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(erstellt: Juli 2017)

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Feuer

1. Begrifflichkeit

Fackel 01
Der Begriff „Fackel“ stammt von lateinisch facula, einem Deminutiv von lateinisch fax „brennendes Holz“. Da fest installierte Straßenbeleuchtungen im Vorderen Orient noch unbekannt waren, trug man zur Beleuchtung außerhalb des Hauses Fackeln mit sich, während man im Haus kleine Öllampen benutzte (→ Lampe). Im Hebräischen sind die Wörter לַפִּיד lappîd „Fackel“ (Ex 20,18; Ri 7,16.20; Ri 15,4.5; Jes 62,1; Nah 2,5), לַפִּיד אֵשׁ lappîd ’eš „Feuerfackel“ (Gen 15,17; Ez 1,13; Sach 12,6; Hi 41,11; Dan 10,6) und זִיקָה zîqāh / זִיק zîq „Wurffackel“ (Jes 50,11) sowie זִקִּים ziqqîm „Wurffackel“ (Spr 26,18) belegt. Wurffackeln sind Brandpfeilen vergleichbare Waffen, die anders als diese jedoch nicht mit einem Bogen abgeschossen, sondern mit der Hand geworfen worden sind.

2. Reale Fackeln

2.1. לַפִּיד lappîd „Fackel“

Ri 7,16 (siehe auch Ri 7,20) beschreibt die Fackel (לַפִּיד lappîd) am besten. → Gideon versucht, die feindlichen → Midianiter mit einem Trick zu überraschen. Mit nur dreihundert Mann zieht er zu ihrem Lager. Alle Männer erhielten ein Horn (→ Musikinstrumente) und einen leeren Krug, in dem eine Fackel war (לַפִּדִים בְּתוֹךְ הַכַּדִּים lappidîm bətôkh hakkaddîm). Nach einem Signal bliesen die Männer in die Hörner, zerschlugen die Krüge, so dass die Fackeln leuchteten, und riefen „Für JHWH und Gideon!“. Angesichts dieses Spektakels ergriffen die Feinde die Flucht.

In Ri 15,4-5 fängt → Simson dreihundert → Füchse und bindet ihnen Fackeln an ihre Schwänze, entzündet diese Fackeln und lässt die Tiere in das Korn der → Philister laufen.

Die primitive ägyptische Fackel bestand aus einem Klumpen Fett an der Spitze eines Stockes (Fischer, 79-81). Vermutlich hat sich aus ihr die Krugfackel, eine Laterne, entwickelt. Bei ihr brannte ein Feuer in einem Krug aus Ton (oder später aus Metall), der an einer Stange hängend getragen wurde (vgl. Dalman, Bd. 6, 58). Dabei konnte an der Oberkante des Krugs ein imprägniertes Tuch als Docht dienen. Nach → Dalman nutzten Beduinen als Fackel einen eisernen Topf, der an einer Kette hing oder auf einem Stab befestigt war und in dem Holz verbrannt wurde (Dalman 6, 58; 8, 22). Daneben verwendeten sie z.B. bei nächtlichen Hochzeitszügen Fackeln aus „mit Öl getränkten Lappen auf Stangen“ (Dalman 4, 269). Vergleichbare Fackeln (griech. λαμπάς lampás) sind in Mt 25,1-8 und Joh 18,3 erwähnt (Dalman 4, 271). Eine andere Art von Fackel, die Dalman in Palästina gesehen hat, bestand aus „Schüsseln mit Asche, Öl und mehreren Dochten“ (Dalman 4, 269). Lane (120) verweist im 19. Jh. auf eine interessante Parallele aus Ägypten, nämlich die Fackel der dortigen Polizei: „Diese Fackel brennt bald, nachdem sie angezündet ist, ohne Flamme, außer wenn sie in der Luft hin und her gewogen wird, dann flammt es plötzlich hervor.“

2.2. זִיקוֹת zîqôt / זִקִּים ziqqîm „Wurffackeln“

Wurffackeln sind in der Hebräischen Bibel nur im Plural belegt: זִיקוֹת zîqôt nur in Jes 50,11 (vgl. Sir 43,13 [Lutherbibel: Sir 43,14]), זִקִּים ziqqîm nur in Spr 26,18 (auch im nachbiblischen Hebräisch lautet der Plural זִקִּים ziqqīm).

