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4.1. Die Chronikbücher (1Chr und 2Chr)

Übersicht über die Chronikbücher

1Chr 1-9 Genealogische Vorhalle: Adam bis Saul (Genesis-1Samuel)
1Chr 10-29 Das Königtum Davids (Themakapitel: Richterzeit und Entstehung des Königtums) vor dem Hintergrund der Verwerfung Sauls, Kap. 10 (1Sam 9-1Kön 2*)
        22-29 David bereitet den Tempelbau vor
2Chr 1-9 Das Königtum Salomos (1Kön 2-11)
2Chr 10-36 Von der Reichsspaltung bis zum Kyrus-Edikt (1Kön 12-2Kön 25)

Name

Wie die Samuelis- und Königsbücher waren auch die Chronikbücher ursprünglich ein Buch, welches dann sekundär geteilt wurde. Der Name „Chronik“ stammt von Martin Luther, der damit das griechische chronikon (der ganzen heiligen Geschichte) des Hieronymus verdeutscht hat. Die hebräische Überschrift lautet דִּבְרֵי הַיָּמִים, dibrê hajjāmîm (dt. Ereignisse der Tage; Denkwürdigkeiten).

Die Septuaginta bietet die Überschrift παραλιπόμενα, paralipomena: Übriggelassenes (aus den Büchern Samuel und Könige). Dem Kanon der Septuaginta folgend, finden sich die Chronikbücher in christlichen Bibeln direkt nach den Königsbüchern, gefolgt von den Büchern Esra und Nehemia. Im hebräischen Kanon sind Esra/Nehemia in der Regel vorangestellt, die vier Bücher beschließen meist den Teil „Schriften“.

Entstehungszeit

Die Entstehungszeit der Chronik ist nicht ganz sicher anzugeben, verschiedene Hinweise deuten auf das späte vierte oder das frühe dritte vorchristliche Jahrhundert. Inhaltlich will das Werk die Geschichte Israels von der Erschaffung der Welt bis zum Edikt des Kyrus darstellen, weil mit ihm der Neubeginn nach dem Exil verbunden ist. Dabei spielt die Gründung und Legitimation der Kultgemeinde in Jerusalem eine besondere Rolle. Sehr oft wird bei der Darstellung auf überliefertes Material zurückgegriffen, auf Annalen, Geschichten von Königen oder Propheten. Das soll wohl die Autorität der Darstellung steigern. Es ist aber umstritten, inwieweit die Texte authentisch sind, zu denen es in den Samuelis- und Königsbüchern keine Parallelen gibt.

Theologie

Ziel der Chronik ist es, die bekannte Geschichte Israels neu auf die eigene Gegenwart hin zu deuten, sie korrigiert geradezu die bisherige Geschichtsschreibung. Aus dem Schicksal der Früheren lässt sich lernen, dass Gehorsam gegen Gott, Gotteslob und ein angemessen durchgeführter Kultus im Jerusalemer Tempel das Heil für Israel verbürgen, Gott werde dann seine Barmherzigkeit zeigen. Dies gilt für jede einzelne Generation, jede Zeit steht allein vor Gott, und in jeder Zeit ist Gottes Heilshandeln möglich. Damit ist das zum Beispiel in Ez 18 belegbare individualistische Denken gegen die bisherigen Kollektivvorstellungen (so noch das DtrGW) weitergeführt worden, wenn auch an dem prinzipiellen Schema von Tun und Ergehen festgehalten wurde.

Gliederung

Es ist zu empfehlen, parallel zu den Chronik-Passagen die entsprechenden Stücke aus den Büchern Samuel oder Könige zu lesen, um so einen Eindruck von der Neuinterpretation zu erhalten. (Beispielsweise fehlen die meisten Abschnitte über das Nordreich: Die Chronik ist nur an Juda interessiert.) Wie in den späteren Prophetenbüchern lässt sich auch in der Chronik feststellen, dass schon vorhandene biblische Texte neu gedeutet werden. Damit teilt die Chronik ein Merkmal der Literatur der Spätzeit des Alten Testaments, wie es auch bei der Schriftauslegung der Apokalyptik festzustellen ist.

„Genealogische Vorhalle“

Bereits die erste Übersicht zeigt, dass für die Chronik der Tempel in Jerusalem im Mittelpunkt steht, dazu David und Salomo, die beiden Könige, die mit dem Tempelbau verbunden werden. Die restliche Geschichte Israels wird dem klar untergeordnet, an die Zeit bis zu Beginn des Königtums wird gar nur durch Genealogien erinnert. Diese „Genealogische Vorhalle“ soll in eindrucksvoller Weise zeigen, wie groß Israel ist und wer in Israel Bürgerrecht hat. Innerhalb dieser Bürgerlisten ist die besondere Wertschätzung interessant, die die Leviten oder andere Gilden am Tempel erfahren (vgl. auch 1Chr 6,24-28 zu Asaf). Mose wird nur einmal erwähnt (1Chr 5,29), Exodusereignis, Sinaioffenbarung und Landnahme fehlen. Dagegen wird Samuel zum Leviten erklärt (1Chr 6,12), David soll neben seinen Kriegern auch Leviten und Priester beschäftigt haben.

Leviten

Die Leviten gelten in der Chronik als Hüter wahrer israelitischer Traditionen, damit sollte wohl ein Gegengewicht zu dem priesterlich orientierten Pentateuch geschaffen werden. Dies deutet darauf hin, dass die Redaktoren/Autoren der Chronik aus dem Kreis der Tempelbediensteten unterhalb der Priesterebene stammen.

Tempelbau

Ohne Parallelen in den erhaltenen Geschichtsbüchern ist die breite Schilderung, nach der David alles für den Tempelbau Nötige veranlasst hatte, dann aber wegen seiner Kriege den Bau nicht habe beginnen können (1Chr 22,8). Dagegen fehlen negative Details aus Davids Leben. Möglicherweise gehört dieser Bericht teilweise einer nach-chronistischen Überarbeitung an. Manche Elemente der Darstellung lassen gar David als einen zweiten Mose erscheinen, vgl. 1Chr 28,11f. und Ex 25,9, hier hat David, dort Mose das Modell des Tempels. Auch wenn Mose selbst den Chronisten nicht so bedeutsam zu sein scheint, wird doch sein Bild zur Aufwertung Davids verwendet.

Am Ende der Chronik finden sich die Verse Esr 1,1-3 in wörtlicher Wiedergabe, so wird der Anschluss der beiden Bücher hergestellt (vgl. dazu oben die Einleitung zur chronistischen Literatur.)

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Die Texte auf dieser Seite sind mit freundlicher Genehmigung übernommen aus:

Cover der Bibelkunde des Alten Testaments von Martin Rösel

Rösel, Martin: Bibelkunde des Alten Testaments. Die kanonischen und apokryphen Schriften. Mit Lernübersichten von Dirk Schwiderski, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 11., veränd. Aufl. 2021.

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