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(erstellt: Februar 2018)

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1. Der Begriff der Diagnose

Zunächst lassen sich zwei grundlegende Ausrichtungen von Diagnose als Beobachtungstätigkeit unterscheiden: Alltagsdiagnose nimmt unsystematisch und nebenbei, bewusst oder unbewusst Mitmenschen und Umgebung wahr. Wir schätzen Menschen und insbesondere Kinder im Alltag ein und beurteilen sie, z.B. um ein passendes Geschenk zu finden. Dagegen steht eine Diagnose, die ein explizites Setting herstellt und einem klaren Diagnoseauftrag folgt. Dabei werden operationalisiert Diagnosegegenstände beobachtet, wie z.B. das Schülerverhalten oder die Schülervorstellungen. Diese Situationen unterliegen einem genauen Prozessablauf. Die Daten werden durch belastbare Instrumente erhoben und ausgewertet. Das tragfähige diagnostische Urteil wird dann genutzt, um Interventionen ableiten zu können (Klose, 2014; Reis/Schwarzkopf, 2015).

2. Außerschulisches Diagnoseverständnis in Abgrenzung zur Lerndiagnose

Der Begriff der Diagnose wird in unterschiedlichen Feldern genutzt. Auch wenn allen gemein ist, dass das Diagnostizieren eine Beobachtungs- bzw. Erkenntnistätigkeit ist, füllen die verschiedenen Kontexte die Tätigkeitsbeschreibung anders.

Ein erstes Feld ist die Medizin: Hier werden Krankheitsbilder, Anomalien oder Defizite aufgrund von relativ objektiven Befunden wie Ultraschallbildern oder Blutergebnissen diagnostiziert und entsprechende Therapieansätze entwickelt. Diese Ansätze sind darauf ausgelegt, möglichst sofortige Besserung herbei zu führen, da die Krankheitsbilder und Symptome akute Schmerzen oder ähnliche Probleme bedeuten (Zimbardo/Gerrig, 1999, 604). Auch die Lerndiagnose bildet zunächst basierend auf erhobenen Daten ein Urteil, um dann Interventionen ansetzten zu können. Dabei gibt es allerdings zwei grundlegende Unterschiede: (1) Im Lernen gibt es diese objektiven Befunde über die Denkprozesse der Schülerinnen und Schüler nicht. Einzig mit Blick auf ein richtiges Faktenwissen können wir von objektiven Beurteilungsmöglichkeiten sprechen. Im Rahmen der Kompetenzorientierung (→ kompetenzorientierter Religionsunterricht) kann es der individuellen Lernbegleitung aber nicht um die alleinige Abfrage von Faktenwissen gehen. (2) Vom Therapiegedanken hat sich die Didaktik weitestgehend verabschiedet. Die Fehler der Schülerinnen und Schüler bereiten diesen – im Gegensatz zu den medizinischen Symptomen – nicht direkt aktuelle Schwierigkeiten bzw. der aktuelle Status der Schülerinnen und Schüler wird nicht als defizitär angesehen. Hier wird die pädagogische Haltung der stellvertretenden Deutung aus der Zukunft eingenommen. D.h., die Daten werden aus der Perspektive der in der Zukunft bedeutsamen Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten beurteilt. Auch die Förderung nimmt diesen Blickwinkel ein und richtet ihre Impulse auf diese aus (Reis/Schwarzkopf, 2015, 16-17).

