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(erstellt: September 2022)

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1. Name

Es handelt sich bei diesem Namen (s. dazu die Wörterbücher) sowie dem zugehörigen Gentilicium „Phönizier“ um keine Selbstbezeichnung des Landes, das heute, grob gesprochen, dem Libanon entspricht, und seiner Bewohner – die Ausdrücke finden sich in keinem phönizischen Text. Belegt sind sie erstmals bei Homer (Ilias IX,168.607; XIV,321; Text gr. und lat. Autoren); sie bringen zum Ausdruck, dass die einzelnen Städte, die zu Phönizien gehören und die seine Bewohner nicht als Einheit wahrnehmen, aus der Außenperspektive durchaus als solche wahrgenommen werden. Die Belege konzentrieren sich in hellenistisch-römischer Zeit. In einigen wenigen Dokumenten bezeichnet die Wurzel φ/ποινικ- ph/poinik auch die Tätigkeit des Schreibens und den Schreiber (Van Effenterre / Ruzé 1994, Nr. 22; 105).

Als Name für das Gebiet und für seine Städte dient neben Phönizien auch „Kanaan“ (s. Weippert 1980 [mit Einzelnachweisen zu den unten genannten Quellen]). Dieser in ägyptischen und keilschriftlichen Quellen seit dem frühen 2. Jt. v. Chr. belegte Begriff deckt geographisch neben Einzelstädten unterschiedlich weit gefasste Gebiete ab, hauptsächlich aber – in seiner weitesten Ausdehnung – den Raum zwischen der Grenze Ägyptens und → Byblos. In Texten, welche ihn zum Gegenstand haben, erscheint der Ausdruck Kanaan erst in hellenistisch-römischer Zeit, gerne mit Phönizien zusammen. Sanchunjathon führt ihn als Bruder von Eisirios ein (Euseb, Praep.ev. I,10.39), Philon von Byblos erklärt, er habe als erster den Namen Φοίνικος Phoinikos getragen (FGH 790, Fragment 2,39). Beirut, unter dem Namen Laodikea im 3. Jh. v. Chr. neugegründet, heißt bei Appian im 2. Jh. v. Chr. L’dk’ ’š b-Kn‘n (Laodikea in Kanaan), respektive Λαοδίκεια ἡ ἐν Φοινίκῃ Laodikeia hē en Phoinikē (Laodikea in Phönizien); vgl. Münzen mit l-L’dk’ ’š b-Kn‘n, respektive mit griechischem Monogramm ΛΑ Φ / ΒΗ LA Ph / BĒ. Indirekt bezeugt auch das Neue Testament die Gleichung Phönizien = Kanaan. Während Jesus nach Mt 15,22 in der Gegend von → Tyrus und → Sidon auf eine kanaanäische Frau stößt, bezeichnet sie Mk 7,26 als Griechin, Syrophönizierin von Herkunft. Diese unterschiedliche Bezeichnung hängt möglicherweise mit dem unterschiedlichen Abfassungsort der Evangelien zusammen: Syrien im ersten, Rom (?) im zweiten Fall. Im Gefolge der phönizischen Kolonisierung gelangte der Begriff auch in den Mittelmeerraum. Nach Augustin nannten sich die punischen Bauern selber noch Chanani. Vielleicht ist hier auch die Selbstbezeichnung Abdeschmuns als ’š kn‘n (vgl. dazu Weippert 1980, 354) auf einer Stele aus dem nordafrikanischen Constantine einzuordnen.

Auch im Alten Testament, wo → Kanaan / Kanaanäer meist das von den Israeliten eroberte Land, respektive seine Bewohner bezeichnet, ist dieser Gebrauch nachzuweisen (Gen 10,15: „Kanaan zeugte Sidon“). In den meisten der einschlägigen Belege hat der Ausdruck eine Sonderbezeichnung angenommen: „Händler“. Viele der Händler, mit denen es die Israeliten zu tun bekamen, waren Phönizier (s.u. 5.). An der überwiegenden Zahl der alttestamentlichen Belege von Kanaan / Kanaanäer sind die Leute aus der Spätbronzezeit gemeint, die Israel nach den Berichten des Buches → Josua vertrieben oder vernichtet haben soll. Es ist denkbar, dass sich bei ihrer Nennung auch Assoziationen an die Phönizier einstellten, vor allem dann, wenn diese wirtschaftlich-politisch im Heiligen Lande starken Einfluss ausübten oder sogar dominierten.

Allgemein wird das Nomen „Phönizier“ von griechisch φοίνος phoinos („rot“) abgeleitet und dies wiederum mit der Purpurproduktion in Verbindung gebracht.

Beim Phönizischen handelt es sich um einen nordwestsemitischen Dialekt (wie Hebräisch, Ammonitisch, Edomitisch, Moabitisch), der sich von diesen nur leicht in Lautentwicklung, Morphologie und Lexikon unterscheidet. Bezeichnend sind etwa die fehlende Pleneschreibung sowie das Verb kwn (sein) anstelle von hjh.

2. Geographische Grunddaten

Phönizien 01
Das Land besteht aus einem schmalen Küstenstreifen (mit etwas „Hinterland“). Es abzugrenzen fällt im Norden einfacher als im Süden. Die nördliche Grenze liegt ungefähr bei → Arwad (Ruād), die südliche bei Akziv (al-Zīb). Zum Einzugsgebiet oder zumindest Einflussgebiet phönizischer Städte, insbesondere von Tyrus und Sidon, gehörten zeitweise und abhängig von der Stärke des Nordreiches auch der → Karmel sowie Teile Nordisraels bis in die Ebene von → Megiddo und darüber hinaus, sogar → Galiläa. Zu fast jeder Zeit war jedoch der Einfluss von Phöniziern im Norden stark. Aussagen über gegenteilige Machtverhältnisse im Alten Testament unterliegen dem Ideologieverdacht.

Wie bei Palästina handelt es sich auch bei Phönizien um ein kleinkammriges Gebiet, dessen Hinterland – das Gebirge → Libanon – relativ zerklüftet ist und dessen Städte weiter durch Flüsse voneinander abgetrennt sind. Die wichtigen Städte und Flüsse sind von Norden nach Süden: Nahr al-Kabīr, an der heutigen libanesisch-syrischen Grenze gelegen, Arwad (Ruād), eine kleine Stadt mit zugehöriger Insel, Ṣumur / Ṣimirra (Tall Kazel), Gubla (Byblos), Nahr Ibrahīm, Nahr al-Kalb, Biruta (Beirut), Nahr al-Damūr, Nahr al-Awwalī, Ṣidunu (Sidon), Ṣariptu (Sarepta), Nahr al-Litāni, Ṣuru (Tyrus) und Akziv (al-Zīb). Im weiteren Sinne gehören auch das Gebirge Libanon und der Antilibanon zu Phönizien, wenigstens aus der Sicht des Alten Testaments. In diesem spielen Tyrus und Sidon eine äußerst wichtige Rolle, was der Bedeutung der beiden Städte in der Eisenzeit entspricht. Das zwischen ihnen gelegene Sarepta (→ Zarpat) erscheint 1Kön 17,9f (vgl. Lk 4,26); Ob 20. Byblos, geographisch von Israel und Juda aus gesehen recht weit entfernt, ist nur in Ez 27,9 belegt (als Tyrus unterstellt).

