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Pseudepigraphen (AT)

(erstellt: Januar 2009)

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1. Terminologie

Mit dem Begriff „Pseudepigraphen (des Alten Testaments)“ bezeichnet man üblicherweise eine Gruppe jüdischer Schriften, die in der Zeit zwischen dem 3. Jh. v. Chr. und dem 2. Jh. n. Chr. den Texten der Hebräischen Bibel in Auslegung oder Fortschreibung zur Seite treten. Diese Schriften sind erst in der europäischen Wissenschaft seit dem 18. Jh. als zusammengehörig betrachtet und zu einer Gruppe zusammengefasst worden. Weder über ihre Bezeichnung noch über die Abgrenzung ihres Bestandes besteht Konsens. Eine Definition dieses „Corpus“ hängt von Faktoren ab, die je nach Gewichtung zu unterschiedlichen Kriterien führen.

Pseudepigraphen (des Alten Testaments): Dieser Begriff ist am weitesten verbreitet. Er wurde 1722 von Johann Albrecht Fabricius durch den Titel seiner zweibändigen Textsammlung „Codex Pseudepigraphus Veteris Testamenti“ in die theologische Literatur eingeführt und hat sich darin eher aus pragmatischen als aus sachlichen Gründen bis heute behauptet. Seine Problematik ist eine zweifache: Erstens tragen nicht alle der darunter zusammengefassten Schriften pseudonymen Charakter; zweitens erweist sich das Phänomen der Pseudepigraphie zwar als ein auffälliges Element, jedoch nicht als Alleinstellungsmerkmal gerade dieser Schriftengruppe (Pseudepigraphie gibt es bereits in der Hebräischen Bibel sowie im Neuen Testament, in Qumran, bei Philo und Josephus, unter den Zuschreibungen in der rabbinischen Literatur sowie im patristischen Schrifttum). Insofern ist der Begriff irreführend oder zumindest ungenügend und rechtfertigt seinen Gebrauch allein durch die Tatsache, in der wissenschaftlichen Literatur seit langem etabliert und verbreitet zu sein.

Apokryphen und Pseudepigraphen (des Alten Testaments): Durch diese Kombination, die häufig begegnet, wird die Schriftengruppe der Pseudepigraphen um ihren Schnittbereich mit der → Septuaginta (LXX) erweitert. Als → „Apokryphen (des Alten Testaments)“ bzw. als „Deuterokanonische Schriften“ (→ Kanon) bezeichnet man jene zwölf Texte, die in der LXX über den Bestand der Hebräischen Bibel hinaus enthalten sind (3Esra [→ Esra-Schriften, außerbiblische], 1Makk, 2Makk [→ Makkabäerbücher], → Tobit, → Judit, → Jesus Sirach, → Weisheit Salomos, → Baruch, → Brief Jeremias, → Gebet Manasses, Zusätze zu → Daniel, Zusätze zu → Ester). Sie gehören zeitlich und sachlich demselben großen Literaturbereich an und teilen mit den sog. „Pseudepigraphen“ alle charakteristischen Merkmale (außer ihrer, wenngleich abgestuften, kanonischen Geltung). Damit stellen sie eine Art Adapter zwischen den Schriften des „Alten Testaments“ und der Schriftengruppe der „Pseudepigraphen“ dar. In ihrer Zuordnung verfahren die einschlägigen Textsammlungen deshalb je nach Perspektive auch unterschiedlich: Entweder werden die „Apokryphen / Deuterokanonischen Schriften (des Alten Testaments)“ als Bestandteil der LXX der biblischen Überlieferung zugerechnet, oder man erkennt ihnen eine größere Affinität zu den „Pseudepigraphen“ zu und fügt beide in ein neues, künstliches Corpus von „Apokryphen und Pseudepigraphen (des Alten Testaments)“ ein.

Apokryphen: Die Reservierung dieses Begriffes für die in der LXX zusätzlich enthaltenen Schriften ist ein protestantisches Phänomen; in der katholische Tradition, die hier von „Deuterokanonischen Schriften“ spricht, war der Begriff „Apokryphen“ unbesetzt, so dass ihm in Theologie und Literaturgeschichte neue Bedeutungen zuwachsen konnten. Namentlich das Adjektiv „apokryph“ zur Kennzeichnung „außerbiblischer“ Stoffe jeder coleur hat sich dabei zu einer Art Multifunktionsmarker entwickelt. Schon vom 2. Jh. n. Chr. an wird der Apokryphen-Begriff auch für solche Schriften verwendet, die auf den kanonischen Bestand des werdenden Neuen Testaments oder ganz allgemein auf biblische Ereignisse oder Personen beider Testamente bezogen sind. Seine Wortbedeutung (ἀπόκρυφος „verborgen“) erweist sich dabei jedoch als nicht weniger irreführend: Verborgen oder geheim, d.h. für einen esoterischen Gebrauch in geschlossenen Zirkeln bestimmt, sind diese Schriften nur zu einem kleinen Teil; in der Regel erfahren sie lediglich eine regional und zeitlich begrenzte Verbreitung. Von der sich formierenden Kirche werden sie vor allem mit Blick auf ihre liturgische Verwendung abgelehnt und durch die Aufstellung von Indices inkriminiert. In den volkssprachlichen Literaturen der folgenden Jahrhunderte (syrisch, koptisch, lateinisch, arabisch, äthiopisch, georgisch, armenisch, altslavisch, rumänisch, irisch usw.) bilden dann „außerbiblische“ Schriften insgesamt eine mehr oder weniger zusammengehörige Gruppe, bei der zwischen den ursprünglichen „Apokryphen“ und „Pseudepigraphen“ sowie zwischen alt- und neutestamentlichen Bezügen nicht mehr scharf getrennt wird; auch die Grenzen zur hagiographischen Literatur werden in diesem Bereich durchlässiger. Im Sprachgebrauch von Literaturgeschichte und Mediävistik avanciert „Apokryphen“ deshalb zum Oberbegriff, unter den nun seinerseits auch die „Pseudepigraphen“ subsumiert werden. Heute favorisiert man in den jeweiligen Philologien den Begriff der „Apokryphen“ ganz allgemein zur Bezeichnung biblischer Stoffe außerbiblischer Herkunft oder Charakteristik.

Deuterocanonical and cognate Literature: Diese Begrifflichkeit setzt wieder sehr viel enger bei dem für die „Apokryphen“ der LXX namentlich in der katholischen Tradition eingeführten Sprachgebrauch an, geht aber deutlich darüber hinaus. Der „verwandten“ Literatur wird dank dieser sprachlichen Kombination eine den kanonischen Texten lediglich nachgeordnete, jedoch nicht entgegengesetzte Wertigkeit verliehen. Unklar bleibt, worin das Verwandtschaftsverhältnis zu den als „deuterokanonisch“ charakterisierten „Apokryphen“ besteht und wo die zeitlichen und sachlichen Grenzen des Literaturbereiches zu ziehen sind.

Frühjüdische Schriften: Mit dem Aufblühen der religionsgeschichtlichen Forschung im ausgehenden 18. Jh. bürgerte sich in der wissenschaftlichen Literatur der Begriff „Spätjudentum“ sowie „Spätjüdisches Schrifttum“ ein. Sein Gebrauch basierte auf einer negativen Sicht des nachexilischen Judentums als dem Phänomen einer Spätzeit im Sinne von Niedergang und Verfall. Vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jh.s fand diese Terminologie weite Verbreitung und wurde durch die deutsch-christliche Exegese programmatisch entfaltet. Dass damit das Judentum auf ein historisches Phänomen reduziert, als lebendige Größe der Gegenwart negiert und somit letztlich preisgegeben wurde, leistete dem modernen Antisemitismus bis hin zur Shoa massiven Vorschub. Erst in den 1970er Jahren setzte hier ein Umdenken ein (Charlotte Klein 1975), als man diese Implikation einer fundamentalen Entwertung des antik-rabbinischen Judentums erkannte. Im Zuge des jüdisch-christlichen Gespräches begann man die nachexilische Zeit neu als eine „Frühzeit“ wahrzunehmen – nämlich als jene Epoche, in der die Voraussetzungen für das frühe Christentum ebenso wie für das rabbinische Judentum entstanden. Deshalb kann das Judentum der Nachexilszeit sachgemäß auch nur als „Frühjudentum“ bezeichnet werden. Seither ist in der Fachliteratur ein konsequenter Wechsel der Terminologie erfolgt: „Frühjüdische Schriften“ hat die problematische Begriffsbildung „Spätjüdische Schriften“ inzwischen weitgehend abgelöst. In ähnlicher, wenngleich noch unreflektierter Weise, hatte schon 1928 Paul Riessler seine Sammlung „Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel“ genannt und damit (wie bei dem Begriff „Alte / Frühe Kirche“ oder „Antikes Judentum“) eine Anfangs- oder Ausgangszeit assoziiert. Zur Bezeichnung der „Pseudepigraphen“ im engeren Sinne taugen alle diese Begriffe jedoch ebenfalls nur bedingt. Sie sind lediglich dann zutreffend, wenn in die Bezeichnung des Zeitraumes bewusst auch Corpora wie die Qumranschriften, Philo, Josephus und andere zeitgenössische Texte mit eingeschlossen werden.

Zwischentestamentliche / -testamentarische Schriften bzw. Intertestamental Literature: Im Fokus dieses weit verbreiteten Begriffes, der sich vor allem dem Interesse der Bibelwissenschaften verdankt, steht in der Regel nur die Gruppe der „Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments“. Der Akzent liegt dabei auf einer Rahmung durch zwei andere, klar definierte Corpora. Die Leistung des Attributes „zwischentestamentlich“ besteht darin, deutlicher den Schriftbezug der „Pseudepigraphen“ zu markieren: Zum ersten betrifft das ihren Rückgriff auf Stoffe der Hebräischen Bibel; zum zweiten zeigt es an, dass auch die neutestamentlichen Autoren das Alte Testament nicht „pur“, sondern immer auch durch den Filter der „zwischentestamentlichen“ Literatur rezipieren. Klaus Berger definiert: „Das ist die nicht-kanonische (auch nicht in der Septuaginta enthaltene) religiöse Primärliteratur (also nicht gelehrte Sekundärliteratur wie Philo und Josephus) des Judentums bis hin zur Fixierung der alt- bzw. neutestamentlichen Canones.“ Schwierigkeiten schafft die zeitliche und sachliche Begrenzung durch beide Testamente: Einerseits sind einige Schriften vermutlich älter als das alttestamentliche Buch Daniel (z.B. Teile der → Henochliteratur), andererseits reichen einige Schriften bis weit über den Abschluss des Neuen Testamentes in der Mitte des 2. Jh.s n. Chr. hinaus (z.B. ApkDan oder der Traditionszusammenhang der Esra-Schriften). Zudem haftet auch diesem Begriff latent eine negative Wertung an: Geltung haben allein das Alte und das Neue Testament – was sie trennt, ist eine „Zwischenzeit“; ähnlich wie bei dem Begriff „Mittelalter“ ist damit die Vorstellung eines Überganges bzw. einer Epoche ohne Eigenwert verbunden; ihr Charakter als „Primärliteratur“ muss erst per definitionem festgestellt werden.

Jüdische Literatur aus der Zeit des zweiten Tempels bzw. Jewish Writings of the Second Temple Period: Diese Bezeichnung ist geeignet, die negativen Konnotationen des Begriffes der „Zwischentestamentlichen Literatur“ zu vermeiden. Dementsprechend wird sie auch von jüdischer Theologie und Judaistik favorisiert. Der Bezug auf die Epoche des zweiten Tempels umgreift das frühe Judentums seit der Rückkehr aus dem Exil bis zum definitiven Ende des Jerusalemer Heiligtums (2. Jh. n. Chr.). Die Schwäche dieser Bezeichnung liegt wiederum darin, dass alle anderen Corpora der Zeit wie die Qumranschriften, Philo, Josephus und andere Texte mit einbezogen werden müssen.

Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit: Damit ist eine Variante zu der vorigen Bezeichnung gewählt, die anstatt des Tempels stärker die nichtjüdische Umwelt als maßgebliche Bezugsgröße betont. Der Zeitraum verschiebt sich dabei geringfügig, indem er mit dem Hellenismus erst in der spätnachexilischen Zeit (Mitte 4. Jh. v. Chr.) einsetzt und durch den Bezug auf das römische Imperium weiter in die Spätantike (evtl. 4./5. Jh. n. Chr.) hineinreicht. Auch hier wird letztlich der gesamte Bestand jüdischer Literatur bezeichnet, wenngleich in der Regel nur die „Pseudepigraphen“ gemeint sind (Kümmel / Lichtenberger). Dem korrespondiert auch der Begriff des Corpus Judaeo-Hellenisticum (Novi Testamenti), der seit der Wende zum 20. Jh. in Verbindung mit dem Projekt eines Kommentares zum Neuen Testament aus dem Bereich jüdisch-hellenistischer Literatur verbunden ist (Kraus / Niebuhr 2003). Ursprünglich war darin auch die gesamte pagane Literatur enthalten, wie sie etwa die Konzeption von J.J. Wettsteins Kommentar bestimmt; aufgrund der forschungsgeschichtlichen Entwicklungen hat sich das Projekt indessen zunehmend reduziert und umfasst heute vor allem die LXX, die „Pseudepigraphen“, Philo und Josephus.

Postbiblical Literature, Parabiblical Literature oder Quasi-Scriptural Literature: Damit liegen verschiedene Versuche vor, das terminologische Dilemma durch neue Begriffsbildungen zu überwinden. Mit dem Attribut „postbiblical“ wird etwas unscharf der Rückbezug auf das Alte Testament (der Hebräischen Bibel oder der LXX?) festgehalten, während die zeitliche Begrenzung nach vorn offen bleibt; unbestimmt bleibt auch der Umfang dieses Literaturbereiches. Das Attribut „parabiblical“ hat seinen Ursprung in der jüngeren Qumranforschung (Emanuel Tov, DJD XIII, 1994), wo es zur Kennzeichnung jener nach Form und Inhalt an der werdenden Hebräischen Bibel orientierten Schriften (also der „Pseudepigraphen“) dient. Dabei soll der Begriff ausdrücken, dass hierbei nicht das Phänomen der Pseudepigraphie bestimmend ist, sondern eine Form schriftlicher Offenbarung vorliegt – vergleichbar der schriftlichen Prophetie in der Hebräischen Bibel (Armin Lange 2003). In der Folge ist der Begriff dann über den Bereich der Qumranschriften hinaus auch auf den gesamten Bestand der „Pseudepigraphen“ angewendet worden (Karl Matthäus Woschitz 2005). Er ist jedoch insofern unglücklich, als über die Assoziation des „neben-“kanonischen Charakters hinaus das Präfix „para-“ in Wortkombinationen meist negativ konnotiert ist (z.B. Paramilitärs, Parapsychologie u.ä.), der „biblische“ Bezug keine weiteren Näherbestimmungen vornimmt und zudem für einen großen Teil dieser Texte ohnehin anachronistisch ist. „Quasi-Scriptural“ verbleibt in der gleichen Unbestimmtheit und modifiziert den Schriftbezug lediglich durch den Eindruck des „als ob“, also der Nachahmung oder Imitation. Als Alternativen haben sich diese Begriffe nicht durchsetzen können.

