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Vergeltung (AT)

(erstellt: November 2008)

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1. Zum deutschen Begriff „Vergeltung“

1.1. In der Umgangssprache

Etymologischer Ursprung des deutschen Wortes „Vergeltung“ ist die Gegenleistung in Geld, eine Zurückzahlung oder Geldzahlung für erwiesene Dienste. Diese ursprüngliche Bedeutung tritt im Neuhochdeutschen hinter einer allgemeinen zurück: Vergeltung bezeichnet dann die Reaktion auf eine empfangene Wohltat – diese positive Seite hat sich erhalten im (ursprünglichen) Segenswunsch „Vergelts Gott“ –, vor allem aber die Reaktion auf eine Untat (vgl. J. Grimm / W. Grimm, Deutsches Wörterbuch XII / 1, Leipzig 1956, 407-410; Internetausgabe). Im letzteren Sinn gewinnt „Vergeltung“ landläufig einen negativen Klang im Sinne ethisch fragwürdiger, weil unverhältnismäßiger Rache und wird nicht selten verbunden mit der Talionsformel „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ (Ex 21,24; → Recht) ungeachtet dessen, dass diese im Kontext alttestamentlichen Rechts auf das Gegenteil, die Eindämmung der Rache zielt.

1.2. In der alttestamentlichen Wissenschaft

1.2.1. Die unbefangene Übertragung auf das Alte Testament

Der Vergeltungsgedanke galt lange als nicht zu hinterfragendes Charakteristikum alttestamentlichen Glaubens: „Die israelitische Religion hat den Vergeltungsglauben von Anfang an besessen.“ (Gunkel 1). Wurde anfangs auf der Stufe primitiver Religiösität dieser Vergeltungsglaube durch andere Möglichkeiten der Wirksamkeit Gottes (Gnade) begrenzt, so kam es durch die Botschaft der Propheten zur Vertiefung des Glaubens an JHWHs gerechte Vergeltung, der sich auch in Recht und Geschichtsdeutung Israels niederschlug; was dort für das Leben des Volkes formuliert wurde, reflektiert die Weisheit für das Individuum. Gottes gerechte Vergeltung wird dann im Verlauf der israelitischen Religionsgeschichte zum eschatologischen Gericht Gottes fortentwickelt. Diese Sicht eines alttestamentlichen Vergeltungsglaubens (so klassisch nach Gunkel) wird Mitte des 20. Jahrhunderts einer grundsätzlichen Revision unterzogen.

1.2.2. „Schicksalwirkende Tatsphäre“ contra „Vergeltung“ (Koch)

In seinem Aufsatz „Gibt es ein Vergeltungsdogma im Alten Testament?“ (zuerst 1955 veröffentlich; im Folgenden zitiert nach dem letzten Abdruck: Koch 1991a) hinterfragt Koch diese unbefangene Verwendung des Begriffs Vergeltung. Den dahinter stehenden Vergeltungsgedanken bestimmt Koch entsprechend seiner (in die Gnadenlehre eingebetteten) dogmatischen Verwendung (vgl. Koch 1991c, 128) juridisch: Eine von der Tat unberührte „richterliche Instanz“ bestimmt Lohn und Strafe, die demWesen des Täters wie dem Akt seiner Tat fremd“ sind und von „außen an ihn herangetragen“ werden; Lohn und Strafe folgen dabei „einer vorgegebenen Norm“ (Koch 1991a, 67). Für den so bestimmten Begriff „Vergeltung“ lässt sich nach Koch das Alte Testament nicht in Anspruch nehmen; an seine Stelle tritt nun die Anschauung von der „schicksalwirkenden Tatsphäre“: Eine Tat hat demnach im hebräischen Denken einen dinglichen Charakter; sie haftet dem Täter an und entfaltet notwendigerweise positive wie negative Folgen. Koch weist nach, dass das biblische Hebräisch keine dem Begriff „Vergeltung“ entsprechende Terminologie kennt (dazu ausführlich unten 2.); erst die Übersetzung der → Septuaginta trägt die entsprechende juridische Konnotation ein. Ebenso lässt sich Gerechtigkeit im Alten Testament nicht im Sinne einer übergeordneten Norm (iustitia distributiva) verstehen: Der Begriff צדק / צדקה ṣædæq / ṣədāqāh bezeichnet vielmehr ein Verhalten, das sich im Rahmen der gegebenen Gemeinschaftsbezüge bewährt; entsprechend übersetzt Koch „Gemeinschaftstreue“ (Koch 1991b). Die These Kochs wurde – selten mit allen inhaltlichen Implikationen – als → Tun-Ergehen-Zusammenhang rezipiert.

