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Offenbarung des Petrus

(erstellt: Juli 2023)

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1. Bezeugung und Formen der Überlieferung

Lange Zeit zählten Fachleute die Offenbarung des Petrus (Abkürzung: ApcPe) zu den vielen verlorenen Werken des frühen Christentums. Ihre Existenz bezeugten zu Beginn der historisch-kritischen Forschung an apokryph gewordenen Schriften nur verschiedene (spät-)antike Quellen ab dem zweiten Jh. nach Christus. Hierzu gehören diverse Kanonlisten (vgl. u. a. den Kanon Muratori oder der Codex Claromontanus), die den Text als Teil einer verbindlichen Sammlung von Schriften auswiesen. Ebenso finden sich Zitate aus der ApcPe oder Verweise auf sie beispielsweise in den Schriften des Clemens von Alexandria (ca. 150 - 215 n. Chr.) oder bei Sozomen (ca. 400 - 450 n. Chr.). Letzterer überliefert ferner, dass die ApcPe noch im 5. Jh. in der Liturgie der Kirchen Palästinas am Karfreitag gelesen wurde.Es gab zwar Spekulationen, dass die ApcPe mit anderen Erzählungen rund um Petrus (die Clemens von Rom (ca. 50 - 110 n. Chr.) zugeschrieben werden – daher pseudo-klementinisch) die Jahrtausende im äthiopischen Hochland überlebt haben könnte, jedoch wurde in den ersten Jahrzehnten der systematischen Erforschung dieser Schrifttradition nichts Derartiges gefunden. (vgl. Dillmann, 185f). Obgleich ihre bemerkenswerte, frühe Popularität in den Anfängen des Christentums also an den Quellen nachzuzeichnen war, war außer einer Handvoll Zitate aus der ApcPe nichts Gesichertes über ihre Gestalt als Ganzes bekannt und es ließen sich über den Stoff der ApcPe in der westlichen Welt bis zum Ende des 19. Jh. nur Mutmaßungen anstellen.Dieser Umstand änderte sich erst als im Winter 1886/87 in einem Gräberfeld der oberägyptischen Stadt Akhmîm eine Passage eines griechischen Textes entdeckt wurde, der dem vermuteten Inhalt der Offenbarung an den Apostelfürsten Petrus ähnelte. Gefunden wurde diese in einem Kodex mit weiteren Auszügen aus dem → Petrusevangelium und dem → ersten Henochbuch. Allerdings wurde schnell offenkundig, dass es sich bei der Version der ApcPe im sogenannten Akhmîm Kodex nur um einen Teil der Apokalypse handeln konnte, da ein Großteil der oben erwähnten, frühchristlichen Zitate fehlte.Erst 1911 identifizierte der Schriftsteller und Apokryphenforscher Montague Rhodes James auch in einem äthiopischen Manuskript die ApcPe. Diese ist dort Teil einer größeren pseudoklementinischen Abhandlung über die Zweite Ankunft Christi und die Auferstehung der Toten, in welcher Petrus die Ereignisse rund um die → Himmelfahrt Jesu an seinen Jünger Clemens übermittelt (vgl. Müller, 563). Der besagte Abschnitt enthält nahezu alle Zitate aus der ApcPe, die sich in der patristischen Literatur finden, und stimmt ungefähr mit der in den Kanonlisten überlieferten Länge dieses Textes überein. Dies führt zu dem Umstand, dass von der ursprünglich auf Griechisch geschriebenen ApcPe bis heute eine fragmentarische griechische und eine augenscheinlich vollständige äthiopische Form vorliegen.

