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Andere Schreibweise: Zophar; Sofar; Sophar

(erstellt: Juli 2009)

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1. Der Name

Eine überzeugende sprachliche Herleitung des männlichen Personennamens Zofar (צופר / צפר ṣpr / ṣwpr, nach der masoretischen Vokalisation ṣofar / ṣôfar) ist bisher nicht gelungen. Möglich ist ein Zusammenhang mit dem hebräischen Wort צִפּוֹר ṣippôr „Vogel“, das auch als männlicher und weiblicher Personenname verwendet werden kann (in Num 22,2 als Name des Vaters des Moabiterkönigs Balak bzw. in Ex 2,21 in der Form → Zippora als Name der Frau des → Mose). Zofar bedeutet in diesem Fall „kleiner / junger Vogel“.

In der → Septuaginta und den davon abhängigen griechischen Texten erscheint der Name zumeist in der Schreibweise Σωφάρ Sōfár, ebenso vokalisiert die → Vulgata Sophar. In der Hebräischen Bibel kommt der Name nur im Buch → Hiob vor (Hi 2,11; Hi 10,1; Hi 20,1; Hi 42,9). Die Septuaginta bietet ihn noch in einem Nachtrag zum Hiobbuch (Hi 42,17e [LXX]), in Gen 36,11.15 (par. 1Chr 1,36) anstelle von צְפוֹ ṣәfô (צְפִי ṣәfî), einem Sohn des Esaunachkommens → Elifas, und für unterschiedliche hebräische Äquivalente in Varianten zu Num 32,35; 1Chr 1,40; 1Chr 7,35 und 1Chr 19,16.

2. Zofar, ein Freund Hiobs

Zofar gehört zusammen mit Elifas, dem Temaniter (→ Teman), und → Bildad, dem Schuchiter, zu den drei Freunden, die kommen, um den unverschuldet ins Leid geratenen Hiob zu trösten (Hi 2,11). Zofar wird stets an dritter Stelle hinter Elifas und Bildad genannt, wodurch er als der jüngste der drei gekennzeichnet wird. Darauf spielt möglicherweise auch sein Name „junger Vogel“ an. Im Verlauf des Hiobdialogs (Hi 3,1-42,6) hält Zofar jeweils die dritte Freundesrede (Hi 11; Hi 20). Im Gegensatz zu Elifas und Bildad hat er nur zwei eigene Auftritte. Ob der Name aus einer älteren (Hiob-)Überlieferung oder allgemein aus der Welt altvorderorientalischer Personennamen in das Hiobbuch aufgenommen wurde, um der Figur des Zofar ein besonderes Profil zu geben, lässt sich nicht entscheiden.

2.1. Die Herkunft Zofars

Zofar trägt immer das Epitheton ha-na‘amātî „der Na‘amatiter“, wodurch er als ein Bewohner von Na‘ama gekennzeichnet wird. Die Lokalisierung ist unsicher. Eine Verbindung des Ortsnamens Na‘ama mit dem für unterschiedliche männliche und weibliche Figuren im Alten Testament gebrauchten Personennamen Na‘am bzw. Na‘amah (vgl. 1Chr 4,15 bzw. Gen 4,22; 1Kön 14,21 par. 2Chr 12,13) ist nicht erkenntlich. Angesichts der außerisraelitischen Verortung Hiobs und der anderen Freunde ist es unwahrscheinlich, dass der Erzähler Zofar aus dem in Jos 15,41 genannten und in Juda gelegenen Na‘ama kommen lässt. In der gegenwärtigen Forschung wird eine Lokalisierung in Arabien oder im aramäischen Bereich diskutiert.

1. Arabischer Raum. Für die arabische Lösung können unterschiedliche namensidentische Ortslagen in Nordwest- und in Zentralarabien (Abel, I, 287) und die Bezeichnung eines sabäischen (altsüdarabischen) Stamms als n‘mt geltend gemacht werden (Knauf, 1983; 1988). Auch die Beschreibung Zofars in der Septuaginta als „König der Minäer“ könnte für eine arabische Lokalisierung sprechen. So sind die Minäer, d.h. die Bewohner von Ma‘īn (zur Lage siehe Tübinger Bibelatlas, B V 22, Koordinaten: N 16° 07' 40'', E 44° 48' 53''; → Maon 4.; → Saba), ein südarabisches Volk, das seit etwa 400 v. Chr. den Weihrauchhandel von Westarabien bis Ägypten und Phönizien dominierte (Knauf, 1992, 802; zur Übersetzung ausgewählter minäischer Inschriften siehe TUAT I, 663ff.). Wenn Zofar mit dem in Gen 36,11.15 genannten Zefo gleichgesetzt wird (vgl. LXX; Gordis, 22f.), liegt eine Lokalisierung in → Edom nahe.

