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(erstellt: Januar 2015)

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1. Der Begriff „Medien“

Ein Leben ohne Medien ist nicht vorstellbar, denn der Zugang zur Welt ist zumeist medial vermittelt und weniger auf direkte Erfahrungen gestützt. Im allgemeinen Sprachgebrauch werden dabei unter Medien → (Massen-)Medien wie Fernsehen, Zeitung oder Radio verstanden, wovon dann die „neuen Medien“ abgegrenzt werden. In einem umfassenderen Sinne sind Medien jedoch grundlegend „Mittler“ von etwas Abwesendem, das durch Medien repräsentiert wird. Solange ein Objekt oder eine Person anwesend ist, bedarf es keiner Medien. Sind diese jedoch absent, so braucht es Worte, → Bilder, Modelle und vieles mehr, die sie vermitteln und vertreten. Diese Medien konvertieren Abwesenheit in Anwesenheit (Schulte-Sasse, 2002, 2). Durch Medien werden „in kommunikativen Zusammenhängen potenzielle Zeichen mit technischer Unterstützung aufgenommen bzw. erzeugt und übertragen, gespeichert, wiedergegeben oder verarbeitet und in abbildhafter oder symbolischer Form präsentiert“ (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 31), wobei hier „technisch“ meint, dass nur das Medium ist, was nicht die Sache selbst ist, sondern als deren Repräsentant gilt. Einem solchen Medienbegriff liegt ein triadisches Medien- respektive Zeichenverständnis zu Grunde, wie es prominent durch Charles S. Peirce vertreten wird. Er unterscheidet zwischen einem Interpretant, einem Repräsentamen (Zeichen) und einem Objekt, wobei die Beziehung zwischen Objekt und Repräsentamen auf Ähnlichkeit (Ikon) oder auf Konvention (Symbol) beruhen kann bzw. direkt auf das (anwesende) Objekt hinweist (Index) (Peirce, 1993, 64-67). Ein Beispiel: Ein Bild von einem Kirchengebäude hat in der Regel eine Ähnlichkeit (Ikon) mit dem abgebildeten Objekt. Das Bild ist somit ein Zeichen, ein Repräsentamen, des Kirchengebäudes. Der Interpretant wiederum ist die Wirkung, die das Bild der Kirche beim Empfänger hervorruft, die Vorstellung, die es erzeugt – und die ist je nach Empfänger unterschiedlich (Kirchenarchitektur, aber auch Kirche als geistliche Gemeinschaft oder Kirche als gesellschaftliche Institution). Eine Kirche kann jedoch medial nicht nur von einem Bild, sondern auch z.B. durch einen Text vermittelt werden. Dieser besteht aus Worten (Zeichen), die keine Ähnlichkeit mit dem Objekt Kirche besitzen, sondern die qua gesellschaftlicher Konvention (Symbol) auf das Gotteshaus verweisen. Auch die Worte als Zeichen für Kirche erzeugen unterschiedliche Interpretanten, die beim Lesen des Textes bei den Lesenden hervorgerufen werden.

Ein solch triadischer Medienbegriff verdeutlicht, dass erstens Kommunikation, Verständigung und auch Lernen grundlegend auf Medien angewiesen sind (→ Lerntypen). Zweitens hebt dieser Medienbegriff hervor, dass Medien ganz unterschiedliche Interpretanten evozieren. Medien vermitteln weder unmittelbar oder neutral eine Information zwischen Sender und Empfänger. Vielmehr prägt die Zeichenhaftigkeit, die Medialität des gewählten Mediums die Information und ruft beim Empfänger nicht gänzlich vorhersehbare Vorstellungen hervor, wobei der Einfluss des Mediums auf die Information unterschiedlich groß sein kann. Dokumentarische → Fotografie vermittelt durch ihre hohe Ikonizität zum Objekt Informationen zielgerichteter als eine Skizze, ein Sachtext transportiert eine Nachricht in der Regel gezielter als ein Lied.