Im Neuen Testament erscheinen die Städte Tyrus und Sidon Mt 11,21f (par. Lk 10,13f) in einem Zusammenhang, der vermuten lässt, dass sie nicht über eine gute Reputation verfügten. Zwischen Herodes und den Bewohnern von Tyrus und Sidon herrschten angespannte Beziehungen (Apg 12,20). Jesus selber soll sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon begeben haben (Mt 15,21; Mk 7,24.31). Aus diesen beiden Städten machten sich viele Leute auf zu Jesus (Mk 3,8; Lk 6,17). Für das Alte wie das Neue Testament heißt Phönizien also vor allem Sidon und Tyrus.

Seine geographische Lage war Schicksal der Phönizier – in gleich zweierlei Hinsicht: 1. Da sie nur über relativ wenig landwirtschaftliches Nutzland verfügten, auch über kein beträchtliches Hinterland, mussten sie Nahrungsmittel importieren, respektive landwirtschaftlich genutztes Land unter ihre Kontrolle bringen. 2. Sie mussten deshalb vor allem vom → Handel und damit eng verbunden von der Schifffahrt (→ Schiff / Schiffbau) leben. Sie betrieben sie einerseits für sich selber, andererseits aber auch für Großmächte, die selber keinen Zugang zum Mittelmeer hatten.

3. Geschichtliche Grunddaten

Die folgenden Ausführungen orientieren sich vornehmlich an Markoe 2003, 14-66; Sommer 2005, 42-112.144-190; Sommer 2008, 30-55.82-94; Röllig 2005 und Saur 2008, 107-177 (zu Tyrus). Der Prozess der Urbanisierung setzte in der Levante, die landwirtschaftlich viel weniger produktiv war als Südmesopotamien und Ägypten, wesentlich später ein als dort. Das erklärt seine – relative – Bedeutungslosigkeit. Immerhin bildete Byblos im 3. Jt. v. Chr. wegen der nahen Libanonwälder einen Vorposten Ägyptens. Bis zum Ende der Spätbronzezeit blieb die Levante Peripherie. Sie wurde von 1500 v. Chr. an Ziel der Begierde einer weiteren Großmacht, nämlich der → Hethiter. Als Ägypten im 14. Jh. v. Chr. eine Periode der Instabilität durchquerte, beeinflusste das auch die Lage in der Levante, wie unter anderem die Briefe Ribaddis aus Byblos zeigen, der sich über die unsicheren Zustände in seinem Herrschaftsbereich beklagt.

Von 1200 v. Chr. an beginnt sich ein anderes Bild abzuzeichnen: Arwad, Byblos und Sidon sind wohlhabende Städte. Tiglat-Pileser I. behauptet zwar um 1100 v. Chr., einen Beutezug auf diese Städte unternommen zu haben. Wahrscheinlicher ist, dass er mit ihnen Handel trieb.

Von nun an waren die phönizischen Städte nicht mehr die Vasallen großer Reiche, wie schon im Reisebericht des Ägypters Wenamun zum Ausdruck kommt, der ca. 1075 v. Chr. im Auftrag des ägyptischen Hohepriesters Herihor eine Reise nach Byblos unternimmt, um dort Zedernholz für ein Kultschiff zu beschaffen. Obwohl dieser Bericht, auf einem Papyrus der 22. Dynastie erhalten, in vielem Verhältnisse aus dem 10. und 9. Jh. v. Chr. spiegelt, zudem nicht streng historisch sein muss, sondern auch unterhalten will, dürfte er doch in einem Punkt vertrauenswürdig sein und den Wandel in den Machtverhältnissen widerspiegeln: Der byblische König Zekerbaal erwartet vom Abgesandten des Pharao Gegenleistungen und weigert sich, gratis Holz zu liefern, wie das bisher üblich gewesen zu sein scheint. Sein selbstbewusstes Auftreten hängt maßgeblich damit zusammen, dass die Phönizier vieles zu bieten hatten: Kenntnisse in Schiffbau und -fahrt, kunsthandwerkliche Fähigkeiten, insbesondere in der Metallurgie (→ Metall / Metallverarbeitung), und schließlich eine Alphabetschrift (→ Alphabet), die den Handel stark erleichterte.

Als die Neuassyrer (→ Assyrien / Assyrer) zur beherrschenden Macht im Alten Orient aufstiegen, stießen sie in der Levante auch mit den dortigen Stadtstaaten zusammen, insbesondere Tyrus, das den Mittelmeerfernhandel bestimmte. Es hatte an Bedeutung gewonnen, indem es sich Sidon einverleibt hatte und so zu einem Territorialstaat und also auch politisch einflussreichen Gebilde geworden war. Die Beziehungen zwischen Phöniziern und dem assyrischen Reich, über die wesentlich mehr Dokumente vorliegen als über die zwischen ihnen und den Neubabyloniern, schwankten (detaillierte Ausführungen bei Röllig 2005, 537f; zu Tyrus s. Saur 2008, 139-153). Der Druck, den die Assyrer ausübten, war unterschiedlich stark, mal setzten die Assyrer stärker auf militärische Mittel, mal eher auf Zusammenarbeit. Während sich → Tiglat-Pileser III. noch mit Tributen zu begnügen schien, scheint sich unter seinen Nachfolgern → Salmanassar V. und → Sargon II. der Druck auf sie erhöht zu haben, allerdings mit wechselndem Erfolg. 723 v. Chr. kam es zu einem Aufstand von Festlandstädten gegen Tyrus, der wahrscheinlich von den Assyrern unterstützt wurde. In dieser Auseinandersetzung trug Tyrus den Sieg davon, worauf die Assyrer die Inselstadt vom Trinkwasser- und Nahrungsnachschub abschnitten – erfolglos: sie mussten ihre Belagerung abbrechen.

Die Quellen vermitteln einzelne Einblicke, gewissermaßen Blitzlichter, in das Verhältnis zwischen Phöniziern und Assyrern und erlauben es nicht, eine fortlaufende Geschichte ihrer Beziehungen zu schreiben. Die fehlenden Quellen können allerdings auch Hinweise auf relativ unproblematische Zeiten sein und insbesondere auf eine starke Position der Phönizier. Einige wichtige Schlaglichter: 701 v. Chr. führte Luli an der Spitze einer Städtekoalition einen Aufstand gegen die Assyrer an, der allerdings mit seiner Vertreibung aus der Stadt durch → Sanherib endete. 677 v. Chr. zog → Asarhaddon gegen das vorher von ihm protegierte Sidon, zerstörte es und ersetzte es durch eine Kar Asarhaddon genannte Stadt, von der man danach aber nichts mehr hört. 671 und 663 v. Chr. belagerte er Tyrus, dessen König Baal sich aber auf dem Thron hielt. Einige Jahre vorher, 676 v. Chr., hatten die beiden Könige einen Vertrag abgeschlossen, der es Luli erlaubte, sich zum Zweck des Handels frei im Reiche zu bewegen, auch wenn er einen Statthalter bei sich dulden musste. Wie interessiert die Assyrer an phönizischen Luxusprodukten waren, führen eindrücklich die phönizischen Elfenbeine im Nordwestpalast von → Nimrud vor Augen.