2. Aramäischer Raum. Für die Verortung im aramäischen Raum könnte dagegen auf die Ortslagen ‘Ain Sofar im Libanon an der Straße von Beirut nach Damaskus oder ‘Ain No’ēme (Nu‘ēma) bei Dera‘a (Dar‘ā) im Hauran verwiesen werden (Fohrer, 106; Lévêque, 89f.). Da von einem palästinischen Standort aus gesehen Elifas der Temaniter aus dem Süden und Bildad der Schuchiter aus dem Nordosten zu Hiob kommen, liegt es näher, das Na‘ama Zofars im Norden zu suchen. In welcher geographischen Konstellation dies zu Hiob aus dem Land → Uz (Hi 1,1) steht, hängt von einer Lokalisierung von Uz ab, für dessen Lage der syrisch-aramäische, edomitische oder nordwestarabische Raum diskutiert werden. Deutlich ist jedenfalls, dass Hiob und seine Freunde außerhalb Israels lokalisiert und als weit voneinander entfernt wohnend gedacht werden: Damit wird herausgestellt, dass Hiob und das im Hiobbuch behandelte Thema eine universale Dimension besitzen (Görg, 1980, 12).

2.2. Die Funktion Zofars

Zofar erfüllt wie Elifas und Bildad die dramaturgische Funktion eines Trösters und Gesprächspartners des unschuldig ins Leid geratenen Hiob. Als Figur des Dialogs vertritt er wie die anderen Freunde Hiobs die weisheitliche Vorstellung einer durch Gott garantierten gerechten Weltordnung, die Hiob durch sein Schicksal in Frage gestellt sieht. Wie mit den anderen Figuren des Hiobbuchs hat der Dichter mit der Figur Zofars die Möglichkeit zum dialogischen Austausch theologischer Grenzaussagen geschaffen, an dem der Leser selbst teilhaben und zu dem er Stellung beziehen kann.

2.3. Die Reden Zofars

Die erste Zofarrede (Hi 11) bildet eine dreiteilige Mahn- und Trostrede mit den Elementen der Anrede Hiobs, der Widerlegung Hiobs und einer Verheißung an Hiob. Im Mittelpunkt der Rede steht die Darstellung der immanenten Vergeltung hinsichtlich der Lohn- wie der Strafseite. Ihr Funktionieren werde – entgegen der Klage Hiobs, Gott handele willkürlich und verkehre Recht in Unrecht (Hi 9) – von dem sich stets als gerecht erweisenden Gott garantiert. Ein besonderes Gewicht liegt auf Verheißungen an Hiob. Wie in den Reden des Elifas und Bildad besteht der argumentative Hintergrund in der Überzeugung, dass einerseits Gott vollkommen gerecht handelt (Hi 11,11) und dass andererseits Gerechtigkeit des Menschen vor Gott möglich ist (Hi 11,13ff.). In Hi 11,6-9* liegt vermutlich ein Nachtrag vor, der sich mit dem sekundär in die Hiobdichtung eingefügten Lied auf die Weisheit (Hi 28) berührt (Witte, 1994).

Die zweite Zofarrede (Hi 20) stellt eine Mahn- und Warnrede dar. Wie in der zweiten Bildadrede (Hi 18) findet sich nur noch in der Redeeinleitung eine Anrede Hiobs. Im Zentrum steht wie in den zweiten Reden von Elifas (Hi 15) und Bildad (Hi 18) eine Ausmalung des Schicksals der Frevler, was indirekt als Anklage Hiobs dient. Die bildhafte Beschreibung des Untergangs der Frevler nimmt kosmische Dimensionen an (Hi 20,27f.), wodurch ein scharfer Kontrast zu der zuvor von Hiob geäußerten Hoffnung, Gott werde ihn letztlich doch ins Recht setzen und seine Unschuld bezeugen (Hi 19), entsteht.

Das Phänomen, dass Zofar im Gegensatz zu Elifas und Bildad nur zwei Reden hält, geht weder auf einen Textausfall zurück noch auf eine Textvertauschung, in deren Gefolge etwa Teile einer ursprünglichen dritten Zofarrede in eine Hiobrede geraten wären. Vielmehr dürfte die ursprüngliche Hiobdichtung nur zwei Zofarreden enthalten haben, wobei die dritte Elifasrede (Hi 22) als Abschlussrede der Freunde fungierte, während die dritte, sehr kurze Bildadrede (Hi 25) und die scheinbar besser in eine Freundesrede passenden Passagen (Hi 24,13-24; Hi 26,5-14; Hi 27,13-23) erst auf spätere Redaktionen zurückgehen (Witte, 1994).