2. „Medien“ im theologischen Horizont

Wenn der Zugang zur und die Kommunikation über Realität grundlegend medial geprägt sind, dann sind auch → Religion und ein religiöser Weltzugang konstitutiv auf Medien verwiesen. So überrascht es nicht, dass neben dem (gesprochenen) Wort Texte, Bilder, → Rituale, Symbole, Architektur und vieles mehr zu Medien religiöser Kommunikation und Tradierung wurden. Zugleich war das Christentum häufig Triebfeder medialer Entwicklungen. Dabei ist das Christentum in seiner Offenbarungsstruktur bereits selbst grundlegend medial konstituiert und reflektiert. Diesem Verständnis zu Folge ist → Jesus Christus als fleischgewordene → Offenbarung nicht allein der Ort des eschatologischen Versöhnungshandelns Gottes, sondern auch als dessen Medium zu verstehen. Dabei ist das „Medium“ Jesus Christus, die Botschaft seines Lebens und Wirkens, nicht ein Zweites, etwas Unterscheidbares neben seinem Offenbarersein. Medium und Botschaft sind nicht zu trennen, aber auch nicht ineinander aufzulösen. Das christologische „unvermischt und ungetrennt“ ist in dieser Hinsicht auch medientheoretisch zu lesen (Trocholepczy, 2004, 39). Nur wenn Jesu Leben und Wirken in seiner Menschlichkeit auch als Medium ernst genommen wird, so werden auch die menschlich-geschichtlichen Vermittlungen ernst genommen, in denen der Logos zur Sprache kommt. „Das Historische ist Jesu Zeugnis, Medium der Selbstoffenbarung Gottes, in Dienst genommen für Gottes Selbstbezeugung“ (Werbick, 1991, 233). Es gehört somit zum Kern der christlichen Botschaft, dass die Botschaft selbst ein Medium hat. Diese Medialität zu negieren öffnet fundamentalistischen Tendenzen (→ Fundamentalismus/Biblizismus, bibeldidaktischer Umgang) Tor und Tür – und wertet zugleich das auch körperlich-medial und historisch verfasste Menschsein ab. Diesbezüglich lässt sich das biblische Bilderverbot auch als „Medienverbot“ verstehen, als Verbot, eine mediale Gottesdarstellung mit der göttlichen Wirklichkeit zu identifizieren (Pirner, 2013, 284).

Dabei ist das Maß des Mediums im Christentum die christliche Botschaft selbst. Die Vermittlung der Botschaft kann an ihrer richtig verstandenen Medialität gemessen werden, denn sie ist als Botschaft nicht für sich da, sondern zuinnerst adressiert (Trocholepczy, 2004, 35). So lässt sich sowohl das Verständnis der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus als auch jenes der Vermittlung und Tradierung seiner Botschaft durchgängig als Ringen um mediale Konstruktionen deuten.

Medientheoretische Reflexionen sind dem Christentum somit zutiefst zu eigen. Dabei geht es im Kern weniger um die Frage, dass Medien respektive mediale Repräsentation einen Platz in der Tradierung und Vermittlung des Christentums besitzen, sondern vielmehr wie diese konstituiert und interpretiert werden. Ein theologisch verantwortetes Sprechen von der Medialität der Offenbarungsbotschaft Gottes impliziert somit immer zugleich von dem entsprechenden Medienbegriff Rechenschaft abzulegen und angemessene Medien für dessen Kommunikation zu suchen.

3. Medienpädagogik

3.1. Aufgaben und Ziele

Eine Suche nach angemessenen Medien für religiöse Kommunikation und Bildungsprozesse (→ Bildung, religiöse) muss sich jedoch nicht nur an theologischen (→ Theologie), sondern auch an pädagogischen (→ Pädagogik) Überlegungen orientieren. Wesentliche Orientierungsmerkmale erhält die → Religionspädagogik hierbei aus der Medienpädagogik. Diese unterstreicht, dass Medien in (religions-) pädagogischen Kontexten nie bloß ein methodisch-didaktisches Mittel darstellen, sondern selbst auch Unterrichtsgegenstand bzw. -thema werden müssen. Medienpädagogik zielt in diesem Sinne darauf, „Medien als wesentliche Mitgestalter heutiger Kultur der bewussten Nutzung der Subjekte unter Beibehaltung ihrer sozialen Verantwortung unterzuordnen. Dies geschieht durch die Vermittlung von Medienkompetenz. Ziel dieser Medienpädagogik ist, dass die Subjekte sich Medien selbsttätig aneignen und diesen Aneignungsprozesses [sic!] als kritisch reflektierten zu unterstützen“ (Hüther/Schorb, 2005, 275). „Medienkompetenz“ wird somit zu einem zentralen Ziel und Schlüsselbegriff der Medienpädagogik (→ Bildung, mediale). Darunter lässt sich die Fähigkeit fassen, „auf der Basis strukturierten zusammenschauenden Wissens und einer ethisch fundierten Bewertung der medialen Erscheinungsformen und Inhalte, sich Medien anzueignen, mit ihnen kritisch, genussvoll und reflexiv umzugehen und sie nach eigenen inhaltlichen und ästhetischen Vorstellungen, in sozialer Verantwortung sowie in kreativem und kollektivem Handeln zu gestalten“ (Schorb, 2005, 262). Ein solch verantworteter und kompetenter Umgang mit Medien ist eine Querschnittsaufgabe von Schule sowie außerschulischen Bildungsangeboten und somit nicht an ein Fach oder eine → Fachdidaktik ausgelagert. Medienbildung – und eben nicht nur der Einsatz von Medien – ist damit genuiner Bildungsauftrag auch des Religionsunterrichts und außerschulischer religiöser Bildungsarbeit (→ Lernorte religiöser Bildung).