Etymologisch ist das Wort mit akkadisch zīqtu „Fackel“ verbunden. Möglicherweise stammen die Wörter von einer Wurzel *znq. Im klassischen Arabisch bedeutet das Verbum zanaqa „festziehen / einengen“ (H. Wehr, Arabisches Wörterbuch, 3. Aufl. 1980, 383; E.W. Lane, Arabic-English Lexicon, 1863-1893, 1259: zanaq „das dünne Teil eines Pfeilkopfes“). Die Wurzel könnte sich auf die Herstellung der זִיקוֹת zîqôt aus Streifen von Tüchern beziehen, die eng um eine Stange gewickelt wurden. Im Syrischen hat das Wort znaq die Bedeutung „einen Pfeil schießen / schleudern“. Zweifellos ist auch akkadisch sanāqu damit verwandt, das im Stativ die Bedeutung „angrenzend an / neben“, „festgemacht werden“ hat. Ich gehe von folgender Entwicklung aus: *zinqu > ziqqu (Assimilation) > zīqu (Quantitätsmetathese).

Jes 50,11 spricht Leute an, die Feuer anzünden (und) Wurffackeln wickeln (hebr. אזר ’zr „umgürten“). Zu Recht übersetzte schon Luther „Feuer anzünden und Brandpfeile zurüsten“. Jes 50,11 beschreibt die Vorbereitung von Wurffackeln durch das Umwickeln von Holzstäben mit Wolle oder Tüchern, die dann mit Öl, Wachs oder Bitumen getränkt wurden.

Spr 26,18-19 verwendet die Pluralform זִקִּים ziqqîm. Im Kontext geht es um einen Menschen, der seinen Nächsten betrügt und sagt, er habe nur gescherzt. Er ist „wie ein Unsinniger der ziqqîm schießt: Pfeile und Tod“. Die ziqqîm gelten hier als tödliche Waffe, die man nicht sorglos benutzen sollte. Spr 26,20 bietet eine Beschreibung der Materialien, die man für die ziqqîm benötigt, nämlich Holz und Feuer.

3. Metaphorische Verwendung

In einigen Texten wird „Fackel“ als Metapher verwendet. Gen 15,17 beschreibt eine Vision → Abrams, der nach Sonnenuntergang einen rauchenden Ofen sieht und eine Fackel, die zwischen Stücken von Opferfleisch hindurchgeht, während er auf ein Zeichen seines Gottes wartet (→ Rind). Ofen und Fackel sind für Abram Zeichen für Gottes Anwesenheit und Begleiterscheinungen einer Theophanie (→ Epiphanie). Proleptisch verweist der Text auf die Theophanie am Sinai (Westermann, 271).

In Ex 20,18 hat לַפִּיד lappîd die Bedeutung „Blitz“ in Parallele zu „Donner“. Donner und Blitz begleiten Gottes Erscheinung am Sinai (→ Epiphanie). Da Theophanien symbolisch im Kult nachgespielt wurden, gehörten Fackeln in vorexilischer Zeit vielleicht zu solchen → Ritualen. Auch der Prophet → Ezechiel sieht in seiner Berufungsvision Fackeln, oder etwas, das aussieht wie Fackeln, als er Gottes Gegenwart erlebt (Ez 1,13).

Jes 62,1 bezeichnet das Heil Zions als brennende Fackel; gemeint ist, dass es hell ist und Licht bringt. Beim Untergang Ninives sehen die Wagen der Soldaten wie Fackeln und Blitze aus (Nah 2,4). Die Fackel kann also positiv etwas Leuchtendes bezeichnen, aber auch totale Vernichtung veranschaulichen. So in Sach 12,6: Die Fürsten Judas sollen zu einem Feuerbecken mitten im Holz und einer Fackel im Stroh werden und wie diese alles ringsum – also alle Völker – verzehren (vgl. Ri 15,4-5). Auch in Hi 41,11 wird die Fackel als Metapher für Vernichtung verwendet. Bei dem Ungeheuer → Leviatan sieht es aus, als ob Fackeln und feurige Funken aus seinem Mund schießen. In einer seiner Visionen sieht → Daniel (Dan 10,6) einen Mann, dessen Antlitz wie ein Blitz und dessen Augen wie feurige Fackeln aussehen. Auch in Hi 12,5 wird „Fackel“ vielleicht metaphorisch verwendet: Verachtung ist für den Sorglosen eine Fackel, denn sie lenkt seine unsicheren Füße. Wie in Ps 119,105 ist Verachtung dann das Licht und die Fackel auf dem Weg der Frevler.

Sir 43,13 (Manuskripte M und B; Lutherbibel: Sir 43,14) erwähnt Gottes zjqwt mšpṭ „Wurffackeln des Gerichts“. Sie leuchten am Himmel, flankiert von Hagel. Es ist klar, dass die Wurffackeln hier die Blitze am Himmel bezeichnen. Auch in → Qumran sind „Wurffackeln des Gerichts“ erwähnt (zqj mšpṭ, 1QHa16.37).