2.4. Ausblick auf die Wirkungsgeschichte

In der Hiob-Septuaginta (Hi-LXX), der wohl im 1. Jh. v. Chr. angefertigten griechischen Übersetzung des Hiobbuchs (Witte / Kepper 2009), und in dem davon abhängigen Fragment des jüdisch-hellenistischen Exegeten Aristeas (übersetzt in: JSHRZ III, 293-296) erscheint Zofar wie seine Begleiter als König (Hi 2,11 [LXX]; Hi 42,17e [LXX]; vgl. auch Babylonischer Talmud, Traktat Baba Batra 16b; Text Talmud). Die Kennzeichnung der Freunde Hiobs als Herrscher basiert auf der nur in der Septuaginta vorliegenden Gleichsetzung Hiobs mit dem in der edomitischen Königsliste genannten Jobab (Hi 42,17b [LXX], vgl. Gen 36,33f.), möglicherweise auch auf einer Exegese von Hi 29,25. Aus der Herkunftsbezeichnung „Zofar, der Na‘amatiter“ wird in Hi 2,11 [LXX] und Hi 42,17 [LXX] die Angabe „Zofar, der König der Minäer“ (s.o.). In Hi 11,1, Hi 20,1 und Hi 42,9 bietet die griechische Übersetzung die einfache Herkunftsbezeichnung („der Minäer“).

Testament Hiobs

Ikonographisch ist schließlich besonders auf die Darstellung Zofars in der byzantinischen Buchmalerei hinzuweisen, die diese gemäß der Septuaginta als Könige stilisiert und seit dem 6. Jh. über einen festen Bestand an Miniaturen zu einzelnen Szenen des Hiobbuchs verfügt (Wessel, 143ff., Huber).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York u.a. 1992

2. Weitere Literatur

Vgl. Kommentare zum Buch → Hiob

  • Abel, F.-M., 1933ff., Géographie de la Palestine (ÉtB), I-II, 2. éd., Paris
  • Clines, D.J.A., 1989, Job 1-20 (WBC 17), Dallas
  • Clines, D.J.A., 2006, Job 21-37 (WBC 18a), Nashville
  • Dion, P.-E., 1995, Les Araméens du Moyen-Euphrate au VIIIe siècle à la lumière des inscriptions des maîtres de Suhu et Mari, in: J.A. Emerton (Hg.), Congress Volume Paris 1992 (VT.S 61), 53-73
  • Fohrer, G., 1963 (2. Aufl. 1989), Das Buch Hiob (KAT 16), Gütersloh
  • Ginzberg, L., 1948 (1969), The Legends of the Jews, Bd. II, Philadelphia, 225-242
  • Ginzberg, L., 1953 (1968), The Legends of the Jews, Bd. V, Philadelphia, 381-387
  • Gordis, R., 1978, The Book of Job (MorS II), New York
  • Görg, M., 1980, Ijob aus dem Lande ‛Ūṣ. Ein Beitrag zur „theologischen Geographie“, BN 12, 7-12
  • Holbert, J.C., 1981, The Skies Will Uncover His Iniquity: Satire in the Second Speech of Zofar (Job XX), VT 31, 171-179
  • Huber, P., 1986, Hiob. Dulder oder Rebell? Byzantinische Miniaturen zum Buch Hiob in Patmos, Rom, Venedig, Sinai, Jerusalem und Athos, Düsseldorf
  • Knauf, E.A., 1983, Supplementa Ismaelitica 4. Ijobs Heimat, BN 22, 25-29
  • Knauf, E.A., 1988, Hiobs Heimat, WO 19, 65-83
  • Knauf, E.A., 1992, Art. Meunim, in: AncBD, Bd. 4, 801-802
  • Lévêque, J., 1970, Job et son Dieu. Essai d'exégèse théologie biblique (ÉtB), Bd. I-II, Paris
  • Müller, H.-P., 1970, Hiob und seine Freunde. Traditionsgeschichtliches zum Verständnis des Hiobbuches (ThSt(B) 103), Zürich
  • Schaller, B., 1979, Das Testament Hiobs (JSHRZ III/3), Gütersloh
  • Simon, J, 1959, The Geographical and Topographical Texts of the Old Testament. A Concise Commentary in XXXII Chapters, Leiden
  • Wessel, K., 1972, Art. Hiob, in: Reallexikon der byzantinischen Kunst, Bd. III, Stuttgart, 131-152
  • Witte, M., 1994, Vom Leiden zur Lehre. Der dritte Redegang (Hiob 21-27) und die Redaktionsgeschichte des Hiobbuches (BZAW 230), Berlin / New York
  • Witte, M. / Kepper, M., 2009, Job. Das Buch Ijob (Hiob), in: W. Kraus / M. Karrer (Hgg.), Septuaginta Deutsch, Stuttgart, 1007-1056

Abbildungsverzeichnis

  • Landkarte zur Herkunft Hiobs und seiner Freunde. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Trauer der drei Freunde Hiobs. Zofar als der Jüngste der drei (Miniatur aus dem Codex Sinaiticus Graecus 3; 11. Jh.).

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