Entfaltet man diese zentrale Zielsetzung näher, dann können unter den vorliegenden zahlreichen medienpädagogischen Entwürfen folgende Ziel- und Kompetenzfelder als konsensfähig herausgestellt werden: 1. Bewahren: Heranwachsende vor entwicklungsschädlichen medialen Einflüssen schützen, z.B. durch Jugendschutzbestimmungen; 2. Informieren: Kenntnisse über Medien vermitteln, über Medien aufklären; 3. Sensibilisieren: reflektierten Umgang mit Medien ermöglichen; 4. Aktivieren: Medien selbst erstellen und aktiv verwenden, insbesondere in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung (Hüther/Schorb, 2005, 269-272; Hoffmann, 2003, 30).

3.2. Mediendidaktik

Wenn man unter Medienpädagogik die Gesamtheit aller pädagogisch relevanten Überlegungen zu Medien fasst, dann ist die Mediendidaktik ein Teilbereich der Medienpädagogik und fokussiert sich auf Lehren und Lernen mit und über Medien. Dass mit Medien, insbesondere wenn sie unterschiedliche Sinne ansprechen, ein höherer Lerneffekt eintritt, gilt als didaktischer Gemeinplatz, für den es allerdings bislang keine umfassenden empirischen (→ Empirie) Belege gibt (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 80). Auch zeigen Studien (→ Unterrichtsforschung, empirische) zu generellen Medieneffekten, dass bei Lernen mit Medien nicht grundsätzlich ein höherer Lerneffekt wahrgenommen werden kann, was aber auch an dem Design der Vergleichsstudien liegen kann (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 76f.). Allerdings kristallisiert sich heraus, dass eine Kombination von Text und Bild lernförderlich ist, wobei entscheidend ist, wie Text und Bild in Beziehung gesetzt werden (z.B. einander ergänzend, vertiefend). Daher liegt „die Annahme nahe, dass für das Erreichen bestimmter Lehrziele die Wahl der Erfahrungsformen bzw. Codierungsarten, z.B. die reale oder abbildhafte Form, und die Wahl bestimmter Gestaltungsformen, z.B. Aktivierung durch Aufgaben, wichtiger sind als die Medienarten, durch die sie präsentiert und realisiert werden“ (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 83). Ein allgemeines Plädoyer für Computer oder Bild, für Film oder Text lässt sich somit aus den vorliegenden Studien nicht ableiten. Der positive Effekt von Medien auf das Lerngeschehen scheint zumeist gering zu sein, teils an spezielle Bedingungen und Voraussetzungen geknüpft (→ Bildungsstudien) (Hattie, 2013, 259-273). So zeigt sich in Hinblick auf multimediale Lernlandschaften, die gegenwärtig besondere Aufmerksamkeit erhalten, dass z.B. der Umgang mit Hypertexten für starke Lerner förderlich, für Lernende mit schwächeren kognitiven Voraussetzungen jedoch problematisch ist (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 82). Auch das Anforderungsniveau, das Lernende den Medien zumessen, ist für den Lernprozess entscheidend (→ Kognitive Aktivierung). So motivieren komplexe Medien zu erhöhter Anstrengung, während vermeintlich leichte Medien (z.B. Fernsehen) weniger mentale Anstrengung hervorrufen, wodurch der Lerneffekt gemindert wird (Tulodziecki/Herzig/Grafe, 2010, 82).

