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Herrschaft

(erstellt: März 2011)

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1. Der Begriff und seine Bedeutungen

Das im Althochdeutschen belegte Wort herscaph bezeichnet sozialgeschichtlich seit dem 13. Jh. allgemein die Dominanz eines Einzelnen über Menschen, Sachen und Gebiete, hatte aber schon vorher den König und Gott als „Herren“ im Blick. Erst als in der Neuzeit „Herrschaft“ zu einem juristischen und soziologischen Universalbegriff geworden war und auf den Staat als Referenzrahmen bezogen wurde, verlor der Begriff immer mehr seine personale Bedeutung, bis er in unserer Zeit zum politischen Schlagwort wurde, das gern kritisiert und tabuisiert wird. Eine besonders subtile Weise der (Re)personalisierung ist die moderne Auffassung der Herrschaft von anonymen politischen, wirtschaftlichen und bürokratischen Sachzwängen (Koselleck, 1982, 1-4).

Die Skepsis gegenüber allen Formen von Herrschaft speist sich angesichts des Bedeutungsumfangs vor allem aus den Assoziationen von Macht, Gewalt und Unterdrückung. Das beginnt, oft unbewusst, bei der Dominanz von Gewohnheiten und Traditionen, setzt sich sehr bewusst fort bei der Herrschaft von Personen (Vorgesetzte) und Gruppen („Klassenherrschaft“) und erstreckt sich über die Hegemonie von anonymen Bürokratien bis hin zu meinungsdominierenden Massenmedien.

Terminologisch präziser sind die antiken Äquivalenzbegriffe: So war ἀρχή archē ein Allgemeinbegriff, der weiter differenzierbar war, sofern Gewalt (βία bia und ἰσχύϛ ischys), Vermögen (δύναμιϛ dynamis) und Vollmacht (ἐξουσία exousia) voneinander abgesetzt und selbst die größtmögliche Machtkonzentration (κράτοϛ kratos) bzw. Entscheidungshoheit (κύροϛ kyros) noch terminologisch unterschieden wurden. Diesem Befund entsprechen die lateinischen Termini, die ein ähnliches Spektrum abdecken. So fächerte sich das grundlegende dominium in die Aspekte der Regierungsgewalt (imperium) und deren Legitimation (auctoritas und dignitas) sowie in die Perspektive des Zwangs (vis), der Verfügungsmöglichkeit (potestas) und der Machtmittel (opes) auf (Stockmeier, 1988, 878f).

Besonders nachdrücklich und weit über die Sozialwissenschaft hinaus rezipiert wurde „Herrschaft“ als politisch-soziologischer Grundbegriff von Max Weber, der im Rahmen staatlicher Organisationsabläufe von einer Machtausübung ausgeht, die er als „Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung seinen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen“ (Weber, 1921, 28), verstand und im Herrschaftsbegriff als „Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“ (Weber, 1921, 28), präzisierte. Für die Gehorsamsbegründungen entwickelte er eine Herrschaftstypologie, die „drei reine Typen legitimer Herrschaft“ unterschied: die rationale, die traditionale und die charismatische Herrschaft (Weber, 1921, 124). Selbstverständlich war sich Max Weber bewusst, dass es sich um drei idealtypische Kategorien handelte, deren Grenzen fließend sind, dennoch können sie helfen, die altisraelitischen Verhältnisse zu ordnen, zumindest was die charismatische Herrschaft betrifft, die von exponierten Fähigkeiten des Herrschers ausgeht, und die traditionale Herrschaft, die bewährt-stabile Ordnungen im Blick hat. Aber selbst die legale Herrschaft als sach- und rechtmäßig begründetes Ordnungsgefüge dürfte im Alten Israel geschichtsbildend gewesen sein. Wenn sich heute weitgehend der rationale Typ durchgesetzt hat, dann wegen seiner bürokratischen Möglichkeiten bei kollektiven Aufgaben und Notwendigkeiten. Und wenn heute eine Distanz gegenüber Herrschaft als soziologischem Universalbegriff besteht, dann resultiert das vor allem aus der Unterscheidung zwischen Herrschaft und Autorität, lateinisch formuliert: zwischen potestas und auctoritas: „Bei der potestas handelt es sich um die verfassungsgemäße, gesetzlich geregelte Amtsgewalt des beamteten Amtsträgers, der seine Herrschaftsbefugnisse legal bevollmächtigt und begrenzt wahrnimmt. Auctoritas wird demgegenüber nicht verliehen, sondern – mit oder ohne potestas – gewonnen. Sie beruht auf der praktischen und überzeugenden Einsicht in das Gute, Wahre und Schöne, das zum Wohl aller Menschen Gültige und Dienliche“ (Gunneweg / Schmithals, 1980,13f).

