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Ackerboden

(erstellt: Juni 2012)

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1. Der hebräische Begriff für Ackerboden: אֲדָמָה und seine verschiedenen Bedeutungen

Das hebräische Nomen אֲדָמָה ʼǎdāmāh „Ackerboden“ ist abzuleiten von der in verschiedenen semitischen Sprachen belegten Wurzel ʼdm „rot sein“. In diesem Nomen spiegelt sich somit der optische Eindruck, den die Ackererde hinterläßt. Stofflich ist damit im Unterschied zu Steinen „die rotbraune, zeitweise trockene, aber wasseraufnahmefähige“ (Plöger, 96) lose Erde gemeint. אֲדָמָה ʼǎdāmāh kann aber auch für den Werkstoff zur Herstellung von Tongefäßen („Ton“) stehen (vgl. Jes 45,9) oder für die belastbare Erdoberfläche, die sich spalten und Menschen verschlingen kann (Num 16,30-34), und schließlich in universalem Sinn die „Erde“ im Sinne von „bewohnter Erde“ meinen (Gen 12,3; Gen 28,14; Am 3,2; zu den einzelnen Bedeutungen von אֲדָמָה ʼǎdāmāh vgl. Rost).

2. Ackerboden

2.1. Grundlage des Ackerbaus

Der Ackerboden (אֲדָמָה ʼǎdāmāh) ist das vom Bauern zu bestellende kultivierte, fruchtbare Land und somit von → Wüste und Steppe unterschieden. Auf ihm gedeihen die Hauptnahrungsmittel der Menschen: Korn, Wein und Oliven (Dtn 7,13; Hag 1,11). Genauso wie der → Hirte mit seiner Herde verbunden und von ihr abhängig ist (Gen 13,2; Dtn 3,19), ist es der Bauer von seinem Ackerland (Gen 9,20; Sach 13,5), das er im Schweiße seines Angesichts und in ständiger Auseinandersetzung mit den Kräften der Natur bearbeiten muss (Gen 3,19). Dabei halfen Familienangehörige, Knechte (2Sam 9,10) und Arbeitstiere (Jes 30,24; → Arbeit).

Die Bestellung des Ackers bestand aus vielen zeitintensiven Vorgängen (Jes 28,24), die die Vorbereitung der Ackerfläche, die Beseitigung von Dornen und Disteln sowie Steinen, die unter der Oberfläche im Boden liegen, die Sicherung vor Erosion durch Steinwälle, die Aussaat, die Pflege der Pflanzen und schließlich die Ernte umfassten. Dass die Ackerfläche auch Ertrag brachte, hing nicht nur vom Menschen und seiner Arbeitsleistung ab (Spr 12,11; Spr 28,19). Unabdingbar war die Bewässerung durch Regen und Tau (vgl. 2Sam 17,12; 1Kön 17,14), aber auch der göttliche → Segen, der erst eigentlich die menschlichen Bemühungen erfolgreich werden ließ (Dtn 7,13; Dtn 11,17; Gen 8,22).

2.2. Gefährdungen

Der Acker und sein Ertrag unterlagen diversen Bedrohungen: Durch das Ausbleiben von Regen und Feuchtigkeit eingetretene Dürreperioden (vgl. Jer 14,4; Hag 1,11), Schädlinge (Dtn 28,38), Stürme und Hagel (Ex 9,13ff; Hag 2,17) sowie feindliche Kriegsscharen (2Sam 11,1; 2Kön 18,25) konnten dazu führen, dass die Früchte des Ackers vernichtet oder geraubt wurden und die Ernährung der Bevölkerung gefährdet war. Wo ein Landstrich zerstört oder entvölkert war, war auch das Ackerland betroffen, das sehr schnell wieder verwilderte und verödete und von der Steppenvegetation in Beschlag genommen wurde (Jes 6,11; Jes 32,13). Und die Trauer der Bevölkerung über ihr schlimmes Schicksal erfaßt auch die אֲדָמָה ʼǎdāmāh (Jo 1,10; Am 1,2; Jer 14,4; vgl. dazu Hugger).