Keiner der im Gebrauch befindlichen Termini vermag völlig zu überzeugen – was an der Offenheit bzw. an dem synthetischen Charakter dieses Literaturbereiches und seiner durchlässigen Grenzen selbst liegt. Um die Sprachverwirrung nicht weiter zu vergrößern, empfiehlt sich die Beibehaltung des einmal eingeführten und in der Fachliteratur etablierten Begriffes „Pseudepigraphen (des Alten Testamentes)“. Für die Einordnung der „Pseudepigraphen“ in einen größeren Kontext liegt die Rede von der frühjüdischen Literatur, der Literatur aus der Zeit des zweiten Tempels oder der jüdischen Literatur aus hellenistisch-römischer Zeit am nächsten.

2. Zeitraum / Datierungsfragen

Anders als bei solchen Textcorpora, die durch einen gemeinsamen Fundort (z.B. Qumran, Nag Hammadi) oder durch den glaubwürdigen Bezug auf eine historische Persönlichkeit (z.B. Philo, Josephus) zeitlich fixiert sind, weist die Datierung der Pseudepigraphen eine große Spannweite auf. Das betrifft zunächst die Datierung jeder einzelnen Schrift selbst: Häufig setzt die handschriftliche Überlieferung erst lange nach der vermuteten Entstehungszeit ein (z.B. für 2Hen ca. 1300 Jahre später), für die sich nur interne Indizien ausfindig machen lassen. Aber auch die Entstehungsdaten umspannen einen weiten Zeitraum: Während die ältesten Schichten der → Henochliteratur wahrscheinlich noch vor das Buch Daniel zu datieren sind (z.B. 1Hen 1-36; 1Hen 72-82), reichen die Ausläufer jüdischer Apokalyptik bis weit in das 9. Jh. n. Chr. (z.B. ApkEsra; ApkDan) hinein; während die produktivste Zeit zwischen dem 2. Jh. v. Chr. und dem 1. Jh. n. Chr. liegt, führt gerade die Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. noch einmal zu einem neuen Aufschwung literarischer Produktion; während vom 3. Jh. n. Chr. an die griechische Sprache in der jüdischen Diaspora zunehmend einer Art Rückeroberung durch das Hebräische weichen muss, lassen sich bis weit in das frühe Mittelalter hinein auch weiterhin Kenntnisse der griechischen Sprache und Literatur im rabbinischen Judentum nachweisen.

Die Datierung einer Schrift hat für die Frage nach ihrem jüdischen oder christlichen Ursprung eine große, wenngleich nicht ausschließliche Bedeutung. Auch nach dem Jahr 70 gibt es noch für einige Jahrhunderte lebendige Wechselbeziehungen zwischen Juden und Christen. Die Übernahme jüdischer Schriften durch christliche Tradenten lässt sich demnach nicht im Sinne einer scharfen Zäsur, sondern nur in Gestalt eines längeren Übergangsprozesses verstehen. Im Ganzen wird man für den Literaturbereich der Pseudepigraphen einen Zeitraum von ca. fünf Jahrhunderten (3. Jh. v. Chr. - 2. Jh. n. Chr.) im engeren oder zehn Jahrhunderten (3. Jh. v. Chr. - 7. Jh. n. Chr.) im weiteren Sinne veranschlagen können; Ausläufer bis in das 9. Jh. n. Chr. bleiben Einzelerscheinungen. Für den Kernbestand aber deutet sich bereits aufgrund dieses zeitlichen Spektrums ein ausgesprochen disparater Charakter an. Die geschichtlichen Umbrüche reichen dabei von der spätnachexilischen Zeit über die syrische Religionskrise (→ Antiochus IV.; → Makkabäer), die hasmonäische Dynastie (→ Hasmonäer), das Aufblühen und die Krise der ägyptischen Diaspora, den jüdischen Krieg 66-70 mit dem Nachspiel des Bar-Kochba-Aufstandes 135 n. Chr., den Verlust Palästinas und die teilweise Rückkehr bis in die gaonäische Epoche (7.-11. Jh.) hinein.

In methodischer Hinsicht setzt sich die Datierung der Pseudepigraphen aus einem Bündel verschiedener Argumentationsmöglichkeiten zusammen. Bernd Schaller (2002) hat dabei die „äußere Limitation“ als eine Art Grobraster von der „inneren Spezifikation“ als einer Art Feinraster unterschieden. Vorrang haben text- und sprachgeschichtliche Indizien. Für 1Henoch (→ Henoch-Schriften) oder das → Jubiläenbuch etwa lassen sich durch den Fund von aramäischen Textfragmenten in Qumran eindeutige äußere Indizien ermitteln. Solche Argumente sind dort verwehrt, wo eine Schrift nur in Übersetzung vorliegt oder wo die handschriftliche Überlieferung erst Jahrhunderte später einsetzt (für slavische Apokryphen wie z.B. 2Hen, ApkAbr, KlimJak ist beides der Fall). Hier nehmen im Ranking der Argumente zeitgeschichtliche Indizien die nächste Stelle ein. Da sie relativ selten sind und häufig der Eindeutigkeit ermangeln, kommen im Sinne einer relativen Chronologie intertextuelle Bezüge hinzu, die jedoch mit der Datierung des Bezugstextes weitere Unsicherheiten implizieren. Schließlich sind Milieu, soziale Verhältnisse, theologische Diskurse, Konzepte oder Denkstrukturen von Belang. Einen wichtigen Fixpunkt stellt in jedem Falle die Tempelzerstörung im Jahr 70 dar, wenngleich man auch hier eine entsprechende Bezugnahme nicht zwingend erwarten kann: In den meisten Schriften hat die erzählte Welt der fiktiven Vorzeit ein solches Gewicht, dass zeitgeschichtliche Anspielungen, die als Anachronismen aus dieser Welt heraustreten würden, nur selten zu finden sind.

Angesichts dieser Situation will James Davila (2005) grundsätzlich nur die „harten Fakten“ der äußeren Bezeugung gelten lassen; für alle Schriften, die nicht in Qurmran oder unter den Funden der judäischen Wüste nachweisbar sind, gilt deshalb allein die handschriftliche Überlieferung als Ausgangspunkt einer Datierung; konsequenterweise setzt Davila deshalb selbst hinter die Werke eines Philo oder Josephus Fragezeichen. Hier wird indessen im Interesse methodischer Klarheit das Kind mit dem Bade ausgeschüttet. Die Unsicherheit bei der Datierung der meisten Pseudepigraphen, die in ihrer komplexen Überlieferungsgeschichte begründet liegt, gibt weniger Anlass zu allgemeiner Skepsis als zu methodisch reflektierter Sorgfalt. Häufig ist nur eine kumulative Argumentation aufgrund externer und interner Indizien möglich, die es gestattet, Wahrscheinlichkeiten abzuwägen. Dass auf solche Ergebnisse keine neuen Hypothesengebäude aufgebaut werden können, versteht sich von selbst. In heuristischer Hinsicht aber sind sie für die Erforschung des frühen Judentums unverzichtbar.

3. Überlieferungsgeschichte

3.1. Verlust und Bewahrung

Die heute bekannten Texte stellen nur einen kleinen Teil des ursprünglich vorhandenen Bestandes dar. Dabei muss die Erhaltung einer Schrift nicht in jedem Falle Ausdruck ihrer Bedeutung sein; sie kann auch nur auf Zufälligkeiten oder glücklichen Umständen beruhen. Andererseits waren Pergament- und Papyrustexte immer wieder der Zerstörung in Kriegszeiten ausgeliefert. Meist hat sich die Überlieferung der Pseudepigraphen auf verschlungenen, nur schwer rekonstruierbaren Wegen quer durch verschiedene Kulturkreise vollzogen.

Da den Pseudepigraphen die kanonische Legitimation bzw. die Autorität eines anerkannten Corpus fehlte, waren sie als Einzelgänger besonderen Gefahren ausgesetzt. Zum einen bestand wenig Hemmung, sie je nach Bedarf für neue Kontexte oder Zwecke zu bearbeiten. Für die slavischen Apokryphen hat Aurelio de Santos Otero (I 1978) deshalb von einer „parasitären Existenz“ gesprochen: Um den Preis zum Teil massiver Eingriffe fanden die Texte, ihrer äußeren Erkennungsmerkmale beraubt, Aufnahme und Schutz in Sammelbänden mit Viten, biblischen Lesestücken, homiletischen oder chronographischen Artikeln. Zum anderen waren sie durch verschiedene Indizes bedroht. In der griechisch-byzantinischen Theologie sind solche Listen meist mit Kanonverzeichnissen verbunden gewesen; im slavischen Kulturkreis hat sich wiederum ein eigenständiger, kontinuierlich überarbeiteter und erweiterter „index apocryphorum“ entwickelt, der dennoch die erstaunliche Verbreitung der inkriminierten Texte nicht verhindern konnte.

Der folgenreichste Sachverhalt besteht jedoch darin, dass alle Texte ausschließlich von christlichen Tradenten bewahrt worden sind. In der rabbinischen Theologie, die sich ausschließlich des Hebräischen bedient, haben die Pseudepigraphen keine erkennbare Rolle mehr gespielt. Dafür sind sicher nicht nur sprachliche Gründe ausschlaggebend gewesen. Ähnlich wie bei Philo und Josephus scheint die breite und zustimmende Rezeption durch die christliche Theologie auch sachlich einer Distanzierung von jüdischer Seite aus Vorschub geleistet zu haben. Immerhin hat es Werke wie das Bellum des Josephus auch in Gestalt des Volksbuches „Josippon“ (10. Jh.) auf Hebräisch gegeben, und in den späteren großen Sammelwerken des Midrasch klingt gelegentlich die Kenntnis von Überlieferungen an, die in den Pseudepigraphen beheimatet sind.

Diese christliche „Usurpation“ der Pseudepigraphen wirft die Frage auf, in welchem Umfang das eigene theologische Interesse die ursprüngliche Intention der Texte überformt hat. Für viele Texte gewinnt diese Frage eine zentrale Bedeutung: Handelt es sich aufgrund der Überlieferungssituation generell um „christliche Apokryphen“, die sich jüdischer Stoffe und Motive bedienen, oder kann man grundsätzlich von „jüdischen Schriften“ ausgehen, die durch christliche Redaktoren überarbeitet worden sind?

3.2. Jüdisches und christliches Erbe

Seit den Arbeiten der Religionsgeschichtlichen Schule (2. Hälfte 19. Jh.) ist der Literaturbereich der Pseudepigraphen immer wieder mit großer Selbstverständlichkeit für die Rekonstruktion des frühen Judentums in Anspruch genommen worden. Seine Faszination lag vor allem für die christliche Exegese darin, einen unmittelbaren, etwa zeitgleichen Zugang zur „Umwelt“ der Jesusbewegung und der frühen Christenheit zu finden. Diese Zeit ist inzwischen vorbei. Jüdische und christliche Forschung gesteht heute der ganzen Epoche ihren Eigenwert zu und setzt dabei hinter die ausschließlich durch Christen tradierten Texte eine Reihe von Fragezeichen.

Ein solcher Pendelschlag ist etwa seit den 1970er Jahren durch die Arbeiten von Robert A. Kraft und Marinus de Jonge eingeleitet worden, die das christliche Profil der Pseudepigraphen nicht als Gewand, sondern als maßgebliches Wesensmerkmal bestimmt haben. Demnach kann methodisch verantwortbar auch die Blickrichtung nicht von einem hypothetisch ermittelten jüdischen Ausgangstext zu dem vorliegenden christlichen Endtext verlaufen; vielmehr stellt die christliche Textgestalt den Ausgangstext dar, von dem aus dann allenfalls nach jüdischem Traditionsgut zurückzufragen ist. Gegenwärtig hat James Davila (2005) diesen Ansatz noch einmal auf eine reflektierte Basis gestellt und im Interesse methodischer Klarheit den Verzicht auf alle „unsicheren“ Texte als Quellen für die Erforschung des frühen Judentums gefordert.

Neu sind diese Fragestellungen nicht. Kontroverse Beurteilungen aufgrund vergleichbarer Argumente hat es schon bei nahezu jeder editio princeps eines neuen Textes aus dem Bereich der Pseudepigraphen gegeben. Eine neue Beurteilung drängt sich heute jedoch aufgrund des deutlich angewachsenen Vergleichsmaterials auf. Interessant ist die Frage Davilas, ob auch Christen „alttestamentliche Pseudepigraphen“ hätten schreiben können? Grundsätzlich ist das nicht auszuschließen. Doch diese Situation setzt ein so hoch reflektiertes und literarisch kontrolliertes Verfahren voraus, dass die Wahrscheinlichkeit dafür als außerordentlich gering erscheint. Wer sollte eine solche Persiflage schreiben, wenn sie nicht eindeutig durchschaubar ist? Warum sollte ein christlicher Autor in einer Zeit kontroverser Beziehungen so selbstlos in die Rolle eines jüdischen Autors schlüpfen, ohne daraus einen sichtbaren Effekt für seine christologische Lektüre der Geschichte Israels zu erzielen? Die Beispiele, die Davila nennt, können nicht überzeugen.

Das einfachste und nächstliegende Modell ist nach wie vor das folgende: Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit sind von christlichen Tradenten wahrgenommen, aufgrund ihrer Beziehung zur hebräischen Bibel als geistesverwandt erkannt und gemäß der eigenen Interessen mehr oder weniger behutsam bearbeitet worden. Der Anteil des jüdischen wie des christlichen Erbes bemisst sich dabei primär am Bearbeitungsgrad.

3.3. Übersetzungen und Rekonstruktionen

Häufig hat sich die Übersetzung eines Textes auf lange Sicht als Akt seiner Rettung erwiesen. Handschriften, die in byzantinischer Zeit noch existierten, dann aber mit dem Untergang des byzantinischen Reiches verloren gingen, überlebten in Übersetzungen. Die armenische und die altslavische Literatur sind dabei zu einem ganz besonderen Refugium geworden.

Die Übersetzungen, die in der Frühzeit der jeweiligen Literatursprachen erfolgt sind, zeichnen sich in der Regel durch einen engen, selbst die Wortbildung nachahmenden Anschluss an ihre griechischen Vorlagen aus. Dieser Umstand gestattet in vielen Fällen eine relativ zuverlässige Rekonstruktion des Sprachgebrauchs in der Vorlage, zumindest für sinntragende Begriffe und Wendungen. Nach welchen Kriterien eine solche Rekonstruktion durchgeführt werden kann, hat Alexander Kulik (2005) auf exemplarische Weise am Text der slavischen ApkAbr gezeigt. Das ist insofern wichtig, als auch in einer späten Übersetzung eine durch Alter und Qualität ausgezeichnete Vorlage erhalten sein kann.

3.4. Variantenvielfalt und Ausgangstext

Aufgrund ihres Mangels an äußerer Legitimation waren die Pseudepigraphen im Verlauf ihrer Überlieferung zahlreichen Eingriffen, Überarbeitungen und Korrumptionen ausgesetzt. Das schlägt sich bei nahezu allen Schriften in offenen Fragen zur Textgestalt nieder. Die Variantenvielfalt scheint geradezu ein Charakteristikum der Pseudepigraphen zu sein.