2. Hebräische Lexeme und ihre Semantik

Als Abstraktnomen zur Bezeichnung von Herrschaft sind nur מֹשֶׁל mošæl II in Sach 9,10 und Dan 11,4 sowie מִמְשָׁל mimšāl in Dan 11,3.5 und 1Chr 26,6 bezeugt. Das diesen Nomina zugrunde liegende Verbum משׁל mšl II wird dagegen sehr häufig verwendet, ohne allerdings unmittelbar Nuancierungen preiszugeben. Recht selten ist dabei Gott der Herrscher, der über Israel (Ri 8,23; Jes 63,19; Ps 59,14) bzw. andere Völker (Ps 22,19) oder das Meer (Ps 89,10) gebietet und ein kosmisches Königtum repräsentiert (Ps 103,19; 1Chr 29,12). Nur einmal sind in einem übertragenen Gebrauch → Sonne und → Mond „Herrscher“ über die Einteilung in Tag und Nacht (Gen 1,18). Kollektive Herrschaft übt das eine Mal Israel aus (Dtn 15,6), ein anderes Mal praktizieren das die → Philister (Ri 14,4). In den überwiegenden Fällen sind es einzelne Menschen, denen mit unterschiedlichen Geltungsbereichen eine potestas anvertraut ist, entweder im administrativen Bereich (Gen 24,2; Gen 45,8.26; Ps 105,21) oder im Zusammenhang königlicher Machtbefugnis (Gen 37,8; Ri 8,22f; Ri 9,2), bei der besonders das Partizip מוֹשֵׁל môšēl den Herrscher in seiner Funktion als oberster Machthaber bezeichnet (Jos 12,5; 1Kön 5,1; Spr 23,1; Spr 29,12.26; Pred 9,17). Der Machtbereich kann ein umgrenztes Land (Jes 16,1) sein, aber auch weit darüber hinausgehen (Jos 12,2; Ps 105,20; Spr 28,15). An einigen Stellen wird der Gedanke der Gewalt assoziiert, wenn von tyrannischer Herrschaft die Rede ist (Jes 14,5; Jes 49,7; Jes 52,5; Jer 51,46). Im Gegensatz dazu wird ein Zukunftsherrscher erwartet, mit dem ein Friedensreich verbunden wird (Jer 30,21; Mi 5,1; Sach 6,13; → Eschatologie). Potestas und auctoritas verschwimmen, wenn vom Herrschen des Ehemanns (Gen 3,16), der vornehmen Jerusalemer Frauen (Jes 3,12), der Reichen (Spr 22,7) und der Gottlosen bzw. Frevler (Ps 19,14; Spr 29,2) die Rede ist.

Andere Verben sind seltener, lassen allerdings eher negative Modifikationen erkennen. Dazu gehören die Wurzel נגשׁ ngš, die mit ihrer Bedeutung „drängen / treiben / antreiben“ im Partizip den Herrscher bezeichnen kann (Jes 3,12; Jes 14,2.4; Jes 60,17; Sach 9,8; Sach 10,4), die Wurzel עצר ‘ṣr, die den Herrscher als Freiheitsberauber sieht, und die Verben רדה rdh bzw. כבשׁ kbš, die in Gen 1,26.28 im Rahmen der ersten Schöpfungserzählung die Gottebenbildlichkeit des Menschen unter dem Aspekt der Herrschaft über die Tiere bzw. die Erde zum Ausdruck bringen. Ihre Bedeutung „treten / niedertreten“ wird im Alten Orient ikonographisch oft realisiert und ist auch im Alten Testament herrschaftsideologisch bekannt (רדה rdh 1Kön 5,4; Ps 72,8; Ps 110,2, vgl. auch Lev 26,17; Num 24,19; Jes 14,2; Ez 34,4 – כבשׁ kbš Jer 34,11.16). Neben dieser negativen Assoziation steht als Ausnahme nur ein einziges positives Bild, sofern die Wurzel שׂרר śrr zweimal den Herrscher als Wahrer des Rechts nennt (Jes 32,1; Spr 8,16).