2. Inhalt und Probleme der Textüberlieferung

Die ApcPe, die nun in ihrer Gänze in der äthiopischen Überlieferung zum Vorschein kam, beschreibt die letzten Stunden vor der Himmelfahrt Jesu aus der Sicht seines engen Vertrauten Petrus (vgl. z. B. Mt 16,17-19; Joh 21). Ferner finden sich Elemente der Verklärung Jesu aus Mt 17,1-8, was möglicherweise dafürsprechen könnte, dass für die ApcPe diese Geschichte ein nachösterliches Ereignis darstellte (vgl. Goetz, 79-81).In der relativ kurzen ApcPe (sie ist ca. halb so lang wie der → Hebräerbrief) warnt Jesus, auf dem Ölberg sitzend, zu Beginn die ihm zuhörenden Jünger, von denen nur Petrus durch die Beschreibung der Ereignisse in der ersten Person Plural namentlich bekannt ist, vor falschen Christussen und einer Zeit der Anfechtung (vgl. ApcPe 1f). Danach sieht Petrus in der Hand des Auferstandenen (vgl. ApcPe 3,1) die letzten Tage der Erde. Im Rahmen dieser Vision werden sowohl das Vergehen von Himmel und Erde in einem feurigen → Weltgericht (vgl. ApcPe 4–6) als auch diverse Strafen für die Sünder an einem höllischen Ort beschrieben (vgl. ApcPe 7-13). Nun leitet der Text zu dem Schicksal der Gerechten über; diese werden an einen speziellen Ort namens Acherusia bzw. Elysium geführt und treten dort in das ewige Reich ein (vgl. ApcPe 14,1-3), während → Petrus von Jesus angewiesen wird, in die „Stadt des Westens“ (ApcPe 14,4; vermutlich Rom, wo Petrus bereits frühen Legenden zufolge das Martyrium erlitten haben soll) zu gehen und die Botschaft Jesu in aller Welt zu verkündigen.Mit dieser Ankündigung endet die Vision und der Text kehrt in die anfängliche Erzählsituation auf dem Ölberg zurück. Jesus fordert seine Jünger dazu auf, mit ihm auf den „Heiligen Berg“ zu kommen, wo anschließend seine Himmelfahrt stattfindet (vgl. ApcPe 15-17).

Offenbarung des Petrus 1
Im Rahmen dieser Himmelfahrtsszene wird den Jüngern das Jenseits der Gerechten auf eine sinnlich-wahrnehmbare Weise offenbart, bevor Jesus mit Moses und Elija in den zweiten Himmel einzieht. Diese Zusammenfassung des Inhalts der ApcPe gibt jedoch nur die Struktur der Ereignisse wieder, wie sie die äthiopische Fassung überliefert. In dem griechischen Akhmîm Kodex folgt auf die anfängliche Warnung vor den falschen Propheten zuerst die Beschreibung einer paradiesischen Stätte, an der die Gerechten wohnen, bevor Petrus den Ort der Strafe, der dem Sitz der Gerechten direkt gegenübersteht, beschreibt. Dieser Bericht über die Qualen der Sünder bricht nach einer Ausführung wie Männer und Frauen, die den Weg Gottes verlassen hatten, „gebrannt, gewendet und geröstet werden“ (Kraus/Nicklas, 117) einfach ab, ohne die Erzählung zu einem irgendwie gearteten Ende zu bringen. Dabei fällt neben dieser signifikant anderen Anordnung des Stoffes auf, dass die äthiopische Version die Bestrafung der Frevler in der Zukunft beschreibt, während der griechische Text aus dem Akhmîm Kodex diese Martern in der Vergangenheit darstellt. Und auch wenn die meisten Passagen aus der vermutlich vollständigeren äthiopischen Version eine Entsprechung in dem Akhmîm Kodex finden, so ist doch unbestreitbar, dass hier größere Veränderungen als nur Übersetzungsprozesse stattgefunden haben. Dass der Text bereits in den Jahrhunderten nach seiner Abfassung in seiner griechischen Form eine hohe Fluidität aufweist, also in signifikant voneinander unterschiedlichen Formen überliefert worden ist, wird anhand von zwei weiteren kurzen griechischen Fragmenten aus ein und demselben griechischen Kodex aus der zweiten Hälfte des 5. Jh. erkenntlich, die 1911 in der Bodleian Library in Oxford und 1924 in der Papyrussammlung der Österreichischen Nationalbibliothek in Wien identifiziert wurden. Bei einem Vergleich der griechischen Zeugen untereinander sind – dort wo die gleichen Inhalte erhalten geblieben sind – erhebliche Unterschiede zu dem längeren griechischen Exzerpt aus Akhmîm zu finden, während diese beiden kurzen Fragmente stärker mit dem äthiopischen Text im Hinblick auf Tempus und Spezifika übereinstimmen.Ohne hier zu sehr auf die Details, in denen sich die Textzeugen unterscheiden, eingehen zu wollen (vgl. hierfür Beck, 73-96), bleibt festzuhalten, dass sich der ursprüngliche Inhalt der ApcPe mit Belohnung und Strafe für die Menschheit beschäftigte. Dabei fällt im Vergleich zu den später kanonisch gewordenen neutestamentlichen Texten der Detailgrad auf, mit welchem sowohl die jenseitigen Orte der Sünder als auch diejenigen der Gerechten beschrieben werden.