Erfolgreiches Lernen mit und über Medien ist somit ein äußerst komplexes Geschehen. Didaktische Überlegungen zum Umgang mit Medien in institutionalisierten Lernprozessen müssen daher von der Interdependenz folgender Faktoren ausgehen: 1. Thema/Inhalt; 2. Ziele/Kompetenzerwerb; 3. Gestaltungsmerkmale des Mediums (didaktische, inhaltliche, formale Eigengesetzlichkeit); 4. Methoden/Sozialformen; 5. soziokulturelle und individuelle Lehr- und Lernvoraussetzungen; 6. Rahmenbedingungen des Lernens (Ort, Zeit, etc.). Erst im Horizont dieser Wechselwirkungen ist ein sachangemessener, didaktisch sinnvoller Umgang mit Medien im Unterricht möglich (→ Unterrichtsplanung).

4. Medienpädagogik in religionspädagogischer Perspektive

Sowohl in theologischer (vgl. 2.) als auch medienpädagogischer und -didaktischer (vgl. 3.) Sicht ist somit die mediale Vermittlung und Aneignung der christlichen Botschaft keine nachgängige, sondern zentrale Fragestellung. Medien sind nicht allein Mittel zum Zweck, um Lernziele oder Kompetenzen zu erlangen, sondern Religion und Christentum werden – wie Realität allgemein – über Medialität überhaupt erst zugänglich. Medienpädagogische und -didaktische Grundfragen sind somit auch religionspädagogische Grundfragen. Im Folgenden sollen daher die interdependenten didaktischen Faktoren (vgl. 3.2.) in religionspädagogischer Perspektive näher entfaltet werden, und damit zugleich ein Grundgerüst für einen medienpädagogisch und religionspädagogisch sensiblen Umgang mit Medien erstellt werden (→ Bildung, mediale).

Thema/Inhalt: Religion kann – auch in religiösen Lehr-Lernprozessen – nur medial vermittelt und kommuniziert werden. Gelernt wird jedoch aus Sicht der Medienpädagogik nicht nur mit, sondern auch über Medien. In religionspädagogischer Perspektive ist diesbezüglich das Bilder- respektive „Medienbildverbot“ (Pirner, 2013, 284f.) hervorzuheben. Medien im jüdisch-christlichen Kontext explizit zum Thema oder Inhalt zu machen bedeutet, deren Medialität zu fokussieren. Medien präsentieren in der Regel nicht das Abwesende, sondern repräsentieren es. Medien werden somit nicht zu „Idolen“, zum „Goldenen Kalb“, sie sind nicht Selbstzweck, sondern Vermittler (des Göttlichen). Dass ein solches Medienverständnis theologisch an seine Grenzen stößt (z.B. in Hinblick auf Sakramente) sei hier nur am Rande erwähnt (→ Bilder).

Ziele/Kompetenzen: Medienpädagogik zielt auf die Information über Medien mit grundlegend aufklärerischem Fokus. Aus Sicht religiösen Lernens und → religiöser Bildung zählen hierzu vor allem Kenntnisse über die vielfältigen Medien, die im Christentum und seiner Geschichte Bedeutung besitzen. Christentum ist mehr als eine Buchreligion und erschließt sich folglich umfassend nur „multimedial“. Ohne Kenntnisse über Bilder, Riten, Symbole, Lieder (→ Musik) und vieles mehr ist das Christentum nicht zugänglich. Darüber hinaus will Medienpädagogik zu einem reflektierten und kritischen Umgang mit und zur Reflexion über Medien sensibilisieren. Hierzu zählt in religionspädagogischer Sicht die Fähigkeit, nicht nur religiöse, sondern z.B. auch populäre Medien in Hinblick auf ihren religiösen Gehalt zu erschließen. Medien werden dann zu einer Quelle religiös relevanter Erkenntnis und gegebenenfalls auch Kritik an Religion. Zum anderen ermöglicht Religion auch einen kritisch-aufklärerischen Blick auf Medien. Religion generiert dann eine neue Sicht auf Medien und führt gegebenenfalls zu Kritik an Medien. Schließlich zielt Medienpädagogik auf einen aktiv-produktiven Umgang mit Medien. Heranwachsende sollen befähigt werden, Medien selbst zu erstellen und zu verwenden. Auch diese Zielsetzung lässt sich im religionspädagogischen Kontext, insbesondere in der außerschulischen Jugend- und Erwachsenenbildung, entfalten. Denn Religion und Religiosität vollzieht sich nicht ausschließlich rezeptiv, sondern Gläubige verwenden Medien, um ihre Religiosität zum Ausdruck zu bringen, sei es in Texten, in Symbolen, Riten und vielem mehr. Es zählt zu den zentralen religionspädagogischen Herausforderungen, Heranwachsende zur religiösen Selbstexpression und zur Partizipation an religiösen Vollzügen zu befähigen. (Religiöse) Medien diesbezüglich aktiv verwenden und gestalten zu können, ist eine religiöse Schlüsselkompetenz.