In die kurze Herrschaft der Neubabylonier (→ Babylonien / Babylonier) über den Nahen Osten fällt eine bezeichnende Episode, welche Tyrus betrifft. → Nebukadnezar II. musste die Stadt 13 Jahre lang belagern, bevor es ihm gelang, sie zu erobern. Die Königsfamilie deportierte er nach Babylon, worauf in der Stadt für einige Zeit Sufeten („Herrscher“) die Macht übernahmen.

Entspannter gestaltete sich das Verhältnis der Phönizier zu der nächsten Hegemonialmacht im Orient, den → Achämeniden, was maßgeblich damit zusammenhängt, dass diese stark von deren nautischen Fähigkeiten abhingen. Die Phönizier dürften bei der Schlacht von Salamis von 480 v. Chr., welche die Athener für sich entschieden, einen beträchtlichen Teil der Opfer zu beklagen gehabt haben. Den Sitz der Satrapie errichtete → Darius I. in Sidon, was wenigstens für einen protokollarischen Vorrang der Stadt in Phönizien spricht. In die gleiche Richtung weist auch die Übereignung der beiden Städte Dor und → Jaffa an König Eschmunazor von Sidon (KAI 14,18f). Allerdings erhob sich die Stadt ungefähr zwischen 354 und 350 v. Chr. gegen Artaxerxes III. (sog. Tennesaufstand), worauf dieser die Stadt zerstörte und die Vorherrschaft unter den phönizischen Stadtstaaten wieder an Tyrus fiel.

333 v. Chr. brachte Alexander der Große Darius III. bei Issos eine verheerende Niederlage bei. Bei seinem anschließenden Vormarsch dem Mittelmeer entlang ergaben sich praktisch alle Küstenstädte kampflos: Sidon, dessen König Straton kurz zuvor wegen Unbotmäßigkeit von den Persern abgesetzt worden war, empfing ihn sogar als Befreier. Einzige Ausnahme bildete die Inselstadt Tyrus. Erst nach einer monatelangen Belagerung und der Errichtung eines Dammes gelang es Alexander, die Stadt einzunehmen; er rächte sich brutal an ihr. In die Auseinandersetzung der Diadochen um das Erbe Alexanders wurden auch die phönizischen Städte hineingezogen. Erst bei der Schlacht von Panion 200 v. Chr. setzten sich die → Seleukiden endgültig durch. Das Zusammenleben von Einheimischen und Besatzern gestaltete sich relativ problemlos, da schon früher enge, zum Teil sogar freundschaftliche Beziehungen zwischen ihnen bestanden hatten und sie sich in Werten etc. nicht stark voneinander unterschieden. Wesentlich zu dieser Annäherung trug der Handel bei. Nicht halten ließ sich allerdings die Monarchie, da sich die seleukidischen Herrscher als Förderer und Beschützer der Städte verstanden. In dieser Funktion duldeten sie keine lokalen Konkurrenten neben sich. So verschwanden im 3. Jh. v. Chr. die einheimischen Monarchen in relativ kurzer Zeit. Die letzte Nachricht über einen König von Sidon datiert ins Jahr 280 v. Chr. Fünf Jahre später vernehmen wir von einem „Volk von Tyrus“ als Souverän.

Was die innere / politische Organisation der phönizischen Stadtstaaten betrifft, liegen – besonders für die Eisenzeit – kaum Urkunden vor. Sie waren ganz selbstverständlich als Monarchien konstituiert. Die wenigen erhaltenen Quellen zeichnen sie als solche. Zekerbaal verhandelte in seiner Funktion als König mit Wenamum, → Hiram unterhielt diplomatische und wirtschaftliche Beziehungen mit → David und → Salomo, der Eheschluss → Ahabs mit → Isebel gehört zur Heiratsdiplomatie, wie sie zwischen Königshäusern üblich war (s. unter 5.). Asarhaddon und Baal schlossen einen Vertrag miteinander ab (SAA II,5), und die phönizischen Könige sind es selbstverständlich auch, denen die Assyrer Tribute auferlegten und die gegen diese rebellierten. Homer weiß nichts von phönizischen Herrschern. Herodot (Hist. VII,98; Text gr. und lat. Autoren) nennt nach den Flottenführern in der persischen Flotte Tetramnestos aus Sidon, Matten aus Tyrus und Merbalos aus Arados; sie repräsentieren das phönizische Kontingent. Ob es sich dabei um die Könige der drei Städte handelt, ist unklar.

Aus dem Mutterland liegen praktisch nur Grabinschriften vor, welche nicht überraschend vor allem die religiösen Funktionen und Aktivitäten der Monarchen herausstreichen. Eine aufschlussreiche Ausnahme bildet die Inschrift auf dem Sarkophag Eschmunazors. Die Landschenkung des persischen Großkönigs formuliert er wie folgt: „Und dazu gab uns der Herr der Könige Dor und Jaffa. […] Und wir fügten sie den Grenzen des Landes hinzu, damit sie den Sidoniern auf ewig gehören“ (KAI 14,18f). Statt des für Könige üblichen „Ich“ erscheint hier das kollektive „Wir“ der Sidonier – Eschmunazor herrscht nach diesen Aussagen nicht in erster Linie über ein Land, sondern über einen Personalverband. Dies spricht dafür, dass die Städte politisch einer griechischen → Polis vergleichbar organisiert waren – oder, wie auch vertreten wird, diese ein Import aus Phönizien war (so prominent Burckhardt 1956, 57; kritisch zu dieser These: Raaflaub 2004). Für den Polischarakter der phönizischen Stadtstaaten, und zwar sowohl von Tyrus, Sidon wie Byblos, gibt es einige weitere Anhaltspunkte: Im Vertrag Asarhaddons mit Baal ist von Ältesten des Landes die Rede (SAA II,5.7) (vgl. weiter Arrian II,15; Diodor XV,1,45; Text gr. und lat. Autoren). Sogar das Alte Testament enthält Spuren dieses Kollegiums: Nach Ez 27,9 hatten die Ältesten von Byblos auf dem Schiffe Tyrus die Aufgabe, das Leck auszubessern. Der Mann der mit phönizischen Zügen gezeichneten tüchtigen Hausfrau gleicht auch einem Mitglied in einem Ältestengremium: „Ihr Mann ist geachtet in den Toren, wenn er bei den Ältesten des Landes sitzt“ (Spr 31,23). In den phönizischen Städten dürften vor allem die Fernhändler bestimmend gewesen sein. Einen versteckten Hinweis in diese Richtung enthält möglicherweise auch Jes 23,8: „[…] Tyrus, die andere krönte, deren Händler Fürsten waren und deren Kaufleute angesehen waren auf der Erde?“

Aus diesen Angaben zu schließen, der König habe sich auf rein repräsentative oder priesterliche Aufgaben beschränkt, ginge allerdings zu weit; die (fehlenden) Quellen erlauben keinen so weitgehenden Schluss.

