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Segensfeier/Feier der Lebenswende

Andere Schreibweise: Kirchlich-kooperative Alternativen zur Jugendweihe

(erstellt: Februar 2020)

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1. Zur Entstehung

1.1. Zum soziologischen Hintergrund

Die Teilnahme an Konfirmation (→ Konfirmandenunterricht/Konfirmandinnenarbeit) oder → Firmung muss in biografischer Hinsicht als voraussetzungsreich gelten. Wer sich konfirmieren oder firmen lässt, ist in der Regel als Kind auf Wunsch seiner Eltern getauft worden – auf Seiten der katholischen Kirche meist spätestens vor der Erstkommunion. Zwar gibt es deutschlandweit pro Jahr etwa 15.000 Jugendliche, die anlässlich der Konfirmation getauft werden, allerdings ist diese stabile Quote von etwa sechs Prozent aller Konfirmandinnen und Konfirmanden (Ilg/Schweitzer/Elsenbast, 2009, 41) zum einen schon im Vergleich zu allen Konfirmandinnen und Konfirmanden relativ klein, zum anderen aber umso kleiner, wenn man sie zur Gesamtzahl aller 14-jährigen Jugendlichen ins Verhältnis setzt. Neun bis zehn Prozent der ostdeutschen Konfirmandinnen und Konfirmanden, die zum Zeitpunkt der → Konfirmandenarbeit noch nicht getauft sind (Ilg/Schweitzer/Elsenbast, 2009, 203), entsprechen nicht einmal zwei Prozent aller 14-jährigen Jugendlichen insgesamt. Das bedeutet: Konfessionslose Jugendliche für die Konfirmandenarbeit zu gewinnen, wozu die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) 2013 erneut aufgerufen hat (Kirchenamt der EKD, 2013, 8), muss als große Herausforderung gelten, weil es bedeutet, die familiale Sozialisationslogik unterbrechen zu müssen (→ Sozialisation, religiöse). Diese Sozialisationslogik lautet: Wer als Kind nicht getauft wurde oder in wessen Familie nicht wenigstens eine kirchliche „Traditionslinie“ (Domsgen, 2016, 161) vorhanden ist, wird in der Regel auch nicht in Erwägung ziehen, sich zur Konfirmandenarbeit anzumelden. Bei der Firmung, welche als eines der drei Initiationssakramente zur Vollendung der Taufgnade und zur vollgültigen Eingliederung in die katholische Kirche führt, zeigt sich schon in der theologisch-dogmatischen Bestimmung, dass sie ein Ritual (→ Rituale) für katholisch sozialisierte Jugendliche – oder anders ausgedrückt: für Eingeweihte – darstellt. Noch dazu befinden sich sowohl Konfirmation als auch Firmung insbesondere auf dem Gebiet der ehemaligen DDR in einer Minderheitensituation: Im Jahr 2014 nahmen etwa 37 Prozent an Jugendweihe oder Jugendfeier, 13 Prozent an der Konfirmation und drei Prozent an der Firmung teil. Um als Kirche für einen breiteren Teil der Jugendlichen lebensrelevant zu werden, geriet nicht umsonst der Kooperationskontext Schule in den Blick.