3. Ort der Abfassung

In der Forschung des vergangenen Jahrhunderts war die Abfassungslokalität der ApcPe einer der Aspekte, der trotz der geringen wissenschaftlichen Aufmerksamkeit noch am intensivsten diskutiert wurde. Dies ist vor allem dem in ApcPe 2,8-10 vorkommenden „Lügner“ zu verdanken, der scheinbar viele Christinnen und Christen verfolgte und tötete. Um herauszufinden, um wen es sich bei diesem unbekannten Antagonisten handelt, wurde diese Passage als Möglichkeit wahrgenommen, die ApcPe in einem relativ konkreten Kontext zu verorten. Dementsprechend stellte Richard Bauckham die These auf, dass der „Lügner“ mit dem angeblichen Messias Bar Kokhba gleichzusetzen sei und die Verfolgung daher unter der nach ihrem Anführer benannten Revolte geschehen sein musste (vgl. Bauckham, 4738f). Da nach Bauckhams Ansicht der Text keine Hinweise auf das Ende dieses Aufstandes enthält, konnte er ihn vermeintlich exakt in den Zeitraum zwischen 132 und 135 n. Chr. datieren und in Palästina, wo diese Christenverfolgungen stattfanden, verorten.Auch andere Abfassungslokalitäten wie Syrien oder Rom wurden vorgeschlagen, die letztendlich allesamt nicht überzeugten, weswegen Bauckhams These einer Abfassung in Palästina lange Zeit die überschaubare wissenschaftliche Diskussion um die ApcPe prägte und weitere Forschung fürderhin auf seiner Hypothese aufgebaut wurde.Dies änderte sich erst mit den Überlegungen, welche Jan Bremmer, Wolfgang Grünstäudl und Tobias Nicklas zu der Frage nach der Lokalität ab der Jahrtausendwende präsentierten. So bemerkte Bremmer als einer der Ersten, dass die in der ApcPe aufgenommenen orphischen Elemente hinsichtlich der Strafen und der Präsentation der Höllentour auf Ägypten bzw. genauer auf Alexandria hindeuten (vgl. Bremmer, 305-321). Für die gleichlautende Lokalisation, jedoch von einem anderen Ausgangspunkt herkommend, argumentierte Grünstäudl, der in seiner Dissertation Petrus Alexandrinus nachweisen konnte, dass es – wie es der Name seiner Studie bereits nahelegt – einen aktiven petrinischen Diskurs in christlichen Kreisen Alexandrias im zweiten Jh. n. Chr. gab. Aus diesen gingen nach Grünstäudl unter anderem der → zweite Petrusbrief und die ApcPe hervor. Für Grünstäudl ist es außerdem aufgrund seiner Ergebnisse plausibler anzunehmen, dass der zweite Petrusbrief von der ApcPe abhängig ist, als andersherum (vgl. Grünstäudl, 97-144.287-295). Während allerdings der Fokus von Grünstäudl in erster Linie auf dem zweiten Petrusbrief lag, konnte schließlich Nicklas im Dialog mit Grünstäudls Thesen die Vermutung eines ägyptischen Entstehungskontextes der ApcPe mit weiteren Argumenten unterfüttern, indem er u. a. auf die verwendeten Quellen, Motive und frühe Rezeption der ApcPe verweist (vgl. Nicklas, 103-108).Auch wenn also keineswegs von einem Konsens innerhalb der Forschung gesprochen werden kann, so wird in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der ApcPe der letzten Jahre die Möglichkeit einer Abfassung in Ägypten verstärkt hervorgehoben und diskutiert.