4. Die phönizischen Kolonien

Phönizien 02
Die Phönizier errichteten im Mittelmeerraum eine große Zahl von Kolonien und erhielten bei diesem Unternehmen (später) Konkurrenz durch griechische Städte (vgl. Sommer 2005, 113-143). Ihrer Gründung gingen Handelsreisen und die Errichtung von Handelsniederlassungen voraus. Voraussetzung dafür waren die Ausbildung einer einfachen Alphabetschrift, welche die Phönizier als erste systematisch einsetzten, Neuerungen im Schiffbau (kleine rundbauchige Segelschiffe) sowie ein technischer Durchbruch in der Eisenverhüttung. Die ersten Handelsniederlassungen und Kolonien, die eindeutig nach Tyrus weisen, entstanden im Übergang zum 10. Jh. v. Chr. im erzreichen → Zypern. Die wichtigste phönizische Kolonie befand sich in Kition (phönizisch Qart-chadascht = „Neue Stadt“), wo die Tyrer bis sicher im 6. Jh. v. Chr. politisch dominierten. Dort wurden unter anderem wichtige Heiligtümer aus verschiedenen Epochen ausgegraben, weiter eine Nekropole. Ab 479 v. Chr. sind in der Stadt eine Reihe von einheimischen Königen bezeugt, die ihrem Reich auch Nachbarstädte einverleibten. Eine starke phönizische Präsenz ist weiter in Salamis nachgewiesen.

Auch in der Ägäis waren die Phönizier präsent; das spärliche einschlägige Material erlaubt jedoch keine allzu bestimmten Aussagen. Phönizier und Griechen arbeiteten zusammen, waren im Mittelmeerraum jedoch auch Konkurrenten. Wer beim Kulturkontakt und -austausch stärker der gebende, respektive empfangende Teil war, ist umstritten. Gegenwärtige Forschung betont stärker als frühere die Anstöße der Phönizier. Mit Sicherheit verdanken die Griechen den Phöniziern das → Alphabet (Wachter 1989).

Die bedeutendste phönizische Kolonie ist die im heutigen Tunesien gelegene Stadt Karthago (von phönizisch qart-chadascht: Neustadt). Sie liegt am Übergang vom Ost- zum Westteil des Mittelmeeres und legte sich als Relaisstation zwischen diesen nahe – die Straße von Messina war gefährlich und als solche deshalb weniger geeignet. Nach der Gründungslegende, bei Junianus Justinus (XVIII,5.8-14) und Vergil (Aen. I.IV; Text gr. und lat. Autoren) erhalten – sie zeugt von der Wichtigkeit der Niederlassung –, entfloh die tyrische Prinzessin namens Elissa / Dido ihrem Bruder Pumyaton / Pygmalion an die nordafrikanische Küste, wo ihr der einheimische König so viel Land versprach, wie sie mit einer Ochsenhaut bedecken könne. Sie zerschnitt diese in dünne Streifen, mit denen sie ein großes Areal abgrenzte. Die Gründung der Kolonie, von Timaios von Tauromenion ins Jahr 814/13 v. Chr. datiert (FGH 566, Fr. 60), fand im 9. Jh. v. Chr. statt. Die Stadt entwickelte sich rasant, bildete dabei eine eigene – punische – Identität aus, in welche einheimische und griechische Elemente einflossen, das Phönizische aber immer noch einen gewichtigen Platz behauptete. Karthago wurde zu einer eigentlichen Großmacht, gliederte sich andere Kolonien ein und wurde im 3. Jh. v. Chr. definitiv zur führenden Macht im westlichen Mittelmeerraum. Das führte, nachdem sie lange Zeit friedlich mit den Römern zusammengearbeitet hatte, zum Zusammenstoß mit ihnen, d.h. zu den drei punischen Kriegen, deren letzter zur endgültigen Zerstörung der Stadt führte.

Nur wenig später als in Nordafrika ließen sich Phönizier in Sardinien nieder, das unter anderem wegen seines Metallreichtums im Innern des Landes (Gold-, Silber-, Blei- und Zinnerz) begehrt war. Auf der Insel arbeiteten Phönizier unterschiedlicher Herkunft zusammen; im 6. Jh. v. Chr. kam eine karthagische Garnison dazu. In die Konflikte, in welche die Phönizier mit der einheimischen Bevölkerung verwickelt waren, zogen sie auch die Karthager hinein.

Noch komplizierter liegen die Verhältnisse in Sizilien, wo sich Siedler unterschiedlichster Herkunft niederließen und auf mannigfache Art und Weise interagierten – friedlich und feindlich: neben Phöniziern Elymer, Italiker und, besonders wichtig, Griechen. Ab dem 6. Jh. v. Chr. standen die Karthager den phönizischen Städten als Schutzmacht zur Seite. Jene kämpften mit der griechischen Stadt Syrakus um die Vorherrschaft.

Phönizische Präsenz auf Malta ist in antiken Quellen gut belegt, aber archäologisch kaum zu bestätigen.

Die Phönizier stießen bis nach Südspanien vor. Literarisch schlägt sich das bereits in der Nachricht von der gemeinsamen Schifffahrtsexpedition von Hiram von Tyrus und Salomo nach Tarschisch (1Kön 10,22, wohl Südspanien; →Tarsis) nieder (s.u. 5.). Mehrere phönizische Niederlassungen lassen sich archäologisch, zum Teil auch epigraphisch nachweisen. Die wichtigste unter ihnen war Gades, eine wie Tyrus dem Festland vorgelagerte Insel. Spanien war für die Phönizier vor allem seiner Silbervorkommen wegen von Interesse.

5. Israel / Juda und die phönizischen Stadtstaaten: ihre Beziehungen im Laufe der Geschichte

Die Beziehungen zwischen Israel / Juda und den phönizischen Stadtstaaten unterlagen zwar im Verlaufe der Geschichte Schwankungen, aber aufs Ganze gesehen waren letztere die stärkeren Partner. Besonders im Norden (inklusive der Küstengebiete) war ihr Einfluss immer beträchtlich. Zeitweise übte eine der Städte die vollständige Kontrolle über Teile davon aus.

Zu regionalen Ausprägungen dieser Abhängigkeit, die durchaus nicht nur als unvorteilhaft empfunden zu werden brauchten und ihren Niederschlag in Stammessprüchen sowie im → Deboralied gefunden haben: Das negative Besitzverzeichnis von Ri 1 hält in Ri 1,31 fest, dass es Asser nicht gelang, die Bewohner von Sidon und → Akko sowie anderer ganz im Norden gelegener Orte zu vertreiben. Der Aussage liegt eine ideale Vorstellung des Siedlungsgebietes Israels zugrunde. – Zwei im äußersten Norden gelegene Stämme nahmen nach dem Deboralied nicht an den Auseinandersetzungen gegen die Kanaanäer teil (Ri 5,17): Dan, das sich bei den Schiffen aufhielt, d.h. möglicherweise den Phöniziern Matrosen oder Hilfsarbeiter stellte und seine Geschäfte nicht durch eine Teilnahme an der Schlacht gefährden wollte, sowie Asser, das an der Küste des Meeres saß und noch stärker von den Phöniziern abhing und von ihnen profitierte und sich deshalb aus den gleichen Gründen wie Dan neutral verhielt. – Schonungslos formuliert Gen 49,14f, dass Issachar ein ruhiges Leben schätzte und deshalb zum Fronknecht (sicher der Phönizier) wurde. – Nicht ganz klar ist, wie sich das Verhältnis Sebulons zu seinen Nachbarn (Sidon) gestaltete (Gen 49,13). Diese – häufig schwer zu verstehenden – Stellen bilden nicht mehr als aufschlussreiche Schlaglichter, ergeben aber kein vollständiges Bild.

