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7.09. Zusätze zu Daniel (ZusDan)

Textformen

Ähnlich wie beim Esterbuch überliefert die griechische Septuaginta mitsamt ihren Folgeübersetzungen für das Danielbuch einen deutlich längeren Text, der den Umfang des hebräisch-aramäischen Teils um ca. 50% übersteigt. Von diesen Zusätzen wurden die beiden Gesänge der Männer im Feuerofen in das Kapitel 3 des kanonischen Buches eingefügt, die anderen Kapitel 13 und 14 am Ende des Buches eingeordnet.

Manche griechische Handschriften stellen auch die Susanna-Geschichte vor Dan 1, da in ihr von Daniel als jungem Mann die Rede ist. Die Existenz der Zuwächse legt nahe, dass das stufenweise Wachstum des Danielbuches (vgl. oben) auch nach der Kanonisierung des hebräisch-aramäischen Teils weiter angehalten hat. Dies ist für apokalyptische Literatur typisch, wie sich auch an den Büchern 1. Henoch oder 4. Esra zeigen lässt.

Gesang der drei Männer

Dan 3 berichtet, wie die drei Freunde Daniels, Schadrach, Meschach und Abed Nego, in den Feuerofen geworfen werden, weil sie sich weigern, das goldene Standbild Nebukadnezzars anzubeten. Im kanonischen Text scheint es dabei einen Bruch zwischen den Versen 23 und 24 zu geben, da der König unvermittelt über einen vierten Mann im Ofen erschrickt. Es ist vermutet worden, dass hier eine Vorform der Gesänge der drei Männer ausgefallen ist. Diese werden als Zusatz in 3,24-90 überliefert, wobei dann Septuaginta und Vulgata den kanonischen Text als V. 91ff. weiterzählen.

Im ersten Lied, dem Gesang des Asarja (= Abed Nego nach 1,7 und 3,12) in 3,24-45, klagt der Beter über sein Schicksal und bekennt die Sünden des Volkes. Es wird die Hoffnung geäußert, dass das Martyrium der drei Männer die Sünden des Volkes tilgen möge. Damit findet sich hier (neben 2Makk 7) der älteste Beleg für die Vorstellung vom stellvertretenden Sühnetod eines Menschen, ohne den die neutestamentliche Kreuzesbotschaft nicht denkbar wäre.

Hymnus der drei Männer

Der Hymnus der drei Männer in 3,51-90 wurde in verschiedenen Kirchen in die Liturgie aufgenommen. Wie in älteren Psalmen (z. B. 19a und 148) die ganze Schöpfung Gott loben soll, so sollen auch hier alle Mächte und Gewalten in den Preis Gottes mit einstimmen. Dabei zeigt sich eine Nähe zur apokalyptischen Literatur insofern, als vom Vorhandensein von Engeln ausgegangen wird; die Naturgewalten werden als Mächte mit eigener Lebendigkeit und direktem Bezug zu Gott verstanden. Dies geht über die älteren Schöpfungsvorstellungen hinaus und soll wohl von der Verehrung solcher Mächte abhalten (vgl. Paulus in Gal 4,9f.), gleichzeitig aber auch die Schöpfermacht Gottes herausstellen.

Die beiden Gesänge sind wohl unabhängig vom Prosatext des Kapitels entstanden. Auch sie waren ursprünglich aramäisch formuliert, sind dann aber früh in das Griechische übersetzt und wohl zu diesem Zeitpunkt in die Erzählung von den drei Männern im Feuerofen gesetzt worden.

Susanna

Die Erzählung Susannas Rettung durch den klugen Daniel in Kap. 13 stellt Daniel in V. 45 so vor, als sei er noch gar nicht in Erscheinung getreten. Das spricht dafür, dass es sich hier um eine ursprünglich selbständige Geschichte handelt, die erst nachträglich mit dem Danielbuch verklammert wurde. Die syrische Übersetzung führt sie als eigenes Buch. Daniel wird hier im Märchenstil als ein junger Weiser (vgl. Ez 28,3) geschildert, der in Babel die schöne und gottesfürchtige Susanna rettet.

Diese wird von zwei alten, angesehenen Männern bedrängt. Als sie aber um Hilfe ruft, wird sie von den beiden wegen der angeblichen Verführung eines jungen Mannes angeklagt. Daniel tritt für sie ein und sichert damit Gültigkeit und Durchsetzung der Rechtsordnung der Tora. Die Entstehungsumstände dieser Schrift sind ungeklärt, sie ist zudem in zwei auch inhaltlich stark differierenden griechischen Versionen belegt.

Bel und der Drache

Auch die Erzählungen des Kapitels 14 (Bel und der Drache) sind in der Exilssituation angesiedelt. Doch sie stehen inhaltlich näher an den Kapiteln 3-6 und schildern den Konflikt zwischen dem Glauben an den wahren Gott Israels und der Forderung der fremden Könige, einen Götzen anzubeten. In der ersten Erzählung, 14,1-22, entlarvt Daniel durch eine List den Kult des Bel zu Babel (= Marduk) als Betrug der Priester, worauf dessen Tempel zerstört wird. In der zweiten, 14,23-42, tötet Daniel den als Gott verehrten Drachen, worauf er in die Löwengrube (vgl. Kap. 6) geworfen wird. Am Ende steht das Bekenntnis des Königs zum Gott des Daniel. Für diese polemischen Texte ist eine Entstehung noch in vorchristlicher Zeit anzunehmen. Wieder sind zwei abweichende griechische Versionen erhalten, die wohl auf ein aramäisches Original zurückgehen.

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Die Texte auf dieser Seite sind mit freundlicher Genehmigung übernommen aus:

Cover der Bibelkunde des Alten Testaments von Martin Rösel

Rösel, Martin: Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften. Mit Lernübersichten von Dirk Schwiderski, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11., veränd. Aufl. 2021.

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