Die psychologische Diagnose ist ein weiteres Feld, in dem der Begriff genutzt wird. Hierbei geht es um die Interpretation von Verhaltensweisen oder das Vorhandensein und den Ausprägungsgrad eines psychologischen Merkmals, wie die Intelligenz oder psychische Störungen, um Prognosen über das weitere Verhalten aufzustellen. Es bestehen zwei weltweit anerkannte und gebräuchliche Diagnosesysteme, die unter einer diagnostischen Kategorie, z.B. Autismus, eine umfangreiche und komplexe Sammlung von Informationen und charakteristischen Symptomen fassen. Diese Diagnosesysteme sind das „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“, kurz DSM-IV oder die „International Classification of Diseases“, sogenannte ICD-10 (Zimbardo/Gerrig, 1999, 603). Die Verhaltensweisen werden also im Rahmen dieser Diagnosesysteme interpretiert und entsprechend klassifiziert, so dass man hier auch von einer klassifizierenden Diagnose (Heimlich/Hillenbrand/Wember, 2016, 12) spricht. Grundsätzlich ist es nicht der Anspruch der psychologischen Diagnose, das „wahre Wesen“ der Klienten zu erfassen, sondern sie so zu beschreiben, dass es zu der Ausprägung des Merkmals passende Lösungsstrategien gibt (Zimbardo/Gerrig, 1999, 558). Das psychologische Diagnoseverständnis widerspricht der Lerndiagnose wiederum in zwei wichtigen Punkten: (1) Für den Religionsunterricht sind Aspekte wie die religiöse Sozialisation u.a. interessant. Diese zählen aber nicht direkt zu den Eigenschaften oder eben Persönlichkeitsmerkmalen der Schülerinnen und Schüler, die weder in der Feststellung noch der Bearbeitung Gegenstand von schulischen Lernprozessen sein können. (2) Pädagogische Lehr-Lernprozesse können sich eigentlich nicht damit begnügen, das Vorhandensein von z.B. Persönlichkeitsmerkmalen zu diagnostizieren. Intentionale Lernprozesse orientieren sich an Lernzielen, d.h., sie wollen Veränderungen und Lernen initiieren bzw. Erkenntnisse über die Bedingungen für das Lernen gewinnen. Wenn die Diagnose diese präskriptive Perspektive jedoch nicht mitbringt, liefert sie für die Lerndiagnose zu wenig.

Die medizinische und die psychologische Diagnose zeigen, dass der Begriff der Diagnose ein Verfahren mit klaren Prozessschritten meint, die intersubjektiv nachvollziehbar und entsprechend transparent sind. Es werden Daten auf die eine oder andere Art gesammelt, die dann vor einem bestimmten Hintergrund, wie den Diagnosesystemen, interpretiert und beurteilt werden. Das Vorgehen ist bei der Diagnose für das konkrete religiöse Lernen ähnlich, das Verständnis und die Intention im Hintergrund unterscheiden sich jedoch grundlegend.

3. Schulisches Diagnoseverständnis

Im Rahmen von Schule kommt der Begriff der Diagnose in drei Bereichen zum Tragen. Ein erster Bereich ist von Übergängen (→ Übergänge, schulische) und Schullaufbahnentscheidungen geprägt. Die Selektionsdiagnose „ist eine institutionell orientierte, prospektive Aufgabe, die dem Diagnostizierenden eine langfristige Prognose des Entwicklungs-, Lern- und Bildungserfolges an einem neuen institutionellen Ort abverlangt“ (Schuck, 2008, 106). Neben der Selektionsdiagnose hat die klassifizierende Diagnose im Bereich der Förderpädagogik ihren Sitz. Im Rahmen des Gemeinsamen Lernens (→ Inklusion) werden die diagnostizierten Förderbedarfe nun auch rechtlich relevant. Schließlich gehört der Begriff der Diagnose zur Didaktik. In den Kernfächern wie Deutsch und Mathematik hat er bzw. haben die Ergebnisse der Diagnostik andere Auswirkungen als beispielsweise im religiösen Lernen. Bei der Förderung einer Leseschwäche liegt die Intervention auf einer anderen didaktischen Ebene als beim Argumentieren lernen der eigenen Vorstellungen. Die Lerndiagnostik im Religionsunterricht steht wiederum vor eigenen Anforderungen.

3.1. Förderpädagogisches Diagnoseverständnis

Eine inklusive Religionsdidaktik steht in den Spannungsfeldern von individuellem Lernen und Bildungsstandards sowie differenzierten individuellen Lernformen z.B. entlang der Aneignungsformen nach Schweiker (Schweiker, 2012) und sozialem Lernen. Bevor es unterrichtspraktisch zum Gemeinsamen Lernen, im schulpolitischen Sinne der Inklusion, kommen kann, werden Förderbedarfe festgestellt. Hierdurch haben die Schülerinnen und Schüler dann rechtlichen Anspruch auf z.B. technische Unterstützungsmöglichkeiten. „Lern- und Entwicklungsschwierigkeiten, die über längere Zeit bestehen und die ein Kind allein oder mit den üblichen unterrichtlichen Methoden nicht überwinden kann, erfordern ein differenziertes Vorgehen und weitergehende Hilfen“ (Braun/Schmischke, 2008, 41). Dafür wird eine klassifizierende Diagnose angelegt. Die Ausbildungsordnung sonderpädagogischer Förderung (AO-SF) kennt folgende sonderpädagogischen Förderschwerpunkte:

  • Lernen: Schwierigkeiten bei Aneignung, Durchdringung und Transferleistung (Heimlich/Hillenbrand/Wember, 2016);
  • Sprache: Sprachentwicklungsstörungen (Lüdtke/Stitzinger, 2016);
  • Emotionale-soziale Entwicklung: Beeinträchtigung von emotionaler und sozialer Entwicklung, des Erlebens und der Selbststeuerung (Casale/Hennemann, 2016);
  • Geistige Entwicklung: unterdurchschnittliche Verarbeitung kognitiver Prozesse (Fornefeld, 2016; Fischer, 2016);
  • Körperliche und motorische Entwicklung: körperliche Einschränkungen (Boenisch, 2016);
  • Hören und Kommunikation: Beeinträchtigung in der auditiven Wahrnehmung und Verarbeitung (Kaul/Leonhardt, 2016);
  • Sehen – Sehbeeinträchtigung: Beeinträchtigung einzelner isolierter visueller Funktionen (Degenhardt/Walthes, 2016);
  • Autismus-Spektrum-Störung: Beeinträchtigung bei zwischenmenschlicher Interaktion und Kommunikation (Kamp-Becker, 2016).

Zur Feststellung eines solchen sonderpädagogischen Förderbedarfs muss ein entsprechendes Verfahren beantragt werden. Innerhalb dieses Verfahrens werden von sonderpädagogischen Lehrkräften, die hierfür ausgebildet wurden und gegebenenfalls durch externe Fachkräfte oder das Gesundheitsamt unterstützt werden können, Gutachten/Diagnosen erstellt, auf deren Grundlage die Schulbehörde entscheidet.

3.2. Diagnose im Fachunterricht

Unterschiedliche Didaktiken kennen spezielle Diagnoseverfahren. Gerade die Kernfächer von Mathematik und Deutschunterricht haben eine Reihe von Testinstrumenten entwickelt, um die mathematischen Zahlen- und Grundvorstellungen oder das räumliche Denken zu beobachten. Für den Deutschunterricht entstanden eine Reihe von Tests zum allgemeinen Sprachbewusstsein sowie zur mündlichen und schriftlichen Sprachfähigkeit (z.B. das Marburger Rechtschreibtraining oder die Hamburger Leseprobe (HLP)). In diesen Testverfahren geht es unter anderem um die Feststellung von Dyskalkulie oder Legasthenie/Lese-Rechtschreib-Schwächen. Die Fachlehrerinnen und Fachlehrer müssen entsprechend geschult sein, da das Ergebnis bzw. Urteil für die Lernerbiographien der Schülerinnen und Schüler entscheidend sein kann, die Fachlehrerinnen und Fachlehrer gefordert sind und keine externen Expertinnen und Experten an die Schulen geholt werden. Auch wenn die Diagnose genuin Aufgabe der entsprechenden Fachkräfte bleibt, wird in diesem Zusammenhang sowie im Kontext der Debatte um Deutsch als Zweitsprache/Fremdsprache die Frage der Sprachförderung in den verschiedenen Fachunterrichten lauter. Sollte also z.B. der Physikunterricht mathematisches Grundwissen zu den Rechenarten oder der Geschichtsunterricht das Textverständnis von schwierigeren Texten als fachübergreifende Aufgabe unterstützen? Oder sind der Fachunterrichte sowie die Fachlehrerinnen und Fachlehrer damit inhaltlich und zeitlich überfordert und sollten diese Aufgaben den zentralen Fächern überlassen werden?

3.3. Lerndiagnose im Religionsunterricht

Religionsunterricht und Religionsdidaktik leben davon, Lernprozesse zu prognostizieren und entsprechende Lernumgebungen zu gestalten. Sie brauchen also die Überzeugung, dass wenn-dann-Beziehungen im didaktischen Setting funktionieren und ihre Interventionen fruchtbar sind. Lernen im Religionsunterricht kann allerdings hin und wieder mehr bedeuten und bewirken, als diagnostisch feststellbar und didaktisch planbar wäre. Einzelne Momente können sich dem Unterricht und damit auch der diagnostischen Beobachtung entziehen.

