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Reinigungseid

(erstellt: Januar 2007)

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Als Reinigungseid bezeichnet man ein als Schwur formuliertes Unschuldsbekenntnis. Er kommt in Fällen zur Anwendung, die nicht auf dem Weg des Beweises oder der Zeugenaussage geklärt werden können und wird vom Beschuldigten ausgesprochen.

Bei Reinigungseiden muss funktional zwischen solchen unterschieden werden, die prozessentscheidenden Charakter haben (dezisorischer Eid), und solchen, die einen Urteilsspruch (durch Gott) vorbereiten sollen.

Ein Verweis auf dezisorische Eide findet sich im Haftungsrecht Ex 22,7.9: Beim Verlust anvertrauter Güter beschwört der Angeschuldigte seine Unschuld, und der Eigentümer verzichtet auf Ersatz. Die Weiterführung dieses Kasus in Lev 5,21-26 regelt auch den Fall, dass in einer solchen Sache ein Meineid geleistet worden ist.

Zu den Fällen, in denen der Eid das Urteil vorbereitet, gehört der verbale Teil des Eifersuchtsrituals Num 5,11-31, den die Angeklagte nicht selbst ausspricht. Bei diesem Gottesurteilsverfahren (Ordal) soll der Täter zweifelsfrei ermittelt werden.

Im Zwischenbereich zwischen dem dezisorischen und dem täterermittelnden Reinigungseid steht die Unschuldsformulierung im Falle eines Mordes unter ungeklärten Umständen Dtn 21,2-9, die die Anwohner des Tatortes aussprechen. In allen hier angesprochenen Fällen geht es um konkrete Vergehen, die eine schwere Störung der Ordnung darstellen und daher → Sühne verlangen.

Weitere als Reinigungseid zu bezeichnende Texte finden sich in den poetischen Büchern des Alten Testaments. In diesen wird grundsätzlich auf eine gerichtliche Entscheidung hingearbeitet. In den Psalmen ist nur Ps 7,4-6 als Schwur formuliert; in ihm erkennt der Beter die Verfügungsgewalt seines Gegners über sich an. Der umfangreiche Reinigungseid Hi 31,1-40 nennt nicht weniger als vierzehn Vergehen, derer → Hiob sich unschuldig bekennt. Mit diesem Reinigungseid soll Gott Hiobs Unschuld und Gerechtigkeit anerkennen. Hi 31 hat keinen konkreten Rechtsgegenstand mehr vor Augen, sondern zeichnet im Medium der Literatur ein Gesamtbild alttestamentlicher Ethik.

Literaturverzeichnis

  • Horst, F., Der Eid im Alten Testament, EvTh 17 (1957), 366-384
  • Oeming, M., Hiobs Monolog – der Weg nach Innen, in: Ders. / K. Schmid, Hiobs Weg. Stationen von Menschen im Leid (BThSt 45), Neukirchen-Vluyn 2001, 57-75
  • Strauß, H., Hiob. 2. Teilband: Hi 19,1-42,17, (BK XVI/2), Neukirchen-Vluyn 2000, 182-238

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