Die alttestamentlichen Informationen zum Verhältnis zwischen Phöniziern und Israel / Juda während der Königszeit verdienen inhaltlich im allgemeinen Vertrauen, aber nicht zwingend, was ihre zeitliche Ansetzung betrifft; sie können sich auf spätere Perioden beziehen. Dies gilt insbesondere für David und Salomo.

Die in ihrer Historizität stark umstrittene Volkszählung, die → Joab im Auftrag Davids unternahm, soll sich bis nach Sidon und Tyrus erstreckt haben (2Sam 24,6f). Hier liegt ein rein theoretischer Anspruch vor, der David in einem möglichst imperialen Licht erscheinen lassen soll. Die beiden Orte fehlen in der Parallelversion des Chronisten (1Chr 21). Nach 1Kön 5,15 sollen bereits David und Hiram ihr Leben lang ausgezeichnete Beziehungen unterhalten haben. Es handelt sich bei dieser Feststellung um keine mit konkretem Inhalt gefüllte Information. Solche liegen für König Salomo vor. Das → Libanonwaldhaus, das er errichten ließ (1Kön 7,1-12), bildete einen Teil des Palastkomplexes – der einzige Teil davon, der auch ausführlich beschrieben wird. In seinem Namen bezieht sich „Libanon“ entweder auf das verwendete Material, nämlich Holz von diesem Gebirge, in erster Linie Zedern, oder die Konstruktion glich mit den Säulen von ihrem Aussehen her einem Libanonwald.

Phönizien 03
Die gewichtigste Information betrifft den Tempelbau (→ Tempel [AT]): Nach 1Kön 5,20-25 schlossen die Könige Salomo und Hiram ein Abkommen des Inhalts, dass Salomo Bauholz aus dem Libanon für den Tempelbau erhalten und im Austausch dafür Hiram von Salomo mit Nahrung (Getreide) beliefert werden solle. Ob der Bau (oder die Renovation) des „salomonischen“ Tempels nun im 10. Jh. v. Chr. erfolgte oder später anzusetzen ist: Das Tauschgeschäft wirkt plausibel. Die Phönizier verfügten über das nötige Holz und die Handwerker (Spezialisten), um ein Heiligtum zu errichten, der Norden Israels (etwa die Scharonebene) war ein landwirtschaftlich fruchtbares und ertragreiches Gebiet. Der Tempelbau erfolgte nach 1Kön 5 in einem joint venture zwischen den Bauleuten Salomos, Hirams und Gebals (Byblos). Dieser Text setzt indirekt die Existenz von Phönizien als Einheit voraus: Er erwähnt neben dem tyrischen König Hiram und dessen Bauleuten auch die von Byblos, der ältesten Phönizierstadt im Norden (1Kön 5,32), und vermerkt, dass niemand es wie die Sidonier verstehe, Holz zu fällen (1Kön 5,20). Als solche Spezialisten bezeichnet bereits Homer die Phönizier in ihrer Gesamtheit (vgl. dazu Latacz 1990).

Zum Tempelbau selber: Nicht nur die Architektur dürfte auf die Phönizier zurückgehen, sondern auch die Ausstattung des Heiligtums und damit sein ikonographisches Programm. Ein bezeichnendes Detail: Zu den Kesselwagen Salomos gibt es Parallelen aus dem 10. Jh. v. Chr., insbesondere aus Zypern (Weippert 2006). Der salomonische Tempel war phönizisch, wurde er nun unter diesem König oder einem seiner Nachfolger errichtet (oder renoviert).

Auch eine historisch gut verbürgte Nachricht, die ein Stück weit allerdings wider den Strich gelesen werden muss, enthält 1Kön 9,10-14. Nach dieser Stelle trat Salomo König Hiram im Tausch für die Hölzer und das Gold, das er ihm zur Verfügung stellte, 20 galiläische Städte ab, die dieser, als er sie besichtigte, allerdings nicht befriedigend fand. Archäologische Untersuchungen zeigen, dass Tyrus im Übergang von der EZ I zur EZ II eine Expansion in die Akkoebene vollzog (zu den Verhältnissen im Norden Israels s. Lehmann 2008). Es liegt nahe, den archäologischen Befund mit der biblischen Nachricht in Verbindung zu setzen – und weiter zu fragen, ob damit nicht auch Aspekte in der Siedlungsgeschichte des Stammes Dan interpretiert werden können. Der Chronist sieht es gerade umgekehrt. Nach ihm baute König Salomo die Städte um, die ihm Hiram gegeben hatte (2Chr 8,2). Es handelt sich hier um die Verdrehung einer grundsätzlich vertrauenswürdigen Information in ihr Gegenteil.

Dagegen unterliegt eine weitere Nachricht schwersten Bedenken. Nach 1Kön 9,26-28 unterstützte König Hiram Salomo bei seinen Schifffahrtsaktivitäten, die ihn bis → Ofir geführt haben sollen, einem nicht mit Sicherheit zu identifizierenden Ort. Den Wahrheitsgehalt dieser Information erblickt Knauf darin, dass im 9. Jh. v. Chr., als die Machtverhältnisse zwischen Israel und den Phöniziern ausgeglichener waren als vorher, zwischen ihnen ein joint venture im Rotmeer-Handel bestand (Knauf 1994, 122).

Nach Salomo schweigt sich das Alte Testament zum Verhältnis von Israel / Juda und Phönizien aus. Informationen liegen erst wieder zu den Omriden vor, als das Nordreich erstmals so etwas wie eine staatliche Identität erlangte. Unter ihnen dürften gute Beziehungen zu den Tyrern im Interesse der wirtschaftlichen Interessen beider Partner gelegen haben – dies umso mehr, als sich im Osten die für Israel bedrohliche Aramäergefahr abzuzeichnen begann.

Das gute Verhältnis zwischen den beiden Nachbarn und ihre gemeinsamen Interessen führten zur Heirat → Ahabs, des Sohnes des Dynastiegründers → Omri, mit einer Prinzessin namens → Isebel, Tochter von Etbaal, des Königs der Sidonier (1Kön 16,31; Josephus, Ant. VIII,317f: Tochter Ittobaals, des Königs von Tyrus und Sidon; Text gr. und lat. Autoren). Bei „Sidonier“ kann es sich hier um eine Bezeichnung für die Phönizier im Allgemeinen handeln. Denkbar ist auch, dass eine der beiden Städte de facto unter der Herrschaft der anderen stand. Die Forschung ist sich nicht einig darüber, ob Isebel sidonischer oder tyrischer Herkunft war.

Die biblische Überlieferung stellt ihrem Fokus getreu nicht die guten Beziehungen zwischen Israel und dessen nördlichen Nachbarn ins Zentrum ihrer Aufmerksamkeit, sondern den verderblichen Einfluss auf religiösem Gebiet, welchen insbesondere Isebel ausgeübt haben soll. Allerdings lässt sich die Vermutung, die Errichtung eines Baalstempels in → Samaria (1Kön 16,32) gehe auf ihre Initiative zurück, nicht erhärten. Überhaupt dürfte die Religionspolitik der Omriden, welche als Abfall von Jahwe zu → Baal gedeutet wird, erst nachträglich so interpretiert worden und zu ihrer Zeit unbeanstandet geblieben sein.

Aus der Zeit → Jerobeams II., während dessen Herrschaft Israel auf einen Höhepunkt seiner Macht gelangte, verlautet über die direkten Beziehungen zwischen seinem Reich und den Phöniziern explizit nichts (vgl. immerhin Am 1,9: Tyrus, das Sklaven an Edom ausliefert; möglicherweise Einschub aus achämenidischer Zeit).