Mehrere Male wird sowohl verbal als auch nominal die herausgehobene Stellung des Herrschers zum Ausdruck gebracht: Das hebräische Verbum für „sitzen / sich setzen“, ישׁב jšb, kann als qualifizierte Handlung das Thronen und damit das Regieren des Herrschers im Blick haben (1Kön 1,46; 1Kön 2,12; Jer 22,4; Am 1,5.8; Est 1,2; Ps 29,10). Im Zusammenhang der oft dargestellten Kerubenthrone wird Gott als Herrscher ausgewiesen (1Sam 4,4; 2Kön 19,15; Jes 37,16; Ps 80,2; Ps 99,1). Stärke und Macht sind besonders mit der Wurzel גבר gbr in Zusammenhang gebracht, bei der im Rahmen von Herrscheraktivitäten, wenn auch nicht vom König, das männliche Nomen גְּבִיר gəvîr benutzt wird (Gen 27,29.37). Überraschenderweise viel häufiger ist jedoch die feminine Form גְּבִירָה gəvîrāh, die die Stellung einer angesehenen Frau als „Gebieterin“ meint (Gen 16,4.8f; 2Kön 5,3; Jes 24,2; Ps 123,2; Spr 30,23 – metaphorisch für Babylon als Herrin der Welt: Jes 47,5.7) und zuweilen damit auch die → Königinmutter bezeichnet, ohne dass ein Herrscheramt vorliegt (1Kön 11,19; 1Kön 15,13). In einzelnen Fällen haben Nominalbildungen mit doppeltem mittlerem Radikal als Funktionsbezeichnungen Machthaber vor Augen, so אַבִּיר ’abbîr (Ps 68,31), אַדִּיר ’addîr (Jer 30,21; Ps 136,18) und גִּבּוֹר gibbôr (Gen 10,8; Ps 52,3; Ps 120,4). Für männliche Macht- und Würdenträger wird vorzugsweise der Begriff אֲדוֹן ’ǎdôn benutzt (Gen 18,12; Gen 24,9.12; Gen 42,30.33; Gen 45,9; Ex 21,5; 1Kön 22,17; → Herr), auch dann, wenn der König gemeint ist (Gen 40,1; 1Sam 25,14; 1Sam 29,8; 2Sam 14,15; Ps 110,1). Die Herrschaft des → Königs als solchen wird schließlich oft durch das Verbum מלך mlk angezeigt (Gen 36,31; Jos 13,12.21; Ri 9,8; 1Sam 12,14; 2Sam 5,5; 1Kön 6,1) und verbal genauso, freilich selten, die Amtsführung der Herrscherin (2Kön 11,3; Est 2,4).

3. Gestalten und Legitimationen von Herrschaft

3.1. Alter Orient

Wenn man von späteren griechischen und römischen Verhältnissen absieht, in denen zeitweise Herrschaftsverhältnisse stärker diversifiziert wurden (Eder, 1998, 491-493), haben in der Zeit und dem Raum, an denen das Alte Israel Anteil hatte, in Stadtstaaten und Territorialreichen im Wesentlichen monarchische Herrschaftsstrukturen die Grundlage der gesellschaftlichen Ordnung gebildet. In Babylonien und Assyrien setzte sich im Laufe des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. eine Zentralisierung von Herrschaft durch, die genau wie die in Ägypten im Grunde genommen keiner Begründung und Legitimation bedurfte, weil für die → Sumerer das Königtum vom Himmel kam, die → Assyrer und → Babylonier im Auftrag ihrer höchsten Gottheiten handelten und das Königsamt in Ägypten eng mit dem Sonnengott verknüpft war (→ König / Königtum [Ägypten]).

Im 1. Jahrtausend v. Chr., der Zeit des Alten Israel, wurde in Assyrien das Königtum in die uranfängliche Schöpfungs- und Weltordnung eingebunden und göttlich mit dem Auftrag legitimiert, die kosmische Ordnung innen- und außenpolitisch aufrechtzuerhalten (Maul, 1998; → König / Königtum [Alter Orient]). D.h., der Herrscher musste seinen baulichen, militärischen, kultischen und sozialen Pflichten zum Wohl des Landes und seiner Menschen nachkommen. Die einzelnen Träger der Königswürde bedurften durchaus der Legitimation, bei der sich dynastische Grundsätze und göttliche Erwählung miteinander verbanden. Der König wurde mit typischen Herrschaftsinsignien (Ornat und Attribute wie: Thron, Zepter, Stab, Waffen u.a.) inthronisiert und konnte später in Einzelfällen, anders als die Institution Königtum, auch kritisiert werden. Gab es keine direkten Nachfolger, traten auch Verwandte oder adoptierte Personen die Sukzession an. Gegen die dynastische Folge haben zuweilen Usurpatoren die Regentschaft übernommen oder Personen, die von fremden Herrschern eingesetzt wurden. Für Ägypten, Hatti, Israel und Persien, hier allerdings erst in spätsasanidischer Zeit, sind auch Frauen als Regentinnen bezeugt.

Als monarchisches System grundlegend in der gesamten Geschichte des Alten Orients war die Königsherrschaft. Als „König“ wurde allerdings in Keilschrifttexten selbst das Oberhaupt nomadisierender Stämme bezeichnet. Als jeweilige Begriffe finden sich, ohne Rücksicht auf Größe und Bedeutung des Herrschaftsgebietes sumerisch LUGAL „großer Mann“, akkadisch wiedergegeben mit šarru und malku „Ratgeber“ (vgl. hebr. מֶלֶךְ mælækh „König“). Darüber hinaus kommen sumerisch NUN und akkadisch rubā‘um „Vornehmster“ sowie sumerisch EN und akkadisch bēlu „Herr“ vor. Diese Bezeichnungen konnten zeitspezifisch variieren bzw. mit Abstufungen ergänzt werden, etwa durch waklum „Beauftragter“ als Herrscher einer Stadt oder iššiakum „Statthalter“ als Verwalter des Gottes Assur (Cancik-Kirschbaum, 1998, 493f).