Unterschiedliche Textfassungen auf einer gemeinsamen Sprachebene finden sich mehrfach. In einer längeren und einer kürzeren Fassung liegen TestAbr (griechisch) und JosAsen (griechisch) vor. HistMelch (griechisch) begegnet, abhängig vom jeweiligen Kontext, in drei Fassungen. 2Hen (slavisch) und KlimJak (slavisch) sind ebenfalls in einer längeren und einer kürzeren Fassung erhalten, wobei sich die beiden Fassungen von 2Hen noch einmal in eine sehr lange und eine sehr kurze Fassung aufgliedern lassen. Die Art der literarischen Beziehung zwischen diesen Fassungen ist in der Regel nicht mehr sicher zu ermitteln. Insgesamt kann man jedoch sagen, dass (anders als bei kanonischen Texten) eher die Langfassungen ursprünglich sind, während die Kurzfassungen das Ergebnis sekundärer Kürzungen darzustellen scheinen.

Den Versuch, unterschiedliche theologische Intentionen festzustellen, hat Angela Standhartinger (1995) hinsichtlich JosAsen unternommen (in diesem Fall: unterschiedliche Frauenbilder). Solange der jeweilige Archetyp nicht zugänglich ist, bleiben alle Verhältnisbestimmungen jedoch mit Unsicherheiten behaftet. Auf jeden Fall empfiehlt sich die Berücksichtigung der Textbasis in ihrer ganzen Breite.

Unterschiedliche Textfassungen begegnen auch auf verschiedenen Sprachebenen. Das „Leben Adams und Evas“ etwa ist grundlegend griechisch überliefert; daneben finden sich jedoch auch eine lateinische, eine slavische, eine georgische, eine mittelhochdeutsche und zwei armenische Fassungen, die sich von einer schlichten Übersetzung durch die Eigenständigkeit ihrer Stoffanordnung oder der Motiventwicklung unterscheiden. Ähnlich ist es bei 4Esra: Neben dem lateinischen Grundtext gibt es eine sehr eigenständige armenische Übersetzung; 2Bar (syrisch) wiederum steht, trotz völliger Eigenständigkeit seiner Konzeption, in einer sichtbaren literarischen Abhängigkeit von 4Esra. 3Bar existiert in einer griechischen und einer slavischen Fassung mit jeweils eigenem Profil.

In methodischer Hinsicht ist deshalb immer von einer grundlegenden Differenz zwischen dem vorliegenden Text und dem hypothetischen Ausgangstext (Archetyp) auszugehen. Die überlieferte Textgestalt darf nie pauschal für die postulierte ursprüngliche Schrift in Anspruch genommen werden.

Ein besonderes Problem stellt das Phänomen von (meist christlichen) Interpolationen dar. Keine Schrift ist davon völlig frei. In vielen Fällen lassen sich Interpolationen gut erkennen, wenn sie in Spannung zum Kontext und mit sichtbaren Eigeninteressen eingefügt sind. Häufig aber ist die Überformung so gleichmäßig gestaltet, dass Abgrenzungen nicht mit Sicherheit vorgenommen werden können. Unter dem Vorzeichen textpragmatischer Ansätze gibt es heute zudem eine große Unlust gegenüber literarkritischen Operationen. Doch auch wenn die Literarkritik derzeit in der biblischen Exegese aus der Mode zu kommen scheint, ist sie gerade für die Pseudepigraphen ein unverzichtbares Instrument. Alle Texte haben Wachstumsprozesse über einen längeren Zeitraum hin durchlaufen, deren Ignorierung zwangsläufig zu Fehlurteilen führen muss. Eine entsprechende Arbeit von Coleman (1976) ist weithin unbeachtet geblieben. Elementar sind literarkritische Einsichten z.B. für die → Henochliteratur (1Hen: ursprünglich fünf eigenständige Schriften; 2Hen: christliche und jüdisch-mystische Interpolationen). Nicht mehr zu entwirren sind die Überarbeitungen z.B. bei TestIsaak, TestJak oder HistMelch; hier lässt sich lediglich ein jüdischer Traditionskern ermitteln, dessen narratives und theologisches Konzept sich von der vorliegenden Endgestalt des Textes signifikant unterscheidet.

4. Forschungsgeschichte

4.1. Differenzierte Wahrnehmungen: Spätantike

Die christliche Rezeption der Pseudepigraphen ist in ihrer Frühzeit noch von großer theologischer Offenheit bestimmt. Judasbrief und 2Petrusbrief etwa zitieren 1Hen als Autorität (s. unten) und greifen unbefangen auch auf weitere Schriften dieses Literaturbereiches zurück. Solange die Geschichte des → Kanons (AT und NT) noch nicht abgeschlossen ist, sind auch die Grenzen durchlässig. Einige der später kanonisch gewordenen Texte erfreuen sich anfangs ebenfalls nur regionaler Geltung. Die Kirchenväter der Frühzeit bewahren nicht allein Fragmente jüdisch-hellenistischer Schriftsteller in Gestalt von Zitaten auf (s. unten), sondern verraten durchgängig auch ihre Kenntnis weiterer Schriften (Bezüge z.B. zur Henoch-Literatur seit Irenäus finden sich erschöpfend zusammengestellt bei Berger 1988, 532-542). Das Phänomen, dass diese ursprünglich jüdischen Texte schließlich ganz in christliche Hände übergehen, tradiert und bearbeitet werden, belegt eine grundsätzlich positive Haltung.

Erst im Zuge der Kanongeschichte kommt es zu einer deutlicheren Differenzierung. Die Begrenzung des Alten Testaments auf 22 bzw. 24 Schriften der hebräischen Bibel hat ihren Ursprung im Judentum (Josephus, Contra Apionem I 38-41 [Text gr. und lat. Autoren]; 4Esra 14,18-47), wobei Josephus noch ohne Einschränkung auch aus den „Apokryphen / Deuterokanonischen Schriften“ der LXX zitiert und 4Esra jene 70 über die 24 Bücher des Alten Testaments hinausgehenden Schriften den „Weisen“ als Quelle der Einsicht und Wissenschaft empfiehlt. Die christliche Kanondebatte übernimmt die Begrenzung des kanonischen Alten Testaments auf 24 Schriften. Für den Überschuss der LXX gebraucht sie (seit Meliton, Origenes, Eusebius, Athanasius) den Begriff der „draußen stehenden Bücher“ (vgl. den Begriff der „sefarim ha-histsonim“ in Mischna Sanhedrin 10,1) bzw. der „Antilegomena“, womit sich zwar eine Abstufung in der Wertigkeit, aber keine generelle Abweisung verbindet. Das Kanonverzeichnis im 39. Osterfestbrief des Athanasius (367) nennt dann als dritte Kategorie die „Apokryphen“, unter die vor allem die „Pseudepigraphen“ fallen; diese Einteilung und dieser Sprachgebrauch werden auch von dem verbreiteten „Verzeichnis der sechzig Bücher“ (6./7. Jh.) oder der „Stichometrie des Nikephoros“ (9. Jh.) übernommen. Durch eine solche weitere Abstufung wird die Geltung der Pseudepigraphen deutlich eingeschränkt. Sichtbar entbehren sie dadurch jenes Schutzes, dessen sich die kanonischen Texte erfreuen.

Die Entwicklung verläuft somit von einer zunächst unbefangenen Offenheit hin zu einem klaren Ranking, das die Pseudepigraphen mit fortschreitender Zeit zunehmend in die Ecke eines „häretischen“ Schrifttums drängt. Aus den Kanonlisten der spätantik-byzantinischen Zeit entwickelt sich schließlich der „index apocryphorum / pseudepigraphorum“.

4.2. Gegensätzliche Wertungen: Mittelalter bis Neuzeit

Die Geschichte eines „Indexes“ lässt sich besonders anschaulich im slavischen Kulturkreis verfolgen. Ihr Haftpunkt liegt bei den „Apokryphen“ unter der dritten Kategorie des griechischen „Verzeichnisses der sechzig Bücher“ (6./7. Jh.), das eine ständige Erweiterung und Präzisierung erfährt, Ende des 9. Jh.s in Bulgarien übersetzt wird und im 11. Jh. in der Kiever Rus’ auftaucht. Von da an entwickelt der Index als Artikel „Über die wahren und falschen Bücher“ eine beachtliche Eigendynamik, findet Aufnahme in zahlreiche Sammelbände, wird fortwährend aktualisiert und verfeinert (Pypin 1862). Auch wenn keine „Ratifizierung“ von offizieller Seite erfolgt, kann man die Akzeptanz des Indexes voraussetzen. Zumindest in der Theorie ist damit nicht nur eine klare Unterscheidung, sondern auch eine öffentliche Inkriminierung der Pseudepigraphen vollzogen. Das verhindert freilich nicht, dass die auf dem Index verzeichneten Schriften gerade im slavischen Kulturkreis zu neuer Blüte gelangen und in stark bearbeiteten Fassungen selbst in die Kirchenbücher der Reformer im 17. Jh. eindringen können. Somit ist der Index eher Indikator für die Verbreitung der Apokryphen als Beleg ihrer Bekämpfung.

Das aufschlussreichste Beispiel für die bleibende Bedeutung einzelner Texte liefert das äthiopische → Henochbuch. Durch die Jahrhunderte hindurch war 1Hen ununterbrochen, jedoch für den Rest der Christenheit verborgen, ein Teil des äthiopischen Bibelkanons. 1773 wurde es von dem englischen Reisenden James Bruce wiederentdeckt und der westeuropäischen Wissenschaft bekannt gemacht. Interesse verdient im Westen auch die Kanonentscheidung des Tridentinums (1546), die jede Unterscheidung zwischen den Schriften des hebräischen Alten Testaments, der griechischen LXX und der lateinischen Vulgata abweist; in der Vulgata Clementina von 1592 werden nach dem Neuen Testament in einem Anhang auch noch das Gebet des Manasse sowie 3Esra und 4Esra (s. unten) abgedruckt. Ein Text wie die Geschichte Melchisedeks wiederum konnte sich unter dem Pseudonym des Athanasius von Alexandrien ungehindert verbreiten, ohne je für den Apokryphenindex in Betracht gezogen zu werden.

4.3. Historische Interessen: Aufklärung

Mit der Zeit der Aufklärung wechselten die Pseudepigraphen aus dem Bereich volkstümlicher Erbauung in das Gebiet theologischer und literaturwissenschaftlicher Forschung über. Den entscheidenden Akzent setzte dabei die zweibändige Sammlung „Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti“ des Hamburger Superintendenten Johann Albrecht Fabricius von 1722/23. Erstmals äußerte sich darin der Versuch, eine Gruppe von Schriften, die auf das Alte Testament bezogen sind, als zusammengehörig zu beschreiben und unter einem gemeinsamen Titel zugänglich zu machen. Diese Sammlung enthält noch Vieles, was heute anderen Corpora zugeordnet wird: Neben Apokryphen und Pseudepigraphen nimmt Fabricius auch haggadische Überlieferungen, Väterzitate und exegetische Traditionen auf, sofern sie „außerkanonische“ Informationen über Ereignisse oder Personen des Alten Testamentes bieten. Seine Quellen haben häufig zufälligen Charakter. Dennoch schafft diese Sammlung einen Fundus, auf den man künftig aufbauen und mit dem man sich fortan auseinandersetzen kann.

Diese neue, wissenschaftliche Sensibilität führt jedoch noch zu keinem breiten Interesse. Insofern ist Fabricius seiner Zeit voraus und findet nur wenige Nachfolger, die sich mit einzelnen Schriften, nicht aber mit dem Literaturbereich im Ganzen beschäftigen. Sein Impuls wird erst ca. 100 Jahre später wirksam, als die religionsgeschichtliche Forschung in Korrespondenz zu den klassischen Altertumswissenschaften einen neuen, ungeahnten Aufschwung erlebt.

4.4. Religionsgeschichtliche Forschungen: 19. Jh.

Im Gefolge von Napoleons Ägyptenfeldzug (1798-99) strömen europäische Gelehrte in den Orient und kehren mit Altertümern und Handschriften zurück. Die Ägyptologie entsteht als eine Art Leitwissenschaft, die in den folgenden Jahrzehnten zu religionsgeschichtlichen Forschungen auf breiter Basis anregt. Auch die Bibelwissenschaft gerät in den Sog der Entdeckungen, erweitert ihre Quellenbasis und gewinnt ein neues Bild des alten Israel sowie des nachexilischen Judentums.

In diesem Umfeld wird die Wiederentdeckung des 1Hen zu einer Art Initialzündung. Der Text, den James Bruce 1773 in Abessinien vorfindet, stößt in Europa auf größtes Interesse, auch wenn bis zu seiner ersten Übersetzung (Laurence 1821 englisch, Hoffmann 1833 deutsch) und kritischen Edition (Laurence 1838; Dillmann 1851) noch einige Jahre vergehen. Damit aber ist die Hoffnung erweckt, auch weitere bislang für verloren gehaltene Schriften auffinden zu können. Zudem führt das 1Hen die Welt der jüdischen Apokalyptik nun in ihrer ganzen Vielfalt vor Augen und regt damit zu einer Reihe neuer Untersuchungen und gezielter Forschungen an. 1856 und 1858 erscheint Jacques Paul Mignes zweibändiges „Dictionnaire des apocryphes“, das über Fabricius hinaus auch Texte mit Bezug auf das Neue Testament aufnimmt, vor allem aber mitten in die allgemeine Entdeckungseuphorie hinein stößt. Für die zweite Hälfte des 19. Jh.s hat James H. Charlesworth (1985) mehr als 50 Editionen gezählt, die dem Literaturbereich der Pseudepigraphen zuzurechnen sind. Angeregt von diesen Forschungen kommt es auch in anderen Sprachen zu zahlreichen einzelnen Editionen bzw. zur Publikation erster größerer Sammelwerke, so z.B. für die slavische, armenische oder georgische apokryphe Literatur.

Den Abschluss dieser ersten Blütezeit bilden die einflussreichen Textsammlungen von Emil Kautzsch (Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments I/II, 1900) und Robert Henry Charles (The Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament I/II, 1913), die zugleich einen neuen wissenschaftlichen Standard begründen. Danach wird es mit dem Ende der religionsgeschichtlichen Schule und den theologischen Neuorientierungen nach dem Ersten Weltkrieg erst einmal wieder still um die Pseudepigraphen. Vereinzelte Darstellungen wie die von Paul Volz (1934) schöpfen aus dem bestehenden Fundus, ohne neue Ansätze zu verfolgen.

4.5. Neue Entdeckungen: 20./21. Jh.

Ein völlig neues Interesse an den Pseudepigraphen bricht mit den berühmten Textfunden nach dem Zweiten Weltkrieg auf: Die Funde von Nag Hammadi in Ägypten (1945/46) fördern eine Bibliothek gnostischer Originalschriften zu Tage; die Funde von Qumran am Toten Meer (1947) präsentieren die Bibliothek einer jüdischen Religionspartei aus der Zeit vor 70.

