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Assurbanipal

Andere Schreibweise: Ashurbanipal (engl.); Sardanapal; Sardanapalus (engl.)

(erstellt: April 2008)

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1. Name

Weltreiche 3

Assurbanipal ist die deutsche Form des akkadischen Satznamens Aššur-bāni-apli („Assur ist Erschaffer eines Erbsohns“), der mit großer Wahrscheinlichkeit kein Geburts-, sondern ein Thronname war. In der aramäischen Erzählung des Krieges mit seinem Bruder Schamasch-schumu-ukīn wird Assurbanipal mit dem Namen srbnbl (Sarbanabal) genannt (Steiner / Nims). Es wird allgemein angenommen, dass Asnappar (אָסְנַפַּר – Lutherbibel: Asenappar), nämlich der König, der die Einwohner von → Babylon und → Susa nach → Samaria deportierte (Esr 4,9-10), mit Assurbanipal identisch ist. In den griechisch-römischen Quellen wird Assurbanipal Σαρδνάπαλ(λ)ος bzw. Sardanapal(l)us genannt.

2. Familie und Thronbesteigung

Der assyrische König Assurbanipal war Sohn → Asarhaddons (681-669), Enkel → Sanheribs (705-681) und mit Libbāli-scharrat verheiratet. Er war nicht Asarhaddons ältester Sohn, sondern hatte mindestens zwei ältere Brüder, Sîn-nādin-apli und Schamasch-schumu-ukīn. Assurbanipal wurde zum Gelehrten ausgebildet und erst im Jahr 672 nach dem Tod des Kronprinzen von seinem Vater als Nachfolger ernannt, obwohl er nicht der Zweitälteste war. Da die Nachfolgegepflogenheiten, die dem Erstgeborenen bzw. dem ältesten Sohn prinzipiell den Vorrang bei der Thronfolge gaben, wie im Falle seines Vaters Asarhaddon nicht beachtet wurden, musste die Ernennung durch einen Treueid bestätigt werden (SAA 2, 6). Assurbanipal wurde zum König von Assyrien und sein älterer Bruder Schamasch-schumu-ukīn zum König von Babylonien bestimmt. Nach Asarhaddons Tod wurden bzw. mussten Assurbanipals Rechte auf den Thron erneut durch einen Vertrag bestätigt werden, den seine Großmutter Naqi’a / Zakūtu mit Schamasch-schumu-ukīn und mit den wichtigsten Beamten des Reiches abschloss (SAA 2, 8). Die innenpolitische Lage blieb für 17 Jahre stabil, bis im Jahr 652 ein blutiger Bruderkrieg aufbrach.

3. Politische Geschichte

3.1. Quellenlage

Geht man von einer Regierungszeit von 42 Jahren (669-627) aus, sind wir nur über die ersten drei Jahrzehnte gut unterrichtet (neben historischen Inschriften durch Orakelanfragen, Briefe u.a.). Die letzte datierte Königsinschrift stammt aus Assurbanipals 30. Regierungsjahr (Prisma H = Borger, 191), so dass wir über seine letzten 12 Jahre verhältnismäßig schlecht informiert sind. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass das assyrische Reich nur 15 Jahre nach Assurbanipal aufhörte zu existieren.

3.2. Synopse der wichtigsten Ereignisse

In Assurbanipals historischen Inschriften werden die Kriegsberichte nach Feldzügen und nicht nach Regierungsjahren geschildert, was die Rekonstruktion der chronologischen Reihenfolge, besonders ab dem 7. Feldzug erheblich erschwert (s. Zusammenfassung mit Angabe der Quellen in Ruby).

3.2.1. Ägypten, die Levante und die Araber

Assurbanipal 2
In den Jahren 667 und 664 fanden zwei Feldzüge wegen Aufständen in Ägypten statt, die mit der Eroberung von Theben endeten. Während der Ägyptenfeldzüge (Onasch, 61-158) wurde die Levante durchquert, und es werden 12 Könige von der Meeresküste genannt, die als treue Vasallen zusammen mit 10 Königen von Zypern dem assyrischen König Streitkräfte und Schiffe zur Verfügung stellten: Arwad, → Ekron, → Aschdod, Ammon, → Byblos, → Gaza, → Aschqelon, Juda, → Moab, Samsimurruna, → Tyrus und → Edom (Prisma C, ii, 37-67 = Borger, 212).

Assurbanipals wichtigste militärische Aktion in der Levante fand während seines dritten Feldzugs (wahrscheinlich 663/662, auf jeden Fall vor 657) statt (Prisma A ii, 49-94 = Borger, 216f.). Die Treue des Königs Ba‘al von Tyrus hielt nicht lange an und, nachdem er Assurbanipals Warnungen nicht ernst genommen hatte, wurde Tyrus belagert und erobert. Ba‘al musste seine eigene Tochter, seine Nichten sowie einen schweren Tribut Assurbanipal übergeben. Während dieser Kampagne oder kurz danach unterwarfen sich Jakin-lû von Arwad sowie die Könige von Chilakku und Tabālu. Nach Jakin-lûs Tod bestimmte Assurbanipal die Thronfolge in Arwad.