3.3.1. Anspruch der Diagnose im religiösen Lernen

Die Kultusministerkonferenz sowie die beiden Kirchen haben in den letzten Jahren den Aufgaben- und Anforderungskatalog der Religionslehrerinnen und Religionslehrer erweitert (→ Lehrkraft, Rolle). 2008 hält die KMK fest, dass der Religionsunterricht so zu gestalten ist, „dass er das jeweilige Lernpotential fördert“ (KMK, 2015, 50). Die DBK sieht die Möglichkeit der „Individualdiagnostik“ (DBK, 2006, 39). Um das Lernpotential der Schülerinnen und Schüler also auch im Religionsunterricht fördern zu können, braucht es eine vorherige Diagnose. „Der Begriff des Diagnostizierens stößt jedoch im Kontext von schulischem Religionsunterricht auf zum Teil erheblichen Widerstand. Dieser ist vor allem durch das Anliegen der klinischen Psychologie, durch Diagnosen, Mängel oder Defizite aufzuspüren, die es in Hinsicht auf ein klar definiertes Ziel zu beeinflussen gilt, begründet. Übertragen auf den Bereich der Religionspädagogik entsteht dabei der Eindruck eines summativen Diagnosebegriffs, der normierenden Charakter hat und dem Anspruch der Subjektorientierung nicht gerecht werden kann“ (Klose, 2014, 48). Daneben bewegen sich die Religionslehrenden im Spannungsfeld des religionspädagogischen Vorbehalts, einerseits als ordentliches Unterrichtsfach Teil des Systems Schule mit all seinen Systemmerkmalen zu sein. Andererseits gibt es die gnaden- und schöpfungstheologische Einschränkung, kein Urteil über den Menschen mit seinen Vorstellungen und Erfahrungen sprechen zu können (Reis/Schwarzkopf, 2015, 35).

Die Urteile in der Lerndiagnose sind jedoch für intentionale Lernprozesse von Bedeutung, um den Schülerinnen und Schüler überhaupt Lernen zu ermöglichen. Ausgerichtet an den religiösen Lerngegenständen, die Normerwartungen formulieren lassen, können Lerninterventionen ansetzen, Impulse gegeben und Lehr-Lernarrangements gestaltet werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass es für die Schülerinnen und Schüler sinnvoll ist, diese Ziele zu erreichen. Aus diesen Gründen werden Lehrpläne und Curricula geschrieben. Die Diagnose im religiösen Lernen ermöglicht es nun, subjektorientiert die Schülerinnen und Schüler auf ihren individuellen Lernwegen zu diesen Lernergebnissen zu unterstützen und die individuellen Lernhürden zu überwinden.

Den Ansprüchen der KMK und der Kirchen liegen noch keine konkreten Angaben wie zum Beispiel ein religionspädagogisch abgesichertes Konzept zur Leistungsbeurteilung oder zur Diagnose von Kompetenzentwicklung zu Grunde. Hier sind anspruchsvolle und praktikable Modelle in nächster Zeit zu entwickeln, damit der Anspruch nicht leer bleibt. Das Forschungsprojekt „Konstruktion und Erhebung von religiösen Kompetenzniveaus am Beispiel des evangelischen Religionsunterrichts“ (KERK) legt 2011 ein erstes komplexes System zur Diagnose der religiösen Kompetenz vor. Die religiöse Kompetenz setzt sich dabei aus einer religiösen Deutungskompetenz, einer religiösen Partizipationskompetenz sowie den religionskundlichen Kenntnissen zusammen. Diese Teilkompetenzen werden in einem Fragenbogen aus 96 Multiple-Choice-Aufgaben und 4 Aufgaben im halboffenen Format abgefragt. Die Auswertung erfolgt über ein Niveaustufenmodell zur religiösen Kompetenz. Die Berliner Forschungsgruppe hat damit als erste die Herausforderung angenommen, einen Diagnoseprozess zu konstruieren, der den testtheoretischen Ansprüchen genügt und der praktikabel in Unterrichtssettings einsetzbar ist. Ein Ausblick auf den möglichen Einsatz in Lernsettings und die sich anschließenden Lerninterventionen wird leider nicht gegeben (Benner/Schieder/Schluß/Willems, 2011). An dieser Stelle soll nicht der grundsätzliche Anspruch an die Definition einer religiösen Kompetenz, wie sie hier vorliegt, diskutiert werden. Für den diagnostischen Blick ist aber der Zusammenhang von Diagnosegegenstand, Test- und Diagnoseinstrument interessant. Religionskundliche Kenntnisse und Deutungs- bzw. Partizipationskompetenzen liegen auf unterschiedlichen Taxonomiestufen (Bloom, 1974), weshalb es schwierig ist, zum einen das gleiche Testinstrumentarium und zum anderen die gleiche Auswertungsmethodik zu verwenden. Religionskundliche Kenntnisse über Multiple-Choice-Test abzufragen, ist testtheoretisch nachvollziehbar, die Auswertung über ein Niveaustufenmodell, welches verschiedene Ausprägungsgrade einer Handlung abbilden soll, dagegen nicht. Die Auswertung der Deutungs- und Partizipationskompetenz mit einem Niveaustufenmodell ist testtheoretisch und kompetenzorientiert nachvollziehbar, die Abfragung dieser Handlungen über Multiple-Choice-Fragen dagegen nicht. Hier wird deutlich, wie anspruchsvoll die Entwicklung von angemessenen Diagnoseprozessen ist. Reis/Schwarzkopf haben mit ihrem kompetenzorientierten Diagnosemodell hier einen ersten Rahmen abgesteckt (Reis/Schwarzkopf, 2015).