Wie eng Königtum und Religion verbunden waren, wird in Mesopotamien besonders durch die Verbindung von Kosmogonien und Kratogonien (Entstehung der Welt und der Herrschaft), von Königshof und Staatskult und von Königtum und Tempel- bzw. Kultpflege deutlich (Cancik-Kirschbaum, 1998, 493-495). Das gilt ebenso für Ägypten, wo seit Mitte des 2. Jahrtausends v. Chr. der Herrscher die Bezeichnung pr ‘3 „großes Haus“ (davon leitet sich „Pharao“ ab) trug und seit dem Alten Reich mit einer fünfgliedrigen, z.T. regierungsprogrammatischen Titulatur (vgl. Jes 9,5f) und weiter spezifizierenden Titeln ausgestattet wurde. Für den gesamten Alten Orient gilt im Rahmen der Aufgaben und Funktionen ein dreifacher Wirkungsbereich: Im horizontalen Gefüge hatte der Herrscher innerterritorial die kosmische Ordnung und das Wohlergehen des Landes, im Falle Ägyptens also Ma‘at (richtige Welt- und Lebensordnung; → Maat) zu verwirklichen und extraterritorial das Chaos in Gestalt von Feinden abzuwehren sowie im vertikalen Gefüge den Kult für die Gottheiten zu gewährleisten.

Da ein Großteil der Schriften des Alten Testaments in der Perserzeit (etwa 520-333 v. Chr.) entstand, ist die Herrschaftsorganisation und Herrscherauffassung der Perser besonders beachtenswert. Schon bald nach den Mederkönigen und föderalen Herrschaftsstrukturen bildete sich eine persische Ideologie heraus, die Herrscher und Beherrschte diametral entgegensetzte, aber angesichts der persischen Weltreichsverhältnisse (→ Weltreiche) unterschiedlich gestufte Abhängigkeiten schuf. Allgemein bekannt ist als Titel der mittelpersische Terminus šāh „zur Herrschaft ausgezeichnet“ bzw. erweitert: šāhān šāh „König der Könige“. So bezeichnete sich auch → Darius I. (522-486 v. Chr.), unter dem die monarchische Herrschaft stark verrechtlicht und bürokratisiert wurde. Als Repräsentant der Gottheit garantierte er mit seiner Machtfülle das Wohl der Menschen, war aber offenbar angesichts eines Kronrates nicht im strengen Sinne ein absoluter Herrscher, der aber, unter der Voraussetzung, dass Xenophons Kyroupaideia zutrifft, hohe körperliche, geistige und moralische Ansprüche erfüllen musste (Stockmeier, 1988, 881f). Wie bei den Ägyptern und möglicherweise zu Beginn der israelitischen Königszeit unter Jerobeam I. (vgl. 1Kön 12,25; 1Kön 14,17) kann man eine Art Reisekönigtum annehmen, denn es gab für unterschiedliche Anlässe verschiedene Residenzen. Zwar diente neben den dynastischen Bindungen auch die Nähe zu den Göttern der Legitimation, gleichwohl wurden erst die Könige der Sasaniden göttlich attribuiert, aber dennoch von den Göttern getrennt.

3.2. Das Alte Israel

Das Alte Testament entwirft in seiner theologischen → Geschichtsschreibung in den Büchern Genesis bis Deuteronomium und Josua bis 2Könige ein Bild, das die Patriarchen → Abraham, → Isaak und → Jakob mit ihren Familien als → Fremdlinge im Land sieht (Gen 12-36), deren Nachkommen über → Josef nach Ägypten geraten (Gen 37-50), dort zum geknechteten Volk werden, das von seinem Gott JHWH befreit (Exodus) und nach langer Wüstenzeit (→ Exodus bis → Deuteronomium) durch Eroberungen (→ Josua) in das verheißene Land geführt wird, in dem es zunächst ohne monarchische Spitze lebt (→ Richterbuch), dann aber („in jenen Tagen gab es noch keinen König in Israel; jeder machte, was er wollte, Ri 21,25) von einem König regiert wird (→ Samuelbücher bis → Königsbücher). Die kritische Forschung weiß heute um einen komplizierten Entstehungsprozess Israels zum Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. Es entwickelten sich beim Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im zentralen Gebirgsland Stämme, die sich aus der ehemaligen Bevölkerung kanaanäischer Städte, sozial desintegrierter Gruppen und Nomaden aus dem Umfeld von Städten sowie aus der Exodusgruppe zusammensetzten. So war das frühe „Israel“ eine segmentäre, aus einzelnen Teilen sich formierende akephale Gesellschaft, die Ackerbau und Viehzucht betrieb und nur im Falle von Gefahren sippenübergreifende politische Allianzen einging, indem eine „Richter“ genannte charismatische Rettergestalt auftrat, ansonsten aber Familien- und Sippenhäupter aufgrund ihrer auctoritas und nicht infolge einer potestas Leitungsfunktionen hatten. In dieser Gesellschaft ist die Autorität des Vaters grundlegend, die durch das Ansehen der „Ältesten“ (זְקֵנִים zəqenîm) ergänzt wird, vielleicht auch durch einen Sprecher, sofern sich diese Funktion hinter der Bezeichnung נָשִׂיא nāśî’ „Aufgehobener“ verbirgt. Demnach scheinen Ansehen, Begabung und Alter in der Frühzeit wichtige Kriterien gewesen zu sein. Ob neben den charismatischen Rettergestalten eine Reihe von ebenfalls als „Richter“ bezeichnete Personen (Ri 10,1-5; Ri 12,8-15) lokale oder regionale Regierungs- bzw. Leitungsaufgaben hatten, gegebenenfalls in den Städten, ist schwer zu sagen.