Im Verlauf eines ersten Feldzugs gegen die Araber, der ca. 652 stattgefunden haben muss, wurden Gebiete im Ostjordanland Schauplatz von Auseinandersetzungen (Prisma A, vii, 107-124 = Borger, 245f.). Auf dem Rückmarsch des zweiten Araberfeldzugs (ca. 645, Prisma A, viii, 73 - ix, 24 = Borger, 247f.), wurde eine militärische Operation gegen Ušû und → Akko unternommen, die mit einem Blutbad und Deportationen nach Assyrien endete (Prisma A, ix, 115-128 = Borger, 249). Die Gefangenschaft des judäischen Königs → Manasse (2Chr 33,11-13) könnte mit diesem Feldzug im Zusammenhang stehen.

3.2.2. Anatolien und die nordöstlichen Gebiete

Am Anfang der Regierung Assurbanipals stellten die Kimmerer in Anatolien eine Gefahr für die Region und für das assyrische Reich dar. Vor diesem Hintergrund versteht sich die oben erwähnte Unterwerfung des Šandišarme von Chilakku und Mugallu von Tabālu sowie die Allianz mit Gyges von Lydien (Prisma A, ii, 95-125 = Borger, 218f.). Auf diese Weise wurde eine Pufferzone zwischen den Kimmerern und Assyrien geschaffen, die eine direkte Konfrontation vermied. Erst nachdem Mugallus Sohn mit den Kimmerern einen Bund schloss, kam es zu militärischen Auseinandersetzungen mit dem Kimmerer Tugdammî, die teilweise sogar auf assyrischem Gebiet stattfanden (IT-Inschrift, 141-164 = Borger, 294f.). In der ersten Regierungsphase Assurbanipals gab es außerdem Aufstände in den nordöstlichen Gebieten, die zu militärischen Aktionen gegen die Mannäer (Prisma B, iii, 16 - iv, 2 = Borger, 220f.) und Meder (Prisma B, iv, 3-8 = Borger, 221f.) führten. Auch Urartu wagte zu dieser Zeit, die assyrisch treuen Städte Uppumme und Kullimeri anzugreifen, doch lokale Truppen konnten mit Erfolg zurückschlagen (Prisma B , iv, 9-17 = Borger, 222). Nach dieser Episode versuchte Urartu, gute Beziehungen zu Assyrien zu unterhalten, wie die Botschaften von Ursa (um 653, Prisma C, vii, 76-82 = Borger, 228) und Sarduri (um 645, Prisma A, x, 40-50 = Borger, 250) zeigen.

3.2.3. Elam und Babylonien – der Bruderkrieg

Die Auseinandersetzungen mit → Elam, die über zwanzig Jahre andauerten, und die Rebellion des Schamasch-schumu-ukīn in Babylonien (652-648) sind eng miteinander verbunden, da sich Elam und Babylonien oft gegen den gemeinsamen Feind Assyrien verbündeten. Historische Inschriften und Briefe geben ausführlich Bescheid über eine komplizierte Verflechtung von Ereignissen, die u.a. von den politischen Veränderungen in Elam und den wechselnden Loyalitäten in Babylonien geprägt waren (Frame, 102-213).

Während die Assyrer mit den Aufständen in Ägypten beschäftigt waren, brach Urtaku von Elam seinen Treueid und griff Babylonien an. Der Angriff verursachte einen ersten Feldzug gegen Elam (665), der mit Urtakus Tod und der Machtübernahme von Teumman endete (Prisma B, iv, 18-86 = Borger, 222f.). Assurbanipal führte 653 einen zweiten Feldzug gegen Elam, der seinen Gipfel in der blutigen Schlacht am Ulāja-Fluss (→ Ulai) fand, wo Teumman getötet wurde. Zwei elamische Prinzen, die nach Urtakus Tod nach Assyrien geflohen waren, wurden jeweils als Herrscher über Susa (Ummanigaš) und Chidalu (Tammaritu) eingesetzt (Prisma B, iv, 87 - vi, 16 = Borger, 224-226). Auf dem Rückmarsch wurde eine Strafaktion gegen den aramäischen Stamm Gambūlu durchgeführt, der Urtaku bei seinem Angriff geholfen hatte (Prisma B, vi, 17 - vii, 2 = Borger 226-228).

