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Pflug / pflügen

(erstellt: August 2005; letzte Änderung: Juli 2018)

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1. Der Pflug

Pflug 1a
Aus der Zeit des Alten Testaments liegen uns aus Palästina weder Funde noch Darstellungen oder Beschreibungen von Pflügen vor. Deswegen kann man ihr Aussehen nur aus den Pflugscharen, von denen man eine ganze Reihe ausgegraben hat, rekonstruieren sowie aus ägyptischen und mesopotamischen Abbildungen. Ferner kann man die Pflüge heranziehen, die in Palästina bis ins 20. Jh. in Gebrauch waren, da sie sich kaum von den Pflügen auf antiken Abbildungen unterscheiden, die Konstruktion also über Jahrtausende konstant geblieben ist.

Pflug 1
Der Pflug dient der Auflockerung des Bodens. Das Pflügen mit Hilfe von → Rindern ermöglichte die Beackerung größerer Flächen, und die dadurch erreichte Steigerung der Erträge dürfte zu den Voraussetzungen für den Aufschwung der Stadtkultur in der Frühen Bronzezeit gehört haben.

Das wichtigste Element eines Pfluges ist eine möglichst harte Pflugschar. Sie bestand in der Frühzeit aus einem dicken, angespitzten Stock, seit ca. 2000 v. Chr. aus Bronze und seit ca. 1000 v. Chr. setzte sich mit der Zeit Eisen als Material für Pflugscharen durch. Mit härterem Metall konnte man den Boden besser auflockern als durch einfaches Aufhacken, größere Flächen bewirtschaften und die Erträge steigern. Deswegen ermöglichte erst die in ihrer Bedeutung nicht zu unterschätzende Erfindung des Pflugs größere Ortschaften und damit auch die Urbanisierung der Frühen → Bronzezeit sowie eine Überschusswirtschaft, die ihrerseits Handel erst möglich machte.

Pflugscharen aus Metall waren nur 15-35 cm lang und bestanden aus zwei Teilen. Unten bohrte sich eine relativ kurze Spitze – also kein Blatt wie bei heutigen Pflügen – in den Boden. Oben war das Metall zu einem rohrförmigen Schaft gebogen, in dem das Pfluggestell mit dem Lenkholz steckte, das der Bauer hielt. Wenn das Lenkholz so konstruiert war, dass der Bauer es mit beiden Händen bedienen musste, benötigte er eine zweite Arbeitskraft, um die Zugtiere anzutreiben. Bei Lenkhölzern, die mit einer Hand bedient werden konnten, hatte der Bauer die andere Hand frei, um die Zugtiere mit einem sog. → Ochsenstachel selbst anzutreiben (vgl. Sir 38,26 [Lutherbibel: Sir 38,27]). Unten am Pfluggestell war der Jochbalken befestigt, der den Pflug mit dem Joch verband, das auf dem Nacken der Zugtiere lag und mit Seilen an ihnen befestigt war. Joch und Jochbalken wurden als „Geschirr der Rinder“ bezeichnet (2Sam 24,22).

2. Pflügen und säen

In der Trockenheit des Sommers werden die ohnehin steinigen Ackerböden Palästinas extrem hart. Ende Oktober / Anfang November lässt der erste Winterregen sie jedoch wieder weicher werden (Ps 65,11). Die Zeit der Fruchtbarkeit und das landwirtschaftliche Jahr beginnen (→ Ackerbau). Als erstes mussten die Bauern jetzt die Felder pflügen (חרשׁ ḥrš). Dabei wurde der Boden nicht wie mit heutigen Pflugblättern gewendet („umgepflügt“), sondern nur etwa 10cm tief in Furchen aufgerissen bzw. geöffnet (פתח ptḥ; Jes 28,24) und so etwas gelockert. Steile oder terrassierte Berghänge waren für Pflüge allerdings unzugänglich, und ihr Boden konnte nur mit → Hacken gelockert werden (Jes 7,25).

Sofort nach dem Pflügen wurde gesät, indem man das Saatgut, z.B. Weizen, Gerste, Emmer oder Kümmel (Jes 28,24f), mit der Hand schwungvoll ausstreute. Um das Saatgut zu bedecken und damit auch vor Vögeln zu schützen, wurde das Feld anschließend ein zweites Mal gepflügt, und zwar quer zur ersten Pflugrichtung (שׂדד śdd; Jes 28,24). Ein unserer Egge vergleichbares Gerät gab es nicht.