1.2.3. „Vergeltung“ als Kategorie sozialer Interaktion

Die neuere Forschung versucht gegenüber Koch, die soziale Dimension menschlichen Handelns zu betonen: Zur Entsprechung von Tun und Ergehen kommt es demnach auf dem Wege des „Füreinander-Handelns“ (so Janowski in Anlehnung an Assmanns in der Ägyptologie formuliertes Konzept der konnektiven Gerechtigkeit). Vor diesem Hintergrund wird eine Neubestimmung des Begriffs „Vergeltung“ möglich: Der Begriff wird auf einen „möglichst neutralen Kern“ (Janowski 257), auf den Aspekt der Reziprozität reduziert und somit zu einer Kategorie sozialer Interaktion; für diese Definition lässt sich die etymologische Wurzel des deutschen Begriffs (s.o. 1) in Anspruch nehmen (Janowski 257). Mutatis mutandis folgt JHWHs „Vergeltung“ diesem Prinzip sozialer Interaktion, bleibt aber durch seine Freiheit begrenzt und unverfügbar.

2. Die Terminologie des biblischen Hebräisch

Das biblische Hebräisch kennt mehrere Verbalwurzeln mit Derivaten, die zuweilen mit „vergelten“ bzw. „Vergeltung“ übersetzt werden, ohne dass diese Übersetzung durchgängig dem Bedeutungsgehalt der betreffenden Lexeme entspricht (s.o. 1.2.2).

2.1. גמל – jemandem etwas Gutes / Böses erwidern

Das Verbum גמל gml bedeutet in spezieller Verwendung „vollenden“ im Sinne von „zur Reife bringen“ (Num 17,23; Jes 18,5) und „entwöhnen“ (z.B. 1Sam 1,23f.; Hos 1,8). Von den 11 Belegen (Qal – drei weitere Nif.), die sich diesem klar umrissenen Bedeutungsfeld zuordnen lassen, heben sich 23 weitere Belege ab, die ein stets positiv oder negativ bestimmtes Handeln an einer Person bezeichnen; entsprechend wird die Grundbedeutung neutral mit „antun / erweisen“ (HALAT) angegeben, wofür auch die mehrfache parallele Verwendung von עשׂה ‘śh „tun“ (z.B. Ri 9,16; Jes 3,11; Ps 28,4) spricht. Die jeweilige positive („jemanden etwas Gutes tun“) oder negative Konnotation („jemanden Böses antun“) muss in der Regel aus dem Kontext erschlossen werden.

Eine eindeutig positive Konnotation zeigt u.a. die absolute Verwendung in Ps 13,6; Ps 116,7; Ps 119,17; Ps 142,8 und Spr 11,17. Als bevorzugtes Objekt begegnet allerdings רע rā‘ oder רעה rā‘āh „Böses“ (Gen 50,15.17; Jes 3,9; Ps 7,5; Spr 3,30), zweimal aber auch die pointierte Gegensätzlichkeit von רעה rā‘āh „Böses“ und טובה ṭôvāh „Gutes“ (1Sam 24,18; Spr 31,12). Letztere Belege lassen ebenso wie die Verbindung mit שׁוב šwb Hif. „zurückwenden“ (z.B. Gen 50,15; 2Sam 22,21 = Ps 18,21; Jo 4,4; zum Lexem s.u.) oder שׁלם šlm Pi. „vollständig machen / vergelten“ (1Sam 24,18; Jo 4,4; zum Lexem s.u.) und mit der Präposition כ „gemäß“ (2Sam 22,21 = Ps 18,21; Ps 103,10) auf den im Gebrauch des Verbs regelmäßig enthaltenen Aspekt der Reziprozität im positiven (z.B. 2Sam 19,37; Ps 103,10) und im negativen Sinne (z.B. Ps 137,8; Jo 4,4) schließen, der jedoch nicht immer (vgl. den absoluten Gebrauch in Ps 13,6; Ps 116,7; Ps 119,17; Ps 142,8) vorausgesetzt werden kann. Eine durchgängige Übersetzung mit „vergelten“ (im unter 1.2.3. skizzierten Sinn) ist daher nicht möglich.