1.2. Zum Impuls aus Erfurt

Im Jahr 1997 begann der damalige Erfurter Domkapitular Reinhard Hauke damit, gemeinsam mit konfessionslosen Schülerinnen und Schülern der 1992 gegründeten katholischen Edith-Stein-Schule eine Alternative zur Jugendweihe/Jugendfeier zu entwickeln. Er nahm damit einen Impuls vom damaligen Bischof des Bistums Dresden-Meißen, Joachim Reinelt, auf, der 1993 die Frage gestellt hatte, was die Kirche den zahlreichen Jugendlichen, die auch nach der Wiedervereinigung Deutschlands mangels einer Alternative weiterhin an der Jugendweihe teilnehmen, eigentlich anzubieten habe (Reinelt, 1993, 85). Die Bezeichnung Feier der Lebenswende ist zunächst als Arbeitsbegriff in Anlehnung an die Bezeichnung der Ritenbücher der katholischen Kirche gebildet worden und hat sich mittlerweile auch über Erfurt hinaus im katholischen Raum etabliert. Die erste Feier von insgesamt zwölf Jugendlichen fand 1998 im Erfurter Dom statt. Dem gingen einige Vorbereitungstreffen voraus, welche vor allem die Erkundung des Feierortes, die Konzeption der Feier und die damit zusammenhängenden Lebensthemen im Fokus hatten. Außerdem wurde ein soziales Projekt durchgeführt. Im Ergebnis wollten die Jugendlichen über ihren Lebensweg unter dem Thema Verantwortung für den Mitmenschen nachdenken. Feier und Vorbereitung blieben damit eng aufeinander bezogen. Symbole wie Kerzen und Gegenstände aus der Kindheit übernahmen dabei eine wichtige Funktion. Im Ablauf mischten sich traditionelle Elemente der Liturgie wie z.B. der Segen, welcher in seiner konkreten Formulierung jedoch ebenfalls durch das Bemühen um Übersetzung in die Lebenswelt der Jugendlichen gekennzeichnet war, mit eher säkularisierten Formen der christlichen Liturgie (z.B. erfolgte die Lesung aus Antoine de Saint-Exupérys Der kleine Prinz, die Fürbitten wurden als persönliche Wünsche für die Welt begriffen). Im Anschluss an ein gemeinsames Nachtreffen setzte Hauke diese Arbeit, die eine Ausstrahlungskraft weit über Erfurt hinaus entfaltete, fort und inspirierte mit seinem Impuls, der auch in Erfurt selbst weiterentwickelt wurde, zahlreiche weitere Akteurinnen und Akteure in ganz Ostdeutschland.

1.3. Von Erfurt aus über ganz Ostdeutschland

Obwohl dieser „dritte Weg“ bzw. dieses „Experiment [...]“ (Kirchenamt der EKD, 1999, These 10) neben Jugendweihe und Konfirmation auf Seiten der evangelischen Kirche vielfach als zu riskant befunden wurde, weil er die Stabilität der Konfirmation gefährden könnte, und vor dem Kontext der DDR-Vergangenheit vor allem das fehlende Bekenntnis der Jugendlichen kritisiert worden ist, wurde Haukes Vorschlag auch in der evangelischen Praxis adaptiert. Dies hing damit zusammen, dass diese Idee auf ein Bedürfnis und eine Problemsituation aus der Praxis antwortete: mit Menschen über den binnenkirchlichen Kreis hinaus in Kontakt zu kommen und für breitere Teile der Bevölkerung im Blick auf die Herausforderung der Lebensbewältigung relevant zu werden.

Im katholischen Kontext bekam die Feier von Anfang an deutlich mehr Rückendeckung. Dies hängt zum einen damit zusammen, dass sie weder in ihrer inhaltlichen Profilierung (siehe oben) noch in ihrer zeitlichen Verankerung in der achten Klassenstufe eine vergleichbare Konkurrenz zur Firmung darstellt (das Firmalter variiert regional sehr stark). Aber auch die doppelte Diasporasituation trug im Osten Deutschlands dazu bei, ein solches Angebot vor dem Hintergrund der eigenen reichhaltigen katholischen Benediktionstradition in den Bistümern zu fördern. Als implizite Begründungsfigur diente dabei vor allem das Konzept der „Ritendiakonie“ (Zulehner, 2006, 279-282).

Wichtigste Anschlussstelle waren dabei sowohl für die evangelische als auch die katholische Kirche die vielen konfessionellen Schulen (→ Schule, konfessionell), welche nach 1990 gegründet worden sind. Schnell wurde ihre „ausgeprägte Multiplikatorenfunktion für die Tradierung christlichen Glaubens und christlicher Werte“ (Kirchenamt der EKD, 2008, 29) begriffen (→ Bildung, Werte-). Zugleich stellte sich auch für diese Schulen die drängende Frage, wie es gelingen könnte, auf Seiten der konfessionslosen Jugendlichen religiöse Lern- und Kommunikationsprozesse zu initiieren und zu fördern. Da bald deutlich wurde, dass auch die Schülerinnen und Schüler christlicher Schulen weiterhin selbstverständlich an der Jugendweihe teilnahmen, wurde überlegt, ein eigenes, religiös konturiertes Ritual zu entwickeln. Dabei kooperierte man häufig mit den umliegenden Gemeinden. Die Stärke dieses Rituals bestand also darin, dass es mehrere Bedürfnisse erfüllte: Der Schule in kirchlicher Trägerschaft ermöglichte es, ihrem eigenen Bildungsauftrag im Hinblick auf die konfessionslosen Schülerinnen und Schüler nachzukommen, die Schulgemeinschaft zu vertiefen und sich auf dem Markt der freien Schulen zu profilieren. Den konfessionslosen Eltern bot es im vertrauten, persönlichen Rahmen der Schule eine sinnvolle Alternative zur Jugendweihe an, die von ihnen selbst vielfach als bloßer öffentlicher Pflichtanlass für ein privates Familienfest erinnert wurde. Den Jugendlichen ermöglichte es ein gemeinsames Ritual mit der eigenen Peergroup zu feiern, welches sie selbst wesentlich mitgestalten konnten, und für die Kirche stellte es einen konkreten Rahmen für eine Kontaktaufnahme bereit.

