Begriff für Evangelium, „indschil“, im Koran zeigen. Der Bezug auf das Speichermedium Evangelium kommt hier vielfach – durchweg positiv konnotiert – vor (Sure 3,2,43,58; 5,50f.,70,72,110; 7,156; 9,112; 19,31; 35,23; 48,29; 57,27). Dazu zeigen neuere Studien, dass der früher als trennend zwischen Christentum und Islam angenommene Glaube an Jesus Christus durchaus Potenzial zur Verständigung und zum Entdecken von Gemeinsamkeiten enthält (Khorchide/v. Stosch, 2018).

4. Religionspädagogische Impulse

„Kommunikation des Evangeliums“ als Leitbegriff wurde wohl von allen praktisch-theologischen Disziplinen bisher am wenigsten in der Religionspädagogik rezipiert (siehe aber Schröder, 2012, 10-12). Dies dürfte damit zusammenhängen, dass diese Disziplin bereits von ihrem Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Namen her mit dem Religionsbegriff direkt verbunden ist. Doch können durch das Konzept „Kommunikation des Evangeliums“ gewonnene Einsichten der religionspädagogischen Theoriebildung und Praxis wichtige Impulse geben, u.a.:

4.1. Gegenstandsbestimmung

„Kommunikation des Evangelium“ als Leitbegriff kann helfen, sowohl den Gegenstand religionspädagogischer Theoriebildung als auch den Blick auf die religionspädagogische Praxis zu präzisieren. Demnach ist nicht alles als „religiös“ Erscheinende oder Bezeichnete für eine an der Kommunikation des Evangeliums orientierte Religionspädagogik relevant oder anschlussfähig – und umgekehrt manches Nicht-Religiöse eine Form der Kommunikation des Evangeliums. Die hier als Kriterium dienenden drei Grundmodi der Kommunikation des Evangeliums helfen aber nicht nur zu einer inhaltlichen Konzentration, sondern erweitern gegenüber dem herkömmlichen Religionsbegriff den Blick. Denn die oft – etwa in der Tradition → Schleiermachers – begegnende Trennung zwischen Religion und → Ethik ist einer Theologie nicht möglich, die einen wesentlichen Gegenstand in dem gegenseitigen Helfen zum Leben hat. Vielleicht noch wichtiger ist aber der für den Impuls Jesu konstitutive Zusammenhang der drei Kommunikationsmodi. Eine exklusive Beschränkung religionspädagogischer Praxis etwa auf Unterricht erscheint dabei ebenso problematisch wie eine Feierpraxis ohne jede diakonische Dimension usw. Demgegenüber ist das pädagogische Konzept des „Schullebens“ offen für die drei Modi der Kommunikation des Evangeliums, insofern mit → Schulgottesdienst und → Schulseelsorge/Schulpastoral sowie Schulsozialarbeit neben den Unterricht weitere Kommunikationsformen treten (Schröder, 2006).

4.2. Sprachliche Umstellung

Eine am Leitbegriff „Kommunikation des Evangeliums“ orientierte Religionspädagogik wird wohl auch ihren Sprachstil umstellen. Nicht Substantiva, sondern Verben treten in den Vordergrund. Denn erst verbale Formulierungen ermöglichen – wie bereits Erich Fromm konstatierte (Fromm, 1976, 30) – konkrete, praxisorientierte Beschreibungen von interaktiven Prozessen, und darum handelt es bei der Kommunikation des Evangeliums. Dazu impliziert ein Verbum die Notwendigkeit, sich die jeweils Kommunizierenden – etwa beim gemeinschaftlichen Feiern – vorzustellen. Diese Einsicht lässt sich gut in didaktische Konzepte wie Curricular- oder Kompetenzdidaktik aufnehmen.

4.3. Kindertheologischer Anschluss

Schließlich unterstreicht die Orientierung am Leitbegriff Kommunikation des Evangeliums die – über die Religionspädagogik hinausreichende – Bedeutung des kindertheologischen Ansatzes (→ Kindertheologie). Denn Kinder sind die einzige Personengruppe, denen Jesus eine besondere Nähe zum Reich Gottes, also der Realisierung des Evangeliums, attestierte (Mk 10,13-16). Nimmt man dies – etwa in einer Theorie der Lebensalter (Grethlein, 2019) – ernst, so kommt dem kindertheologischen Forschungszweig in der Religionspädagogik besondere Bedeutung zu. Kinder (→ Kinder/Kindheit) sind dann nicht primär – von Erwachsenen – zu Belehrende, sondern selbst wichtige Personen, um sich das Evangelium zu erschließen bzw. erschließen zu lassen (Grethlein, 2018, 26). Kindertheologische Einsichten und Reflexionen gehören ins Zentrum theologischer Reflexion und sind keineswegs bloße Anwendungen zur Verbesserung katechetischer Methoden.

Literaturverzeichnis

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  • Fromm, Erich, Haben oder Sein. Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Stuttgart 1976.
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