In der Mitte der Regierungszeit Assurbanipals versuchte Schamasch-schumu-ukīn sich von der Oberhoheit Assyriens zu lösen, was zu einem Bruderkrieg (652-648) um die Kontrolle Babyloniens führte. Schamasch-schumu-ukīn plante sorgfältig den Aufstand, der von einigen babylonischen Städten ausging und die Unterstützung von Aramäer- und Araberstämmen sowie von Elam hatte. Über die komplizierte Abwicklung der Ereignisse berichten nicht nur Königsinschriften (Prisma A, iii, 70 - iv, 109 = Borger, 232-235), sondern auch Briefe, Orakelanfragen und Wirtschaftsurkunden (Frame, 131-190). Nach der Erstürmung von Babylon 648, bei der Schamasch-schumu-ukīn ums Leben kam, fanden zwei Straffeldzüge gegen Elam in den Jahren 647 (Prisma A, iv, 110 - v, 62 = Borger, 237-239) und 646 (Prisma A, v, 63 - vii, 81 = Borger, 239-243) statt. Zwei weitere Kampagnen, die zwischen 650 und 647 bzw. 641 und 638 datiert werden (Lanfranchi 2004, 239-244), wurden gegen die Araber, die Schamasch-schumu-ukīn während der Revolte unterstützten, gerichtet (Prisma A vii, 82 - x, 5 = Borger, 245-249).

Der Krieg mit Babylonien und Elam sollte gravierende Folgen für das Schicksal des assyrischen Reiches haben: der Bruderkrieg erforderte eine Konzentration von Truppen und Ressourcen in Babylonien, während periphere Regionen vernachlässigt wurden; beim Krieg gegen Elam wurde zwar ein mächtiger Feind vernichtet, doch eine Bresche im Osten für noch mächtigere Gegner geöffnet.

3.3. Nachleben

Assurbanipal verdanken wir die größte Sammlung literarischer Keilschrifttexte aus dem Alten Orient, die in → Ninive gefunden wurde („Assurbanipals Bibliothek“; Lanfranchi 1998, Lieberman, Parpola). Verschiedene antike Traditionen, die mit dem Namen Sardanapal verbunden sind, gehen nicht nur auf Assurbanipal, sondern auch auf andere assyrische Könige zurück (Frahm 1999, Frahm 2003).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Paulys Real-Encyclopädie der classischen Alterthumswissenschaft, Stuttgart 1894-1972 (Art. Sardanapal).
  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff (Art. Aššurbânapli)

2. Texteditionen

  • Borger, R., 1996, Beiträge zum Inschriftenwerk Assurbanipals, Wiesbaden.
  • Parpola, S. / Watanabe, K., 1988, Neo-Assyrian Traties and Loyalty Oaths (SAA 2), Helsinki.
  • Steiner, R. / Nims, C.F., 1985, Ashurbanipal and Shamash-Shum-Ukin: A tale of two brothers from the Aramaic text in Demotic script, Revue Biblique 92, 52-81.
  • Streck, M., 1916, Assurbanipal und die letzten assyrischen Könige bis zum Untergange Niniveh’s, Leipzig.

3. Weitere Literatur

  • Frahm, E., 1999, Zwischen Dichtung und Wahrheit. Assur und Assyrien in den Augen der Nachwelt, in: J. Marzahn / B. Salje (Hgg.), Wiedererstehendes Assur, Mainz, 19-28.
  • Frahm, E., 2003, Images of Ashurbanipal in later tradition, Eretz Israel 27, 37-48.
  • Frame, G., 1992, Babylonia 689-627 B.C. A Political History, Leiden.
  • Lanfranchi, G., 1998, The Library at Nineveh, in: J. Goodnik-Westenholz (Hg.), Capital Cities: Urban Planning and Spiritual Dimensions, Jerusalem, 147-156.
  • Lanfranchi, G., 2004, Mesopotamia e Arabia nelle iscrizioni reali Assire, in: F.M. Fales / D. Morandi Bonacossi (Hgg.), Mesopotamia e Arabia, Venedig, 219-253.
  • Lieberman, S.J., 1990, Canonical and official cuneiform texts: towards an undestanding of Assurbanipal’s personal tablet collection, in: T. Abusch / J. Huehnergard / P. Steinkeller (Hgg.), Lingering over Words (FS W.L. Moran), Atlanta, 305-336.
  • Onasch, H.-U., 1994, Die assyrischen Eroberungen Ägyptens, Wiesbaden.
  • Parpola, S., 1983, Assyrian library records, JNES 42, 1983, 1-29.
  • Ruby, J., 1998, Art. Aššūr-bāni-apli. II. The political history of Assurbanipal’s reign (The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire 1/I), 163-168.
  • Weissert, E., 1998, Art. Aššūr-bāni-apli. I. Assurbanipal’s rice to power (The Prosopography of the Neo-Assyrian Empire 1/I), 160-163.

Abbildungsverzeichnis

  • Das assyrische Weltreich. Aus: J. Strange / J. Lange, Stuttgarter Bibelatlas. Historische Karten der biblischen Welt, Stuttgart 3. Aufl. 1998, Karte Nr. 18; © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Assurbanipals Feldzug gegen die Araber (Relief aus seinem Palast in Ninive). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Assurbanipal mit Gattin bei einem Bankett nach dem Sieg über Teumman (Relief aus seinem Palast in Ninive). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Bruchstück der 5. Tafel des babylonischen Schöpfungsepos Enuma Elisch aus der Keilschriftbibliothek Assurbanipals in Ninive (7. Jh.). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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