Ins helle Licht treten die Beziehungen zwischen Jehud (→ Juda [Provinz]) und Samaria und den Phöniziern in achämenidischer Zeit. Holzschnittartig formuliert gilt: Während die → Achämeniden die politische Oberherrschaft über das Heilige Land ausübten, beherrschten die Phönizier die Wirtschaft (Müller 1971). Archäologisch lässt sich das in erster Linie über Münzfunde nachweisen. Die Achämeniden prägten nicht nur selber → Münzen, sondern erteilten das Recht dazu unter anderem auch phönizischen Stadtstaaten (Tyrus, Sidon, Byblos und Arwad). Phönizische Münzen wurden schwergewichtig der Meeresküste entlang, in der Schefela sowie in den sogenannten Philisterstädten gefunden (→ Philister), die einen Teil des phönizischen Wirtschaftsraumes bildeten.

Weiter bestätigen schriftliche Quellen die wirtschaftliche Präsenz und Dominanz der Phönizier in Palästina. Der persische Großkönig überließ dem sidonischen König Eschmunazor die beiden wichtigen Orte Dor und Jaffa in der Scharonebene, einem der fruchtbarsten Teile des Heiligen Landes (KAI 14,18f).

Auch das Alte Testament bezeugt diesen Einfluss – und bewertet ihn vorwiegend negativ. Neh 13,15f handelt von der Übertretung des Sabbatgebotes. Es verletzten auch Phönizier: „Und die Tyrer, die dort wohnten, brachten Fisch und allerlei Ware herein und verkauften sie am Sabbat an die Judäer und in Jerusalem.“ Die religiös begründete Empörung gegen ihre Handelstätigkeit am → Sabbat dürfte auch einen wirtschaftlichen Grund haben: den Kampf gegen illoyale Konkurrenz. Besonderen Anstoß nahm man am Sklavenhandel, den Tyrus und Sidon betrieben. Sie verkauften nach Joel 4,4-8 Judäer an die Jawaniten (Griechen; → Jawan). Der Text droht ihnen dafür mit Gegenmaßnahmen: Phönizische Söhne und Töchter werden an die Judäer verkauft werden, die sie ihrerseits an die Sabäer (= Jemeniten; → Saba) veräußern werden. Auch der Tempelbezirk von Jerusalem, ein (wenn nicht der wichtigste) Marktort, zog die Phönizier an, die dort mit Erfolg gehandelt zu haben scheinen. Das setzte einen religiösen Traum frei, mit dem das → Sacharjabuch volltönend schließt – Zeichen dafür, als wie skandalös und demütigend phönizische Präsenz und Dominanz empfunden wurden: „Und im Haus des Herrn der Heerscharen wird kein Händler [Kanaanäer] mehr sein an jenem Tag“ (Sach 14,21).

Der wirtschaftliche Erfolg der Phönizier wirkte auch anspornend. Spr 31,10-31 zeichnet eine tüchtige Frau, die sich nicht nur in ihrem Haushalt bewährt, sondern fast noch stärker als international tätige Handelsfrau mit eigener Flotte. Sie trägt eindeutig Züge einer Phönizierin (s. Mathys 2004). Der Autor des Akrostichons verbindet sie mit vielen typisch phönizischen Attributen: Weisheit, Purpur, Handel, Kanaanäer (phönizische Händler), Schifffahrt, Herstellung von Textilien, Schönheit (abgelehnt). Er lädt so versteckt dazu ein, die gefährliche wirtschaftliche Konkurrenz der Phönizier dadurch zu beseitigen oder zumindest zu entschärfen, dass man sie imitiert – und so vielleicht übertrifft.

Die Bedeutung des (phönizischen) Handels unter den Achämeniden und Diadochen geht auch aus den Belegen von כְּנַעַן / כְּנַעֲנִי kәna‛an / kәna‛ǎnî in der Bedeutung „Händler“ in Texten aus ihrer Zeit hervor: Jes 23,8; Ez 16,29; Ez 17,4; Zef 1,11 (wahrscheinlich sekundäre Ergänzung); Sach 14,21; Hi 40,30; Spr 31,24.

Wichtige Quellen zur Geschichte der phönizisch-israelitisch-judäischen Beziehungen (aus unterschiedlichen Zeiten) enthalten auch die prophetischen Bücher, insbesondere die Fremdvölkersprüche. In diesen nehmen Sidon und Tyrus überdurchschnittlich viel Platz ein, indirekter, aber bezeichnender Hinweis auf die hohe Bedeutung, welche diese beiden Stadtstaaten tatsächlich für Israel und Juda hatten: Jes 23; Ez 26-28 (äußerst ausführlich); Am 1,9; Joel 4,4-8. Im Buche Jeremia fehlen Tyrus und Sidon in den Fremdvölkerorakeln (vgl. allerdings Jer 25,22). Diese Texte bilden eine wichtige Quelle für die Rekonstruktion der phönizischen Geschichte sowie der Beziehungen ihrer Stadtstaaten mit Israel / Juda. Ez 26 verarbeitet unter anderem die Besetzung von Tyrus durch → Nebukadnezar II. und die Eroberung der Stadt durch Alexander. Ez 27 zeichnet ein anschauliches Bild von der Seemacht Tyrus und schildert detailliert die Handelsbeziehungen der Stadt. Ez 28 schließlich enthält eine der gewichtigsten Quellen, welche Aufschluss über die phönizische Theologie vermitteln (s.u. 7.).

6. Phönizien als kultureller Hub

Juda und – noch stärker – Israel waren politisch (militärisch) sowie kulturell und religiös stark von ihren großen und kleinen Nachbarn beeinflusst, dies umso mehr, als sie ein wichtiges Durchgangsland bildeten. Allerdings waren sie nicht der Ort, wo verschiedene Kulturen primär aufeinanderstießen. Das waren die phönizischen Städte, wo Ägypter, Assyrer und Babylonier sowie Achämeniden in gleicher Weise präsent waren und die, ebenso wichtig, enge Beziehungen zum griechischen Raum unter Einschluss von Zypern unterhielten. Unter den großen Nachbarn Israels / Judas stechen die eben genannten Mächte sowie Alexander und die Diadochen hervor. Ihre Spuren im Alten Testament sind unverkennbar. Allerdings ist es wahrscheinlich, dass vieles nicht direkt über sie nach Israel und Juda gelangte, sondern über die Vermittlung der phönizischen Handels- und Schifffahrtsstädte, heutigen Hubs zu vergleichen. Dies dürfte unter anderem für zwei Stücke gelten, die im weitesten Sinne Bearbeitung ägyptischer Texte bilden: Ps 104 und Spr 22,17-24,22, ein Text, der sich teilweise aufs engste mit der ägyptischen Lehre des Amenemope berührt (so mit Knauf / Niemann 2021, 107). Besonders deutlich lässt sich in Phönizien ägyptischer Einfluss nachweisen.

