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Andere Schreibweise: Kamosch; Kamisch; Chemosch; Kemosh (engl.)

(erstellt: Juli 2008)

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Kemosch (כְּמוֹשׁ kəmôš) ist der höchste Gott der Moabiter. Die Moabiter werden im Alten Testament als das Volk des Kemosch bezeichnet (Num 21,29; Jer 48,46).

1. Name

Die Etymologie des Namens ist unsicher. Diskutiert wird eine Herleitung aus der Wurzel kmš (sich niederwerfen), der im D-Stamm die Bedeutung „unterwerfen“ zukäme. Der aus dem Verbaladjektiv gebildete Gottesname könnte dann „Unterwerfer“ bedeuten (vgl. Gaß, 169). Diese Bedeutung verweist auf einen kriegerischen Aspekt des Gottes.

2. Herkunft

Ein Gott namens Kamisch (dka-mi-iš bzw. dka-me-iš) ist in den Archiven des bronzezeitlichen Stadtstaates → Ebla (Tell Mardīch, ca. 2600-2250 v. Chr.) in dem Ortsnamen Karkemisch (kar-kamiš) belegt. In der privaten und offiziellen Religion Eblas hat dieser Gott eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Darauf deuten das Vorkommen seines Namens in Personennamen sowie die Menge der Opferrationen, die ihm zukam. Er hat einen eigenen Tempel besessen und der Name des 12. Monats bezieht sich auf ihn („Monat des Festes für Kamisch“). Umstritten ist in der Forschung allerdings, ob es sich beim moabitischen Gott Kemosch der Eisenzeit noch um denselben Gott wie im bronzezeitlichen Ebla handelt. Verbindungen werden außerdem zu weiteren Göttern gezogen.

Aus → Ugarit ist eine Gottheit bekannt, deren Name sich aus den Elementen „Schlamm / Lehm“ und kmt zusammensetzt (KTU 1.100,36; 107,16; 123,5).

Aus dem Neuassyrischen ist eine Gleichsetzung von dKa-mu-uš mit dem Wortzeichen GUD belegt, welches für den Totengeist stehen kann. Außerdem wird in einer neuassyrischen Götterliste dKa-am-muš mit dem Gott Nergal gleichgesetzt.

Die eblaitischen, ugaritischen und neuassyrischen Belege werden als Hinweis auf einen chthonischen Charakter des Gottes interpretiert. Die Gleichsetzung all dieser Gottheiten mit ähnlichem Namen aus verschiedenen Zeiten und geographischen Räumen ist mit Vorsicht zu bewerten, weil weder eine Kontinuität desselben Gottes noch seine Entwicklung zum moabitischen Hauptgott sicher nachweisbar sind. Zur Beurteilung des moabitischen Kemosch, der im Alten Testament erwähnt wird, sollten deshalb allein die moabitischen Zeugnisse herangezogen werden. Diese deuten nicht auf einen chthonischen Charakter des Gottes, sondern auf den Charakter eines Kriegsgottes.

3. Der moabitische Kemosch

Mescha 1 Stele

Als wichtigste Quelle über den moabitischen Kemosch ist die Inschrift auf der Mescha-Stele aus dem 9. Jh. v. Chr. zu nennen (→ Mescha / Mescha-Stele mit dem Text der Inschrift). Kemosch wird dort 12-mal erwähnt, inklusive der Nennung innerhalb des Personennamens Kemoschjat und des zusammengesetzten Götternamens Aštarkemosch. Die Inschrift ist formal ein Baubericht des Königs Mescha. Eigentlicher Zweck der Inschrift ist aber die Selbstrepräsentation des Königs. So rühmt sich Mescha in der Inschrift vor allem seiner militärischen Erfolge. Mit König Meschas Baumaßnahmen und seinen errungenen Gebietserweiterungen dürfte Moabs Staatlichkeit begonnen haben. In der Inschrift wird die Stellung Kemoschs deutlich: Kemosch ist der Gott des Königtums. Er gibt Mescha den Auftrag zur Eroberung fremder Territorien, er ermöglicht den Sieg und ihm werden die besiegten Völker geweiht. Die Mescha-Inschrift berichtet darüber hinaus, dass Mescha seinem Gott Kemosch zu Ehren eine → Kulthöhe (bmh) errichtet. Auch ein fragmentarischer Text aus → Dibon erwähnt möglicherweise einen Tempel Kemoschs (bt k[mš]). Archäologisch ist bis jetzt jedoch kein Tempel ergraben und zugewiesen worden.