Für die Pseudepigraphen erweisen sich die Qumran-Funde als sensationell, da sie zu einigen Schriften, die bis dahin nur in Übersetzungen vorlagen, aramäische Textzeugen liefern. Die literarkritischen Hypothesen zum 1Hen werden anhand dieser Fragmente überraschend bestätigt. An der jüdischen Herkunft des → Henoch-Corpus kann zudem nun kein Zweifel mehr bestehen. Damit aber wird nun zugleich auch das Ungenügen an den inzwischen ein halbes Jahrhundert zurückliegenden Forschungen bewusst. Die Qumran-Funde lösen deshalb einen „boom“ an neuen Editionen, Untersuchungen, Textsammlungen und Projekten aus, die sich schon bald zu einer Art eigenständiger Wissenschaftsdisziplin entwickeln. Zunehmend sind daran seit der Gründung des Staates Israel (1948) auch jüdische Wissenschaftler mit ihren eigenen Fragestellungen beteiligt. Der Beginn einer neuen archäologischen Erschließung des Landes trägt zur weiteren Flankierung dieser Forschungen bei.

Ähnlich verhält es sich mit der Aufarbeitung der Nag Hammadi-Schriften, sofern deren gnostische Systeme aus der alttestamentlich-jüdischen Mythologie schöpfen. Die moderne Gnosisforschung ermöglicht es seither, die Beziehungen zwischen frühjüdischer und gnostischer Theologie sehr viel präziser zu bestimmen. Auch hier wächst der Bedarf, die jeweiligen Bezugstexte in zuverlässigeren Editionen vergleichen und dabei auf solideren Vorarbeiten aufbauen zu können.

Aus diesem Aufbruch gehen neue Textsammlungen, Monographienreihen, Zeitschriften und schließlich auch Kommentare hervor (s. unten Literaturverzeichnis). Als besonders inspirierend erweist sich die zweibändige Sammlung der „Old Testament Pseudepigrapha“ durch James H. Charlesworth (1983/85). Die Literaturfülle wächst sprunghaft an und kann inzwischen nur noch mit Hilfe umfangreicher Bibliographien erschlossen werden (Lehnardt 1999, DiTommaso 2001). Zugleich vernetzt sich die Diskussion um die Relevanz der Texte stärker als je zuvor mit anderen theologischen Diskursen (Charlesworth 1985, 12-23). Mit dem Abschluss der großen Editionsprojekte zu Qumran und Nag Hammadi am Beginn des 21. Jh.s ist für die Erforschung der Pseudepigraphen lediglich eine Zäsur markiert.

5. Textbestand

5.1. Abgrenzung und Definition

5.1.1. Kriterien und Liste der Schriften

Die Zusammenstellung eines „corpus pseudepigraphorum“ beruht immer auf einer Setzung. Entsprechend unterschiedlich fällt auch der Textbestand in den verschiedenen großen Sammelwerken aus. Die alphabetische Auflistung in Tabelle 1, die auch die „Apokryphen“ der LXX mit einschließt, stellt eine Maximalvariante dar. Für die Zugehörigkeit einer Schrift zu dieser Liste sind sowohl sachliche als auch pragmatische Kriterien entscheidend:

Pseudepigraphen 1

a) ihr Bezug auf alttestamentliche Ereignisse und Personen, b) ihre Orientierung an den literarischen Formen der hebräischen Bibel, c) ihre nachweisliche oder wahrscheinliche Datierung in die Zeit des frühen Judentums, d) ein Profil, in dem Themen und Vorstellungen frühjüdischer Theologie dominieren, e) ihre mehrheitliche Zuordnung zum Literaturbereich der „Pseudepigraphen“ in der bisherigen Forschung. In Tabelle 1 sind somit alle jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit enthalten, die nicht zu den Texten aus Qumran oder den anderen Funden in der judäischen Wüste, den Werken des Philo oder Josephus, zur Mischna oder den Targumim gehören (zu gelegentlichen Überschneidungen siehe unten).

5.1.2. Alternativen

Im Gegensatz zu der in Tabelle 1 gebotenen, verbreiteten und weithin akzeptierten Zusammenstellung hat James Davila (2005) eine Minimalvariante vorgelegt – nach dem Grundsatz, dass eine irrtümlich ausgeschlossene Schrift weniger schade als eine irrtümlich einbezogene (7, 64, 122). Als jüdische Schriften, die nach äußeren Kriterien eindeutig zu bestimmen sind, lässt er aus dem Bestand der „Pseudepigraphen“ nur die folgenden gelten: Aufgrund ihres Nachweises in Qumran 1Hen 1-36 (Buch der Wächter), 1Hen 72-82 (Astronomisches Buch), 1Hen 85-90 (Tiersymbolapokalypse), 1Hen 92-96 (Epistel Henochs); weiterhin EpArist, 1Makk, 2Bar, 1Hen 37-71 (Buch der Bilderreden), 4Esra, 3Makk, 4Makk, TestMos/AssMos, LAB, PsSal. Alle anderen Texte können seinen strengen Kriterien nicht genügen und werden deshalb ganz allgemein als „christliche Apokryphen“ betrachtet.

Sowohl die Maximalvariante als auch die Minimalvariante bedürfen der Kritik. Einerseits finden sich unter den oben aufgelisteten Schriften manche, deren Aussagewert für das frühe Judentum aufgrund ihrer massiven christlichen Überformung nur gering ist oder nur schwer beurteilt werden kann. In diesem Fall muss die Möglichkeit sekundärer Veränderungen immer mit in Betracht gezogen werden – um zu verhindern, dass der Wunsch zum Vater der Exegese wird. Andererseits führt der puristische Ausschluss aller unsicheren Texte zwar vordergründig zu einem sicheren Kernbestand, nimmt dafür aber hintergründig Lücken in Kauf, die das Bild ebenso verzerren können.

Insgesamt ist dieser Bestand aus der Perspektive der Bibelwissenschaften zusammengestellt. Er hat zahlreiche Schnittstellen zu volksprachlichen Literaturen, die ihr jeweils eigenes „corpus apocryphorum“ nach anderen Kriterien und im Kontext ihrer spezifischen Literaturdenkmäler definieren. Koptologen, Äthiopisten, Latinisten, Slavisten u.a. bringen ihre Textsammlungen deshalb mit dieser Liste nur teilweise zur Deckung bzw. gehen noch einmal darüber hinaus.

5.2. Textsorten und Sachgruppen

5.2.1. Textsorten

Die großen Textsammlungen unterscheiden sich nicht nur im Umfang, sondern auch in der Klassifizierung der Schriften. Fünf Beispiele können genügen:

Kautzsch, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, 1900 (12 Schriften – Apokryphen gesondert): A. Pseudepigraphische Legenden; B. Pseudepigraphische Dichtung; C. Pseudepigraphische Lehrschrift; D. Pseudepigraphische Apokalypsen;

Charles, The Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament, 1913 (17 Schriften – Apokryphen gesondert): Primitive history rewritten from the standpoint of the law; Sacred legends; Apocalypses; Psalms; Ethics and wisdom literature; History;

Kümmel / Lichtenberger, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, seit 1975 (53 Schriften – mit Apokryphen): I. Historische und legendarische Erzählungen; II. Unterweisung in erzählender Form; III. Unterweisung in lehrhafter Form; IV. Poetische Schriften; V. Apokalypsen; Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit.NF (weitere 20 Schriften): I. Apokalypsen und Testamente, II. Weisheitliche, magische und legendarische Erzählungen;

Charlesworth, The Old Testament Pseudepigrapha, 1983/85 (65 Schriften – ohne Apokryphen): Apocalyptic literature and related works; Testaments (often with apocalyptic sections); Expansions of the „Old Testament“ and legends; Wisdom and philosophical literature; Prayers, Psalms and Odes; Fragments of lost judaeo-hellenistic works;

Sparks, The Apocryphal Old Testament, 1984 (25 Schriften - ohne Apokryphen): keine Gliederung.

In diesen Klassifikationen, die stets einer bestimmten editorischen Pragmatik folgen, bilden sich in formaler Hinsicht bereits wichtige Textsorten ab:

Apokalypsen: Unter dieser Gattungsbezeichnung werden Texte zusammengefasst, in denen es zentral um die Mitteilung von Geheimnissen der Endzeit und der Welt Gottes geht. In formgeschichtlicher Hinsicht ist indessen umstritten, ob man eine solche Gattung überhaupt definieren kann oder sollte, da sich die Texte aus sehr unterschiedlichen Formen zusammensetzen. „Apokalypsis / Offenbarung“ sind sie insofern, als darin meist ausgezeichnete Fromme der Ur- und Frühzeit Visionen erleben oder Himmelsreisen durchführen, die ihnen Einblicke in die verborgenen Zusammenhänge von Kosmologie und Geschichtsverlauf vermitteln. In der Regel zielen diese Schriften darauf ab, für einen breiteren Adressatenkreis Trost und Stärkung zu vermitteln, die Zuverlässigkeit der prophetischen Verheißungen zu bestätigen und – gespeist aus dem unüberbietbaren Offenbarungswissen – in einer Situation der Bedrohung zur Bekenntnistreue zu motivieren (z.B. 1Hen, 4Esra, 2Bar).

Rewritten Bible: Damit bezeichnet man üblicherweise Nacherzählungen der biblischen Geschichte (Hofmann 2000), die den vorgegebenen Text durch Paraphrasen und Erweiterungen interpretieren, also eine Art narrativer Exegese darstellen (z.B. → Jubiläenbuch, Liber Antiquitatum Biblicarum).

Testamentenliteratur: Testamente formulieren und entfalten das fiktive Vermächtnis vorbildlicher Frommer (→ Abschiedsreden). Im Anfangsrahmen pflegt der Protagonist die Sippe um sein Sterbelager zu versammeln; im Schlussrahmen wird von seinem Tod und seiner Bestattung berichtet. Der Mittelteil ist einem Lebensrückblick vorbehalten, der die Summe des Lebens im Wechsel von ermunternden und abschreckenden Beispielen zieht. Die Testamentenliteratur lebt von einem weisheitlichen Erbe und verfolgt vorwiegend paränetische Interessen (z.B. → Testamente der Zwölf Patriarchen).

Weisheitsschriften: In dieser Textsorte findet die besonders vom altorientalischen Umfeld geprägte Weisheitsliteratur des Alten Testamentes ihre Fortschreibung (→ Weisheit). Formal dominieren Spruchreihen, Argumentationen und Erörterungen. Wie in der Testamentenliteratur spielen auch hier paränetische Absichten eine zentrale Rolle (z.B. PseudPhok).

Gebete: In diese Textsorte gehören zunächst alle Psalmen außerhalb des Psalters, die biblischen Gestalten zugeschrieben werden. Ferner begegnen hier Gebete, die sich auf narrative Zusammenhänge beziehen und solche, deren Kontext in der Synagoge zu vermuten ist (z.B. PsSal, OrJak, OrSynag).

Damit ist nur ein kleiner Teil jener Textsorten benannt, aus denen sich die Pseudepigraphen zusammensetzen. Über das Vorbild bzw. Modell der Hebräischen Bibel hinaus finden sich auch weitere Formen und Gattungen, in denen sich der Einfluss des Hellenismus bemerkbar macht.

5.2.2. Sachgruppen

Pseudepigraphen 2

Unabhängig von der Form gibt es Schriften, die aufgrund ihres gemeinsamen Bezuges auf eine bestimmte Figur eine Sachgruppe bilden. In der Regel sind diese Schriften nur lose und lediglich über ihren Heros miteinander verbunden. Eine Ausnahme stellen hier allein die → Henoch-Schriften dar, die über einen solchen Bezug hinaus zugleich eine klare Traditionsentwicklung erkennen lassen.

Um dieselbe Figur bilden sich folgende Sachgruppen: 1) Adam-Schriften, 2) Henoch-Schriften, 3) Abraham-Schriften, 4) Mose-Schriften, 5) Salomo-Schriften, 6) Daniel-Schriften, 7) Esra-Schriften, 8) Baruch-Schriften, 9) Sibyllinen.

5.3. Sprachen und Kulturkreise

Der Literaturbereich der Pseudepigraphen fällt in jene Epoche, die vom Hellenismus geprägt wird. Die griechische Koine entwickelt sich für das Judentum sowohl in der Diaspora als auch im Mutterland zur maßgeblichen Verkehrssprache. Dieser Situation verdankt sich die Entstehung der LXX sowie der damit verbundenen Apokryphen. Für die Mehrzahl der jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit kann man deshalb das Griechische als Ursprache voraussetzen; dass es daneben natürlich auch eine ungebrochene literarische Produktivität in hebräischer und aramäischer Sprache gab, belegt die im Corpus der Qumrantexte erhaltene Literatur. Für die Diaspora aber sichert allein das Griechische die Rezeption und Verbreitung alles Schrifttums.

Schriften, für deren griechischen Text sich noch eine hebräische Vorlage nachweisen lässt, sind z.B. → Sirach, → Tobit, 1Hen, → Jubiläenbuch. Vermutlich ist dafür das Alter dieser Schriften verantwortlich. Für eine Reihe weiterer Schriften hat man die Existenz eines hebräischen Originals gelegentlich aufgrund sprachlicher Indizien vermutet (z.B. LAB); besonders unsicher sind solche Argumentationen im Bereich der allein slavisch erhaltenen Schriften (diskutiert z.B. für 2Hen und ApkAbr). Zuverlässig lässt sich für viele Schriften in volkssprachlichen Übersetzungen nur die griechische Vorlage ermitteln, da die Übersetzer in der Regel eng am Text geblieben sind. Vor das Griechische führt auf der Basis eines übersetzten Textes kein methodisch befriedigender Weg zurück.

Für die Mehrzahl der Texte aber ist Griechisch nicht nur die Erhaltungs-, sondern überhaupt die Originalsprache. Die Koine bot die beste Voraussetzung dafür, dass die Masse der Texte von christlichen Tradenten übernommen und bewahrt werden konnte. In vielen Fällen muss indessen auch das griechische Original als verloren gelten. Schon früh wurden die Pseudepigraphen in verschiedene Volkssprachen übersetzt und haben dann allein in dieser einen oder auch in mehreren Übersetzungen gleichzeitig überlebt. Eine besondere Rolle spielt dabei die äthiopische Literatur: z.B. liegen 1Hen oder Jub vollständig nur auf Äthiopisch vor; ganz sicher sind sie trotz der aramäischen Fragmente in Qumran aus einer griechischen Zwischenstufe übersetzt worden; grundlegend äthiopisch sind auch TestIsaak und TestJak sowie HistRech überliefert. Nur lateinisch liegen vor: z.B. 4Esra, LAB, TestMos, VisEsra; nur syrisch: z.B. 2Bar, ApkDan, TestAdam, TrSem, PseuMenand, OdSal; nur slavisch: z.B. 2Hen, ApkAbr, KlimJak. Wichtige Forschungen zu den „corpora apocrypha“ in einzelnen Sprachen haben vorgelegt: Michael Edward Stone für die armenischen, P. Michael Tarchnišvili für die georgischen, Aurelio de Santos Otero für die slavischen, Émile Turdeanu für die rumänischen, Michael McNamarra für die irischen Apokryphen und Pseudepigraphen; im Ganzen noch wenig erschlossen sind die koptischen, syrischen und arabischen, alt- und mittelhochdeutschen, alt- und mittelenglischen Corpora. Hier lässt sich nur durch interdisziplinäre Arbeit ein Fortschritt erreichen.