Unter völlig unterschiedlichen Eigennamen wie Segensfeier, Wunsch- und Segensfeier, Jugendsegen, Jugendwendefeier, Juventusfest, Take off, Feier des Erwachsenwerdens, Wegweiser-Projekt oder Lebensfest verbreitete sich die Idee im Bereich evangelischer und katholischer Schulen sowie in der übergemeindlichen katholischen Arbeit. Am bekanntesten wurden die Bezeichnungen Feier der Lebenswende für den katholischen Kontext sowie Segensfeier für den evangelischen.

Dass sich diese Feiern auf beiden Seiten im Kontext der Schulen in kirchlicher Trägerschaft als stabil erwiesen, hat seine Gründe zum einen in dem kontinuierlich vorhandenen Interessentenkreis – das Angebot kann sich problemlos über die Eltern und Jugendlichen in die unteren Klassen weitertradieren. Aus oben genannten Gründen ist es für die Eltern wie für die Jugendlichen gleichermaßen attraktiv. Damit übernimmt die Segensfeier/Feier der Lebenswende im Kontext der konfessionellen Schulen die strukturellen Vorteile, die zuvor der Jugendweihe/Jugendfeier vorbehalten waren. Wurden diese Feiern im Kontext evangelischer oder katholischer Gemeinden angeboten, gingen die Initiativen recht schnell wieder ein. Hier war zum einen die Konkurrenz zur Arbeit an den klassischen Angeboten zu groß, zum anderen der Kontext so kirchenbezogen, dass es schwerfiel, Familien ohne konfessionelle Bindung dafür zu gewinnen. Die persönlichen Beziehungen zu Christentum und Kirche konstituieren sich für konfessionslose Familien im Kontext der konfessionellen Schule – hier ist die Bereitschaft, sich auf religiöse Angebote einzulassen, vorhanden, weil die Berührung mit Religion und Kirche als Nebeneffekt zum Bildungsinteresse (→ Bildung) auftritt. Auch bei den übergemeindlichen katholischen Initiativen stand zumindest zeitweise die Anbindung an eine Schule in kirchlicher Trägerschaft im Hintergrund.

Ein besonderes Feld stellen dabei die christlichen Schulen für Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf dar. Aufgrund der Schulbezogenheit der Segensfeier/Feier der Lebenswende und deren ritueller Flexibilität kann sie immer wieder an die Bedingungen vor Ort angepasst werden und ermöglicht den Jugendlichen, die sich nur schwer in die konventionelle kirchliche Arbeit integrieren lassen, ein gemeinsames Ritual im geschützten Raum der Schulgemeinschaft.

Mit dem Charismatischen Zentrum Hoyerswerda hat seit dem Jahr 2008 auch eine Freikirche dieses Feld für sich entdeckt. Auch sie kooperiert dabei mit einer (staatlichen) Schule (→ Schule, öffentlich/staatlich). Hier fällt die Spannung zur Konfirmation durch die Praxis der Erwachsenentaufe vollständig weg. Durch die Gemeinschaft mit den Jugendlichen aus der Gemeinde im Rahmen der Vorbereitung können die Feiern hier sehr viel stärker die Initiation eines katechetischen Prozesses bedeuten.

Einzelne Initiativen werden inzwischen ökumenisch verantwortet und zeigen damit, dass sie es als eine gemeinsame Aufgabe beider Kirchen begreifen, auch in ritualpädagogischer Perspektive daran zu arbeiten, religiöse Lern- und Kommunikationsprozesse zu unterstützen und sich lebensbezogen (→ Lebenswelt) und dialogisch in die vielerorts konfessionslose Mehrheitsgesellschaft einzubringen.

