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Andere Schreibweise: Jeshurun; Jesurun (engl.)

(erstellt: November 2009)

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1. Belege, Etymologie und Bedeutung

Jeschurun (hebr. ישׁרון jəšurûn) ist eine poetische Variante des Namens Israel oder ein Kose- bzw. Ehrenname Israels. Er wird im Alten Testament an vier Stellen verwendet, einmal im Lied des Mose (Dtn 32,15), zweimal im → Segen des Mose (Dtn 33,5.26), jeweils zur Bezeichnung Israels, und einmal in direkter Anrede bei → Deuterojesaja (Jes 44,2), wo er für den erwählten Knecht Gottes gebraucht wird.

Der Name ist wohl von der Wurzel ישׁר jšr „gerade / aufrecht / rechtschaffen sein“ abzuleiten, bedeutet also „der Gerade / Aufrechte“. Die Endung „-ôn (bzw. -ûn)“ ist eine Verkleinerungsendung, die auch in anderen Namen begegnet, z.B. Simson (šimšôn) und Sebulon (zəbulûn).

Die Septuaginta übersetzt das Wort Jeschurun nicht als Eigennamen, sondern mit ἠγαπημένος ēgapēmenos „Geliebter“ und gibt Jes 44,2 mit „das geliebte Israel“ wieder. Die anderen antiken griechischen Übersetzungen (Aquila, Symmachus und Theodotion) haben im letzteren Fall „das gerade Volk“. Im Neuen Testament werden Jesus (Eph 1,6) und die Christen (Kol 3,12; 1Thess 1,4; Jud 1) als „Geliebte“ (ἠγαπημένος ēgapēmenos) bezeichnet.

2. Jeschurun – Israel – Jakob

Der Name Jeschurun steht fast immer (außer in Dtn 33,26) in Parallele zu oder im Kontext von den beiden Namen → Israel und → Jakob. Die meisten Ausleger betrachten den Namen Jeschurun für Israel als einen bewussten Gegensatz zum Namen Jakob, den man im Sinne von „Betrüger / Überlister“ verstehen kann (Gen 25,26; Gen 27,36; Hos 12,4). Er sei als Hypokoristikum (Koseform) des Namens Israel gebildet worden, um negative Konnotationen von Israel fern zu halten und seine Ehre zu betonen. Ein anderer Vorschlag ist, dass Jeschurun (Dtn 33,5) ursprünglich einen mit Juda nachbarschaftlich zusammenlebenden nichtisraelitischen Verband bezeichnete (→ Kaleb, → Kain, → Otniel oder Jerachmeel), der dem System der zwölf Stämme Israels als Ersatz für den verschollenen Stamm Simeon eingefügt worden sein soll (Seebaß, 161). Unbeantwortet ist die Frage, warum die Bezeichnung Jeschurun für Israel im Alten Testament so selten begegnet.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • The International Standard Bible Encyclopaedia, Grand Rapids / Mich. 1960
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Interpreters Dictionary of Bible, Nashville 1962-1976
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (Art. ישׁרון)
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
  • Das Große Bibellexikon, 2. Aufl., Wuppertal 1990
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Jerusalemer Bibellexikon, 3. Aufl., Stuttgart 1995
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007 (Art. Name)
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg i.Br. / Basel / Wien 2008

2. Weitere Literatur

  • Bacher, W., ישרון, ZAW 5, 1885, 161ff.
  • Barr, J., The Symbolism of Names in the Old Testament, BJRL 52, 1969/70, 11-29
  • Danell, G.A., Studies in the Name Israel in the Old Testament, Uppsala 1946
  • Debus, F. Namen in literarischen Werken. (Er-)Findung – Form – Funktion (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, Stuttgart 2002
  • Fritz, V., Die Entstehung Israels im 12. und 11. Jahrhundert v. Chr. (BE 2), Stuttgart / Berlin / Köln 1996
  • Naor, M., יעקב und ישׂראל, ZAW 49, 1931, 317-321
  • Noth, M., Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung (BWANT 10), Stuttgart 1928 (S. 9-11)
  • Odelain, O. / Schierse, F.J., Lexikon der biblischen Eigennamen, Neukirchen-Vluyn 1981
  • Sachsse, E., Die Etymologie und älteste Aussprache des Namens ישׂראל, ZAW 34, 1914, 1-15
  • Seebaß, H., Die Stämmeliste von Dtn. XXXIII, VT 27, 1977, 158-169
  • Schwennen, J., Biblische Eigennamen. Gottes-, Personen- und Ortsnamen im Alten Testament, Stuttgart 1995
  • Wächter, L., Israel und Jeschurun, in: K.-H. Bernhardt (Hg.), Schalom. Studien zu Glaube und Geschichte Israels (FS A. Jepsen), Berlin 1971, 58-64
  • Wieseman, D.J., Law and Order in Old Testament Times, Vox Evangelica 8, 1973, 5-21.14

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