Für viele Schriften existieren Übersetzungen in verschiedenen Sprachen; z.B. gibt es für das Leben Adams und Evas (LAE) neben dem griechischen Text eine lateinische, georgische, slavische, zwei armenische und eine mittelhochdeutsche Fassungen; die Geschichte Melchisedeks (HistMelch) ist außer der griechischen Primärüberlieferung noch koptisch, syrisch, äthiopisch, georgisch, armenisch, slavisch und rumänisch belegt; solche Beispiele zeigen, wie breit viele Schriften ursprünglich einmal gestreut waren.

5.4. Verlorene Schriften und Fragmente

Bereits die hebräische Bibel verweist auf Quellen, die nicht mehr erhalten sind; z.B. das „Buch von den Kriegen des Herrn“ (Num 21,14); das „Buch des Aufrechten“ (Jos 10,13; 2Sam 1,18); die „Chronik von Salomo“ (1Kön 11,41); die „Chronik der Könige von Israel“ (1Kön 14,19); die „Geschichten der Könige von Israel“ (2Chr 33,18) und andere mehr. Teils mag es sich dabei um fiktive Schriften handeln, teils auch um reale Texte, die inzwischen verloren gegangen sind (Larry Schiffman 2004). Der Fundus an religiöser Primärliteratur war im frühen Judentum jedenfalls umfangreicher als das, was wir heute kennen.

Pseudepigraphen 3

Die fragmentarischen Texte, die nur noch in Gestalt von Zitaten vor allem bei den Kirchenvätern bekannt sind, geben dennoch wichtige Einblicke in die Theologie des frühen Judentums. Auch hier benutzen die Autorenangaben meist Pseudonyme; gelegentlich wird jüdische Theologie unter dem Namen griechischer Klassiker überliefert (Hekatäus, Phokylides, Orpheus, Thodotus u.a.). Tabelle 3 stellt die wichtigsten Fragmente jüdisch-hellenistischer Autoren unter Angabe der Überlieferungskontexte zusammen.

5.5. Überlagerungen mit anderen Corpora

Da sich der Bestand der Pseudepigraphen nicht durch ein vorfindliches Corpus, sondern allein durch seine Zugehörigkeit zur jüdischen Theologie in hellenistisch-römischer Zeit definiert, sind Überlagerungen dieser Schriftengruppe mit anderen Textcorpora unvermeidlich. Sie markieren nicht nur die Durchlässigkeit pragmatisch bestimmter Abgrenzungen. Vielmehr machen sie die vielfältigen theologischen Wechselbeziehungen innerhalb einer Epoche sichtbar.

a) Apokryphen / Deuterokanonische Schriften: Diese Schriften, die im Bestand der LXX über den hebräischen Text hinaus enthalten sind, stellen die größte gemeinsame Schnittmenge dar. Wie diese sind auch die „→ Apokryphen / Deuterokanonischen Schriften“ ursprünglich auf griechisch geschrieben (allein für → Sirach und → Tobit hat man inzwischen auch hebräische Textzeugen gefunden). Sie stellen somit das wichtigste Verbindungsglied zwischen der griechischen Übersetzung des Alten Testaments und einer dadurch angeregten neuen literarischen Produktion religiöser Primärliteratur dar. Letztlich ist auch die LXX selbst Teil dieses Prozesses: Das zeigt sich nicht allein in formaler Hinsicht an ihren abweichenden Zählungen etwa im → Psalter, bei den → Samuelis- und → Königsbüchern, → Esra und Nehemia, → Jeremia oder in der völligen Neufassung von → Daniel und → Ester, sondern vor allem in der Interpretation des hebräischen Textes selbst, die im Zuge der Übersetzung erfolgt. In die moderne kritische Edition der LXX von Rahlfs sind auch noch die → Oden (9 Gebetstexte aus verschiedenen alttestamentlichen Schriften, dazu Magnificat und Benedictus aus Lk 1) und die → Psalmen Salomos (PsSal) eingefügt worden. In den Literaturbereich der Pseudepigraphen müssen die „Apokryphen / Deuterokanonischen Schriften“ deshalb immer als eine Art Kernbestand mit einbezogen werden, was zugleich die LXX insgesamt zu ihrem wichtigsten Referenzrahmen macht.

b) Qumran: Lange vor der Entdeckung der Schriftrollen vom Toten Meer 1947 (→ Qumranschriften) bezog Robert Henry Charles die „Damaskusschrift“, die man 1896 in der Kairoer Geniza gefunden hatte, unter dem Titel „Fragments of a Zadokite Work“ in seine Ausgabe der „Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament” von 1913 mit ein; heute ist die Zugehörigkeit dieser Schrift zum Qumran-Corpus erwiesen. Mit den Funden von 1947 tauchten dann auch hebräische und aramäische Fragmente verschiedener bislang nur in Übersetzung bekannter Apokryphen und Pseudepigraphen auf. Das betrifft etwa:

EpJer (7Q02)

Sir (2Q18; 11Q05)

Tob (4Q196-4Q199 (aram); 4Q200 (hebr);

1Hen (4Q201-4Q202; 4Q204-4Q212);

Jub (1Q17; 1Q18; 2Q19; 2Q20; 4Q216-4Q224; 4Q225; 4Q226; 4Q227; 11Q12)

TestJos (4Q539)

TestJuda (3Q07)

TestLevi (1Q21; 4Q213-4Q214; 4Q540; 4Q541)

TestNaf (4Q215).

Diese Fragmente sind bei jeder Ausgabe der entsprechenden Texte zu berücksichtigen; größte Bedeutung haben die Fragmente zu 1Hen und Jub erlangt. Darüber hinaus aber gibt es noch eine Reihe weiterer Texte, die nur in Qumran begegnen, ihrem Charakter nach aber auch unter die Pseudepigraphen gerechnet werden könnten. Das sind vor allem:

Buch der Giganten: 1Q23-24; 2Q26; 4Q203; 4Q530-533; 6Q8

Warnung vor der Sintflut: 4Q370

Überarbeiteter Pentateuch: 4QRP

Genesis Apocryphon: 1Q20 /1QGenAp (→ Genesis-Apokryphon)

Apocrypha des Mose, z.T. umstritten: (1Q22), 1Q29, (4Q374), 1Q375-376, 4Q390, 4Q408

Testament des Qahat: 4Q542

Testament des Amram: 4Q543-548

Vision des Samuel: 4Q160

Apocryphon des Josua / Psalmen Josuas: 4Q378-379

Apocryphon des Jeremia: 4Q385B

Pseudo-Ezechiel: 4Q386, 4Q391

Biblische Paraphrase: 4Q158

Tempelrolle: 4Q524; 11Q 19-21

Neues Jerusalem: 1Q32, 2Q24; 4Q554-555; 5Q15; 11Q18

Psalmen: 11Q05 / 11QPsa.

Die Herkunft dieser Schriften ist unabhängig von ihrem Fundort zu bestimmen. Dass von ihnen keine Übersetzungen erhalten geblieben sind, liegt eher an den Zufällen ihrer Überlieferung als an ihrer besonderen Eigenart. Zum Corpus der Qumran-Texte gehören sie aufgrund ihrer Fundgeschichte.

c) Josephus, Philo: In seinen Antiquitates Judaicae setzt Josephus mit einer Nacherzählung der biblischen Geschichte ein (Antiquitates I-X; Text gr. und lat. Autoren), die über weite Strecken Züge der „rewritten bible“ annimmt (Urgeschichte: Antiquitates I 27-153; Vätergeschichte: Antiquitates I 154-346 / II 1-200). Mit dieser Form narrativer Interpretation steht Joseph im Zusammenhang der frühjüdischen Schriftauslegung, auch wenn er dabei stärker zur philosophischen Reflexion neigt. In seiner Darstellung der syrischen Religionskrise ist er ganz von 1Makk und 2Makk (→ Makkabäerbücher) abhängig (Antiquitates XII / XIII); EpArist findet sich bei Josephus in einer ausführlichen Paraphrase wieder (Antiquitates XII 12-118); Fragmente des jüdischen Historikers Kleodemos Malchas sind ebenfalls nur bei ihm erhalten (Antiquitates I 239-241).

Philo treibt als profilierter Neuplatoniker Philosophie anhand des Bibeltextes – oder er bedient sich als Schriftausleger philosophischer Kategorien; beides lässt sich in seinen Werken nicht voneinander trennen. Damit gehört sein Werk zuerst in den Bereich gelehrter Sekundärliteratur und bietet für den Schriftbezug der Pseudepigraphen nur punktuell Berührungen. Interesse verdient immerhin seine ausführliche Auslegung der Abrahamsgeschichte (in der Expositio Legis der Traktat De Abrahamo; im Allegorischen Kommentar die Traktate De Migratione Abrahami, Quis Rerum Divinarum Heres sit, De Congressu Eruditionis Gratia, De Fuga et Inventione, De Mutatione Nominum Cainis, die sich auf Gen 12,1-17,22 beziehen) oder seine beiden Schriften Quaestiones in Genesim und Quaestiones in Exodum.

d) Neutestamentliche Apokryphen: Der Begriff „Neutestamentliche Apokryphen“ bezeichnet ein künstlich zusammengestelltes Corpus von Texten, die – ähnlich den alttestamentlichen Pseudepigraphen – als eine Art christlicher Primärliteratur nach Form und Inhalt wesentlich auf die Schriften des Neuen Testamentes bezogen sind. Überlagerungen gibt es da, wo jüdische Pseudepigraphen mit eindeutig christlichen Interessen fortgeschrieben werden oder christliche Texte mit Bezug auf alttestamentliche Ereignisse oder Personen entstehen. Das betrifft z.B.: die Ascensio Jesajae (2. Jh. n. Chr.; → Jesajas Martyrium und Himmelfahrt), die in AscJes 1-5 das jüdische Martyrium des Propheten bietet (1. Jh. v. Chr. - 1. Jh. n. Chr.), in AscJes 6-11 dann aber eine christlich-gnostische Erzählung von der Himmelfahrt Jesajas anschließt, in der auch eine Vision des präexistenten Christus, seines verborgenen Abstiegs in die Welt und seines offenbaren Wiederaufstiegs zum Vater enthalten ist; die → Oden Salomos (1.-2. Jh.), die ein christlich-gnostisches Hymnenbuch darstellen; das 5. und 6. Esrabuch (2. Jh. n. Chr.; → Esra-Schriften, außerbiblische), zwei lateinische christliche Apokalypsen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der lateinischen jüdischen Apokalypse des 4. Esrabuches überliefert worden sind (5Esra: 1-2 / 4Esra: 3-14 / 6Esra: 15-16); die Sibyllinen Buch 1-14, bei denen nur Buch 3 der jüdischen Apokalyptik zugeordnet werden kann, alle anderen Bücher aber trotz vielfachen Rückgriffs auf jüdische Traditionen in den Zusammenhang christlicher Apokalyptik gehören. In solchen Fällen bleibt die genaue Zuordnung unsicher; die genannten Schriften schlagen allein schon durch ihre Überlieferungsgeschichte eine Brücke zwischen den alttestamentlichen Pseudepigraphen und den neutestamentlichen Apokryphen.

e) Nag Hammadi / Gnostische Literatur: Die 1945/46 in Nag Hammadi (Ägypten) gefundene Bibliothek von gnostischen Originalschriften hat die Kenntnis des gnostischen Schrifttums auf eine völlig neue Basis gestellt. Viele ihrer Traktate fügen sich sachlich dem Bereich der neutestamentlichen Apokryphen ein, eine ganze Reihe apokrypher Evangelien sind gnostischer Herkunft und finden sich auch im Corpus der Nag Hammadi Texte wieder. Mit den alttestamentlichen Pseudepigraphen überlagern sich diese Texte insofern, als die Gnosis in ihrer Kosmologie vorzugsweise die biblische Urgeschichte aufnimmt bzw. Gestalten aus alttestamentlichen Texten beansprucht. Die Apokalypse Adams (1.-4. Jh.) etwa wird gelegentlich in Sammlungen der Pseudepigraphen eingeordnet, gehört jedoch in erster Linie dem Corpus der Nag Hammadi Texte an (NHC V 5). Auch der ursprünglich als Apokalypse angelegte Traktat über Melchisedek (NHC IX 1) spiegelt die Kenntnis frühjüdischer Melchisedektraditionen wider; sein Interesse gilt jedoch ganz dem Kommen des Erlösers Jesus Christus.

f) Patristische Literatur: In der patristischen Literatur sind viele ansonsten verloren gegangene Schriften jüdischer Herkunft in Gestalt einzelner Zitate fragmentarisch erhalten geblieben. Das betrifft vor allem Clemens Alexandrinus in seinen Stromata und → Eusebius von Cäsarea in seiner Präparatio evangelica; andere kommen hinzu. Die Geschichte → Melchisedeks ist als Ganze unter dem Pseudonym des Athanasius von Alexandrien überliefert worden. Die Testamente Isaaks und Jakobs lassen stilistisch Korrespondenzen zur beginnenden Hagiographie erkennen. In Buch VII und VIII der Apostolischen Constitutionen, einer Kirchenordnung des 3./4. Jh.s, hat vermutlich eine Sammlung jüdischer Synagogengebete Aufnahme gefunden.

g) Rabbinica: In ihren ältesten Schichten reicht die um 200 n. Chr. schriftlich fixierte Mischna sicher noch in die Zeit des zweiten Tempels zurück. Sammlungen der Pseudepigraphen wie die von Charles (1913) und Rießler (1928) nehmen deshalb den Mischna-Traktat Avot mit auf. Hinsichtlich solcher Traditionslinien hat Kaufmann Kohler (1893) für die → Testamente der Zwölf Patriarchen und 2Bar den Begriff einer „Pre-Talmudic Haggada“ geprägt. Viele Themen und Motive aus den Pseudepigraphen setzen sich in den Targumim, in den Talmudim und Midraschim fort; so nimmt etwa der Midrasch vom Leben Henochs im Kontext des Sefer ha-Jaschar „Buch des Aufrechten“ (11. Jh.) in deutlich erkennbarer Weise Bezug auf die ältere Henochliteratur. Auch umgekehrt ist ein solcher Einfluss nachweisbar: In 2Hen 71,36 hat ein christlicher Interpolator die haggadische Überlieferung von Abels Bestattung nach dem Vorbild zweier Vögel (TanchBer 10, ca. 5. Jh.) eingefügt, die bei Juden, Christen und Muslimen (Koran Sure 5,31-35; Text Koran) bekannt und verbreitet war (Böttrich 1995). Der „Kommentar zum Neuen Testament aus Talmud und Midrasch“ (1922-1928) von Paul Billerbeck greift neben den Rabbinica immer wieder auch auf die Pseudepigraphen zurück. Zeitgleich gab es eine vor allem von Hugo Greßmann angestoßene Debatte darüber, ob für das Verständnis des frühen Judentums eher die Pseudepigraphen oder die rabbinischen Texte Aufschluss geben können.