Politische (Philister), wirtschaftliche (Zusammenbruch des internationalen Handels, Überbevölkerung) und gesellschaftliche (soziale Komplexität) Faktoren beschleunigten am Anfang der Eisenzeit nach 1200 v. Chr. individuelle Herrschaftsformen, zunächst chiefdoms bzw. Häuptlingstümer (→ Gideon Ri 6-8; → Abimelech Ri 9), zu denen auch noch die Herrschaft Sauls (1Sam 8-31) gehörte, im Grunde genommen auch noch die von → David in → Hebron (2Sam 2,1-11), der bald auch zusätzlich über das Nordreich Israel herrschte (2Sam 5,1-5), mit Jerusalem als Regierungssitz (2Sam 5,6-12). Über den Heerbann der Bauern hinaus verfügte David über ein Söldnerheer (2Sam 8,18) und einen Beamtenstab (2Sam 8,15-18; 2Sam 20,23-26). Nachfolger wurde sein Sohn Salomo (1Kön 1-11), dem der Bau von Tempel und Palast zugeschrieben wird (1Kön 6-7). Eine rege Bautätigkeit (1Kön 9,15-19) in einem Großreich konnte archäologisch allerdings bisher nicht nachgewiesen werden.

Ein dynastisches Prinzip, das später hoftheologisch sanktioniert wurde (2Sam 7), hielt sich auch durch, als nach → Salomo eine Spaltung in Nord- und Südreich erfolgte, wenn es auch im Norden erst mit Omri (822-871 v. Chr.) in Samaria (vorher → Sichem, → Pnuel und → Tirza) zu einer dauerhafteren Dynastiebildung kam. 722 v. Chr. eroberten die Assyrer das Nordreich, 587/86 v. Chr. die Babylonier das Südreich. Während des babylonischen Exils gehörte Juda zur Provinz Samaria, in persischer Zeit unter → Nehemia wurde es selbstständige Provinz mit → Jerusalem als Hauptstadt, in der der Tempel neu erbaut und das literarisch-religiöse Erbe von Israel und Juda auf der Grundlage der → Tora (Genesis bis Deuteronomium) gesammelt und kodifiziert wurde. Als es in exilischer (etwa 587/86-520 v. Chr.) und nachexilischer Zeit (etwa ab 520 v. Chr.) nicht mehr zur Restauration des Königtums kam, gleichwohl die Hoffnung auf einen Zukunftsherrscher nicht aufgegeben wurde (Jes 9,1-6; Jes 11,1-8; Mi 5,1-4; Sach 9,9f; vgl. auch Hag 2,20-23), erhielt die Salbungssitte des Hohenpriesters eine besondere Bedeutung (Lev 4,3ff; Lev 6,15; → Salbung). Er war die höchste Instanz in kultischen Fragen, trat politisch aber allenfalls als Sprecher gegenüber der Fremdherrschaft in Gestalt der von den Persern eingesetzten Satrapen (Provinzgouverneure) und Statthalter auf. Eine eigenständige politische Herrschaft wurde noch einmal für kurze Zeit in der hellenistischen Zeit nach dem durch Zwangshellenisierungen ausgelösten makkabäischen Aufstand (→ Makkabäer) durch die → Hasmonäer aufgerichtet. Nach den Hasmonäern wurden große Teile Palästinas römischer Vasallenstaat und seit 6 n. Chr. als prokuratorische Provinz Iudaea (einschließlich Samaria und Idumaea) direkt römisch verwaltet.

In Mesopotamien und Syrien war das Königtum Gottes eine ordnungsstiftende Basis, nicht anders in Israel. Auch wenn der erste sichere Beleg für das Königtum JHWHs im Alten Testament Jes 6,5 ist und dem Ende des 8. Jh.s entstammt, ist die Vorstellung eines → Königtums Gottes in Israel, oder besser gesagt: in Jerusalem sicher älter. So wird der irdische König in den Dienst des himmlischen genommen und kann einmal sogar als „Bote Gottes“ bezeichnet werden (2Sam 14,17).

