Prediger Salomo / Kohelet

Name

Das Buch Kohelet wurde wie das der Sprüche dem König Salomo zugeschrieben, obgleich es außer dem "Sohn Davids" als Verfasserangabe in 1,1 und verschiedenen Andeutungen (vgl. 1,12+16) keinen Hinweis auf eine solche Autorschaft gibt. Der Verfasser wird 1,1 als קֹהֶלֶת, qohœlœt (= Versammlungsleiter) bezeichnet, was M. Luther als "Prediger" übersetzte. In der griechischen Übersetzung findet sich die ebenfalls als Name des Buches gebräuchliche Übersetzung ἐκκλησιαστής, ekklēsiastēs. Das Buch Kohelet gehört zu den fünf Megillot; es ist die Festrolle für das Laubhüttenfest, in dem die Freude am Leben und an der Tora als rechter Weisung zum Ausdruck kommen. Diese Lebensfreude spricht auch aus wichtigen Passagen des Predigerbuches.

Entstehungszeit

Als Entstehungszeit des Buches muss das 4. oder 3. vorchristliche Jahrhundert angenommen werden. Darauf deuten die Sprache, andererseits aber die besondere Thematik hin, die mit der des Hiobbuches vergleichbar ist. Auch hier spiegelt sich die Krise der herkömmlichen Weisheit, deren Sinn nicht mehr einleuchtet (vgl. das Kapitel "Theodizee").

Gliederung

Das Buch lässt sich kaum sinnvoll gliedern, da es aus vielen lose aneinandergereihten Einzelstücken besteht, bei denen Ordnungsprinzipien oder Gedankenfortschritte heute nicht mehr klar erkennbar sind. Erschwerend kommt hinzu, dass oft auch Gegenpositionen zitiert werden, so dass nicht immer klar ist, was des Predigers eigene Meinung ist. Möglicherweise dienten die wiederholten Formeln "alles ist eitel, Haschen nach Wind" der Abtrennung von einzelnen Argumentationsgruppen. Es ist aber wichtig, das Buch ganz gelesen zu haben und zentrale Kapitel erinnern zu können.

Inhalt

In Kapitel 1+2 wird deutlich, dass der Autor eine Ausbildung in der herkömmlichen Weisheit genossen hat, dass ihm aber nach eigenem Nachdenken alles eitel oder nichtig geworden ist. Denn: "der Weise stirbt (genauso) wie der Tor" (2,16). Das üblicherweise mit "eitel, nichtig" übersetzte Wort lebeh, hæbæl, bedeutet einen Windhauch oder einen Atemzug; es steht symbolisch für die Vergänglichkeit (vgl. auch den aus der gleichen Wortwurzel gebildeten Namen "Abel" (Gen 4). Zwar gibt es Gott, und der Prediger zweifelt seine Allmacht nicht an (3,14), aber "alles hat seine Zeit" (3,1-8), ist dem Menschen unverfügbar. Diese Erkenntnis führt zur Resignation, nicht, wie bei Hiob, zum Aufbegehren gegen das unzugängliche Wesen Gottes. Der Mensch kann Gottes Handeln nicht durchschauen, er kann sich ihm nur fügen und versuchen, aus dem, was Gott gegeben hat, das Beste für sich selbst zu machen: "Da merkte ich, dass es unter ihnen nichts Besseres gibt, als fröhlich zu sein und es gut zu haben im Leben" (3,12). Dabei ruft der Prediger aber zur Ehrfurcht gegen Gott auf (4,17-5,6), nicht etwa zu einem zügellosen Hedonismus.

Ein besonderes Motiv des Buches ist die Todesthematik. Der Prediger geht davon aus, dass der Tod endgültiges Ende des Lebens ist, die flüchtigen Tage des Daseins auf der Erde sollen genossen werden (9,7-10). Eine Auferstehungshoffnung scheint dem Verfasser (noch) nicht bekannt zu sein. In 11,9–12,7 werden junge Menschen dazu aufgerufen, in ihrer Jugend das Leben als gute Gabe Gottes zu genießen; die Beschwerden des Alterns werden allegorisch dargestellt: "Die Wächter des Hauses (= die Beine) zittern", "der Mandelbaum (= das weiße Haar) steht in Blüte".

Nachträge

Pred 12,9-11; 12,12-14 trägt in zwei Epilogen weisheitliche Sentenzen nach, von denen sich 12,12 einer gewissen Beliebtheit bei Studierenden erfreut. Möglicherweise wurde das Buch nur wegen dieser Nachträge in den Kanon aufgenommen. Sein Haupttext lässt nahezu alle Bezüge zum klassisch-theologischen Traditionsgut Israels vermissen; besonders auffällig ist das Fehlen der Tora-Thematik.

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