h) Merkabah-Mystik: Im Verlauf einer nur schwer zu rekonstruierenden Überlieferungsgeschichte ist es zu Wechselbeziehungen zwischen einigen Pseudepigraphen und der seit dem 5./6. Jh. in Erscheinung tretenden jüdischen Merkabah- oder Hekhalot-Mystik gekommen, die sich an einer Schau des himmlischen Thronwagens (Ez 1) oder der himmlischen Paläste (Jes 6) entzündet. Nach der Vermutung Gerschom Scholems (1957) liegt einer ihrer Haftpunkte in der älteren Henochtradition (z.B. 1Hen 14; 2Hen 21-22); aus der Himmelsreise des Visionärs und seinem Eintritt in die Thronwelt Gottes wird der Aufstieg des Mystikers zur Merkabah, wo er „Henoch-Metatron“ bereits als oberstem Dienstengel begegnet. Das sogen. dritte Henochbuch (3Hen) wird aufgrund dieser Traditionsentwicklung (1Hen - 2Hen - 3Hen) von einigen Sammlungen der Pseudepigraphen (Charlesworth, The Old Testament Pseudepigrapha I, 1983) mit aufgenommen, obwohl es als hebräischer „Sefer Hekhalot“ eindeutig zur mystischen Tradition des rabbinischen Judentums gehört. Einzelne Passagen, die eine starke Prägung durch diese spätere Phase mystischer Theologie aufweisen, finden sich als Interpolationen in älteren Schriften; das betrifft z.B.: 2Hen 20,3; 21,6-22,3; 39,3-8 (8.-10. Himmel, Schi‘ur-Qoma-Spekulation); ApkAbr 17,7-21 (Gebet Abrahams); KlimJak 2,5-22 (Gebet Jakobs); auffälliger Weise sind alle drei Schriften nur in slavischer Übersetzung erhalten.

i) Pagane Stoffe: In den Pseudepigraphen sind auch manche Stoffe enthalten, die der altorientalischen oder der hellenistischen Umwelt entstammen. Das bekannteste Beispiel bietet die Erzählung vom weisen → Achikar, deren ältester Zeuge sich unter den Papyri der Nilinsel → Elephantine (5. Jh. v. Chr.) findet; Spuren begegnen auch in babylonischen und ägyptischen Texten; → Tobit und → Judit spielen darauf an, ebenso verschiedene antike Übersetzungen, der Aesop-Roman, dazu griechische Autoren wie Demokrit, Theophrast und Strabo; entsprechend breit vertreten ist die Achikar-Erzählung in der religionswissenschaftlichen Literatur. Ähnlich verhält es sich mit den Sibyllinischen Büchern, die in der mythischen Figur der Seherin Sibylle Traditionen paganer, jüdischer und christlicher Herkunft miteinander verbinden: So fügt z.B. Sib 3,108-161 die Geschichte der Titanen aus Hesiods „Theogonie“ in die Menschheitsgeschichte der Genesis ein; in Sib 3,419-432 wird kenntnisreich auf Homers Ilias angespielt. Editionen der Sibyllinen finden sich deshalb sowohl unter den Pseudepigraphen als auch unter den Textausgaben der klassischen Philologie.

h) Traditionslinien: Einige Schriften aus dem Bereich der Pseudepigraphen sind Teil einer Traditionslinie, die sich über viele Jahrhunderte hin erstreckt und dabei ganz verschiedene Kontexte durchläuft. Am deutlichsten lässt sich dieser Sachverhalt an den → Henoch-Schriften ablesen: Die ältesten Schichten des aramäischen 1Hen gehören vermutlich noch in die spätnachexilische Zeit vor der syrischen Religionskrise (d.h. vor 167 v. Chr.) und sind nachweislich von mesopotamischen Mythen inspiriert; sie erleben um die Zeitenwende herum in Palästina einen Sammlungs- und Redaktionsprozess und bewahren so das Erbe der älteren apokalyptischen Theologie; in dieser Gestalt werden sie schließlich ins Griechische übersetzt; im weltoffenen Alexandrien des 1. Jh.s n. Chr. erfolgt mit 2Hen ein grundsätzlicher Neuentwurf, der das überkommene Material transformiert, seiner Ausrichtung auf die Geschichtsdeutung entkleidet und zum Gegenstand von Weltdeutung im Gegenüber einer nichtjüdischen Umwelt macht; die mystische Tradition des Judentums im 5./6. Jh. greift das Motiv der Verwandlung Henochs vor Gottes Thron aus 2Hen 22 auf und nutzt es für die Erfahrung des Mystikers, der sich in seiner Versenkung zu Gott erhebt. Nicht mit gleicher Stringenz, jedoch mit vielfältigen Verbindungen und Anleihen lassen sich Traditionslinien in den Schriften über Figuren wie Adam, Esra oder Daniel verfolgen, die zum Teil bis weit in das hohe Mittelalter hinein führen und dabei auch in den Bereich genuin christlicher Schriften übergehen.

5.6. „Corpus pseudepigraphorum“ oder „Literaturbereich“?

Der Bestand eines „corpus pseudepigraphorum“ wird immer nur mit einem gewissen Toleranzbereich anzugeben sein. Die exegetischen Vorentscheidungen hinsichtlich jeder einzelnen Schrift bleiben Gegenstand der Diskussion. Alles in allem kann man von ca. 60-70 Texten ganz unterschiedlichen Umfangs ausgehen, von wenigen fragmentarischen Resten bis hin zu großen Texten wie 1Hen (108 Kap.) oder Jub (50 Kap.).

Einen weiten Bogen schlägt vor allem der Entstehungszeitraum (fünf bis zehn Jahrhunderte). Die Herkunftsregionen sind grundsätzlich so breit gefächert wie die Diaspora, wenngleich die wichtigsten Zentren Palästina und Ägypten / Alexandrien sein dürften. Sprachlich besteht trotz der Dominanz des Griechischen eine Bandbreite, die alle Volkssprachen bis in das hohe Mittelalter hinein einschließt. Die Vielfalt der Textsorten überschreitet die Vorgaben der Hebräischen Bibel (z.B. Testamente). Interpolationen und Überarbeitungen sind auf den langen Überlieferungswegen unvermeidlich. Insofern stellt sich als auffälligstes Merkmal dieses „corpus“ gerade sein disparater Charakter dar. Deshalb ist es angemessener, von einem „Literaturbereich“ zu sprechen, dessen Unbestimmtheit stets zu berücksichtigen ist. Schlussfolgerungen für die Theologie des frühen Judentums können in vielen Fällen nur unter Vorbehalt getroffen werden.

6. Charakteristika

6.1. Pseudonymität

Eines der auffälligsten Merkmale, das dem gesamten Literaturbereich auch den Namen gegeben hat, besteht in der Pseudonymität der meisten Schriften. Dieses Phänomen taucht unvermittelt im Umfeld der syrischen Religionskrise (167 v. Chr.) auf und prägt zunächst das Profil der apokalyptischen Literatur; nach Karlheinz Müller (1991) ist es primär Ausdruck eines Traditionsbruchs in Israel. Theologisch repräsentieren die apokalyptischen Schriften ein Gegenkonzept, das bewusst nicht bei der prophetischen Tradition und ihrem heilsgeschichtlichen Kontinuum ansetzt, sondern den Blick auf die Zeit nach einer universalen Katastrophe richtet und dafür zunächst auf Gestalten der Urzeit zurückgreift. Vor allem der Urvater Henoch, der siebente nach Adam, avanciert zur zentralen Identifikationsfigur eines neuen Offenbarungswissens.

Die Nutzung und Entwicklung des literarischen Mittels der Pseudepigraphie erweist sich als ausgesprochen komplex (Hengel 1996). Sie erfolgt auch nicht für alle Schriften dieses Literaturbereiches gleichermaßen konsequent. Mit der Zeit erweitert sich die Bandbreite der Namen: Neben Gestalten der Urzeit wie Adam, Noah, Sem oder Henoch treten mit Abraham, Isaak und Jakob oder den zwölf Jakobsöhnen die Väter Israels; Könige wie Salomo, David oder Manasse stehen neben Propheten wie Esra, Baruch oder Jeremia; auch mit Mose oder Daniel werden weitere Schriften verbunden; der fromme Hiob erscheint als Autor eines Testaments; mit der Sibylle tritt eine Figur aus der paganen Mythologie auf, die Namen der fragmentarisch überlieferten hellenistisch-jüdischen Autoren nehmen Bezug auf Personen der klassischen griechischen Literatur. Daneben aber gibt es auch anonyme Texte, die erst sekundär bestimmten Autoren zugeordnet werden (z.B. 1-4Makk, LAB, JosAsen, VitProph, JannJamb, HistMelch).

Kontrovers ist die Beurteilung dieses Phänomens diskutiert worden. Dabei geht es vor allem darum, ob die Zuschreibung als literarische Fiktion erkannt werden sollte und konnte; ob die Texte bereits nach antikem Verständnis als Fälschungen zu bewerten oder unter dem Stichwort „echter religiöser Pseudepigraphie“ (Speyer 1989) als authentische religiöse Primärliteratur zu verstehen sind; ob ein gemeinsames Grundverständnis vorausgesetzt werden kann oder ob für jede Schrift eigene Kriterien geltend gemacht werden müssen; ob schließlich Traditionsbruch oder Traditionsbewusstsein die entscheidenden Impulse darstellen und welche Profilierung des literarischen Mittels damit der christlichen religiösen Literatur vererbt wird. Diese Fragen sind nach wie vor umstritten. Sicher lässt sich sagen, dass rationale Kritik an den jeweiligen Pseudonymen erst mit der Übernahme der Texte durch christliche Tradenten sowie im Kontext der Kanondebatten beider Testamente aufkommen. Im frühen Judentum scheinen die pseudonymen Zuschreibungen weitgehend akzeptiert und als Kennzeichen oder Chiffren bestimmter theologischer Konzepte verstanden worden zu sein.

In formaler Hinsicht lässt sich eine große Vielfalt an fiktiven Situationen beobachten. Die Visionen der Seher gelangen auf unterschiedliche Weise zur Niederschrift: Entweder schreiben die Söhne auf, was ihnen der Vater an Visionen und Belehrungen übermittelt, oder der Visionär schreibt selbst auf göttlichen Befehl, sei es nach Diktat oder nach Einsicht in die Tafeln des Himmels; Esra empfängt den Inhalt der Schriften in Trance per Audition und diktiert sie seinen Sekretären (4Esra 14); die Patriarchen vertrauen ihre Weisheit der am Sterbebett versammelten Sippe an, die für deren Verbreitung Sorge trägt (z.B. TestXII); Dichtungen oder Erzähltexte werden schlicht als Werk bekannter Persönlichkeiten ausgegeben (z.B. OdSal, OrMan, PseuPhok). Dabei gilt es auch zu erklären, wie Schriften aus der Urzeit bis in die Gegenwart der Adressaten gelangt sind: Grundvoraussetzung ist, dass schon die Väter vor der Flut Schriften verfasst haben (2Hen); vor Katastrophen werden sie durch ihre Niederschrift auf den „Stelen des Seth“ bewahrt, deren eine aus Lehm vor einem Feuergericht, deren andere aus Stein vor einem Flutgericht schützt (Jub 8,3-4; latLAE 49-50; Josephus, Antiquitates I 70-71, Text gr. und lat. Autoren); für ihre Bewahrung können eigens auch Dienstengel Gottes abgestellt werden (z.B. 2Hen 33,11-12; 35,2-3); Abraham kopiert Schriften seiner Väter und lernt sie auswendig (Jub 12,26-27); gelegentlich wird zur Geheimhaltung ebenso wie zur Verbreitung aufgefordert.

Pseudonymität ist ein Phänomen, das zeit- und literaturübergreifend auftritt. Die „Pseudepigraphen“ machen sich dieses literarische Mittel im Sinne von Signalen ihrer jeweiligen theologischen Konzepte zunutze.

6.2. Schriftbezug

Durchgängig ist der gesamte Literaturbereich der Pseudepigraphen auf die Schriften der Hebräischen Bibel bezogen – sowohl formal als auch inhaltlich. Dabei kann der Bezug unterschiedlich eng gestaltet sein. Er reicht von der interpretierenden Nacherzählung oder Umarbeitung (z.B. Jub, LAB) über die Füllung von Leerstellen (z.B. JosAsen) bis hin zu völlig neuen Erzählungen, deren biblischer Haftpunkt nur noch bei einem Ereignis oder einem Namen liegen (z.B. JannJamb, HistMelch).

James H. Charlesworth (1988) hat deshalb pointiert die Schriftauslegung als den „Schmelztiegel der Pseudepigraphen“ bezeichnet. Dabei ist Schriftauslegung jedoch nicht im Sinne gelehrter Kommentarliteratur zu verstehen, die sich ausschließlich in den Dienst des vorgegebenen Textes stellt. Die Pseudepigraphen sind vielmehr „religiöse Primärliteratur“ (Berger 2001), deren Interpretationsleistung sich in der kreativen Aufnahme und eigenständigen Gestaltung biblischer Traditionen zeigt.

6.3. Gruppenidentität

In den Pseudepigraphen spiegeln sich ganz verschiedene Gruppen und Strömungen des frühen Judentums wider. Diese Vielfalt kann jedoch durch Kategorien wie orthodox und heterodox oder mainstream und Sekte noch nicht angemessen beschrieben werden. Spätestens seit der syrischen Religionskrise (167 v. Chr.) ist auch die ideelle Einheit Israels zerbrochen; neben den großen, von Josephus referierten Religionsparteien (De bello Judaico II 117-166; Antiquitates XVIII 1-25; Vita Josephi 10-12 [Text gr. und lat. Autoren]) gibt es zahlreiche theologische Richtungen mit jeweils eigenständigen Profilen. Ob sich grundsätzliche Unterschiede wie z.B. der zwischen einem „Enochic-Judaism“ und einem „Zadokite Judaism“ (Boccaccini 1998) erkennen oder nur zentrale von marginalen Überzeugungen unterscheiden lassen, bleibt weitgehend offen. Die essenische Partei ist trotz ihres Gegensatzes zum Tempel sicher keine „sektiererische“ Gruppe; apokalyptische Denkmuster prägen die jüdische Theologie in allen ihren Erscheinungsformen; Einflüsse griechisch-hellenistischer Philosophie lassen sich in allen Schriften nachweisen.

Unbestritten bildet sich in den Pseudepigraphen das theologische Selbstverständnis ihrer jeweiligen Trägergruppe ab (Collins 1999). Nur in einigen Fällen finden sich jedoch Indizien, um ein solches Selbstverständnis noch genauer bestimmen zu können: Die ältere Henochtradition steht in Verbindung zu den Chassidim der makkabäischen Zeit und hat elitären Charakter; das Jub ist offensichtlich in levitischen Kreisen beheimatet (→ Leviten); in den PsSal erkennt man gern Züge pharisäischer Frömmigkeit; JosAsen oder 2Hen spiegeln ein um Verständigung bemühtes Diasporajudentum in Alexandrien. Für eine präzisere soziologische Bestimmung aber gibt es kaum belastbare Anhaltspunkte.

