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(erstellt: Juli 2018)

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1. Botanisch

Gerste 01

Die Gerste (Hordeum sativum vulgare L.) ist ein einjähriges aufrecht stehendes Gras. Jeder ihrer Halme endet in einer → Ähre, die lange Grannen aufweist. Zu unterscheiden sind die sechszeilige (Hordeum sativum hexastichum) und die zweizeilige Gerste (Hordeum sativum distichum). Letztere stammt wohl unmittelbar von der wilden Gerste (Hordeum spontaneum) ab. Die Gerste ist bezogen auf die Feuchtigkeitsversorgung weniger anspruchsvoll als der → Weizen und kann somit auch in trockenen Gebieten angebaut werden.

2. Altes Testament

2.1. Bezeichnung

Gerste 02

Die hebräische Bezeichnung der Gerste ist שְׂעֹרָה śəʻorāh „die Haarige“. Sie heißt so wegen ihrer langen Grannen. Gerste wird im Alten Testament 32-mal erwähnt, davon 13-mal in Zusammenhang mit Weizen. Die Bezeichnung שֹׂרָה śorāh (Jes 28,25) bezieht sich wohl auf eine andere Gerstenart, vielleicht die zweizeilige Gerste (Hordeum sativum Sp. distichum).

2.2. Im Alltagsleben

Die Gerste kommt in Palästina seit dem Neolithikum (ca. 8000 v. Chr.) vor. Schon der Reisebericht des Ägypters Sinuhe aus dem 20. Jh. v. Chr. weiß u.a. von Gerstenvorkommen im Lande Kanaan: „Gerste gab es dort und Emmer“ (TUAT III, 894). Gerste gehört zu den sieben Arten des Kulturlandes (Dtn 8,8). In regenärmeren Gebieten ist sie weiter verbreitet als Weizen. Sie wird etwa zu Beginn des Monats November gesät, und Ende April, etwa einen Monat früher als der Weizen, geerntet (Ex 9,31; 2Sam 21,9; Jdt 8,2). Im Rahmen einer Beschreibung landwirtschaftlicher Tätigkeiten wird sie in Jes 28,25 genannt. Die notwendige Aussaatmenge diente der Einschätzung der Qualität von Feldern (Lev 27,16).

Besonders in der → Rutgeschichte ist die Gerstenernte ein wichtiger Erzählzug (Rut 1,22; Rut 2,17.23; Rut 3,15.17). Gerste war ein wichtiges Nahrungsmittel (2Sam 17,28; vgl. 2Kön 7,1.16.18), aber weniger wertvoll als Weizen (2Kön 7,1), eher ein Arme-Leute-Essen. In Jer 41,8 gehört sie neben Weizen, Öl und Dattelhonig zu einem wertvollen Nahrungsmittelvorrat. In 2Chr 2,9 findet sie sich in einer Liste von Nahrungsmitteln für Waldarbeiter. Gerstenmehl erwähnt Num 5,15.

Gerste wurde auch als Viehfutter für → Pferde verwendet (1Kön 5,8). In Hos 3,2 ist Gerste ein Zahlungsmittel. Auch als Gegenleistung für die Lieferung von Bauholz kam Gerste neben anderen Nahrungsmitteln in Betracht (2Chr 2,14). In 2Kön 4,42 sind Gerstenbrote Geschenke für den Gottesmann. Dagegen kennt Ez 4,9 Gerste als Bestandteil einer dürftigen Belagerungsspeise. Das Abfackeln eines Gerstenfeldes ist Zeichen von Rücksichtslosigkeit und Frevel (2Sam 14,30).

2.3. Religiöse Bedeutung

In Num 5,15 ist Gerste als Opfer beim Eifersuchtsordal belegt und nach Ez 45,13 Bestandteil beim Hebeopfer im Heiligtum. Gerste und → Brot als mantische Mittel zur Durchführung von Orakeln oder als Bestandteil von einer Gottheit geweihten Opfern werden in Ez 13,19 erwähnt. Zeichen des Gerichts ist es, wenn Weizen und Gerste aufgrund einer Trockenheit dahin sind (Joel 1,11; → Dürre) oder wenn statt Gerste → Dornen das Ackerland bewachsen (Hi 31,40).

2.4. Metaphorik

Ein Brot aus Gerste kann zum Symbol für Israel werden (Ri 7,13).

3. Neues Testament

3.1. Bezeichnung

Die Gerste hat die griechische Bezeichnung κριθή krithē.

3.2. Bedeutung

Beim Speisungswunder (Joh 6,9.13) spielen als charakteristische Nahrung der einfachen Leute fünf Gerstenbrote eine wichtige Rolle. Das Kommen einer Teuerung verdeutlicht Apk 6,6 am Preise für Gerste: Wenn drei Maß (also etwa 3 Liter) dieser Getreideart einen Denar kosten sollten, dann entsprach das etwa dem Tageslohn eines ungelernten Arbeiters und dem Zehnfachen des Normalpreises. Im Hintergrund steht die Gefahr von Kriegen und instabilen politischen Verhältnissen, die den unabdingbaren Import von Getreide nach Kleinasien erschweren und so die Nahrungsmittelversorgung vor allem für die ärmeren Bevölkerungsteile in Frage stellen konnte.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina II, Gütersloh 1932, 251-255; III, Gütersloh 1933, 300-302
  • Fischer, I., Rut (HThK.AT), Freiburg 2001
  • Germer, R., Flora des pharanonischen Ägypten, Mainz 1985, Reg. s.v.
  • Hepper, F.N., Pflanzenwelt der Bibel. Eine illustrierte Enzyklopädie, Stuttgart 1992, 86
  • Keel, O. / Küchler, M. / Uehlinger, Chr., Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 1, Zürich u.a. 1984, 67-72
  • Löw, I., Die Flora der Juden, Bd. 1, Nachdruck Hildesheim 1967, 700-723
  • Moldenke, H.N. und A.L., Plants of the Bible, New York 1952, 111-113
  • Neumann-Gorsolke, U. / Riede. P. (Hgg.), Das Kleid der Erde. Pflanzen in der Lebenswelt des alten Israel, Stuttgart / Neukirchen-Vluyn 2002
  • Walker, W., All the plants of the Bible, London 1958, 30f
  • Zohary, M., Pflanzen der Bibel. Vollständiges Handbuch, Stuttgart 2. Aufl 1986, 76

Abbildungsverzeichnis

  • Gerstenfeld. Wikimedia Commons; © Johannes D., Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-sa 3.0 unported; Zugriff 8.9.2018
  • Gerstenähren. Aus: Wikimedia Commons; © Florian Gerlach (Nawaro), Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-sa 3.0 unported; Zugriff 8.9.2018

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