7. Israel und Phönizien: eng verwandt und scharf getrennt

In vielem standen sich Israeliten und Phönizier nahe, waren eng miteinander verwandt, gerade was die Religion betrifft. Diese Nähe führte – da ganz natürlich mit Konkurrenz verbunden – auch zum Bedürfnis, sich vom Nachbarn abzugrenzen. Zwei Gesetzesbestimmungen lassen sich von diesem Hintergrund her erklären. Gleich drei alttestamentliche Bestimmungen regeln die Haartracht. Lev 19,27f verbietet den Israeliten, sich das Haar ringsum schneiden zu lassen, sich eines Toten wegen Einschnitte am Körper anzubringen und sich tätowieren zu lassen. Ähnliches sieht Lev 21,5 für die Priester vor. Dtn 14,1f schließlich bildet eine Parallele zu Lev 19,27f und begründet die Verbote damit, dass Israel ein Jahwe geweihtes und von ihm aus allen Völkern der Erde erwähltes Volk des Eigentums sei. Diese ausführliche Begründung lässt vermuten, dass dahinter ein bestimmtes Volk steht, zu dessen religiösen Bräuchen eben diese Praktiken gehörten. Es könnten die Phönizier sein. Auf der Lohnliste des zyprischen Tempels von Kition stehen nämlich unter anderem Barbiere (KAI 37A 13), und punische Inschriften kennen den glb ’lm (CIS i 257f.588), den Barbier Gottes (der dessen Statue scherte). Die unterschiedliche Einstellung von Israeliten und Phöniziern zum Scheren / Rasieren / Tätowieren könnte mit der Wichtigkeit von kleinen Unterschieden bei enger Verwandtschaft zusammenhängen.

Das dürfte auch für die unterschiedliche Einstellung gegenüber dem → Hund gelten (zum Folgenden s. Mathys 2019; dort Quellenangaben und Sekundärliteratur). In → Askalon kamen seit 1985 bei Ausgrabungen über 1000 Skelette von Hunden, die alle eines natürlichen Todes gestorben waren, zutage; die Gräber datieren in die achämenidische Zeit. Viele weitere solcher Hundefriedhöfe, allerdings alle wesentlich kleiner, wurden entlang der Mittelmeerküste (und zum Teil auch etwas weiter ins Land hinein) gefunden, alle an stark phönizisch dominierten Orten. Wahrscheinlich wurden die Hunde feierlich beerdigt, weil sie mit religiösen Vorstellungen verbunden waren; bei dieser allgemeinen Aussage muss es bleiben. Auf dem Tempeltarif von Kition (Zypern) aus dem 4./3. Jh. v. Chr. erscheinen neben vielen anderen Lohnempfängern auch Hunde und Löwenwelpen (KAI 37 A 16 [rekonstruiert]; B 10f). Nach der einen Interpretation handelt es sich bei diesen Hunden tatsächlich um solche, nach der anderen bezeichnen diese Kultprostituierte. Für die zweite Interpretation wird Dtn 23,18f ins Feld geführt: „Unter den Töchtern Israels soll es keine Geweihte und unter den Söhnen Israels soll es keinen Geweihten geben. Du sollst keinen Dirnenlohn und kein Hundegeld in das Haus des Herrn, deines Gottes, bringen, auf irgendein Gelübde hin, denn beides verabscheut der Herr, dein Gott.“ Der parallele Aufbau der beiden Verse spricht dafür, dass mit dem Hund in Dtn 23,19 ein männlicher Prostituierter gemeint ist (→ Hure / Hurerei). Phönizier und Israeliten verwenden also möglicherweise beide „Hund“ als Bezeichnung für Prostituierte bzw. Kultprostituierte, erstere in positiver, letztere in negativer Bedeutung. Für eine enge Verbindung der Phönizier mit Hunden spricht weiter die Gestalt der phönizischen Prinzessin Isebel, der Gattin von König Ahab, eine, wie es das Alte Testament sieht, fanatische Verfechterin des (auch) phönizischen Baalkultes. Als sie während der Revolution Jehus aus dem Fenster geworfen wird, gebietet → Jehu, sie solle – immerhin handle es sich bei ihr um eine Königstochter – anständig beigesetzt werden, aber die Boten, die sich auf die Suche nach ihr aufmachen, finden nur noch Schädel, Füße und Hände (2Kön 9,31-37). Das wird mit einem Wort an → Elia (1Kön 21,23) erklärt: „Und auch über Isebel sprach der Herr: Auf der Vormauer von Jesreel werden die Hunde Isebel fressen.“ Auch hier gehören Phönizien und Hund eng zusammen. Möglicherweise handelte es sich bei den Hunden, welche die Königin zerrissen, um Tiere, die sie bei ihrer Vermählung nach Samaria mitbrachte. Schließlich stehen auch im Neuen Testament Phönizier und Hunde nebeneinander. Bei der Begegnung mit einer kanaanäischen Frau aus der Nähe von Sidon und Tyrus sagt diese Jesus unter anderem: „Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen“ (Mt 15,26; vgl. Mk 7,27). Wie man die Präsenz eines Hundes bei dieser Begegnung auch versteht: Es dürfte nicht von Zufall sein, dass er auf phönizischem Gebiete auftaucht.

Daneben gibt es auch Quellen, in denen Phönizien und Phönizier eine versteckte Existenz führen: Spr 31,10-31 (s. Mathys 2004); Ps 45 (s. Mathys 2021); → Hoheslied (s. Mathys 2022). Sie alle zeichnet phönizisches Lokalkolorit aus:

Spr 31,10-31 entwirft das Porträt einer tüchtigen Frau, die entweder selbst Züge einer Phönizierin trägt oder sich in phönizischem Milieu bewegt: Sie treibt lebhaften Handel – mit einem Kanaanäer, d.h. einem phönizischen Händler –, besitzt eigene Schiffe, stellt Textilien her. Purpur (→ Farben) und → Schnee sowie vor allem Weisheit (und nicht nötige Schönheit) sind weitere Begriffe im Text, die in den Libanon weisen.

Ps 45, dessen zentraler Teil vielleicht von der Hochzeit eines Königs handelt, ist auch phönizisch tingiert: Neben dem Ausdruck „Tochter Tyrus“ und der schon erwähnten Schönheit sind es die Wichtigkeit der Kleidung, die Elfenbeinpaläste, Aromata, die auch sonst im Zusammenhang mit Phönizien auftauchen, der Ausdruck „Szepter und Thron“ (vgl. KAI 1,2), das Götterpaar „Recht und Gerechtigkeit“, die Titulierung des Königs als Gott (Elohim; vgl. Ez 28) sowie die Personenkonstellation des Psalms, insbesondere die vielen Frauen um die künftige Königin herum – sie erinnern ein Stück weit an die Freundinnen, welche zur Entourage Europas, der Tochter des Königs Agenor von Sidon / Tyrus, gehören.

– Schließlich zeichnet sich das Hohelied durch phönizisches Kolorit aus. In vier Punkten stimmt es dabei mit Ps 45 überein: 1. die Königstochter und ihre Gespielinnen; 2. die Hochzeit; 3. Kleider und → Schmuck; 4. → Elfenbein. Einige Punkte dagegen finden sich nur im Hohenlied: Die geographischen Namen im Buch weisen großenteils in den Norden Israels oder den Libanon. Das tun weiter die → Zeder und der Purpur, der Händler und Kunstgewerbliches, schließlich, besonders wichtig, der farbenprächtige → Garten von Hhld 4,12-16 (mehr dazu unten).