4. Die Fackel im Vorderen Orient

Im Akkadischen ist dipāru „Fackel“ belegt (Salonen, 139-140). Im Kontext kann vom „Aufleuchten in der Finsternis“ die Rede sein und die Fackel kann „hoch im Himmel“ glühen. Oft ist sie auch als Feuersignal benutzt. Die Texte, die Salonen nennt, verweisen alle auf Fackeln aus Holz und Wolle (wie hebr. זִיקָה zîqāh / זִיק zîq). Im Hethitischen begegnet das Wort lappiya „etwas Glühendes / Fackel“, und es ist möglich, dass hebr. לַפִּיד lappîd etymologisch damit verwandt ist (Rabin). Im Ugaritischen ist das Wort nicht belegt, aber Salonen (140) nennt RS 16.146 + 161 (PRU III, 186:38) als Beleg, der das akkadische Wort dipāru für „sieben Bronze-Fackeln“ benutzt. Bronze verweist wahrscheinlich auf den Feuertopf an einer Stange.

Das Wort לַפִּיד lappîd ist verwandt mit griech. λαμπάς lampás, möglicherweise ist das hebräische Wort ein Lehnwort aus dem Griechischen.

Auch in → Qumran werden Fackeln erwähnt, vor allem als → Waffen. 1QM 6.2-3 nennt „Wurffackeln aus Blut“ (zjqj dm), was beweist, dass Fackeln auch als Waffen benutzt und geschleudert wurden. CD-A 5,13 verweist auf Jes 50,11 und beschreibt die Nachfolger des → Belial als qdḥj ’š wmb‘rj zjqwt, „Feueranzünder und Zünder von Wurffackeln“. 1QHa 9.12 nennt zqjm wbrqjm „Wurffackeln und Blitze“ zusammen. Wahrscheinlich haben die hier genannten Wurffackeln apokalyptische Bedeutung gewonnen.

5. Ikonographische Belege

Auf Sanheribs wohlbekanntem Relief, das die Belagerung von → Lachisch illustriert, sind zahlreiche fest gewickelte Wurffackeln zu sehen, die entzündet sind und als Waffe benutzt werden (Abb. 1). Die Soldaten auf der Festung schießen Pfeile und schleudern Steine und die Bürger von Lachisch werfen Wagenräder, Steine und brennende Fackeln auf die angreifenden assyrischen Soldaten. Das assyrische Heer ist auf den Ansturm jedoch vorbereitet. Auf jeder assyrischen Belagerungsmaschine, die sich gegen die Mauern von Lachisch richtet, steht ein Bogenschütze. Ein zweiter Soldat steht im Wagen und bewässert die Belagerungsmaschine, die möglicherweise zudem an der vorderen Seite mit schützendem Leder verkleidet war. Durch die Bewässerung der Maschine wird das Entzünden durch die herbeifliegenden Fackeln verhindert. Die Bilder zeigen sehr deutlich die Zusammensetzung der Fackel aus Holzstäben, die mit Wolle oder Tüchern umwickelt sind. Die Flammen sind an der dicken Seite der Fackeln zu sehen. Die Ausgrabungen von Lachisch haben bestätigt, dass auf den Türmen Feuer brannten, um immer wieder neue Fackeln anzuzünden (Ussishkin, 72).

Auf griechischen Monumenten ist die Erscheinung von Göttern oft unter Begleitung von Bündel-Fackeln abgebildet (Groß, 504).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. 1-8, Gütersloh 1928-2001
  • Fischer, H.G., Art. Fackel, in: Lexikon der Ägyptologie, Bd. 2, Wiesbaden 1977, 79-81
  • Groß, W.H., Art. Fackel, in: Der Kleine Pauly, Bd. 2, München 1967, 504-505
  • Lane, E.W., An Account of the Manners and Customs of the Modern Egyptians, London 1860 (Repr. Kairo 2003)
  • Rabin, C., Hittite Words in Hebrew, Orientalia 32 (1963), 113-139
  • Salonen, A. Die Hausgeräte der alten Mesopotamier nach sumerisch-akkadischen Quellen (AASF/B, 139/144), 2 Teile, Helsinki 1965-1966, 138-145
  • Segert, S., Zur Etymologie von Lappid Fackel, ZAW 74 (1962), 323-324
  • Ussishkin, D., The Assyrian Attack on Lachish. The Archaeological Evidence from the Southwest Corner of the Site, Tel Aviv 17 (1990), 53-86
  • Westermann, C., Genesis: Kapitel 12-36 (BKAT 1/2), Neukirchen 1981

Abbildungsverzeichnis

  • Die Bewohner von Lachisch bewerfen die assyrischen Angreifer mit brennenden Fackeln (Relief der Eroberung von Lachisch 701 v. Chr. aus dem Südwestpalast Sanheribs in Ninive). Aus: H. Gressmann, Altorientalische Bilder zum Alten Testament, Berlin / Leipzig 2. Aufl. 1927, Abb. 141

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