3.3.2. Momente der Diagnose

Diagnose kann an unterschiedliche Zeitpunkte im Unterricht ansetzen und erfüllt dann verschiedene Funktionen. Wenn Schuck von der „lernprozessbegleitende[n] Diagnostik und ihre[r] Funktion der Formierung und Evaluation von Fördermaßnahmen“ (Schuck, 2008, 106) spricht, dann fasst er hier die unterschiedlichen Momente im Unterrichtsgeschehen zusammen:

  • Lernausgangslage (→ Lernausgangslage erheben)
  • Prozessbegleitende Diagnostik: Begleitend zum Lernprozess können die Lernfortschritte oder Lernhürden erhoben werden. Ziel einer solchen prozessbegleitenden Diagnostik ist es, das Lehr-Lernarrangement immer wieder zu überarbeiten und an die Lernsituationen der Schülerinnen und Schüler anzupassen.
  • Lernstandsdiagnostik/Leistungsmessung (→ Leistungsmessung, Leistungsbewertung)

3.3.3. Diagnosegegenstände im religiösen Lernen

Die DBK kennt unterschiedliche Elemente, die für den Religionsunterricht diagnostiziert und in die Unterrichtsgestaltung aufgenommen werden können: Die Religionslehrerinnen und Religionslehrer „können die religiösen Herkünfte, Einstellungen und Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler ermitteln, ihre individuellen Lernstände diagnostizieren und bei der Planung, Organisation und Reflexion des Unterrichts berücksichtigen. Sie können Lehr- und Lernprozesse in didaktischer, methodischer und medialer Hinsicht so gestalten, dass die Kompetenzentwicklung der Schülerinnen und Schüler gefördert wird“ (DBK, 2011, 15). Diesem Anspruch lassen sich folgende Diagnosegegenstände entnehmen:

  • Religiöse Herkunft: Die Schülerinnen und Schüler kommen aus unterschiedlichen religiösen Backgrounds in den Unterricht. Ihre religiöse Zugehörigkeit und Sozialisation in Familie und Gemeinde sind unterschiedlich ausgeprägt und wirken sich so auf die Gestaltung der Lernumgebungen und Lehr-Lernprozesse aus
  • Einstellungen und Erfahrungen: Einerseits können die Einstellungen der Schülerinnen und Schüler expliziter Lerngegenstand des Religionsunterrichts sein (Schimmel, 2011; Schwarzkopf, 2017) und andererseits können sie sowie die Erfahrungen den Unterricht implizit beeinflussen (Klose, 2014; → Einstellungen zur Bibel, von Jugendlichen)
  • Lernstand und Kompetenzentwicklung (→ kompetenzorientierter Religionsunterricht).