4. Zeit der Abfassung und Beziehung zu anderen antiken Texten

Hinsichtlich des Abfassungszeitpunktes der ApcPe herrscht innerhalb der Wissenschaft wesentlich größere Einigkeit, diese auf die erste Hälfte des zweiten nachchristlichen Jh. zu datieren. Sowohl die eindeutigen Bezüge auf die ApcPe in den Schriften des Clemens von Alexandria (vgl. Eclogae prophetae 41.48f) sowie in den Sibyllinischen Orakeln (vgl. Sib 2,190-338), welche beide aus der zweiten Hälfte des zweiten Jh. stammen, als auch die Nennung der ApcPe in dem vermutlich auf das zweite Jh. zurückgehenden Kanon Muratori gelten hier als terminus ante quem. Wie erwähnt, ist möglicherweise auch der kanonisch gewordene zweite Petrusbrief von der ApcPe abhängig, was ebenfalls für eine frühe Abfassung im zweiten Jh. sprechen würde (vgl. Frey, 302). Umgekehrt scheint die ApcPe unter den später kanonisch gewordenen Schriften des Neuen Testamentes einzig das nach 70 n. Chr. entstandene Matthäusevangelium als autoritativen Text zu den letzten Tagen Jesu auf Erden vorauszusetzen. Zugleich nimmt der Text neben henochischem Material, dass wir heute partiell im ersten Henochbuch finden (vgl. ApcPe 3 und ApcPe 13 mit 1En 51,1; 1En 61,5; 1En 62,8; 1En 62,15f; 1En 63,1-11), eventuell ebenfalls Vorstellungen aus dem vierten Esra Buch auf (vgl. 4Esr 4,12; 4Esr 5,33; 4Esr 8,44; 4Esr 8,47 in ApcPe 3 sowie 4Esr 7,126 in ApcPe 7,8.11), das um 100 n. Chr. abgefasst wurde. Daher ist eine Verortung der ApcPe in den ersten Jahrzehnten des zweiten Jh. mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen.