2.3. Einbeziehung in Gottes Schöpfungsfrieden

Gegenüber den immerwährenden Bedrohungen der אֲדָמָה ʼǎdāmāh entfaltet zumindest ein alttestamentlicher Text, nämlich Jo 2,21-24, auch eine Hoffnungsperspektive, die Menschen, Tiere, Pflanzen und auch den Ackerboden einbezieht. Hier wird der unauflösbare Zusammenhang aufgezeigt, in dem für das Alte Testament alles Geschaffene steht, und zugleich die durch das Handeln Gottes ermöglichte Lebensperspektive für alle Geschöpfe benannt. Der Aufruf zur Furchtlosigkeit und zum Jubel, der dem Ackerland gilt, bildet einen eindrücklichen Gegensatz zum Beginn des → Joelbuches, wo die Trauer des Ackerlandes beschrieben wurde (Jo 1,10-12).

3. Mensch und Ackerboden oder: Adam und Adama

Die enge Beziehung zwischen Mensch und Ackerland zeigt sich bereits in der für beide Größen verwendeten Terminologie. Der „Mensch“ (אָדָם ʼādām) ist aus der „Ackererde“ (אֲדָמָה ʼǎdāmāh) gebildet (Gen 2,7; ebenso die Tiere des Feldes und die Vögel: Gen 2,19). Mensch und Ackerboden haben so dasselbe Material als Grundlage. Somit besteht ein unaufhebbarer Zusammenhang zwischen beiden Größen. Der Lebensraum des Gartens, der dem Menschen alles bietet, was er zum Leben braucht (Gen 2), wird durch ihn aufgrund der Übertretung des göttlichen Verbots, von den Früchten des Baumes inmitten des Gartens zu essen, verwirkt. In der Folge wird ein zentraler Bereich seines Lebensraumes, die אֲדָמָה ʼǎdāmāh nämlich, verflucht, so dass der Mensch gezwungen ist, während seines ganzen Lebens durch harte Arbeit seine Nahrung zu erwirtschaften (Gen 3,17-19), bis er bei seinem Tod zur Erdkrume / zum Staub zurückkehrt (Gen 3,19). Denn so heißt es in Gen 3,19: „von ihm bist du genommen“. Schließlich wird der Mensch aus dem Lebensraum des fruchtbaren Gartens vertrieben, um den Ackerboden zu bebauen, „von dem er genommen war“ (Gen 3,23). In beiden Fällen wird auf die Erschaffung des Menschen in Gen 2,7 direkt Bezug genommen.

Auch die folgenden Kapitel der nichtpriesterschriftlichen Urgeschichte beziehen sich einem „roten Faden“ gleich auf die grundlegende Beziehung zwischen Mensch und Ackerboden (vgl. dazu Zimmerli, 295-297): Die Geschichte von → Kain und Abel hat als Ausgangspunkt den Gegensatz von Ackerbauern und Kleinviehhirten (Gen 4,2), wobei „Kain diejenige Tätigkeit aus[übt], zu der der ersterschaffene Mensch nach Gen 2,5d … bestimmt ist, nämlich die Bearbeitung des – nach Gen 3,17b unter dem Fluch stehenden – Ackerbodens“ (Janowski 2003, 140). Kain steht also in einer Linie mit Adam; aber sein Opfer aus „Früchten des Ackerbodens“ wird nicht angenommen (Gen 4,3), was letztlich der Grund für den Brudermord ist. Nach Gen 4,11f wird Kain vom fruchtbaren Boden vertrieben, nachdem dieser das Blut seines von ihm getöteten Bruders Abel wie ein Gefäß in sich aufgenommen hat. Dadurch ist der Boden kontaminiert, so dass die אֲדָמָה ʼǎdāmāh Kain ihre Kraft verweigert (Gen 4,12), d.h. sie bringt keinen Ertrag mehr. Das hat zur Folge, dass Kain seine Existenzgrundlage verliert und als Heimatloser sein Leben fristen muss (Gen 4,14).

