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(erstellt: April 2008)

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1. Name

Ulai (אוּלָי) ist die hebräische Form des elamischen Flussnamens Ulā (Vallat, 338). Im Akkadischen lautete der Name Ulā (mittelbabylonische Zeit, Nashef, 322) bzw. Ulāja (neuassyrisch, Parpola 365, und neu-/spätbabylonisch, Zadok, 388). In der griechisch-lateinischen Überlieferung ist der Fluß als Eulaios bzw. Eulaeus bezeugt, wobei er in der achämenidischen Zeit Choaspes genannt wurde, wie u.a. bei Herodot überliefert ist (Historien 1.188, Historien 5.52; s. dazu Potts; Text gr. und lat. Autoren).

2. Biblische Überlieferung

Ulai ist der Fluss in der Nähe von → Susa, an dem → Daniel die Vision eines gehörnten Widders und eines Ziegenbocks hatte (Dan 8,2; Dan 8,16). Es wurde vorgeschlagen, dass der Terminus ’ûval (אוּבַל), der in Dan 8,2 (עַל־אוּבַל אוּלָי), Dan 8,3 und Dan 8,6 vorkommt und in der Regel als „Fluss / Wasserlauf“ interpretiert wird, eine korrupte Form des akkadischen Wortes abullu „Stadttor“ sei (Hartmann / Di Lella, 223f., Montgomery, 327f.). Nach dieser Interpretation hätte Daniel seine Vision am Stadttor Ulai und nicht am Fluss selbst gehabt. Eine solche Emmendation ist jedoch aus philologischen und kontextuellen Gründen nicht plausibel (Waterman).

3. Lage und Identifizierung

Der Fluss Ulai wird mit dem heutigen Rūd-e Karche im Khuzestan (Iran) identifiziert (Potts). Der Rūd-e Karche mündete in der Zeit zwischen 1500 v. u. Z. und 500 u. Z. in den Rūd-e Dez, der seinerseits in den Rūd-e Kārūn mündete (Kirkby).

4. Geschichte

Den berühmtesten Beleg für den Ulai Fluss liefern die Inschriften des assyrischen Königs → Assurbanipal. Im Jahr 653 zog Assurbanipal zum zweiten Mal nach Elam gegen Teumman, der nach dem Tod des Urtaku im Jahr 665 an die Macht gekommen war (Prisma B, iv, 87 - vi, 16 = Borger, 224-226). Der Feldzug endete mit einer blutigen Schlacht bei Til-Tuba am Ulāja-Fluss, wo sich Teummans Stützpunkt befand. Assurbanipal rühmt sich, den Ulāja-Fluss mit den Leichen der elamischen Krieger versperrt, die Umgebung von Susa damit gefüllt (Prisma B, v, 91-98 = Borger, 225) und den Fluss mit dem Blut der Leichen rot gefärbt (Borger, 305, 35, iii, 48-51) zu haben. Die Schlacht am Ulāja-Fluss wurde auf den Reliefs, die den Raum 33 (Barnett u.a., plates 286-299, Nr. 381-383) des Südwestpalastes und den Raum I des Nordpalastes (Barnett, plate xxv, slabs 5-7) in Ninive verzierten, dargestellt und durch Beischriften erläutert (Gerardi, 22-35).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft, Stuttgart 1894-1972 (Art. Eulaios, Choaspes).
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992 (Art. Ulai).

2. Texteditionen und archäologische Quellen

  • Barnett, R.D., 1976, Sculptures from the Palace of Ashurbanipal at Nineveh, Oxford.
  • Barnett, R.D. u.a., 1998, Sculptures from the Southwest Palace of Sennacherib at Nineveh, London.
  • Borger, R., 1996, Beiträge zum Inschriftenwerk Assurbanipals, Wiesbaden.

3. Weitere Literatur

  • Córdoba, J.M., 1997, Die Schlacht am Ulaya-Fluß. Ein Beispiel assyrischer Kriegsführung während der letzten Jahre des Reiches, in: H. Waetzoldt / H. Hauptmann (Hgg.), Assyrien im Wandel der Zeiten, Heidelberg, 7-18.
  • Gerardi, P., 1988, Epigraphs and Assyrian palace reliefs. The development of the epigraphic texts, JCS 40, 1-35.
  • Hartmann, L.F. / Di Lella, A.A., 1978, The Book of Daniel, Garden City.
  • Kirkby, M.J., 1977, Appendix I: Land and water resources of the Deh Luran and Khuzistan plains, in: F. Hole, Studies in the Archeological History of the Deh Luran Plain: The Excavation of Chagha Sefid, Ann Arbor, 251-288.
  • Montgomery, J.A., 1927, A Critical and Exegetical Commentary on the Book of Daniel, Edinburgh.
  • Nashef, Kh., 1982, Die Orts- und Gewässernamen der mittelbabylonischen und mittelassyrischen Zeit (Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes 5), Wiesbaden.
  • Parpola, S., 1970, Neo-Assyrian Toponyms, Neukirchen-Vluyn.
  • Potts, D. T., 1999, Elamite Ula, Akkadian Ulaya, and Greek Choaspes: A solution to the Eulaios problem, Bulletin of the Asia Institute 13, 27-44.
  • Vallat, F., 1993, Les noms géographiques des sources suso-élamites (Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes 11), Wiesbaden.
  • Waterman, L., 1947, A note on Daniel 8, 2, Journal of Biblical Literature 66, 319-320.
  • Zadok, R., 1988, Geographical Names According to New- and Late-Babylonian Texts (Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes 8), Wiesbaden.

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Ulai. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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