Auch die Nominalbildungen von גמל bezeichnen ein durch den Kontext jeweils eindeutig positiv oder negativ bestimmtes Verhalten gegenüber einer Person. Bei גמול gəmûl (19 Belege) wird dabei fast durchgängig der bereits beim Verb גמל festgestellte Aspekt der Reziprozität greifbar: Der Terminus bezeichnet dabei häufig ein Verhalten, das positiv als „Wohltat“ (HALAT) oder negativ als „Vergeltung“ (HALAT) auf ein vorausgehendes Verhalten reagiert. Ebenso wird גמול gəmûl (bevorzugt als Objekt) mit שׁלם šlm Pi. (Jes 59,18; Jes 66,6; Jo 4,4; Ps 137,8; Spr 19,17) und שׁוב šwb Hif. (Jo 4,4.7; Ps 28,4; Ps 94,2; Klgl 3,64) verbunden. Lediglich in Ps 103,2 erscheint גמול gəmûl als unmotivierte „Wohltat“ (Gottes!). Der Befund wird durch die weiteren Nominalbildungen גמולה gəmûlāh (Jes 59,8; Jer 51,56; 2Sam 19,37) und תגמול tagmûl (einziger Beleg Ps 116,12 – HALAT: „Guttat“) bestätigt.

2.2. שׁוב – eine Tat kehrt zum Täter zurück

Die Grundbedeutung der Wurzel שׁוב šwb lautet „zurückkehren“ im lokalen Sinn – genauer: „Nachdem man sich in einer bestimmten Richtung bewegt hat, sich danach in der entgegengesetzten Richtung bewegen. Sofern es keinen Beweis für das Gegenteil gibt, ist die Voraussetzung dabei, dass man wiederum an die ursprüngliche Stelle zurückkehrt, von der man aufgebrochen ist.“ (HALAT)

Der lokale Gehalt der Wurzel (z.B. Gen 33,16) bleibt erkennbar, wenn eine „Tat“ (גמול gəmûl Ob 15; Spr 12,14 Kətiv), „Böses“ (רע rā‘ Ps 54,7 Kətiv), „Unheil“ (עמל ‘āmāl Ps 7,17) oder eine „Bluttat / Blutschuld“ (דמים dāmîm 1Kön 2,33) zum Täter bzw. „auf sein Haupt“ (בראשׁ bəroš 1Kön 2,33; Ob 15; Ps 7,17) „zurückkehrt“ (שׁוב šwb Qal). Die genannten Subjekte zu שׁוב šwb Qal finden sich nun ebenso als Objekte zum Hif., das häufig mit „vergelten“ übersetzt wird: jemand (häufig JHWH) „lässt“ Taten oder Untaten in ihrer heil- wie unheilvollen Folge zum Täter bzw. „auf sein Haupt“ (בראשׁ bəroš Ri 9,57; 1Kön 2,32.44; Jo 4,4.7) „zurückkehren“: eine „Tat“ (גמול gəmûl Jo 4,4.7; Ps 28,4; Ps 94,2; Ps 116,12; Spr 12,14 Qəre), „Böses“ (רע rā‘ oder רעה rā‘āh Gen 50,15; Ri 9,56.57; 1Sam 25,39; 1Kön 2,44; Ps 54,7 Qəre; Spr 17,13) oder eine „Bluttat / Blutschuld“ (דמים dāmîm 2Sam 16,8; 1Kön 2,44). Der dadurch in שׁוב šwb Hif. enthaltene Aspekt der Reziprozität kommt auch in Formulierungen mit der Präposition כ „gemäß“ (Ps 18,21.25) zum Ausdruck.

שׁוב šwb Hif. mit Objekt אף ’af „Zorn“ in Jes 66,15 bedeutet „jemanden seinen Zorn zuwenden“ – vgl. שׁוב šwb Hif. mit Objekt לב lev „Herz“ in Mal 3,24 „jemanden sein Herz (seine Aufmerksamkeit) zuwenden.“

2.3. שׁלם – eine Tat vervollständigen

Für die gemeinsemitische Wurzel שׁלם šlm kann von der Grundbedeutung der „Ganzheit / Unversehrtheit“ (abweichend Gerleman) ausgegangen werden (entsprechend Qal in 1Kön 7,51; Neh 6,15 „fertig / vollendet werden“). Von ihr lassen sich alle weiteren Bedeutungen ableiten. שׁלם šlm Pi. – häufig mit „vergelten“ übersetzt – bedeutet zunächst „unversehrt, vollständig machen“ (HALAT).

In diesem Sinne begegnet שׁלם šlm Pi. im Rahmen des alttestamentlichen → Eigentumsrechtes, das Ersatzleistungen für (Präposition ל ) Geschädigte festlegt, nach denen entstandener Schaden erstattet, genauer: das Eigentum des Geschädigten wieder hergestellt, unversehrt gemacht werden soll (s. die 14 Belege in Ex 21,34-22,14). Vor diesem eigentumsrechtlichen Hintergrund sind auch 2Sam 12,6; Ez 33,15; Jo 2,25; Ps 37,21; Spr 6,31; Spr 19,17 (s. die erste Vershälfte!) und Spr 22,27 zu deuten.

