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(erstellt: Januar 2010)

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1. Kulturgeschichte

Silber kommt wie Gold und Kupfer gediegen in der Natur vor und ist leicht bearbeitbar, weshalb diese drei Metalle als erste schon seit der Jungsteinzeit gewonnen und verarbeitet wurden. Silber ist in der Levante schon im 4. Jt. v. Chr. in → Byblos (Syrien) belegt. Es gewann außer zur Herstellung von Zierobjekten als Zahlungsmittel Bedeutung. Geprägte → Münzen werden von den Lydern im späten 7. Jh. v. Chr. eingeführt, daneben aber wird auch Hacksilber als Währung verwendet. Münzen setzten sich im griechischen Raum bis etwa 400 v. Chr. durch und verbreiteten sich in hellenistischer und römischer Zeit als allgemeine Währung der jeweiligen Großreiche.

2. Altes Testament

In den hebräischen Büchern des Alten Testaments kommt Silber (hebr. כֶּסֶף kæsæf) 403-mal vor, davon in 177 Versen in Verbindung mit → Gold (זָהָב zāhāv). Als Herkunftsraum des Silbers gilt besonders → Tarsis (1Kön 10,22; Jes 60,9; Jer 10,9; Ez 27,12; Ez 38,13). Gemeinsam mit Gold gilt es als Zeichen von → Reichtum (Abraham, Gen 13,2; Dtn 8,13; Dtn 17,17; Sach 9,3) und begegnet häufig in profan-wirtschaftlichen Zusammenhängen, so etwa als Zahlungsmittel beim Kauf von Grundstücken: → Abraham erwirbt für 400 Silberschekel die Höhle von Machpela (Gen 23,9-16; vgl. Apg 7,16; → Hebron), → Omri den Berg von → Samaria (1Kön 16,24), → Jeremia einen Acker in → Anatot als Hoffnungszeichen (Jer 32,9f; Jer 32,25.44), und → Ahab will → Nabots Weinberg kaufen (1Kön 21,2). Silber ist auch Zahlungsmittel beim Kauf von Getreide (Gen 42,25; Gen 47,14), Wasser (Dtn 2,6.28; Klgl 5,4, vgl. dagegen Wein und Milch ohne Geld: Jes 55,1), von Opfertieren (2Sam 24,24), sowie auch bei Menschenhandel (Gen 37,28; angeprangert in Am 2,6; Am 8,6) und Prostitution (Hos 3,2). Inflation in Zeiten der Hungersnot bezeugt 2Kön 6,25, von überhöhten Steuerforderungen berichtet Neh 5,15. Silbergeld dient als persönliches Geschenk (Josef an Benjamin, Gen 45,22), als Lohn für Handwerker (Esr 3,7), für Priester (Ri 17,10; 1Sam 2,36; Mi 3,11) oder Propheten (1Sam 9,8; 2Kön 5,22f; Sach 11,12f), aber auch zur Anwerbung von Kriegern (Ri 9,4; 2Chr 25,6), zum Kauf von schwerem Kriegsgerät (1Kön 10,29; 1Chr 19,6) und zur Belohnung für militärische Leistungen (2Sam 18,11f). Mit Silber wird → Delila bestochen, um → Simson zu bezwingen (Ri 16,5.18), und → Haman setzt es gegenüber dem persischen Großkönig Xerxes als Anreiz zur Ausrottung der Juden ein (Est 3,9.11; Est 4,7). Als unbestechlich erweist sich der Seher → Bileam (Num 22,18; Num 24,13).

Die Rechtsbestimmungen des → Bundesbuches und des → Deuteronomiums thematisieren Silber vor allem als Bußgeld (Ex 21,34; Dtn 22,19), als Brautpreis (Ex 22,16; Dtn 22,29), als Leih- (Ex 22,24) und Diebsgut (Ex 22,6) sowie im Kontext des → Zinsverbotes (Dtn 23,20, vgl. Ps 15,5).

Große Silberzahlungen werden zur politischen Verbündung und Huldigung geleistet (1Kön 15,18f; 2Kön 15,20; 2Kön 16,8) sowie in militärischen Zwangslagen (2Chr 27,5; 2Chr 36,3), in denen der Tempelschatz aufgewandt (2Kön 18,14f) oder das Volk ausgepresst werden muss (2Kön 23,33-35). Auf diesem Hintergrund verwundert nicht, dass Ps 68,31 die Verbindung von Gier nach Silber mit Kriegslust problematisiert.