Fraglich ist auch, ob man aus der Wahl bestimmter Pseudonyme oder aus der Favorisierung bestimmter Traditionen polemische Auseinandersetzungen bzw. Gruppenrivalitäten schlussfolgern kann (Orlov 2005). Bedeutet die Vielfalt der Konzepte und Identitäten eine Art Konflikt aller mit allen oder den Versuch einer Integration bzw. Adaption unterschiedlicher Ausprägungen eines gemeinsamen Bekenntnisses? Bei allen Differenzen in konkreten Sachfragen wird doch die Autorität der Tora und des zentralen Heiligtums nirgends grundsätzlich in Frage gestellt.

7. Intertextuelle Bezüge

7.1. Bezüge zur Hebräischen Bibel

Die Hebräische Bibel ist sowohl Modell als auch Quelle der Pseudepigraphen. Als Modell fungiert sie insofern, als ihre Textsorten formbildend für die Pseudepigraphen sind. Als Quelle dient sie hinsichtlich der Stoffe, die in den Pseudepigraphen aufgenommen werden – sei es in Gestalt narrativer Zusammenhänge oder einzelner Figuren.

Interesse verdient die Selektion und Akzentuierung der Stoffe. Ein deutlicher Schwerpunkt liegt zunächst bei der → Urgeschichte. Darin spiegelt sich der Universalismus der hellenistischen Zeit wider, in der sich Israel längst als Teil der Völkerwelt begreift und seine Theologie in eine Totalperspektive von Schöpfung und Geschichte stellt. Die Urgeschichte bietet den Haftpunkt, um solche Ur-Fragen von Welt, Menschheit und Geschichte zu reflektieren. Einen zweiten Schwerpunkt bildet die → Erzelternerzählung, mit deren Hilfe das Selbstverständnis Israels in seinem Gegenüber zur Völkerwelt vertieft und entfaltet wird. Hier bietet sich die Möglichkeit, die Gabe der Tora lediglich als spätere Offenbarung einer längst schon praktizierten und allgemein einsichtigen Lebensgestaltung wahrer Frömmigkeit zu erweisen. Nur zögerlich und vorsichtig erfolgt eine Anknüpfung auch an die prophetische Tradition. Durchgängig bestimmend bleibt das deuteronomistische Geschichtsbild (→ Deuteronomismus). Einen starken Akzent tragen Themen der Ethik, während die halachischen Überlieferungen der Tora deutlich zurücktreten. Der → Psalter erscheint als prägendes Vorbild für die fortgesetzte Produktion hymnischer Texte.

Die konkreten Bezüge sind so zahlreich, dass sie im Einzelnen nicht aufgeführt werden können; hier liefern die Beigaben in den „Old Testament Pseudepigrapha“ bei Charlesworth (unter der Rubrik „Relation to canonical books“, in den Fußnoten sowie am Seitenrand) oder die Register in den „Jüdischen Schriften aus hellenistisch-jüdischer Zeit“ eine gute Übersicht. In jedem Fall ist zu prüfen, ob eine literarische Beziehung (zum hebräischen Text oder zur LXX) besteht, ob ein Rückgriff auf gemeinsame Traditionen vorliegt oder ob lediglich ein Gemeinplatz theologischer Grundüberzeugungen oder verbreiteter Motive anzunehmen ist. Eine besondere Problematik macht die Beziehung zwischen dem „Buch der Wächter“ (1Hen 1-36) und der biblischen Episode vom Engelfall (Gen 6,1-4) sichtbar: Verstand man früher Gen 6,1-4 als eine Skizze, die von 1Hen 1-36 ausgeführt und breit entfaltet wurde, sieht man heute genau umgekehrt Gen 6,1-4 als die Abbreviatur einer Überlieferung, die längst schon in Gestalt einer ausgeführten Erzählung vorlag. Ähnlich verhält es sich mit Gen 5,21-24 hinsichtlich der religionsgeschichtlichen Wurzeln der Henochgestalt in der babylonischen Mythologie. Auch eigenständige, außerbiblische Quellen sind immer wieder in Betracht zu ziehen.

7.2. Querverbindungen innerhalb des Literaturbereichs

Über die Verbreitung der einzelnen Schriften und damit ihre wechselseitige Wahrnehmung ist nur wenig bekannt. Ob sie jeweils nur auf eine bestimmte Region oder Gruppe begrenzt waren oder ob ihre Kenntnis bei einem breiteren Publikum vorausgesetzt werden kann, muss in den meisten Fällen offen bleiben. Anspielungen betreffen häufig nur bestimme Sachverhalte oder Motive, nicht aber konkrete Texte.

Ein prominentes Beispiel bietet die Henochfigur: Das griechisch verfasste 2Hen greift eindeutig auf die ältere Henochtradition zurück und lässt dabei auch das Vorbild genau identifizierbarer Passagen erkennen; Jub 4,13-26 bietet eine Art Kurzfassung des älteren Stoffes; auf Henoch wird angespielt in Sir, TestXII, TestAbr und in anderen Schriften; der rabbinische „Midrasch vom Leben Henochs“ im Kontext des Sefer ha-Jaschar (11. Jh.) scheint ebenfalls 1Hen und 2Hen noch zu kennen. 2Makk ist keine Fortsetzung, sondern eine teilweise Neufassung von 1Makk. In einer besonders auffälligen literarischen Beziehung steht 2Bar zu 4Esra; die Parallelität ist bei grundsätzlicher Eigenständigkeit zum Teil so eng, dass man beide Texte synoptisch nebeneinander stellen kann (Berger 1992). In → Tobit wird gelegentlich unter verschiedenen Namensformen auf → Achikar angespielt. Zahlreiche weitere Vernetzungen sind in der Sammlung der „Old Testament Pseudepigrapha” von Charlesworth (1983/85) jeweils unter der Rubrik „Relation to other books“ verzeichnet; sie machen deutlich, dass sich die Pseudepigraphen im Rahmen gemeinsamer theologischer Traditionen und Denkmuster bewegen.

7.3. Bezüge zum Neuen Testament

7.3.1. Methodische Probleme

Das Neue Testament formiert sich in einer Zeit, in der es einen abgeschlossenen Kanon des Alten Testaments noch nicht gibt. Offensichtlich sind die Autoren des Neuen Testaments nicht nur mit den Schriften der Hebräischen Bibel bzw. der LXX vertraut, sondern auch mit dem Literaturbereich der Pseudepigraphen. Um solche Kenntnisse nachzuweisen, bedarf es jedoch einer sorgfältigen methodischen Abwägung (Charlesworth 1985, 70-93). Auffällig ist immerhin, dass Zitate im strengen Sinn nur aus dem Alten Testament und den Pseudepigraphen erfolgen, nicht aber aus all den anderen Schriftencorpora der frühjüdischen Literatur. Dabei sind verschiedene Ebenen oder Grade der Zitation zu unterscheiden. Zudem finden sich analoge Begriffe, Vorstellungen oder Aussagen, die nicht Ausdruck direkter literarischer Beziehungen, sondern eines allgemeinen theologischen „Zeitgeistes“ sind. Mitunter klingt auch nur die Kenntnis einer Tradition an, die sich durch ein entsprechendes Signalwort verrät. Neben einem direkten Zugang zu den entsprechenden Quellen ist auch mit deren Vermittlung durch Florilegien oder Schulbeispiele zu rechnen.

Eine gründliche methodische Reflexion bietet das Projekt des „Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti“ (Kraus / Niebuhr 2003), das die Erstellung eines Kommentars zum Neuen Testament aus dem Reservoir der frühjüdischen Literatur (LXX, Pseudepigraphen, Philo, Josephus, nichtliterarische Texte) zum Gegenstand hat.

7.3.2. Ausgewählte Beispiele

Im folgenden sollen lediglich einige besonders aufschlussreicher Bezüge zusammengestellt werden. Die Angaben am äußeren Rand des „Novum Testamentum Graece“ von Nestle / Aland verdienen eine umfangreichere Berücksichtigung von Verweisen auf den Bereich der Pseudepigraphen als bislang.

Das prominenteste Beispiel findet sich in Jud 14-15, wo ein Zitat ausdrücklich durch einen Bezug auf Henoch eingeleitet wird: „Es hat aber auch prophezeit über diese (die Irrlehrer) Henoch, der siebente nach Adam, folgendermaßen: …“. Dieses Zitat lässt sich eindeutig und im Wortlaut weitgehend identisch in 1Hen 1,9 nachweisen; glücklicherweise liegen gerade zu dieser Passage auch der aramäische (4QHen) und der griechische (Gizeh Fragment) Text vor, dazu lateinische Zitate bei Pseudo-Cyprian und Pseudo-Vigilius. Der Autor des Judasbriefs zitiert demnach das 1Hen als Autorität gegenüber Häretikern! Seine Bezugnahme greift indessen noch weiter. Gemeinsam mit dem 2Petrusbrief, der vom Judasbrief abhängig ist, wird den Irrlehrern das warnende Beispiel des Gerichtes über die gefallenen Engel vorgehalten: Jud 6 / 2Petr 2,4 beziehen sich dabei auf 1Hen 6-10 / 2Hen 7.18; dass nach 2Petr 2,4 „dunkle Höhlen“ als Straforte fungieren, scheint in 1Hen 22,1-13 ein Vorbild zu haben; Jud 13 spricht von bestraften „Sternen“, was 1Hen 20,1-19 aufnimmt. Solche Gerichtsszenarien sind populär und werden auch von anderen frühjüdischen Schriften genutzt (z.B. 2Bar 56,12-16); Judasbrief und 2Petrusbrief schöpfen aus demselben Reservoir. Die Nähe ist so groß, dass Roman Heiligenthal den Judasbrief sogar als „christianisierten Teil der Henochüberlieferung“ interpretiert hat (Heiligenthal 1992, 9). Zu seinen Quellen gehören vermutlich noch weitere Schriften: In Jud 9 (Nachklang in 2Petr 2,11) wird auf den Streit des Erzengels Michael mit dem Teufel um den Leichnam des Mose verwiesen; der biblische Haftpunkt in Dtn 34f. (Gott selbst hat Mose begraben, aber niemand kennt den Ort) reicht dafür noch nicht aus; Väter wie Clemens Alexandrinus, Origenes und Didymus verweisen dafür jedoch auf die AssMos. Leider ist der heute bekannte Text der AssMos fragmentarisch, so dass sich die Stelle nicht nachweisen lässt.

2Tim 3,8 vergleicht die Irrlehrer der Pastoralbriefe mit jenen „Zauberern“, die nach Ex 7,11 Mose am Hof des Pharao entgegen traten – kennt aber über Exodus hinaus auch deren Namen: Jannes und Jambres! Um beide Zauberer rankte sich im frühen Judentum ein Legendenkranz; in Qumran verstand man sie als Brüder (CD 3,17-19); römische, christliche und rabbinische Quellen wissen von ihnen zu berichten; Fragmente eines griechischen Buches (JannJamb) sind in verschiedenen Papyrussammlungen erhalten geblieben. In einer Paradigmenreihe liefert Hebr 11,1-12,3 Vorbilder des Glaubens; im letzten Teil werden dabei zunehmend auch Märtyrer genannt. In Hebr 11,37 heißt es: „Sie wurden gesteinigt, zersägt …“; die Steinigung kann viele Vorbilder haben, das Zersägen aber spielt offensichtlich auf das Martyrium des Jesaja an, dass sowohl in einer eigenen Schrift (MartJes 5,1-14; → Jesajas Martyrium und Himmelfahrt) als auch unter einer Sammlung von Propheten-„Biographien“ (VitProph 1,1; → Vitae Prophetarum) berichtet wird. Die Erwähnung weiterer Foltern lässt an die Martyriumsberichte aus 2Makk 7 denken.

Wenn Paulus in 2Kor 12,1-4 darauf hinweist, während einer ekstatischen Erfahrung „bis zum dritten Himmel … in das Paradies“ entrückt worden zu sein, so erinnert das an 2Hen 8: Das 2Hen entwickelt zum ersten Mal ein Schema von sieben Himmeln und platziert darin das Paradies als zwischenzeitlichen Aufenthaltsort der Gerechten genau im dritten Himmel. Dunkel bleibt die Herkunft des Zitates in 1Kor 2,9. Gern werden dafür Jes 64,3 oder Jes 52,15 als Quelle angegeben, doch die Väter verweisen auf eine apokryphe Quelle, die sich leider nicht mehr sicher identifizieren lässt; ob es sich dabei um das TestJak, die äthApkEsra, die syrApkDan oder andere handelt, ist Gegenstand einer intensiven Debatte gewesen (Berger 1977/78).

Grundlegende Bedeutung für den christologischen Hoheitstitel „Menschensohn“ hat die Überlieferung von einem „Menschensohn“ als endzeitlicher Richtergestalt aus Gottes Thronwelt in Dan 7, 1Hen 37-71 und 4Ersa 13. Was in Hebr 7,3 über den Priesterkönig → Melchisedek gesagt wird, lässt sich in keiner Weise mit Gen 14,18-20 / Ps 110 erklären; im Hintergrund steht die Vorstellung einer himmlischen Melchisedek-Gestalt, wie sie in 11QMelch oder 2Hen 71-72 in Erscheinung tritt. Die gesamte Angelologie des Neuen Testaments mit so bekannten Gestalten wie den Erzengeln → Michael und → Gabriel speist sich weniger aus dem Alten Testament als aus dem überbordenden Reichtum der frühjüdischen Engellehre (Mach 1992).

Auch in formaler Hinsicht gibt es Beziehungen: Die Traditionsgeschichte der Makarismen findet nicht nur im Alten Testament, sondern vor allem in den Pseudepigraphen ein reiches Vergleichsmaterial; die Form der Testamente ist stilistisch in Apg 20,17-38 (Abschiedsrede des Paulus in Milet), im 2Timotheusbrief (ein Testament des Paulus) und 2Petrusbrief (ein Testament des Petrus) aufgenommen. Für ethische Maximen sowie Tugend- und Lasterkataloge enthalten die Testamente ein reiches Vergleichsmaterial. Die Fülle aller weiteren Bezüge wird in Zukunft das „Corpus Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti“ erschöpfend zusammenstellen und kommentieren.

Das Studium der Pseudepigraphen ist damit alles andere als ein Spezialissimum der Forschung. Vielmehr werden in diesen Schriften jüdische Theologie und jüdische Lebenswirklichkeit um die Zeitenwende auf unmittelbare Weise lebendig. Wer etwas über diese Welt in ihrer ganzen Vielfalt und Vielschichtigkeit erfahren möchte, kommt an der Auseinandersetzung mit ihrer literarischen Hinterlassenschaft auch in den Pseudepigraphen nicht vorbei.

Literaturverzeichnis

Die Fülle aller relevanten Literatur bis ca. 2000 ist am besten und zuverlässigsten erschlossen bei Lorenzo DiTommaso, A Bibliography … 2001. Die folgende Zusammenstellung bietet eine Auswahl der wichtigsten Titel, über die sich jeweils ein weiterer Bereich an Literatur erschließt.