Literaturverzeichnis

  • Benner, Dietrich/Schieder, Rolf/Schluß, Henning/Willems, Joachim, Religiöse Kompetenz als Teil öffentlicher Bildung. Versuch einer empirisch, bildungstheoretisch und religionspädagogisch ausgewiesenen Konstruktion religiöser Dimensionen und Anspruchsniveaus, Paderborn u.a. 2011.
  • Bloom, Benjamin S., Taxonomie von Lernzielen im kognitiven Bereich, Beltz-Studienbuch 35, Weinheim 4. Aufl. 1974.
  • Boenisch, Jens, Körperliche und motorische Entwicklung – Pädagogische Grundlagen, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 55-59.
  • Braun, Dorothee/Schmischke, Judith, Kinder individuell fördern, Berlin 2008.
  • Casale, Gino/Hennemann, Thomas, Emotionale und soziale Entwicklung – Fachwissenschaftliche Grundlagen, effektive Gelingensbedingungen und Handlungsmöglichkeiten im Kontext inklusiver Prozesse, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 33-40.
  • Degenhardt, Sven/Walthes, Renate, Sehen – Sehbeeinträchtigung, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 75-78.
  • Fischer, Erhard, Geistige Entwicklung – Grundstrukturen und unterrichtliche Maßnahmen, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 51-54.
  • Fischer, Michael, Die Erhebung der Lernausgangslage – Fundament des kompetenzorientierten Religionsunterrichts, in: Schönberger Hefte 41 (2011) 2, 23-26.
  • Fornefeld, Barbara, Geistige Entwicklung – Phänomenologie des Förderschwerpunkts und deren Bedeutung für schulisches Lernen, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 47-50.
  • Heimlich, Ulrich/Hillebrand, Clemens/Wember, Franz, Lernen, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 9-19.
  • Kamp-Becker, Inge, Autismus-Spektrum-Störung, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 79-83.
  • Kaul, Thomas/Leonhardt, Annette, Hören und Kommunikation, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 65-70.
  • Klose, Britta, Diagnostische Wahrnehmungskompetenz von ReligionslehrerInnen, Religionspädagogik innovativ 6, Stuttgart 2014.
  • Lüdtke, Ulrich/Stitzinger, Ulrich, Sprache, in: Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016, 20-27.
  • Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (Hg.), Sonderpädagogische Förderschwerpunkte in NRW. Ein Blick aus der Wissenschaft in die Praxis, Düsseldorf 2016.
  • Reis, Oliver/Schwarzkopf, Theresa, Diagnose religiöser Lernprozesse. Ein kompetenzdiagnostisches Grundlagenmodell, in: Reis, Oliver/Schwarzkopf, Theresa (Hg.), Diagnose im Religionsunterricht. Konzeptionelle Grundlagen und Praxiserprobungen, Berlin 2015, 35-47.
  • Reis, Oliver/Schwarzkopf, Theresa, Diagnosemodelle für den Religionsunterricht. Eine Bestandsaufnahme, in: Religionspädagogische Beiträge 76 (2017), 85-95.
  • Schimmel, Alexander, Einstellungen gegenüber Glauben als Thema des Religionsunterrichts. Didaktische Überlegungen und Anregungen für die gymnasiale Oberstufe, Zeitzeichen 28, Ostfildern 2011.
  • Schuck, Karl D., Konzeptuelle Grundlagen der Förderdiagnostik, in: Arnold, Karl-Heinz/Graumann, Olga/Rachkockine, Anatolij (Hg.), Handbuch Förderung, Weinheim u.a. 2008, 106-115.
  • Schwarzkopf, Theresa, Interreligiöses Lernen und Schülereinstellungen in Unterrichtsentwürfen, in: Büttner, Gerhard (Hg. u.a.), Religiöse Pluralität, Jahrbuch für konstruktivistische Religionsdidaktik 8, Babenhausen 2017 (in Vorbereitung).
  • Schweiker, Wolfgang, Arbeitshilfe Religion inklusiv. Grundstufe und Sekundarstufe I. Basisband: Einführung, Grundlagen und Methoden, Stuttgart 2012.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Kirchliche Anforderungen an die Religionslehrerbildung, Bonn 2011.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Die bildende Kraft des Religionsunterrichts, Bonn 2006.
  • Sekretariat der ständigen Konferenz der Kulturminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland(Hg.), Ländergemeinsame inhaltliche Anforderungen für die Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in der Lehrerbildung. Beschluss vom 16.10.2008, Berlin/Bonn 2015.
  • Zimbardo, Philipp/Gerrig, Richard J., Psychologie, Berlin u.a. 7. Aufl. 1999.

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