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Andere Schreibweise: (Altes Testament)

(erstellt: Januar 2007)

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1. Klugheit und Weisheit; Terminologie

Von Klugheit ist im Alten Testament besonders häufig in der Weisheitsliteratur die Rede. Terminologisch werden dabei verschiedene Wörter gebraucht, allen voran diverse Ableitungen der Wurzeln ערם ‛rm „klug, Klugheit“ und שׂכל śkl „einsichtig, verstehen, Einsicht / → Verstand“. Diese werden häufig zusammen mit anderen Wörtern aus dem weisheitlichen Wortfeld gebraucht, die zum Teil ebenfalls mit „klug, Klugheit“ wiedergegeben werden können. Genannt seien v.a. die Wurzeln בין bjn „verstehen, Einsicht / Verstand“, ידע jd‛ → „wissen / erkennen, Wissen / Erkenntnis“, חכם chkm „weise, Weisheit“ sowie die Nomina תושׁיה tûšijāh „Umsicht“ und מזמה məzimmāh „Klugheit / Besonnenheit“. Bereits dieser Sprachgebrauch zeigt, dass wie im Deutschen auch im Hebräischen nicht scharf zwischen Klugheit und → Weisheit unterschieden wird; hier wie dort gilt Klugheit als Teilaspekt von Weisheit.

2. Positive Einschätzung

Klugheit wird im Alten Testament (wie auch seiner Umwelt) v.a. als lebenspraktisches Vermögen beschrieben, als die Fähigkeit des Menschen, herausfordernde Situationen zu bewältigen und sich im Leben zurechtzufinden. In Spr 14,15 etwa wird der Kluge als einer charakterisiert, der auf seinen Schritt achtet, und in Spr 22,3 als jemand, der ein Unglück kommen sieht und sich daher rechtzeitig in Sicherheit bringen kann. Wie Weisheit ist Klugheit im Alten Testament nicht nur eine Sache der Intelligenz, sondern auch der Moral und der Frömmigkeit: Der Kluge ist derjenige, der sich zurechtweisen lässt (vgl. Spr 15,5; Spr 19,25), Gerechtigkeit und Recht annimmt und Gott fürchtet (Spr 1,2ff.). Nach der traditionellen → Weisheit (→ Sprüche Salomos; → Jesus Sirach) führt ein solchermaßen kluger Lebenswandel zu Erfolg (vgl. das Verb שכל [śkl] hif., das neben „verstehen / einsehen“ und „einsichtig / klug machen“ auch „Erfolg / Gelingen haben“ bedeuten kann; ähnlich das Nomen תושיה tûšijāh. Dabei ist nach alttestamentlichem Verständnis klar, dass sich beides, Klugheit wie Erfolg, letztlich Gott verdankt.

3. Kritische Aussagen

Neben dieser grundsätzlich positiven Beurteilung von Klugheit finden sich im Alten Testament mancherorts auch kritischere Aussagen. An erster Stelle sind hier die Belege von ערם ‛rm außerhalb der Weisheitsliteratur zu erwähnen, bei denen der negative Beiklang („Hinterlistigkeit“) zeigt, dass die beschriebene Klugheit selbst negativ gesehen wird (vgl. Gen 3,1?; Ex 21,14; Jos 9,4; 1Sam 23,22; Ps 83,4). Ähnlich ist auch an Stellen wie Hi 5,12-13; Hi 15,5; Spr 5,3; Dan 8,25; Sir 19,22-25 (Lutherbibel: Sir 19,19-22) von einer Klugheit die Rede, bei der die oben beschriebene Rückbindung an Gott offenbar nicht (mehr) gegeben ist. Auf eine andere Form der Kritik stößt man v.a. im → Koheletbuch, in dem es um die von Gott gesetzten Erkenntnisgrenzen geht, die der Mensch trotz all seiner (an sich positiv gesehenen) Klugheit nicht überwinden kann (vgl. etwa Pred 8,16-17).

Literaturverzeichnis

Lexikonartikel

  • Lexikon zur Bibel, Wuppertal / Zürich 1991
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2006

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