5. Theologische Schwerpunkte

Wie bereits angeklungen ist, finden sich in der ApcPe detaillierte Berichte der eschatologischen Bestrafungen der Sünder. In dieser Menge und in dieser expliziten Kausalität, welche jenseitige Strafe für welches Vergehen zu Lebzeiten angebracht ist, ist dies nirgendwo zuvor im frühen Christentum attestiert. Das führt zu der Frage, warum ein antiker Autor derart viel Raum hierfür in seinem Werk einräumte.Der Grund für diese Ekphrasis genannte Prozedur, in der Begebenheiten lebendig geschildert werden, um Emotionen bei den Rezipierenden zu wecken (vgl. z. B. Quintilian, Institutio oratoria 8.3.67–69), mag ein pädagogischer sein: So soll die Auseinandersetzung mit dem Text zu einem moralischen Lebensweg anleiten (vgl. Henning, 29-48). Dies geschieht beispielsweise, indem den Rezipierenden mittels der Ekphrasis kraftvoll vor Augen geführt wird, dass nach dem Endgericht Engel und Dämonen sie mit Schnitten und Feuer quälen werden, wenn sie zu Lebzeiten Götzen verehren (vgl. ApcPe 10), oder dass diejenigen, die Kinder abgetrieben haben, von ebenjenen Kindern mit Blitzen fortwährend geblendet werden (vgl. ApcPe 8,1-5). Dieser unterweisende Charakter des Werkes, welcher vor dem Abfall bewahren soll, wird am Anfang der ApcPe explizit erwähnt (vgl. ApcPe 1,2). Dass die dargestellten Strafen überdies nicht übertrieben, sondern nur gerecht sind, bestätigen am Ende der Strafpassage auch die Gemarterten selbst noch einmal, indem sie in ApcPe 13,6 bekennen: „Gerecht ist das Gericht Gottes; denn wir haben gehört und erkannt, dass gut ist sein Gericht, denn wir werden gestraft nach unserem Tun“ (Müller, 574).Diese Gerechtigkeit des göttlichen Gerichtes bringt uns zu einem anderen Schwerpunkt der ApcPe, welcher erst auf den zweiten Blick zum Vorschein kommt. Es geht hierbei um die Frage, wie Gott gnädig und gleichzeitig gerecht sein kann. Dementsprechend überliefert eines der beiden bereits erwähnten kurzen griechischen Fragmente (das sog. Rainer Fragment aus Wien), die größtenteils mit der äthiopischen Fassung übereinstimmen, an einer entscheidenden Stelle in ApcPe 14 die Möglichkeit der Vergebung für die Sünden der Leidenden. Denn wenn sich die Berufenen und Auserwählten einen Menschen aus den Strafen erbitten, so wird dieser durch die Taufe im Acherusischen See im Elysischen Feld vor der ewigen Verdammnis gerettet werden. Wenn man nun noch bedenkt, dass früher im Text die Gerechten, die Engel und sogar Jesus selbst über die Qualen der Bestraften weinen (vgl. ApcPe 3,3), ist es zumindest vorstellbar, dass die Gerechten mit einigen oder allen der Bestraften Mitleid haben.Kritiker dieser Theorie wenden hingegen ein, dass der gesamte äthiopische Text der ApcPe scheinbar nichts von der Rettung der Sünder weiß und die korrespondierende Stelle zu dem griechischen Fragment, welches die Rettung der Sünder durch den Wunsch der Gerechten übermittelt, im Äthiopischen nur von dem Einzug der Auserwählten in das Himmelreich spricht. Während Letzteres korrekt ist, muss ersterer Punkt in Frage gestellt werden: Denn der äthiopische Text spricht nur nicht von der Gnade, wenn man ihn aus seinem heutigen pseudo-klementinischen Kontext, in welchem er am Horn von Afrika überliefert wurde, herausgelöst liest. Betrachtet man den äthiopischen Text, in den die ApcPe eingefügt wurde, nämlich als Ganzes, ist Gottes Gnade mit den Sündern, zu denen sich Petrus aufgrund seines dreifachen Verrats an Jesus zählt (vgl. Mt 26,69-75; Mk 14,66-72; Lk 22,56-62; Joh 18,15-27), das bestimmende Thema dieses ganzen Traktats (vgl. Pesthy, 49f). Daher ist zumindest die Vermutung zulässig, dass die Gnade aus Kapitel 14 des äthiopischen Textes, wie er heute vorliegt, bei der Integration der ApcPe in den pseudo-klementinischen Kontext eliminiert wurde, um diese Thematik, die im weiteren Verlauf des kombinierten Werkes als Ganzes noch eine so bedeutende Rolle einnimmt, nicht bereits hier erwähnen zu müssen. Damit wäre die ApcPe auch einer der frühesten Texte des Christentums, der sich Gedanken über die endgültige postmortale Versöhnung Gottes mit seiner Schöpfung (in der Forschung Apokatastasis genannt) macht. Da diese Lehre im weiteren Verlauf der Kirchengeschichte verworfen wurde, mag diese Theologie möglicherweise ebenfalls zu dem Niedergang des Textes im Christentum des Mittelmeerraumes in der Spätantike beigetragen haben.

6. Nachleben

Während die ApcPe heute nur noch Spezialistinnen und Spezialisten ein Begriff ist, sind die von ihr geprägten Themen und Bilder in der westlichen Welt nach wie vor omnipräsent. Kaum ein Horrorfilm oder Videospiele, die sich mit der Hölle oder dem Dämonischen befassen (wie beispielsweise die Doom-Reihe), kommen ohne Topoi aus, die in der ApcPe ihren heute noch rekonstruierbaren Anfang nahmen. Aber auch das → Paradies, in dem Engel und verstorbene Gerechte in einem duftenden Garten in zeitlicher Parallelität zu der irdischen Welt zusammenleben, hat bis heute seine Spuren in der christlichen Vorstellungswelt hinterlassen.Für den Erfolg der Ideen der ApcPe war ihre frühe Adaption in der Paulusapokalypse ursächlich. Diese wiederrum erfreute sich in der Westkirche großer Beliebtheit und beeinflusste verschiedene mittelalterliche Berichte vom Jenseits. Die sicherlich bekannteste Aufnahme fanden diese Höllen- und Paradiesbeschreibungen in Dantes Divina Commedia (Göttliche Komödie) zu Beginn des 14. Jh., wodurch sie unser Bild von dem Leben nach dem Tod und den jenseitigen Orten, an denen dieses stattfindet, bis heute nachhaltig prägen.