Saattrichter, die man in Mesopotamien schon im 2. Jt. kannte, sind in Palästina erst im 2. Jh. v. Chr. belegt, nämlich im → Jubiläenbuch (Text Pseudepigraphen), das ihre Einführung → Abraham zuschreibt (11,23f). Mit ihrer Hilfe konnte das Saatgut gezielt hinter dem Pflug in die frische Furche gestreut werden. Dort wurde es sofort bedeckt und war damit vor Vögeln geschützt. Für diese Arbeit benötigte man eine weitere Person, jedoch erübrigte sich das zweite Pflügen. Nach der Aussaat war weiterer Regen wichtig. Wenn er ausblieb, war das Saatgut, wenn nicht die Ernte verloren.

3. Mensch und Zugtier

Pflügen war eine sehr schwere Arbeit (Hos 10,11). Sie wurde durchweg von Männern verrichtet. 1Sam 8,11f zählt sie zu den Tätigkeiten, für die ein König junge Männer verpflichteten konnte.

Als Zugtiere dienten → Rinder (Hi 1,14), zuweilen auch → Esel (Jes 30,24), jedenfalls nicht → Pferde. Meist bildeten zwei Tiere ein Gespann und deswegen wurde „Gespann“ (צֶמֶד ṣæmæd) eine Maßeinheit für die Fläche, die man mit einem Rindergespann an einem Tag pflügen kann. Wo man nicht über zwei Rinder verfügte, hat man wohl Rind und Esel zusammengespannt. Technisch bereitet dies trotz der unterschiedlichen Statur der Tiere keine Probleme, wie die Praxis arabischer Bauern bis ins 20. Jh. zeigt. In Dtn 22,10 ist genau dies allerdings verboten, ohne dass wir die Gründe kennen.

4. „Pflügen“ in bildlicher Sprache

Metaphorisch kann „pflügen“ eine zerstörerische Bedeutung haben. Mi 3,12 kündigt dem Zion an, als Ackerland gepflügt zu werden, und in Ps 129,3 klagt Israel: „Pflüger haben auf meinem Rücken gepflügt“. Als schwere Arbeit kann „pflügen“ ein Bild für eine besondere Fähigkeit sein: Jahwe hat von Israel, der gelehrigen Jungkuh, erwartet, dass sie pflügen könne (Hos 10,11). Der enge Zusammenhang von Pflügen und Ernten kann als Bild für den → Tun-Ergehen-Zusammenhang dienen (Hi 4,8; Spr 20,4). „Pflügen“ kann auch eine Metapher für Geschlechtsverkehr sein; so wirft → Simson seinen Gegnern vor, mit seiner Kuh / Frau gepflügt zu haben (Ri 14,18; Schorch, 121f). „Das Meer pflügen“ ist ein Ausdruck für unsinniges Handeln (Am 6,12, Konjektur).

Nicht in diesen Zusammenhang gehört die Verheißung, dass die Völker ihre → Schwerter zu Pflugscharen schmieden werden (Mi 4,1-5; Jes 2,2-5). Der Text spricht nämlich nicht von Pflugscharen (מַחֲרֵשָׁה maḥǎrešāh), sondern von Hacken (אֵת ’et). Allerdings ist die Übersetzung mit „Pflugschar“ insofern richtig, als sie das Friedensbild im Deutschen besser zum Ausdruck bringt als der Begriff „Hacke“.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Borowski, O., Agriculture in Iron Age Israel, Winona Lake 1987, 47-56
  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina, Bd. II, Gütersloh 1932, 64-129 (Nachdruck Hildesheim u.a. 1987)
  • Schorch, S., Euphemismen in der Hebräischen Bibel (OBC 12), Wiesbaden 2000

Abbildungsverzeichnis

  • Bauer mit Pflug. © public domain (Foto: Ludwig Koenen, 1964 in Ägypten)
  • Pflugschar. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Nachbau eines Pfluges. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 1984)
  • Pflug mit Saattrichter (Siegelabrollung aus Nippur; 14. Jh.). Aus: H. Gressmann, Altorientalische Bilder zum Alten Testament, Berlin / Leipzig 2. Aufl. 1927, Abb. 161 (bearbeitet)
  • Pflügender Bauer mit Ochsenstachel. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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