Die Erzähltradition lässt den Übergang von der Richter- zur Königszeit durch Kontinuität und Diskontinuität geprägt sein. In der Richterzeit werden → Otniël (Ri 3,10), → Gideon (Ri 6,34), → Jeftah (Ri 11,29.32) und → Simson (Ri 13,25) mit dem → „Geist“ (רוּחַ rûaḥ) begabt, in der Königszeit wird literarisch, nicht geschichtlich, mit Saul das Charisma verzeitlicht und zum dauerhaften Amt in Beziehung gesetzt (1Sam 10,6.10; 1Sam 11,6f, vgl. auch 1Sam 16,13f). Funktionsbezeichnungen wie „Herrscher“, „Richter“ und „Retter“ sind in der Frühgeschichte parallel und austauschbar. Merkwürdigerweise sprechen die Königstexte, von dem Zukunftsherrscher in Jes 11,2 abgesehen, nur bei Saul und David von einer Geistbegabung, die möglicherweise bei der Königssalbung mitzudenken ist. Bei schuldhaftem Verhalten kann wie im Falle Sauls (1Sam 13,13f; 1Sam 15,10-28) die Aufhebung der Geistzuwendung mitgeteilt werden.

Neu beim Königtum gegenüber den Richtern ist die → Salbung. In der Ätiologie von 1Sam 16,1-13 ist sie ein Akt göttlicher Erwählung und Beauftragung, in 1Kön 1,28-40 ein Vorgang, der Sakralität und Rechtsgültigkeit bewirkt und die enge Bindung des durch die Salbung immunisierten Königs an JHWH zum Ausdruck bringt. Das Königtum in Israel hat wie im gesamten Alten Orient durchgehend eine religiöse Bedeutung.

Zugespitzt formuliert, liegt in der ersten Schöpfungserzählung (Gen 1,1-2,4a; → Schöpfung), die aus nachexilischer Zeit stammt, eine „Demokratisierung“ königlicher Herrschaft vor, wenn bei dem Theologumenon der → Gottebenbildlichkeit des Menschen (Gen 1,26-28) mit den Begriffen צֶלֶם ṣælæm und דְמוּת dəmût als „Statuen“, die sonst den König in seinem Reich repräsentieren, jeder Mensch als „Bild“ Gottes königsideologisch aufgewertet und seine Funktion im Herrschen über die Tiere und die Erde als Abwehr des Chaos und Sicherung des Lebens verankert wird. Diese Herrschaft muss sich in die gottgesetzte Ordnung fügen, also kreatürlich verantwortungsvoll realisiert werden (Ps 8). Eine Herrschaft von Menschen über Menschen nehmen Gen 1 und Ps 8 jedenfalls nicht in den Blick.

Die Herrschermacht wurde nicht nur über literarische Kommunikationswege vermittelt. Für die Zeit, als sich das Königtum als staatliche Herrschaftsform durchsetzte, finden sich im palästinischen Kunsthandwerk vor allem ägyptische Herrschaftssymbole, zum Teil mit vorderasiatischen Elementen vermischt. Sie sind aber auch im öffentlichen Bereich vorhanden, bei Palästen, Verwaltungsgebäuden, Befestigungen und Monumentalbauten, die zwar Verteidigungsaufgaben hatten, aber auch der Machtdemonstration dienten (Weippert, 1988, 507-559). Schon vorher, als sich „Israel“ am Ende der Spätbronzezeit im Raum Syrien-Palästina entwickelte, „beherrschten“ auf Siegeln im menschlichen Bereich Legitimations-, Loyalitäts- und Kampfszenen die Bildträger (Keel / Uehlinger, 55-108). Und auch in der Eisenzeit I, noch vor dem israelitischen Königtum, war der Herrscher, der über seine Feinde triumphiert, ein beliebtes Motiv (Keel / Uehlinger, 134-138).

Herrschaft 3
Seit dem 9. Jh. wird durch neuassyrische Palastreliefs und durch überall verbreitete Stelen wie die → Asarhaddons (681-669 v. Chr.), der in proportionaler Verzerrung zwei wie Marionetten wirkende, ihn anflehende fremde Könige auf seiner Siegesstele an Stricken hält (subversive Anspielung in 2Kön 19,28; Jes 37,29), die militärische Macht im Sinne der potestas mit Variationen zum Ausdruck gebracht (Uehlinger, 1985, 165-171).

Auffällig ist, dass in der Eisenzeit II, als die Assyrer ikonographisch ihre Siege und Legitimation durch göttliche Auftraggeber sowie ihre Verbundenheit mit den Gottheiten darstellten (Magen, 1986), die Könige sogar „gottlos“ agieren konnten (Uehlinger, 1985, 167f). In jener Zeit – es kam nur wenig assyrisches Propagandamaterial nach Syrien-Palästina – wurde die Bildsprache assyrischer Herrschaftssymbolik in alttestamentlichen Texten aufgenommen (Jes 5,26-28) und destruktiv umgewandelt (Hartenstein, 2009). Die materielle Produktion im Lande orientierte sich weiter an Ägypten. Leider wurden keine Königssiegel gefunden. Vielleicht geht es zu weit, in Israel von einer „partizipatorischen“ Monarchie zu sprechen, es scheint aber so, dass in Jerusalem hohe Beamte, die neben den reichen Grundbesitzern über Macht verfügten und im Rahmen des Hofstaats Einfluss hatten, die autokratische Herrschaft des Königs einschränkten (Kessler, 1992, 161-207).

