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Symbolnamen (AT)

(erstellt: März 2007)

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1. Einleitung

Ein Symbolname ist ein „Personen-, Orts- oder Ländername von emphatischer Bedeutung“ (Sauer, 1966, 1905). Insbesondere sprechende Namen können durch ihre lexikalische oder etymologische Bedeutung symbolisch verstanden werden. Da solche Namen im Alten Testament recht häufig verwendet werden (z.B. Tamar – „Palme“; Kaleb – „Hund“; Jesaja – „Jahwe hat Heil geschenkt“), muss man zwischen dem symbolischen Gehalt eines gebräuchlichen Eigennamens und einem ausdrücklichen Symbolnamen unterscheiden, auch wenn die Übergänge im Einzelfall fließend sein können. Am eindeutigsten lassen sich Symbolnamen über ihre Funktion beschreiben. Es sind Eigennamen, die nicht in erster Linie der Identifizierung von Namensträgern dienen, sondern sie charakterisieren oder je nach Kontext verschiedene andere Funktionen übernehmen.

2. Personennamen

Charakterisierende Symbolnamen für Personen sind etwa → Jeschurun („der Redliche“) als Ehrenname für Jakob / Israel in Jes 44,2 oder Nabal als „törichter Mensch“ nach der Deutung in 1Sam 25,25. Das Beispiel Nabals zeigt jedoch zugleich, dass man zwischen einem Symbolnamen, der bereits bei der Benennung als solcher gedacht war, und der symbolischen Deutung eines Namens, die ihm nachträglich verliehen wurde, unterscheiden muss. Denn → Nabal ist als realer Name mit der Bedeutung „törichter Mensch“ kaum denkbar (Barr, 1969/70, 21-22).

Charakterisierende (literarische) Symbolnamen finden sich besonders im Buch → |pRut|&x] 33650: „Alle Personen tragen Namen, die im AT sonst nirgends vorkommen, die aber gezielt auf ihre Rolle in der Rutgeschichte hin gegeben sind“ (Fischer, 2001, 34). Als besonders deutliche Beispiele seien Machlon („der Kränkliche“), Kiljon („der Schwächliche“) oder Orpa („die den Rücken Kehrende“) genannt.

Eindeutig als Symbolnamen erkennbar sind als Namen gebrauchte Wendungen, die nur in einem bestimmten Kontext vorkommen und zumindest teilweise in ihrer Bildung von sonst üblichen Namen abweichen. Hosea muss seine Kinder → Jesreel (nach der gleichnamigen Stadt), → Lo-Ruhama („Kein Erbarmen“) und → Lo-Ammi („Nicht mein Volk“) nennen (Hos 1,4-9). Auch diese Namen sind sprechende Namen, ihre spezifische Bedeutung erschließt sich allerdings erst durch die im Text jeweils angefügte Erklärung. Ähnliches gilt für die Söhne Jesajas: → Schear-Jaschub („Ein Rest kehrt um“; Jes 7,3) und Maher-Schalal-Hasch-Bas („Schnelle Beute – Rascher Raub“; Jes 8,1.3; → Raubebald-Eilebeute). Dazu kommt die Ankündigung der Geburt des → Immanuel („Gott mit uns“; Jes 7,14). In all diesen Fällen ist die Namengebung letztlich Teil einer Zeichenhandlung (Jes 8,18). Die wichtigste Funktion der Namen ist die Erinnerung an die Verkündigung der Propheten. Daneben identifizieren sie zwar auch den Namensträger, aber doch in einer eher ungewöhnlichen Art und Weise.

3. Ortsnamen

Neben Personen können auch Orte mit Symbolnamen bezeichnet werden. Ez 39,15 nennt das „Tal Hamon Gog“ (Luther: „Tal der Heerhaufen Gogs“; Einheitsübersetzung: „Tal der Pracht Gogs“), in dem die Knochen der besiegten Feinde begraben werden. Im Buch Joel spricht Jo 4,2.12 vom „Tal → Joschafat“ („Tal, in dem Jahwe richtet“), das in Jo 4,14 auch „Tal der Entscheidung“ heißt. Beide Täler lassen sich aus den Angaben im Text nicht lokalisieren, die Funktion der Identifizierung tritt also in den Hintergrund und der symbolische Charakter der Namen wird erkennbar. Die Funktion des Symbolgehaltes der Namen ist in beiden Texten unterschiedlich. Bei Joel wird durch den Namen der Charakter des Ortes und der damit verbundenen Ereignisse beschrieben. In der Gog-Perikope steht dagegen die Namengebung an sich im Vordergrund, die in diesem Kontext den umfassenden Sieg über Gog und sein Heer bestätigt (vgl. Ez 39,16). Die Verwendung von Symbolnamen hat jedoch in beiden Texten auch eine gemeinsame Komponente: Als Eigennamen betonen sie den konkreten Charakter der Schilderung, als Symbolnamen entziehen sie sich jedoch zugleich der Festlegung auf einen bestimmten Ort. Werden dagegen eindeutig identifizierbare Orte mit Symbolnamen belegt, dann steht die charakterisierende Funktion des Namens im Vordergrund (Jes 29,1.2.7; Ez 48,35).

4. Ländernamen

Als Beispiel für einen symbolisch verwendeten Ländernamen könnte man auf → Tarsis verweisen. Eine eindeutige Lokalisation ist bis heute nicht gelungen. Görg (1981, 76) interpretiert den Namen auf dem Hintergrund einer „symbolisch-metaphorischen oder gar theologischen Geographie“ und mit Hilfe einer ägyptischen Etymologie als „fernes Land voll Kostbarkeiten“ (81). Diese Charakterisierung passt sehr gut zur alttestamentlichen Verwendung des Namens. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob der Name tatsächlich ausschließlich ein symbolischer Name ist oder ob je nach Verwendung der symbolische Gehalt in den Vordergrund tritt.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (שֵׁם šem)
  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004 (Name / Namengebung)
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979 (שֵׁם šem Name)
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998ff. (Name)
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Barr, James, 1969/70, The Symbolism of Names in the Old Testament, BJRL 52, 11-29.
  • Debus, Friedhelm, 2002, Namen in literarischen Werken. (Er-)Findung – Form – Funktion (Akademie der Wissenschaften und der Literatur, Abhandlungen der Geistes- und sozialwissenschaftlichen Klasse, 2002/2), Stuttgart.
  • Fischer, Irmtraut, 2001, Rut (HThKAT), Freiburg u.a.
  • Görg, Manfred, 1981, Ophir, Tarschisch und Atlantis. Einige Gedanken zur symbolischen Topographie, BN 15, 76-86.
  • Noth, Martin, 1928, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung (BWANT 10), Stuttgart (insbesondere S. 9-11).
  • Sauer, Georg, 1966, Art. Symbolischer Name, in: BHH III, Göttingen, 1905.

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