Gestaltungsmerkmal von Medien: Der didaktische Einsatz von Medien hat deren Eigengesetzlichkeiten zu reflektieren. Medien besitzen (implizite, „heimliche“) Strukturen, die (religiöse) Lernprozesse deutlich prägen, was zwei Beispiele verdeutlichen. Ein Sachtext (→ Textarbeit) über Spiritualität zielt auf Information über das Thema, die Zeichen (Repräsentamen) sind so gewählt, dass sie möglichst identische Vorstellungen (Interpretanten) über Spiritualität bei den Lesenden hervorrufen. Inwiefern ein so strukturiertes Medium „Sachtext“ der Vielfältigkeit und Sinnlichkeit des Objekts „Spiritualität“ angemessen ist, gilt es zu reflektieren. Ein Kunstwerk wiederum zielt nicht auf die Vermittlung einer Botschaft oder eines Objekts und ist somit weniger Medium für etwas, sondern vielmehr selbst ein Objekt, das z.B. über Farbe, Leinwand etc. medial vermittelt wird und das unterschiedliche Deutungen und Vorstellungen (Interpretanten) hervorruft. In ihrer Mehrdeutigkeit – nicht Beliebigkeit – besitzt Kunst einen Sinnüberschuss, der für die Expression und Rezeption von Religion und Religiosität relevant ist, der sich aber zugleich einer didaktischen Inszenierung oder Planbarkeit entzieht.

Methoden/Sozialformen: Um Medien kompetent zu erschließen und zu verwenden, bedarf es methodischer Kenntnisse. So gibt es unterschiedliche Methodiken, → Filme zu analysieren, → Bilder zu erschließen, Gedichte (→ Lyrik) zu deuten usw. Diese Methodiken entstammen zumeist den Fachwissenschaften (Film-, Bild-, Literaturwissenschaften usw.) und müssen für einen kompetenten religionspädagogischen Umgang mit Medien berücksichtigt werden. Zugleich ist der Erwerb dieser Methodiken nicht Selbstzweck, sondern steht im religionspädagogischen Kontext im Dienste religiöser Bildungsprozesse. Methoden wie auch → Sozialformen sind entsprechend religionspädagogischer Leitprinzipien auch subjekt- und gemeinschaftsorientiert auszuwählen.

Individuelle und soziokulturelle Lehr-Lernvoraussetzungen: In einer durch und durch mediatisierten Gesellschaft wird zum einen Religion und Religiosität auch von nicht religiösen oder kirchlichen Medien thematisiert, zum anderen bedienen sich religiöse und kirchliche Organisationen unterschiedlichster Medien zur Kommunikation ihrer Botschaft. Medien spielen in der religiösen Bildung und Sozialisation (→ Sozialisation, religiöse) somit eine große Rolle und sind ein – auch außerschulischer – religiös relevanter Lernort, dessen sozialisierende Bedeutung teils höher als der Religionsunterricht eingeschätzt wird (Pirner, 2013, 290). Indem Medien gesellschaftlich prädominieren, besitzen Heranwachsende zugleich ein hohes Interesse an und – partiell – Kompetenzen in Bezug auf Medien, auf die ein religionspädagogischer Umgang mit Medien zurückgreifen kann. Eine lebensweltorientierte → Religionspädagogik ist daher in hohem Maße auf Medien ausgerichtet.