Herrschaft 4

Es existieren viele Beamtensiegel, bei denen eins auf der einen Seite den Beamten, dessen Name šbnjw ist, mit Herrscherstab zeigt und auf der anderen Seite noch einmal, von jeweils mit dem Königtum eng verbundenen geflügelten Sonnenscheiben gerahmt (Keel / Uehlinger, 1993, 314-317), seinen Namen, Titel und Dienstherrn nennt. Danach handelt es sich um šbnjw ‘bd ‘zjw. Die Legende ist möglicherweise als „Schebnajahu, der Minister / Diener des Usija“ (773-735 v. Chr.) zu lesen. Insgesamt weist das Symbolsystem der Siegel auf eine starke Beeinflussung durch ägyptische Königs- und Loyalitätsvorstellungen hin, wenn Kartuschen, Falken, schreitende Löwen, Skarabäen und geflügelte Sonnenscheiben zum Bildprogramm gehören (Keel / Uehlinger, 298-317).

Herrschaft 5

So wie es in alttestamentlichen Texten zur Aufnahme fremder Herrschaftsideologie kam, so auch in persischer Zeit, aus der ebenfalls kaum Monumental- oder Miniaturkunst-Belege in Palästina vorhanden sind, obwohl vor allem die Programme Darius‘ I. durch Texte, Stelen und Reliefs auf loyale Weltherrschaftsansprüche weisen. Schon vorher hatte sich → Kyros II. (559-530 v. Chr.) seine imperialen Bestrebungen legitimieren lassen, in mehreren Schüben hat dann Jes 40-55 den Perserkönig gefeiert, als „Gesalbten“ bezeichnet (Jes 45,1ff) und als Herrscher von Gottes Gnaden legitimiert. Der Unterschied zur ägyptischen und assyrischen Herrschaftsikonographie mit ihrer Visualisierung militärischer Macht und Gewalt kann nicht größer sein. Nicht potestas, sondern auctoritas wird propagiert. Es wird kein Zufall sein, dass in einigen alttestamentlichen Texten, die einen Zukunftsherrscher erwarten und in der persischen Zeit entstanden sein können, ebenfalls eine Pazifizierung der Königsideologie durchscheint (Jes 9,6; Jes 11,6-9; Sach 9,9f). Freilich war auch in der Zeit der Perser eine Hoffnung möglich, die mit militärischer Machtdemonstration auf eine neue Herrschergestalt setzte (→ Serubbabel in Hag 2,20-23).

4. Herrschaft – ihre Wirkungen und Folgen

In zwei entgegengesetzten Richtungen sind im Alten Testament Bedeutung und Ertrag von Herrschaft reflektiert worden.

Legitimierende und stabilisierende Faktoren fand das Königtum in Jerusalem (Gründung [des Gottes] Šalem) vor. Dort konnte im Rückgriff auf die Tradition vom Priesterkönig Melchisedek (Gen 14,18; Ps 110,4) mit seinem auf den Gott Ṣdq („Grechtigkeit“) bezogenen Namen das Stadtkönigtum der Davididen durch eine Verbindung von Hof und Tempel propagiert und in seiner Wirkung auf das Heil des Volkes zugespitzt werden. In höchstem Maße positiv wird Herrschaft dann in den sog. Königspsalmen bewertet, die zum Teil aus der Königszeit stammen, zum Teil aber auch später bearbeitet oder erst entstanden sind. In ihnen wird eine mit der Wirklichkeit auch nicht ansatzweise in Deckung zu bringende Weltherrschaft des Jerusalemer Königs proklamiert (Ps 2,8; Ps 18,44-49; Ps 45,6; Ps 72,8-11; Ps 89,26-28). Eine Erklärung, die sich in einen altorientalischen → „Hofstil“ flüchtet, greift zu kurz. Es wird keine bescheidene Realität in hybrider Weise aufgewertet. Herrschaft und Heil werden nicht identisch, sondern aufeinander bezogen, abgestuft und von Gott abhängig gemacht: Der König ist „Gesalbter“ JHWHs (Ps 2,2; Ps 20,7; Ps 45,8), von ihm an seine Seite gestellt (Ps 110,1) und gekrönt (Ps 89,19f). Herrschaft ist damit verliehene Amtsgewalt (potestas). Fundamental ist hier die altorientalisches Gemeingut repräsentierende Gerechtigkeitsvorstellung, die von einer distributiven Gerechtigkeit ausgeht, also Solidarität im weitesten Sinne auf den Begriff bringt und dabei Versorgung und Schutz einschließt: In der herrschaftstheologischen Magna Charta des altisraelitischen Königtums, in Ps 72, wird der Herrscher als Wohltäter in Natur und Geschichte und als Wahrer des Rechts gesehen.