Siehe auch

Literaturverzeichnis

  • Bauckham, R., The Apocalypse of Peter. An Account of Research, in: W. Haase (Hrsg.), Aufstieg und Niedergang der römischen Welt. Religion (ANRW 25/6), Berlin 1988, 4712–4750
  • Beck, E., Justice and Mercy in the Apocalypse of Peter. A New Translation and Analysis of the Purpose of the Text (WUNT 427), Tübingen 2019
  • Bremmer, J., Orphic, Roman, Jewish and Christian Tours of Hell. Observations on the Apocalypse of Peter, in: T. Nicklas et al. (Hgg.), Other Worlds and Their Relation to This World. Early Jewish and Ancient Christian Traditions (JSJ.S 143), Leiden 2010, 305–321
  • Dillmann, A., Bericht über das Äthiopische Buch Clementinischer Schriften, in: Nachrichten von der Königlichen Gesellschaft der Wissenschaft zu Göttingen 17 (1858), 185–226
  • Frey, J., 2 Peter and the Apocalypse of Peter: Concluding Reflections, in: J. Frey / M. d. Dulk / Jan v. d. Watt (Hgg.), 2 Peter and the Apocalypse of Peter. Towards a New Perspective (BiInS 174), Leiden 2019, 282–302
  • Goetz, K., Petrus als Gründer und Oberhaupt der Kirche und Schauer von Gesichten nach den altchristlichen Berichten und Legenden. Eine Exegetisch-Geschichtliche Untersuchung (UNT 13), Leipzig 1927
  • Grünstäudl, W., Petrus Alexandrinus. Studien zum historischen und theologischen Ort des zweiten Petrusbriefes (WUNT II 353), Tübingen 2013
  • Henning, M., Eternal Punishment as Paideia: The Ekphrasis of Hell in the Apocalypse of Peter and the Apocalypse of Paul, in: BR 58 (2013), 29–48
  • James, M., The Recovery of the Apocalypse of Peter, in: CQR 80 (1915), 1–36
  • Kraus, T. / Nicklas, T., Das Petrusevangelium und die Petrusapokalypse. Die griechischen Fragmente mit deutscher und englischer Übersetzung (GCS NF 11), Berlin 2004
  • Müller, C., Offenbarung des Petrus, in: W. Schneemelcher (Hrsg.), Neutestamentliche Apokryphen. Band 2: Apostolisches, Apokalypsen und Verwandtes, Tübingen 61999, 562–578
  • Nicklas, T., Petrus-Diskurse in Alexandria. Eine Fortführung der Gedanken von Jörg Frey, in: J. Frey / M. d. Dulk / J. v. d. Watt (Hrsg.), 2 Peter and the Apocalypse of Peter. Towards a New Perspective (BiInS 174), Leiden 2019, 99–127
  • Pesthy, M., Thy Mercy, O Lord, Is In the Heavens; and Thy Righteousness Reacheth unto the Clouds., in: J. Bremmer / I. Czachesz (Hrsg.): The Apocalypse of Peter (Studies on Early Christian Apocrypha 7), Leuven 2003, 40–51

Abbildungsverzeichnis

  • Eine Darstellung der Verklärung Jesu in der Form, wie sie die ApcPe wiedergibt, liefert möglicherweise das Mosaik über dem Altar in der Basilica di Sant'Apollinare in Classe aus dem 6. Jhd. n. Chr. picdrops via Wikimedia Commons; https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Basilica_of_Sant_Apollinare.jpg (CC-BY-2.0)

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