2. Typologien der Teilnahme

In der empirischen Untersuchung der Teilnahmemotive (Handke, 2016a, 261-428) wird deutlich, dass die Wahl des Rituals vor allem eine Frage der eigenen Sozialisationslogik darstellt. Damit geraten auch die Eltern und dabei vor allem die Mütter, welche die familiale „Ritushoheit“ (Döhnert, 2002, 77) besitzen, in den Blick. Wenn die Kinder nicht getauft und nicht familial religiös sozialisiert worden sind, dann nehmen sie trotz der Religionszugehörigkeit eines Elternteils in der Regel nicht an der Konfirmation teil. Die Wahl der Segensfeier/Feier der Lebenswende bringt damit die Tradierungsproblematik von Religion rituell zum Ausdruck. Dies wiederum hat seinen Hintergrund im Sample in der weltanschaulichen Differenz der Eltern: „Um [...] einvernehmlich Kinder erziehen zu können, unterbleibt in den meisten Fällen eine explizit religiöse Erziehung im Sinne einer Einweisung in eine als richtig erachtete Form von Religion. Bestenfalls kommt es zur Ermöglichung einer hinweisenden Erziehung im Sinne der Partizipation an schulischen oder kirchlichen Bildungsangeboten. Allerdings haben die dort gegebenen Impulse dann einen schweren Stand, weil sie sich im Kontext einer faktischen Abwesenheit von Religion innerhalb des familialen Nahbereichs zu bewähren haben.“ (Domsgen, 2018, 482f.). Die Eltern dieses Typus nehmen eine (auch religiös konturierte) Alternative zur Jugendweihe/Jugendfeier dankbar in Anspruch, weil sie in ihrer intermediären Profilierung zwischen kirchlichen und nichtkirchlichen Ritualen Anschluss an beide elterliche Biographien (→ Biografie/Lebensgeschichte/Lebenslauf) zulässt.

Ein zweiter Typus, welcher sowohl aus den Interviews mit Eltern als auch mit Jugendlichen gewonnen ist, nimmt die getauften Jugendlichen in den Blick, die neben ihrer Konfirmation zusätzlich an der Segensfeier/Feier der Lebenswende im Rahmen der Schule teilnehmen, und veranschaulicht damit die andere Seite der Sozialisationslogik. Die Segensfeier/Feier der Lebenswende ermöglicht diesen Jugendlichen eine Teilnahme an der rituellen Vertiefung der Schulgemeinschaft. Die Konfirmation wird dagegen vor allem auf Grund der eigenen kirchlichen Sozialisation gewählt.

Für einen dritten Typus aus Eltern und Jugendlichen vermag die Wahl der Segensfeier/Feier der Lebenswende die eigene unsichere religiöse Selbstpositionierung adäquat zum Ausdruck zu bringen. Diese Familien unterstehen selbst einer konfessionslosen Sozialisationslogik, hegen aber alle eine größere Offenheit für Religion und Kirche als das in ihrer Umgebung der Fall ist. Die Schule in kirchlicher Trägerschaft stellt die Brücke dar, um ein solches (auch religiös profiliertes) Ritual für sich selbst in Anspruch zu nehmen und sich im Medium der Schulkultur auch selbst auf religiöse Lernprozesse einzulassen. Zwar käme für diese Eltern theoretisch auch eine Konfirmation der eigenen Kinder in Betracht, da diese aber biographisch nicht vorbereitet ist, stellt sie letztlich für die Jugendlichen keine realistische Option dar.

Ein vierter Typus verweist auf die oben genannte Stabilität der Feier an Schulen für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf zurück. Für Jugendliche mit bestimmten körperlichen oder geistigen Einschränkungen verdichtet die Feier in ritueller Hinsicht den biographischen Schutzraum, den die Schule in kirchlicher Trägerschaft für sie bedeutet. Von diesen religiös-kirchlich sozialisierten Jugendlichen wird die Feier vor dem Hintergrund der kirchlichen Familientradition als passende christliche Alternative zur Konfirmation/Firmung interpretiert.

Als fünftes lässt sich ein Typus von Jugendlichen und Eltern rekonstruieren, welcher die Herausforderung der Profilierungslogik von Schulen in kirchlicher Trägerschaft aufzeigt. Dass die Segensfeier/Feier der Lebenswende im eigenen Interesse der Schule auch religiös-christlich profiliert wird, erweist sich für diese Familien gerade nicht als anschlussfähig. Indem sie die Feier innerfamilial wieder zu einer Jugendweihe umbilden, distanzieren sich die sich selbst als nichtgläubig positionierenden Eltern und Jugendlichen wiederum davon. Um nicht durch Schule und Kirche in weltanschaulicher Hinsicht religiös vereinnahmt zu werden, plädieren diese Teilnehmenden für eine weltanschaulich neutrale oder eine Schulfeier, welche jedenfalls unterschiedlichen Weltanschauungen symbolischen Platz einräumt.