Rahmenbedingungen religiösen Lehren-Lernens: Der Umgang mit (religiös relevanten) Medien unterscheidet sich an schulischen respektive außerschulischen Lernorten. Während der Einsatz von Medien in der Schule vielfach rezeptiv und analytisch erfolgt, ist dieser an außerschulischen Lernorten (kirchliche, kulturelle Jugendarbeit, Vereine, Ferienfreizeiten und vieles mehr), verstärkt erlebnis- oder handlungsorientiert (Filmnacht organisieren, Flyer für Zeltlager gestalten, und vieles mehr; → Erlebnispädagogik). Dies liegt nicht nur an den verschiedenen Zielen und Lernformen von (außer-)schulischen Lernorten, sondern auch in den unterschiedlichen technischen, organisatorischen und zeitlichen Rahmenbedingungen begründet. Damit einher geht zugleich eine häufig zu konstatierende „Entzauberung“ von Medien in der Schule. Was in den Lebenswelten der Jugendlichen einen hohen Reiz besitzt, verliert diesen rapide im schulischen Kontext. Insbesondere mit populären Medien ist der Graben zwischen Lebens- und Unterrichtswelten nicht so leicht zu überbrücken. Dies hängt auch damit zusammen, dass sich Jugendliche in höchst disparaten (medialen) Lebenswelten aufhalten. Wählt der Religionsunterricht (populäre) Medien aus, so eröffnet er für die einen Anschlüsse an ihre Lebenswelt, andere wiederum werden hierdurch mit ihren medialen Präferenzen und Kompetenzen ausgeschlossen. Ein milieu- und lebensweltsensibler Umgang mit Medien ist für die Religionspädagogik ein weitgehend noch unbearbeitetes Terrain.

Literaturverzeichnis

  • Hattie, John, Lernen sichtbar machen. Überarbeitete deutschsprachige Ausgabe von ‚Visible Learning' von Wolfgang Beywl und Klaus Zierer, Baltmannsweiler 2013.
  • Hoffmann, Bernward, Medienpädagogik, Paderborn 2003.
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  • Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hg.), Grundbegriffe Medienpädagogik. München 4. Aufl. 2005.
  • Peirce, Charles S., Phänomen und Logik der Zeichen, Frankfurt a. M. 2. Aufl. 1993.
  • Pirner, Manfred L., Medienbildung im evangelischen Religionsunterricht, in: Pirner, Manfred L./Pfeiffer, Wolfgang/Uphues, Rainer (Hg.), Medienbildung in schulischen Kontexten. Erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Perspektiven, München 2013, 279-298.
  • Pirner, Manfred L., Medienweltorientierte Religionsdidaktik, in: Grümme, Bernhard/Lenhard, Hartmut/Pirner, Manfred L., Religionsunterricht neu denken. Innovative Ansätze und Perspektiven der Religionsdidaktik, Stuttgart 2012, 159-172.
  • Pirner, Manfred L./Breuer, Thomas (Hg.), Medien – Bildung – Religion. Zum Verhältnis von Medienpädagogik und Religionspädagogik in Theorie, Empirie und Praxis, München 2004.
  • Schorb, Bernd, Medienkompetenz, in: Hüther, Jürgen/Schorb, Bernd (Hg.), Grundbegriffe Medienpädagogik, München 4. Aufl. 2005, 257-262.
  • Schröder, Bernd, Medial konstruierte Lernorte von Religion – Religionspädagogik der Medien, in: Schröder, Bernd, Religionspädagogik, Tübingen 2012, 682-690.
  • Schulte-Sasse, Jochen, Art. Medien/medial, in: Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden IV (2002), 1-38.
  • Trocholepczy, Bernd, Das Medium ist nicht die Botschaft. Zum kritischen Verhältnis von Religionspädagogik und Medien, in: Schreijäck, Thomas (Hg. u.a.), Werkstatt Zukunft. Bildung und Theologie im Horizont eschatologisch bestimmter Wirklichkeit. Festschrift Hermann Pius Siller, Freiburg i. Br. 2004, 30-42.
  • Tulodziecki, Gerhard/Herzig, Bardo/Grafe, Silke, Medienbildung in Schule und Unterricht, Bad Heilbrunn 2010.
  • Werbick, Jürgen, Das Medium ist die Botschaft. Über einige wenig beachtete Implikationen des Begriffs der „Selbstoffenbarung Gottes" – im Blick auf die Auseinandersetzung um die fundamentalistische Versuchung im Christentum, in: Werbick, Jürgen (Hg.), Offenbarungsanspruch und fundamentalistische Versuchung, Freiburg i. Br. 1991, 187-245.

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