Mit Objekt נדר nedær → „Gelübde“ fungiert שׁלם šlm Pi. als terminus technicus „ein Gelübde erfüllen“ (Ps 22,26; Ps 50,14 etc., aber auch u.a. 2Sam 15,7; Jon 2,10; Pred 5,3f.); ausgehend von der Grundbedeutung schlägt sich darin die Vorstellung nieder, dass erst ein erfülltes Gelübde „fertig“ oder „vollständig“ ist.

Auch bei den zahlreichen Belegen, die nun mit „vergelten / heimzahlen“ (HALAT) übersetzt werden, muss entsprechend von der Grundbedeutung „vollständig sein / werden“, im Pi. „vollständig machen“ ausgegangen werden: Eine Tat wird dann durch eine entsprechende, dem Täter zugeführte Folge, im positiven (1Sam 24,20; Spr 13,21; Rut 2,12) wie im negativen Sinne (weit häufiger) „vollständig“; Tun und Ergehen stehen in enger Relation. Die Verbindung mit der Präposition כ „gemäß“ (2Sam 3,39; Jer 25,14; Jer 50,29) und auch den Objekten גמול gəmûl „Tat / Untat“ (z.B. Jer 51,6; Jo 4,4), רע rā‘ „Böses“ (Spr 20,22) oder טוב ṭôv „Gutes“ (Spr 13,21 – Subjekt von שׁלם šlm Pi. JHWH oder unpers.; s. Kommentare zur Stelle) kommt wiederum der Aspekt der Reziprozität zum Ausdruck.

Begegnet nun Gott als Subjekt von שׁלם šlm Pi., so steht dahinter die Vorstellung, dass er einem jeden in positiver wie negativer Hinsicht sein Tun durch ein entsprechendes Ergehen „vervollständigt“ (vgl. Ps 62,13; Hi 34,11 etc.), wie z.B. auch in Rut 2,12 deutlich wird: „JHWH ‚vervollständige’ (שׁלם šlm Pi.) deine Tat, dein Lohn sei ‚vollständig’ (שׁלם šalem) von JHWH…“.

Legt man den theologischen Gebrauch (שׁלם šlm Pi. mit Subjekt Gott) zu Grunde, so finden sich verstärkt Belege bei → Tritojesaja (Jes 59,18; Jes 65,6; Jes 66,6) und → Jeremia (Jer 16,18; Jer 25,14; Jer 32,18; Jer 51,6.24.56), hier v.a. im Rahmen der Unheilsankündigung über → Babel (vgl. Ps 137,8). Im → Psalter begegnet Gott lediglich in Ps 31,24 und Ps 62,13 als Subjekt von שׁלם šlm Pi.

Theologisch weiter reflektiert erscheint שׁלם šlm Pi. im → Hiobbuch: In Hi 21,19 wirft Hiob das Problem auf, dass Gott den → Tun-Ergehen-Zusammenhang nicht innerhalb einer Generation in Kraft setzt (vgl. Jer 32,18!), stellt aber zugleich fest, niemand könne Gott zur Rechenschaft ziehen bzw. ihm sein schlechtes Regiment „vergelten“ (Hi 21,31). Letzteres hält Elihu im Glauben an den gerechten Schöpfer (Hi 34,11) für schlechterdings unmöglich. Darüber hinaus verweist er auf dessen Souveränität, die ihn jedem menschlichen Anspruch entzieht (Hi 34,33 und dann auch Hi 41,3!).

Auf zwischenmenschlicher Ebene gilt die „Rückerstattung“ (שׁלם šlm Pi.) רעה תחת טובה rā‘āh tachat ṭôvāh „Böses gegen Gutes“ als Ausdruck frevelhaften Verhaltens (Gen 44,4; Ps 35,12; Ps 38,21; Jer 18,20). Dagegen setzt die pädagogisch orientierte Weisheit die Erfahrung und Erwartung, dass sich die Integrität eines Lebensstiles im Rahmen des Tun-Ergehen-Zusammenhangs bewährt (vgl. Spr 13,13.21; Spr 11,31) und kann vor diesem Hintergrund sogar einen „Vergeltungsverzicht“ empfehlen (Spr 20,22; Spr 25,22).

