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Spiele / Spielgerät

(erstellt: Mai 2006)

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Spiele lassen sich kaum anders als durch ikonographische und literarische Quellen nachweisen, Spielgeräte dagegen, soweit sie nicht aus organischen Materialien hergestellt waren, auch archäologisch.

In Palästina sind Spielgeräte spätestens seit dem Neolithikum belegt. Da Spiele und Spielgeräte ihrem Wesen nach meist konservativ sind, lassen sie sich oft über Jahrtausende hinweg belegen. Alle Bevölkerungsschichten, beide Geschlechter sowie Kinder und Erwachsene haben gespielt. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Spielen waren eher gering. Insgesamt dürften Knaben und Männer sich mehr Zeit zum Spielen genommen haben als Mädchen und Frauen, da in der patriarchalen Gesellschaft des alten Juda / Israel die Arbeitsbelastung von Frauen größer war als die der Männer.

Zu den wichtigsten Spielen im antiken Palästina gehörten Würfelspiele, die mittels verschiedenartiger Würfel oder Astragale (würfelähnliche Tierknochen) gespielt wurden. Beide konnten auch zu divinatorischen Zwecken eingesetzt werden (sog. Astragalo-, Kybomantik; → Divination). Astragale, mit denen auch Geschicklichkeitsspiele und murmelähnliche Spiele gespielt werden konnten, wurden nicht selten durch Imitate aus Stein, Metall oder Glas ersetzt.

Ebenfalls von Alt und Jung wurden verschiedenartige Brettspiele gespielt, vor allem das seit prähistorischer Zeit belegte 30- (ägyptisch senet), das 20-Felder-Spiel und Varianten davon (ANEP, 2. Aufl. Nos. 212-214). Weit verbreitet waren seit der römischen Zeit auch das Mühle-Spiel und der dem Backgammon ähnliche ludus duodecim scripta („Zwölftafelspiel“).

Zum typischen Kinderspielzeug gehörten Bälle, Kreisel, Puppen und Rasseln sowie Miniaturwagen und -tiere aus Ton, Holz und andere Materialien (vgl. z.B. Arabisches Kindheitsevangelium 36,1f Gnostische Texte; Kindheitsevangelium des Thomas 2: „Als der Knabe Jesus fünf Jahre alt war, spielte er nach einem Wolkenbruch an der Furt eines Baches, und die vorbeifließenden Wasser leitete er in Teiche zusammen … Und er bereitete sich weichen Lehm und bildete daraus zwölf Sperlinge …. Jesus klatschte in die Hände, rief die Sperlinge an und sagte zu ihnen: Fort mit euch! Und die Spatzen entfalteten ihre Flügel und flogen mit Geschrei davon.“).

Andere Kinderspiele waren Verstecken, Klettern oder Ringkämpfe (z.B. Arabisches Kindheitsevangelium 40,1 Gnostische Texte; Armenisches Kindheitsevangelium 21,6f), aber auch verschiedene Rollenspiele. Auch Gott spielte: Aufgrund von Jes 22,15-18 kann man den Schluss ziehen, dass er Bälle kannte, die aus Woll- oder Stoffresten bestanden. Vor allem aber spielte Gott mit dem → Leviatan, einem krokodilähnlichen Untier, das er als Herr der Tiere zum Spielzeug degradierte und damit seine Herrschaft über das Chaos demonstrierte (Ps 104,26).

Unter dem ans Kreuz geschlagenen Jesus wurden seine Kleider durch Lose aufgeteilt (Mt 27,35 parr.). Byzantinische Darstellungen und Schilderungen dieser Szene belegen, dass man später zu wissen glaubte, um welches Spiel es sich dabei handelte: die beiden Soldaten knobelten, indem sie gleichzeitig eine beliebige Anzahl von Fingern ihrer rechten Hände ausstreckten und dazu so schnell wie möglich die Summe aller ausgestreckten Finger nannten. Wer am schnellsten die richtige Zahl getroffen hatte, hatte die Kleider des Gekreuzigten gewonnen.

Umherziehendes Volk wie Gaukler, Possenreißer, Akrobaten, Schwertschlucker oder Gewichtheber traten auf Dorf- und Stadtfesten zur Volksbelustigung auf. In hellenistischer, römischer und byzantinischer Zeit waren in den Städten athletische und musische Wettkämpfe und Aufführungen beliebt.

Literaturverzeichnis

  • Hübner, U., Spiele und Spielzeug im antiken Palästina (OBO 121), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1992
  • Hübner, U., Les jeux d’enfants et les jouets dans la Palestine antique, RB 107 (2000) 163-174

Abbildungsverzeichnis

  • Spielsteine aus römischer Zeit (gefunden in Korinth) © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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