Schließlich spielt die אֲדָמָה ʼǎdāmāh auch in der Sintflutgeschichte eine wichtige Rolle. JHWH beschließt aufgrund der immer stärker werdenden Bosheit der Menschen, alles Geschaffene außer Noah und seiner Familie sowie der in der Arche zu rettenden Tiere vom Ackerboden weg zu vernichten (Gen 6,5-8). Die Zeit nach der Flut dagegen ist vom göttlichen Herzensentschluß bestimmt (Gen 8,21), wonach Gott den Ackerboden nicht mehr um der Bosheit des Menschen willen verfluchen will, sondern „den Fortbestand der Erde und ihrer grundlegenden Lebensrhythmen zu(sichert) – obwohl die Schuld des Menschen unverändert weiterbesteht“ (Janowski 2008, 191).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina II: Der Ackerbau, Gütersloh 1932, 1-6
  • Hugger, P., Das trauernde Land, der schreiende Stein. Die gegenwärtige Naturkrise und das Zwölfprophetenbuch, in: L. Ruppert / P. Weimar / E. Zenger (Hgg.), Künder des Wortes. Beiträge zur Theologie der Propheten, Würzburg 1982, 301-313
  • Janowski, B., Jenseits von Eden. Gen 4,1-16 und die nichtpriesterliche Urgeschichte, in: ders., Der Gott des Lebens. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments 3, Neukirchen-Vluyn 2003, 134-156
  • Janowski, B., Schöpferische Erinnerung. Zum „Gedenken Gottes“ in der biblischen Flutüberlieferung, in: ders., Die Welt als Schöpfung. Beiträge zur Theologie des Alten Testaments 4, Neukirchen-Vluyn 2008, 172-198
  • Krauss, H. / Küchler, M., Erzählungen der Bibel. Das Buch Genesis in literarischer Perspektive: Die biblische Urgeschichte (Gen 1-11), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 2003
  • Ohler, A., Israel, Volk und Land. Zur Geschichte der wechselseitigen Beziehung zwischen Israel und seinem Land in alttestamentlicher Zeit, Stuttgart 1979
  • Plöger, J.P., Art. אֲדָמָה ʼǎdāmāh, in: ThWAT I, Stuttgart u.a. 1973, 95-105
  • Riede, P., „Fürchte dich nicht, Ackerland, juble und sei fröhlich!“ (Joel 2,21), Das Verhältnis des Menschen zum Land in biblischer Sicht, Teil 1 + 2, Kirche im ländlichen Raum 60/3 (2009) 41-47; 60/4 (2009) 48-53
  • Riede, P., „Sie begehren Felder und reißen sie an sich“ (Mi 2,2). Land grabbing in der Bibel, Kirche im ländlichen Raum 63/4 (2012), 9-11
  • Rost, L., Die Bezeichnungen für Land und Volk im Alten Testament, in: ders., Das kleine Credo und andere Studien zum Alten Testament, Heidelberg 1965, 76-101, bes. 77-80
  • Schwarzenbach, A., Die geographische Terminologie im Hebräischen des Alten Testaments, Leiden 1954, 133-136.174.187.200
  • Steck, O.H., Die Paradieserzählung. Eine Auslegung von Genesis 2,4b-3,24, in: ders., Wahrnehmungen Gottes im Alten Testament (TB 70), München 1982, 9-116
  • Weippert, H., Altisraelitische Welterfahrung. Die Erfahrung von Raum und Zeit nach dem Alten Testament, in: H.-P. Mathys (Hg.), Ebenbild Gottes – Herrscher über die Welt. Studien zu Würde und Auftrag des Menschen (BThSt 33), Neukirchen-Vluyn 1998, 9-34, bes. 16f
  • Zimmerli, W., 1. Mose 1-11: Urgeschichte (ZBK.AT I/1), Zürich 5. Aufl. 1991

Abbildungsverzeichnis

  • Gepflügter Acker mit Steinen am Rand. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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