Über שׁלם šlm Pi. hinaus sind folgende Nominalbildungen von שׁלם zu nennen: שׁלם šilum (drei Belege) bezeichnet in Mi 7,3 zunächst ein von Richtern (zu Unrecht) angenommenes „Entgelt“ (HALAT) entsprechend שׁלמנים šalmonîm „Bestechungsgeld“ (HALAT) in Jes 1,23. Hos 9,7 kündigt im Rahmen der Vorstellung vom → Tag JHWHs den Tag der „Ahndung“ (פקדה pəqudāh) und „Abrechnung“ (שׁלם šilum) über Israel an; im Hintergrund mag hier die eigentumsrechtliche Deliktahndung stehen (Wolff, 201; Jeremias, 117). Auch Jes 34,8 blickt auf den Tag JHWHs, hier als Tag der „Rache“ (נקם nāqām) und „Vergeltung“ (שׁלם šilum) an Edom, wobei durch den folgenden Terminus ריב rîv ein juridischer Zusammenhang erkennbar wird. Ebenfalls in Verbindung mit נקם nāqām „Rache“ begegnet in Dtn 32,35 das unsichere hapax legomenon שׁלם šilem „Vergeltung“ (Gesenius; nach GesK § 52o handelt es sich um ein eigenständiges Substantiv, während auch erwogen wird, šilum zu lesen). Nur in Ps 91,8 findet sich zuletzt שׁלמה šilumāh „Vergeltung“ (HALAT) über die Frevler, die der angesprochene Fromme mit eigenen Augen sehen wird.

3. Ausblick

Forschungsgeschichte (s.o. 1.2) wie hebräische Terminologie (s.o. 2) widerraten zuletzt auch aus hermeneutischem Interesse einer unbefangenen Übertragung des Begriffs „Vergeltung“ auf das Alte Testament.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (darin Art. גמל, שׁוב und שׁלם)
  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, 6. Aufl., München / Zürich 2004 (darin Art. גמל, שׁוב und שׁלם)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

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  • Gerleman, G., 1973, Die Wurzel šlm, ZAW 85, 1-14
  • Gunkel, H., 1972, Vergeltung im Alten Testament, in: Koch, K. (Hg.), Um das Prinzip der Vergeltung in Religion und Recht des Alten Testaments (WdF CXXV), Darmstadt, 1-7
  • Holladay, W.L., 1958, The Root šûbh in the Old Testament with Particular Reference to its Usage in Convenantal Contexts, Leiden
  • Janowski, B., 1994, Die Tat kehrt zum Täter zurück. Offene Fragen im Umkreis des „Tun-Ergehen-Zusammenhangs“, ZThK 91, 245-271 (zuletzt in: ders., Die rettende Gerechtigkeit. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments 2, Neukirchen-Vluyn 1999, 167-191)
  • Jeremias, J., 1983, Der Prophet Hosea (ATD 24/1), Göttingen
  • Kessler, R., 2006, „Die Sprache der Vergeltung erhielt einen alttestamentarischen Klang“. Zu einer Bemerkung von Jürgen Habermas, in: ders., Gotteserdung. Beiträge zur Hermeneutik und Exegese der Hebräischen Bibel (BWANT 170), Stuttgart / Berlin / Köln, 24-29
  • Koch, K. (Hg.), 1972, Um das Prinzip der Vergeltung in Religion und Recht des Alten Testaments (WdF CXXV), Darmstadt
  • Koch, K., 1991a, Gibt es ein Vergeltungsdogma im Alten Testament, in: ders., Spuren des hebräischen Denkens. Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Gesammelte Aufsätze Bd. 1. Hg. von B. Janowski und M. Krause, Neukirchen-Vluyn, 65-103
  • Koch, K., 1991b, Wesen und Ursprung der „Gemeinschaftstreue“ im Israel der Königszeit, in: ders., Spuren des hebräischen Denkens. Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Gesammelte Aufsätze Bd. 1. Hg. von B. Janowski und M. Krause, Neukirchen-Vluyn, 107-127
  • Koch, K., 1991c, Der Spruch „Sein Blut bleibe auf seinem Haupt“ und die israelitische Auffassung vom vergossenen Blut, in: ders., Spuren des hebräischen Denkens. Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Gesammelte Aufsätze Bd. 1. Hg. von B. Janowski und M. Krause, Neukirchen-Vluyn, 128-145
  • Scharbert, J., 1972, ŠLM im Alten Testament, in: Koch, K. (Hg.), Um das Prinzip der Vergeltung in Religion und Recht des Alten Testaments (WdF CXXV), Darmstadt, 300-324
  • Seybold, K., 1972, Zwei Bemerkungen zu גמל / גמול, VT 22, 112-117
  • Wolff, H.W., 2004, Dodekapropheton 1. Hosea (BK XIV/1), 2. Aufl., Neukirchen-Vluyn

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