Mögliche Darstellungen des Gottes konnten bisher nicht eindeutig identifiziert werden. Diskutiert werden immer wieder die Darstellung eines Kriegers auf einem Bildrelief aus Ruǧm el-‘Abd, die ägyptisierende Darstellung eines Gottes mit Hörnerkrone auf der sog. Balua-Stele und eine theriomorphe Darstellung auf einem Siegel aus Dibon, auf dem ein Gott als „Herr der Tiere“ erscheint.

4. Kemosch im Alten Testament

Die Hebräische Bibel erwähnt den Namen Kemosch achtmal: Num 21,29; Ri 11,24; 1Kön 11,7.33; 2Kön 23,13; Jer 48,7; Jer 13,46. In Ri 11,24 wird Kemosch mit den Ammonitern in Verbindung gebracht, was zu Überlegungen bezüglich einer Gleichsetzung Kemoschs mit → Milkom, dem Gott der Ammoniter, geführt hat. Diskutiert wird auch eine Verschreibung. Wahrscheinlicher ist die These, nach der das in Ri 11 gemeinte ammonitische Territorium ursprünglich moabitisch war und der Gott Kemosch immer noch die Oberhoheit über dieses Territorium innehatte (vgl. dazu Mattingly, 218).

Nach dem Bericht von 1Kön 11 wurde der Kult Kemoschs durch Salomo für seine fremdländischen Frauen eingeführt. Kemosch erhielt ein eigenes kleines Heiligtum (→ Kulthöhe). Der deuteronomistisch und nachdeuteronomistisch bearbeitete Bericht polemisiert gegen die in damaliger Zeit übliche religionspolitische Maßnahme der Integration fremder Gottheiten in das eigene Götterpantheon. Kemosch wird in Konkurrenz zum deuteronomistisch geforderten Alleinverehrungsanspruch JHWHs als Götze (šqṣ) bezeichnet. Der Bericht von der Kultreform → Josias berichtet in 2Kön 23,13 von der Zerstörung seiner Kulthöhe.

Die in Jer 48,7 angekündigte Verbannung, in die Kemosch seinen Priestern und Fürsten voranzieht, greift die altorientalische Vorstellung auf, nach der die eroberten Götter bzw. Götterbilder als Kriegsbeute von den Siegern mitgenommen wurden.

Kemosch 2

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999

2. Weitere Literatur

  • Gaß, E., 2008, Die Moabiter – Geschichte und Kultur eines ostjordanischen Volkes im 1. Jahrtausend v. Chr. (ADPV), Wiesbaden, 169-172 (im Druck)
  • Mattingly, G.L., 1989, Moabite Religion, in: A. Dearman (Hg.), Studies in the Mesha Inscription and Moab, Atlanta, 211-238
  • Niehr, H., 1998, Religionen in Israels Umwelt. Einführung in die nordwestsemitischen Religionen Syrien-Palästinas (NEB Erg.-Bd. 5), Würzburg, 213-216
  • Worschesch, U., 1992, Der Gott Kemosch, UF 24, 393-401

Abbildungsverzeichnis

  • Mescha-Stele. Aus: H. Gressmann, Altorientalische Bilder zum Alten Testament, Berlin / Leipzig 2. Aufl. 1927, Tf. LIII
  • Vorderasiatische Völker wie die Assyrer deportierten die Götterbilder aus den Tempeln eroberter Städte (Wandrelief aus dem Palast Tiglat-Pilesers III., 745-727 v. Chr., in Nimrud). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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