3. Zur Bedeutung dieser Feiern

Auf der Grundlage einer deutschlandweit nachlassenden familialen religiösen Sozialisation sind die Kirchen in Zukunft verstärkt auf offene, kooperativ angelegte Formate zur Initiierung religiöser Kommunikations- und Lernprozesse angewiesen. Der Lernort Gemeinde (→ Lernorte religiöser Bildung) ist mit seinen Angeboten für Konfessionslose jedenfalls kaum anschlussfähig. Damit geraten kirchliche Kindergärten (→ Kindertagesstätte) und Schulen sowie diakonische Einrichtungen (→ Diakonisches Lernen, evangelisch) verstärkt in den Blick. Allerdings führen diese Angebote die Kirchen auch in ein institutionenbezogenes Dilemma, weil immer weniger Menschen bereit sind, „sich über die Taufe in eine Mitgliedschaft einzuklinken“ (Domsgen, 2016, 165). Dies zeigt sich auch daran, dass nur im Einzelfall Jugendliche von der Teilnahme an der Segensfeier/Feier der Lebenswende in die gemeindliche → Jugendarbeit übergehen. Das Ziel solcher intermediären Angebote ist also vielmehr darin zu sehen, Menschen in den Sinndeutungsherausforderungen ihres Daseins zugewandt zur Seite zu stehen und der Gesellschaft mit dem eigenen symbolischen Kapital (Bourdieu) zu dienen. Der dadurch initiierte religiöse Lernprozess ist ein wechselseitiger. Während im Modus dieser mittlerweile über 40 Feiern und ihrer Vorbereitungsarbeit pro Jahr aktuell deutlich über 1.000 Jugendliche und deren Familien Religion aus Anlass der eigenen Lebensgestaltung auf biographisch vertiefte Weise begegnen, stellt sich den Kirchen die produktive Aufgabe einer permanenten liturgischen und sprachlichen Übersetzungsarbeit, um die eigenen religiösen Traditionen kontextbezogen zu kommunizieren und damit in einer sich säkularisierenden Gesellschaft lebendig zu halten. Damit erweisen sich Segensfeiern/Feiern der Lebenswende als ein vielgesuchtes Beispiel dafür, wie die Kirchen Anschlussstellen der Lebenswelt auf anschlussfähige Weise profilieren können.

Literaturverzeichnis

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  • Domsgen, Michael, Von Generation zu Generation: Was tun, wenn das nicht mehr zu funktionieren scheint?, in: Zeitschrift für Theologie und Kirche 115 (2018) 4, 474-497.
  • Domsgen, Michael, Segensfeiern im Jugendalter – Mitmachen oder raushalten?, in: Wege zum Menschen 68 (2016) 2, 156-166.
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  • Handke, Emilia, Religiöse Jugendfeiern „zwischen Kirche und anderer Welt“. Eine historische, systematische und empirische Studie über kirchlich (mit)verantwortete Alternativen zur Jugendweihe, Leipzig 2016a.
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  • Ilg, Wolfgang/Schweitzer, Friedrich/Elsenbast, Volker (Hg.), Konfirmandenarbeit in Deutschland. Empirische Einblicke – Herausforderungen – Perspektiven. Mit Beiträgen aus den Landeskirchen, Gütersloh 2009.
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  • Kranemann, Benedikt, Erfahrungsräume des Transzendenten. Liturgiewissenschaftliche Anmerkungen zu neuen kirchlichen Feierformen, in: Freitag, Josef/März, Claus-Peter (Hg.), Christi Spuren im Umbruch der Zeiten. Festschrift für Bischof Joachim Wanke zum 65. Geburtstag, Leipzig 2006, 201-220.
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  • Kirchenamt der EKD (Hg.), Jugendliche begleiten und gewinnen. 12 Thesen des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland zur Jugendweihe/Jugendfeier und ihrem Verhältnis zur Konfirmation, Hannover 1999.
  • Reinelt, Joachim, Jugendweihe – weiter so?, in: Gottesdienst 11 (1993), 85.
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