1. Bibliographien (chronologisch)

  • Delling, Gerhard, Bibliographie zur jüdisch-hellenistischen und intertestamentarischen Literatur 1900-1970 (TU 106), Berlin 1969, 2. Aufl. 1975
  • Santos Otero, Aurelio de, Die handschriftliche Überlieferung der altslavischen Apokryphen (PTS 20 und 23), Berlin / New York I 1978 und II 1981
  • Lehnardt, Andreas, Pseudepigrapha as Antecedents of Kabbalah: A selected Bibliography, Kabbalah 2, 1997, 209-237
  • Lehnardt, Andreas, Bibliographie zu den Jüdischen Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, (JSHRZ VI Supplenta), Gütersloh 1999 (im Einzelnen mit vielen Fehlern)
  • DiTommaso, Lorenzo, A Bibliography of Pseudepigrapha Research 1850-1999 (JSP.SS 39), Sheffield 2001
  • DiTommaso, Lorenzo, A Report on Pseudepigrapha Research since Charlesworth’ Old Testament Pseudepigrapha (JSP 12), Sheffield 2001, 179-207

2. Einleitungen (chronologisch)

  • Denis, Albert-Marie, Introduction aux pseudepigraphes grecs d’Ancien Testament (SVTP 1), Leiden 1970
  • Rost, Leonhard, Einleitung in die alttestamentlichen Apokryphen und Pseudepigraphen einschließlich der großen Qumran-Handschriften, Heidelberg 1971
  • Nickelsburg, George W.E., Jewish Literature Between the Bible and the Mishnah. A Historical and Literary Introduction, London 1981
  • Stone, Michael Edward (Hg.), Jewish Writings of the Second Temple Period. Apocrypha, Pseudepigrapha, Qumran Sectarian Writings, Philo, Josephus, Compendia Rerum Iudaicarum ad Novum Testamentum, Section II: The Literature of the Jewish People in the Period of the Second Temple and the Talmud, Assen / Philadelphia 1984
  • Haelewyck, J.-C., Clavis Apocryphorvm Veteris Testamenti, CChr o.Z., Tornhout 1998
  • Denis, Albert-Marie, Introduction à la littérature religieuse Judéo-Hellénistique. I: Pseudépigraphes de l’Ancien Testament, Turnhout 2000, 215-216

3. Hilfsmittel (chronologisch)

  • Denis, Albert-Marie, Concordance grecque des pseudépigraphes d’Ancien Testament. Concordance, corpus des textes, indices, Louvain-la-Neuve 1987
  • Lechner-Schmidt, W., Wortindex der lateinisch erhaltenen Pseudepigraphen zum Alten Testament (TANZ 3), Tübingen 1990
  • Denis, Albert-Marie, Concordance latine des pseudépigraphes d’Ancien Testament. Concordance, corpus des textes, indices, Turnhout 1993

4. Quellen: Sammelbände und Schriftenreihen (chronologisch)

  • Fabricius, Johann Albrecht, Codex pseudepigraphus Veteris Testamenti, 2 Bde., Hamburg 1722 / 23, 2. Aufl. 1741
  • Kautzsch, Emil, Die Apokryphen und Pseudepigraphen des Alten Testaments, 2 Bde., Tübingen 1900 [APAT]
  • Charles, Robert Henry, The Apocrypha and Pseudepigrapha of the Old Testament, 2 Bde., Oxford 1913 [APOT]
  • Riessler, Paul, Altjüdisches Schrifttum außerhalb der Bibel, Augsburg 1928
  • Denis, Albert-Marie / de Jonge, Marinus, Pseudepigrapha Veteris Testamenti Graece, Leiden 1964 [PVTG]
  • Kümmel, Werner Georg / Lichtenberger, Hermann, Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit, Gütersloh 1973-2000 [JSHRZ]; seit 2002 Neue Folge [JSHRZ.NF]
  • Charlesworth, James Hamilton, The Old Testament Pseudepigrapha, 2 Bde., New York 1983 / 1985 [OTPs]
  • Macho, Diez A., Apócrifos del Antiguo Testamento, 5 Bde., Madrid 1984-87
  • Sparks, H.F.D, The Apocryphal Old Testament, Oxford 1984
  • Dupont-Sommer, A. / Philonenko, Marc, La Bible. Ecrits Intertestamentaires, Bibliothèque de la Pléiade, Paris 1987
  • Sacchi, Paolo, Apocrifi dell’ Antico Testamento, 5 Bde., Turin / Brescia 1989-2000
  • Fitzgerald, John T., Writings from the Greco Roman World, SBL, Atlanta [gelegentlich auch Texte aus den Pseudepigraphen]

5. Kommentarreihen (chronologisch)

  • Anchor Bible, Old Testament, New Testament, Intertestamental Books / Apocrypha (Bde. 39-44), Garden City, seit 1974
  • Hermeneia. A Critical and Historical Commentary on the Bible. Extracanonical Writings, Minneapolis, seit 1990
  • Commentaries in Early Jewish Literature, Berlin / New York, seit 2003
  • Septuagint Commentary Series, Leiden / Boston, seit 2005

6. Zeitschriften (chronologisch)

  • Journal of Jewish studies (JJS), London 1/1948ff.
  • Journal of the study of Judaism in the Persian, Hellenistic and Roman period (JSJ), Leiden 1/1970ff.
  • Henoch. Studies in Judaism and Christianity from Second Temple to Late Antiquity (Henoch), seit 1/1979ff.
  • Journal for the study of the pseudepigrapha (JSPE), Sheffield 1/1983ff.
  • Apocrypha. Revue Internationale des Littératures Apocryphes (Apocrypha), Tournhout, seit 1/1990ff.

7. Monographienreihen (chronologisch)

  • Studia Post Biblica, Leiden, 1959ff.
  • Studia in Veteris Testamenti Pseudepigrapha, Leiden, 1970ff.
  • Texts and Translations. SBL Pseudepigrapha Series, Missoula / Mont., 1972ff.
  • Journal for the Study of the Pseudepigrapha. Supplement Series, Sheffield, 1988ff.
  • Journal for the Study of Judaism. Supplement Series, Leiden, 1996ff.
  • Jüdische Schriften aus hellenistisch-römischer Zeit. Studien, Gütersloh, 2002ff.
  • Deuterocanonical and Cognate Literature. Yearbook, Berlin / New York, 2004ff.
  • Deuterocanonical and Cognate Literature. Studies, Berlin / New York, 2008ff.

8. Weitere Literatur

  • Berger, Klaus, Die Bedeutung der zwischentestamentlichen Literatur für die Bibelauslegung, ZNT 4/8, 2001, 14-17
  • Berger, Klaus, Art. Henoch, RAC 14, Stuttgart 1988, 474-545
  • Berger, Klaus, Synopse des Vierten Buches Esra und der Syrischen Baruch-Apokalypse (TANZ 8), Tübingen 1992
  • Bernstein, M.J., Pseudepigrapha in the Qumran-Scrolls. Categories and Functions, in: Pseudepigraphic Perspectives: The Apocrypha and Pseudepigrapha in Light of the Dead Sea Scrolls (Studies on the texts of the desert of Judah 31), Leiden 1999, 1-26
  • Beyerle, Stefan, Die Gottesvorstellungen in der antik-jüdischen Apokalyptik (JSJ.SS 193), Leiden / Boston 2005
  • Boccaccini, Gabriele, Beyond the Essene Hypothesis. The Parting of the Ways between Qumran and Enochic Judaism, Grand Rapids / Cambridge 1998
  • Böttrich, Christfried, Beobachtungen zum Midrasch vom „Leben Henochs“, in: Mitteilungen und Beiträge der Forschungsstelle Judentum an der Theologischen Fakultät Leipzig 10, 1996, 44-83
  • Böttrich, Christfried, „Die Vögel des Himmels haben ihn begraben.“ Überlieferungen zu Abels Bestattung und zur Ätiologie des Grabes (Schriften des Institutum Judaicum Delitzschianum 3), Göttingen 1995
  • Böttrich, Christfried, Weltweisheit-Menschheitsethik-Urkult. Studien zum slavischen Henochbuch (WUNT 2/50), Tübingen 1992
  • Bousset, Wilhelm, Die Religion des Judentums im neutestamentlichen Zeitalter, Berlin 1903, 2. Aufl. 1906, 3. Aufl. Tübingen 1926
  • Buitenwerf, Rieuwerd, Book III of the Sibylline Oracles and its Social Setting. With an Introduction, Translation and Commentary (SVTP 17), Leiden / Boston 2003
  • Bundy, David, Pseudepigrapha in Syriac Literature (SBL.SP 30), 1991, 745-765
  • Charlesworth, James H., The Old Testament Pseudepigrapha and the New Testament Prolegomena for the Study of Christian Origins (SNTS.MS 54), Cambridge / Mass. 1985
  • Charlesworth, James H., Biblical Interpretation: The crucible of the Pseudepigrapha, in: T. Baarda u.a. (Hgg.), Text and Testimony (FS A.F.J. Klijn), Kampen 1988, 66-78
  • Coleman, G.B., The Phenomenon of Christian Interpolations into Jewish Apocalyptic Texts. A Bibliographical Survey and Methodological Analysis, Diss. Vanderbilt University 1976
  • Collins, John J., Between Athens and Jerusalem. Jewish Identity in the Hellenistic Diaspora, 2. Aufl. Livonia / Mich. 2000
  • Collins, John J., Pseudepigraphy and Group Formation in Second Temple Judaism, in: Pseudepigraphic Perspectives: The Apocrypha and Pseudepigrapha in the Light of the Dead Sea Scrolls (Studies on the Texts of the Desert of Judah 31), Leiden 1999, 43-58
  • Davila, James R., The Provenance of the Pseudepigrapha: Jewish, Christian, or other? (JSJ.S 105), Leiden / Boston 2005
  • DiTommaso, Lorenzo, The Book of Daniel and the Apocryphal Daniel Literature (SVTP 20), Leiden / Boston 2005
  • Heiligenthal, Roman, Zwischen Henoch und Paulus. Studien zum theologiegeschichtlichen Ort des Judasbriefes (TANZ 6), Tübingen 1992
  • Hengel, Martin, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jhs. v. Chr. (WUNT 10), Tübingen 2. Aufl. 1973
  • Hengel, Martin, Anonymität, Pseudepigraphie und „literarische Fälschung“ in der jüdisch-hellenistischen Literatur, in: ders., Judaica et Hellenistica. Kleine Schriften I, Tübingen 1996, 196-251
  • Henze, Matthias, The Syriac Apocalypse of Daniel. Introduction, Text and Commentary, Tübingen 2001
  • Hofmann, N.J., Die Assumptio Mosis (JSJ.S 67), Leiden / Boston / Köln 2000
  • Holladay, Carl R., Fragments from Hellenistic Jewish authors, Bde. 1-4, Chico / Cal. 1983-1996
  • Jonge, Marinus de, The so-called Pseudepigrapha of the Old Testament and Early Christianity, in: Peder Borgen / Søren Giversen (Hgg.), The New Testament and Hellenistic Judaism, Aarhus 1995, 59-71
  • Jonge, Marinus de, Pseudepigrapha of the Old Testament as Part of Christian Literature. The Case of the Testaments of the Twelve Patriarchs and the Greek Life of Adam and Eve (SVTP 18), Leiden / Boston 2003
  • Klein, Charlotte, Theologie und Anti-Judaismus. Eine Studie zur deutschen theologischen Literatur der Gegenwart (ACJD 6), München 1975
  • Kohler, Kaufmann, The Pre-Talmudic Haggada, JQR 5, 1893, 399-419
  • Kraft, Robert A., The Pseudepigrapha in Christianity, in: John C. Reeves (Hg.), Tracing the Treads: Studies in the Vitality of Jewish Pseudepigrapha (SBL.EJL 6), Atlanta 1994, 55-86
  • Kraft, Robert A., The Pseudepigrapha and Christianity Revisited: Setting the Stage and Framing Some Central Questions, JSJ 32, 2001, 371-395
  • Kraus, Wolfgang / Niebuhr, Karl-Wilhelm (Hg.), Frühjudentum und Neues Testament im Horizont Biblischer Theologie. Mit einem Anhang zum Corpus-Judaeo-Hellenisticum Novi Testamenti (FS T. Holtz / N. Walter; WUNT 162), Tübingen 2003
  • Kulik, Alexander, Retroverting Slavonic Pseudepigrapha. Toward the Original of the Apocalypse of Abraham (SBL Textcritical Studies 3), Leiden / Boston 2005
  • Lange, Armin, The parabiblical literature of the Qumran library and the canonical history of the Hebrew Bible, in: S.M. Paul / R.A. Kraft / L.H. Schiffman / W.W. Fields (Hgg.), Emanuel. Studies in the Hebrew Bible, Septuagint and Dead Sea Scrolls in honor of Emanuel Tov (FS E. Tov; VT.S 94), Leiden / Boston 2003
  • Mach, Michael, Entwicklungsstadien des jüdischen Engelglaubens in vorrabbinischer Zeit (TSAJ 34), Tübingen 1992
  • Meurer, Siegfried (Hg.), Die Apokryphenfrage im ökumenischen Horizont (Bibel im Gespräch 3), Stuttgart 2. Aufl. 1989
  • Müller, Karlheinz, Die Pseudepigraphie im Schrifttum der frühjüdischen Apokalyptik, in: ders., Studien zur frühjüdischen Apokalyptik (SBA 11), 1991, 195-227
  • Nordheim, Eckhard von, Die Lehre der Alten I. Das Testament als Literaturgattung im Judentum der hellenistisch-römischen Zeit (ALGHL 13), Leiden 1980
  • Orlov, Andrei A., The Enoch-Metatron Tradition (TSAJ 107), Tübingen 2005
  • Pypin, A.N., Issledovanija dlja objasnenija statii o ložnych knigach, Letopis’ zanjatij Archeografičeskoj Kommissii 1, 1862, 1-55
  • Rüger, Hans-Peter, Art. Apokryphen I, TRE 3, 1978, 289-316
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  • Speyer, Wolfgang, Religiöse Pseudepigraphie und literarische Fälschung im Altertum, in: ders., Frühes Christentum im antiken Strahlungsfeld. Ausgewählte Aufsätze (WUNT 50), Tübingen 1989, 21-58
  • Standhartinger, Angela, Das Frauenbild im Judentum der hellenistischen Zeit. Ein Beitrag anhand von ‚Joseph und Aseneth‘ (AGAJU 26), Leiden / New York / Köln 1995
  • Stone, Michel Edward, Selected Studies in Pseudepigrapha and Apocrypha. With Special Reference to the Armenian Tradition (SVTP 9), Leiden 1991
  • Stone, Michael E., Selected Studies in the Pseudepigrapha and Apocrypha. With special reference to the Armenian tradition (SVTPs 9), Leiden 1991
  • Stone, Michael E., A History of the Literature of Adam and Eve (SBL.EJL 3), Atlanta 1992
  • Turdeanu, Apocryphes Slaves et Roumains de l’Ancien Testament (SVTP 5), Leiden 1981
  • Volz, Paul, Die Eschatologie der jüdischen Gemeinde im neutestamentlichen Zeitalter. Nach den Quellen der rabbinischen, apokalyptischen und apokryphen Literatur, Tübingen 1934
  • Woschitz, Karl Matthäus, Parabiblica. Studien zur jüdischen Literatur in der hellenistisch-römischen Epoche. Tradierung – Vermittlung – Wandlung, Wien 2005

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