Zwei dieser Berührungen sind theologisch von Gewicht. In Ez 28 wird dem König von Tyrus vorgeworfen, sich der Hybris schuldig gemacht zu haben (Ez 28,2: „Ich bin [ein] Gott“). In Ps 45,7 wird dem König indirekt der gleiche Anspruch untergeschoben: „Dein [d.h. des Königs] Thron, Gott, steht immer und ewig.“ Was dem fremden (tyrischen) König als Anmaßung vorgeworfen wird, darf der einheimische Monarch unkritisiert für sich in Anspruch nehmen.

Die engste Beziehung zwischen Phönizien und Israel besteht in Bezug auf die Paradiesgeschichte. Nach Ez 28 befand sich (auch) der König von Tyrus im Garten → Eden, wo er erschaffen und aus dem er wegen seines Vergehens vertrieben wurde. Traditionsgeschichtlich dürfte Ez 28 älter als Gen 2f sein, der König sich also in Eden aufgehalten haben, bevor ein Paar in es einzog; literarisch dürfte es sich gerade umgekehrt verhalten. Die beiden Texte unterscheiden sich auch in der Ausstattung des Paradieses. Während das von Gen 2 aus Pflanzen besteht, finden sich in dem des phönizischen Königs → Edelsteine. Andere Stellen zeigen jedoch, dass auch im phönizischen Paradies Bäume standen (s. Ez 31,3.8).

Auch abgesehen vom Garten Eden weist das Motiv des Gartens stark nach Phönizien. Die ausführlichste Schilderung eines – allerdings nicht realen, sondern imaginierten und idealen – Gartens enthält das Hohelied (Hhld 4,12-16). Ihn als leicht phönizisch gefärbt zu erkennen, erlauben nicht nur die Erwähnung des Libanon am Schluss dieser Passage und die Duftstoffe, die sich in ihm finden, sondern auch seine Granatbäume (→ Granatapfel), die im Alten Testament vor allem in kultischem Kontext vorkommen (Verzierungen am Saum des priesterlichen Gewandes [Ex 28,33f; Ex 39,24-26], Granatäpfel an den beiden Säulen → Jachin und Boaz [z.B. 1Kön 7,20]). Wie vieles andere am Tempelbau scheint auch dieses Element phönizische Entlehnung zu sein. Granatäpfel und Purpur (vgl. Ex 28,5) bilden einen Teil der priesterlichen Amtskleidung. Es ist denkbar, dass sich, wenigstens was einige Elemente betrifft, von der Kleidung der jerusalemischen Priesterschaft auf die der phönizischen rückschließen lässt.

8. Das Image der Phönizier

Das Image, welches den Phöniziern in der Alten Welt, insbesondere bei griechischen und lateinischen Schriftstellern, anhaftet, knüpft an reale Verhältnisse an, kann diese aber überzeichnen – im Guten wie im Schlechten. Es betrifft vor allem die folgenden Punkte: Erfindergeist, Schrift, Kunsthandwerk, Handel, Schifffahrt, Textilien (Purpur).

Die allgemeinste Charakterisierung der Phönizier findet sich bei Diodor (V,38.3; Text gr. und lat. Autoren), der ihnen attestiert, Erfindungen zu machen, die in ihrem eigenen Interesse liegen.

Die Phönizier erfanden das Alphabet nicht. Ihnen verdankt sich aber die Gestalt, die sich durchsetzte, in welcher die Griechen es übernahmen und durch die Einführung zusätzlicher Buchstaben und seine Umwandlung aus einem konsonantischen in ein vokalisches zum weltgeschichtlich erfolgreichsten machten; das lateinische lehnt sich an es an (Wachter 1989). Die Verbindung zwischen Phönizien und Schrift ist so eng, dass die Wurzel Φοινικ- Phoinik- sogar als Bezeichnung für den Schreiber oder das Schreiben verwendet werden kann (Van Effenterre / Ruzé 1994, Inschriften Nr. 22; 105).

Hochgeschätzt wurde jede Art von phönizischem Handwerk (Diodor V,12,2; Text gr. und lat. Autoren), ein Ruf, der durch die erhaltenen Produkte eindrücklich bestätigt wird (Moscati 1988, 354-547). Ausdrücke wie „kunstvoll“ oder „weise“ tauchen überhaupt häufig auf, wo von Phöniziern, insbesondere vom Kunsthandwerk, die Rede ist; vgl. etwa Josephus, Ant VIII,76; Text gr. und lat. Autoren. In der Ilias (XXIII,740-745; Text gr. und lat. Autoren) wird als Preis für „Schnelligkeit“ ein kunstvoll gearbeiteter silberner Mischkrug ausgesetzt, den sidonische Kunsthandwerker hergestellt haben.

Nach Plinius sollen die Phönizier den Handel erfunden haben (Nat. Hist. VII,57.199; Text gr. und lat. Autoren) – eine wohl etwas zu hochgestochene Behauptung. Diodor unterfüttert sie inhaltlich (V,20,1; 35,1-5; Text gr. und lat. Autoren). Ihr Erfolg als Händler trug den Phöniziern nicht nur Bewunderung ein. Sie galten auch als Betrüger: Homer, Od. XIV,287-309; XV,415-426; Text gr. und lat. Autoren; vgl. weiter Aristophanes Fr. 957: „Ich werde ein richtiger Phönizier; mit der einen Hand gebe ich und mit der andern nehme ich weg.“

Engstens mit dem Handel gehört die Schifffahrt zusammen. Dies bringt Ez 27 dadurch zum Ausdruck, dass es Tyrus im Bilde eines Schiffes darstellt. Ein homerisches Scholion (Schol. Il. XXIII,744) behauptet, die Phönizier hätten als erste das Meer durchpflügt (vgl. weiter Herodot I,1; Strabo I,3.2; Text gr. und lat. Autoren).

Am stärksten bestimmt das Image der Phönizier die Purpurherstellung (s. Moscati 1988, 554f). Der phönizische Purpur gilt als der beste (Plinius, Nat. Hist. IX,127.137; Text gr. und lat. Autoren). Von solcher Bedeutung und solchem Wert war dieser Rohstoff, dass sich um ihn Mythen / Legenden rankten. Herakles (griechisches Pendant des phönizischen → Melqart) gilt als sein Entdecker. Auf einem Spaziergang am Meeresstrand soll die Nymphe Tyro die wundervolle Farbe, die von einer Moluske abgesondert wurde, entdeckt haben. Sie wies die Avancen des Herakles bis zu dem Zeitpunkt zurück, da er ihr ein in dieser Farbe gefärbtes Kleid schenken würde. Gleichzeitig eng damit verbunden und auch unabhängig davon genossen die phönizischen Textilien höchstes Ansehen (s. Homer, Ilias VI,288-295; Text gr. und lat. Autoren). Mit Stoffen in engste Verbindung gebracht wird auch die phönizisch tingierte tüchtige Hausfrau von Spr 31,10-31.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Karte Phöniziens. Quelle: TAVO B IV 15
  • Handelsrouten der Phönizier im Mittelmeer. Quelle: Wikipedia (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/54/PhoenicianTrade_DE.svg)
  • Transport libanesischer Zedern nach Mesopotamien (Palast Sargons II., Ende 8. Jh. v. Chr.). Quelle: Wikipedia (https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/6/6f/Transport_of_cedar_Dur_Sharrukin.jpg)

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