In den sog. Königspsalmen wird der Herrscher von den Hoftheologen sehr dicht an Gott herangerückt (Ps 21,4-7), er kann Gott seinen „Vater“, seinen „Gott“ (vgl. auch Ps 45,7 und Jes 9,5) und „Fels seiner Rettung“ nennen (Ps 89,27). Er ist in Ps 89 zwar von Gott abhängig, hat aber zugleich neben dem Schöpfer (Ps 89,1-19) eine schöpfungsrelevante Machtfülle (Ps 89,20-38). So kann er – auch darin den altorientalischen Verhältnissen ähnlich – als „Sohn Gottes“ verstanden werden. Das mag in 2Sam 7, dem locus classicus der davidischen Herrschafts- und Dynastiezusage, durchaus im weiteren Sinne gemeint sein, jedoch nicht in dem mit einer Weltherrschaftszusage verbundenen Ps 2, in dem V. 7 (heute habe ich dich gezeugt) nicht eine Adoption des Königs durch Gott im Blick hat, sondern metaphorisch eine religiös-mystische Wahrheit zum Ausdruck bringt.

Die Tradition hat aber auch ein ganz anderes Urteil fällen können (Müller, 2004) und die Herrschaft Gottes und die des Königs zum eigentlichen Gegensatz erklärt, schließlich auch → Königskritik geübt (Ri 8,23; 1Sam 8,6f; 1Sam 10,19; 1Sam 12,12). Die kritischen Texte sind sicher empirische Rückspiegelungen, gehen aber dennoch in ihrer Schärfe über vereinzelte Kritik an Herrschaftsträgern im Alten Orient weit hinaus, denn hier steht die Institution selbst zur Disposition. Besonders scharf hat sich im 8. Jh. der Prophet Hosea geäußert, der nicht nur auf das Ende einer Dynastie (so Am 7,9; Am 9,8) sieht, sondern auf das Ende des Königtums schlechthin (Hos 1,4; Hos 3,4) und ihm eine göttliche Legitimation (Hos 8,4) und Heilsfunktionen (Hos 13,10f) abspricht. Andere Propheten urteilen moderater, sind weniger an Strukturen als am normativen Handeln interessiert (Jer 22,13-16). Aber auch dort überwiegt Kritik. Recht und Gerechtigkeit sollen das Ziel der Herrschaftsaktivitäten sein, nicht das Mittel, das zum Heil führt.

Wenn Herrschaft und Heil keine unlösbare Einheit bilden, die Durchsetzung des Rechts letzten Endes auf JHWH zurückgeführt wird, der König kein unmittelbarer Segensmittler ist und seine Gottesbeziehung über die Tora vermittelt wird, wie bei allen Menschen in Israel (Dtn 17,14-20), dann ist menschliche Herrschaft keine göttliche Heilsveranstaltung. Nach dem Untergang des Königtums am Anfang des 6. Jh.s v. Chr. wurde provokativ behauptet, dass Herrschaft, ganz im Gegensatz zu hoftheologischen Auffassungen, auch von Hilfsbedürftigkeit und Demut geleitet werden kann (Sach 9,9f). Eine radikale Umkehrung des Herrscherheils vollzieht schließlich das vierte Gottesknechtslied (Jes 52,13-53,12), in dem traditionelle Herrscherattribute negiert (Jes 53,2) und ganz allein auf JHWH bezogen werden (Jes 53,10f). Die Spannung einer Vermenschlichung Gottes und einer Vergöttlichung des Menschen ist damit aufgelöst.

Herrschaft 6
Das war aber nicht das letzte Wort, denn im hellenistischen Herrscherkult haben Ptolemäer und Seleukiden Herrschaft wieder als göttliche Heilsveranstaltung verstanden, die später besonders im römischen Kaiserkult, mit Einschränkungen aber auch bei abendländischen Herrschern Gestalt annahm. Nach der japanischen Mythologie führen bis heute die Kaiser Japans ihren Ursprung und ihre Autorität auf die Sonnengottheit Amaterasu-o-mikami zurück.

Literaturverzeichnis

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  • Der Pharao hält den Feind am Schopf und schlägt mit der Keule auf ihn ein (Pylon des Totentempels Ramses’ III.; 1184-1153 v. Chr.; Medinet Habu). © public domain (Foto: Rüdiger Liwak, 2006)
  • Der assyrische König Asarhaddon als Herrscher über andere Könige (Siegesstele aus Samal / Zincirli). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Vorder- und Rückseite eines Beamtensiegels mit Herrschaftssymbolen (Eisenzeit IIB). Aus: O. Keel / Chr. Uehlinger, Götter, Göttinnen und Gottessymbole (QD 134), Freiburg, 5. Aufl. 2001, Abb. 263a+b; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
  • Der Thron des persischen Großkönigs wird unter göttlicher Präsenz von den anderen Völkern gestützt (Persepolis: Türlaibung im Tripylon). © public domain (Foto: Wiebke Liwak, 2010)
  • „Ich, Napoleon, Kaiser und Gott“. Napoleon I. im Krönungsornat auf dem Herrscherthron (1806; Bild des französischen Malers Jean-Auguste-Dominique Ingres).

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