Luxusgegenstände aus Silber sind etwa → Josefs silberner Becher (Gen 44,2), Silberschmuck (Hhld 1,11; Ez 16,13.17) und silberverziertes Mobiliar (Hhld 3,9f; Est 1,6). Die Trompeten von Num 10,2 bestehen wohl aufgrund ihrer kultischen Funktion aus Silber, das Metall eignet sich aber darüber hinaus gut zum Bau wohlklingender Blasinstrumente (vgl. heutige Querflöten; → Musikinstrumente).

Im Heiligtum spielt Silber als profanes Metall gegenüber → Gold eine eher periphere Rolle. Die Sockel der → Stiftshütte bestehen aus Silber (Ex 26,19) und symbolisieren, da sie aus dem Sühnegeld aller Israeliten bestehen (Ex 30,16), die tragende Rolle des ganzen Volkes für das Heiligtum. Silbergeld fließt ans Heiligtum aus dem → Zehnten (Dtn 14,25), aus Weihegaben (Num 7; 1Kön 7,51; 1Kön 15,15; 2Kön 12,5; Esra 8,25-34), Lösegeld (Lev 27) und Beutegut (Jos 6,19.24; 2Sam 8,11). Für die Instandhaltung des Tempels wird ein eigener Spendenkasten eingerichtet (2Kön 12,10-16; 2Kön 22,4-9). Das Silber des Tempelschatzes fällt mehrfach dem Raub zum Opfer (durch → Joasch, König von Israel, in 2Kön 14,14; 2Kön 25,15; Jer 52,19), was umso schwerer wiegt, als es sich dabei um persönliches Eigentum Gottes handelt (Hag 2,8). Enorme Geldsummen mussten für den Wiederaufbau des Tempels aufgebracht werden (Esra 2,69; Neh 7,70f).

Häufig wird Silber im Zusammenhang der Herstellung von → Götterbildern erwähnt (Ex 20,23; Dtn 7,25; Dtn 29,16; Ri 17,3f; Jes 2,20; Jes 30,22; Jes 31,7; Jes 40,19; Jes 46,6; Jer 10,4.9; Hos 2,10; Hos 8,4; Hos 13,2; Hab 2,19; Ps 115,4; Ps 135,15), aber auch als Opfergabe für sie (Dan 11,38).

In theologischen Metaphern steht Silber einmal für Gott selbst (bei → Elifas; Hi 22,25), zweifach für die Lauterkeit und den Wert des göttlichen Wortes (Ps 12,7; Ps 119,72). Gott läutert und prüft Menschen wie Silber (Ps 66,10; Spr 17,3; Jes 48,10; Jer 6,27-30; Sach 13,9; Mal 3,3; als Bild des Zornes Ez 22,20.22), in Untreue wird jedoch sein Volk zu Schlacke (Ez 22,18f, vgl. Jes 1,22). Die Weisheit übertrifft den Wert von Silber (Hi 28,1.15; Spr 2,4; Spr 3,14; Spr 8,10.19; Spr 16,16). Silber kann im Ernstfall nicht erretten (Ez 7,19; Zef 1,18). → Kohelet weiß um die Unersättlichkeit der Geldgier (Pred 5,9) und die profane Macht des Geldes (Pred 10,19), lobt aber den Geldgewinn durch Wissen (Pred 7,11f; vgl. Ez 28,4).

3. Neues Testament

Im Neuen Testament kommt Silber vornehmlich in seiner Funktion als Geld vor (ἀργύριον argyrion, 20-mal; ἄργυρος argyros kann auch das bloße Metall bezeichnen, 5-mal), etwa im bekannten Gleichnis von den Talenten (Mt 25,18.27 // Lk 19,25.23). Häufig begegnet es in problematischen Zusammenhängen. Dreißig Silberlinge erhält Judas nach Matthäus für die Auslieferung Jesu (Mt 26,15, vgl. Mk 14,11; Lk 22,4), die er jedoch zurückgibt, woraufhin mit diesem Blutgeld ein Begräbnisplatz gekauft und als „Blutacker“ bezeichnet wird (Mt 27,3.5f.9). Erneut wird Geld nach dem Tod Jesu zur Bestechung der römischen Soldaten eingesetzt, um das Gerücht vom Diebstahl seines Leichnams in die Welt zu setzen (Mt 28,12.15).

Apostel sollen auf Mission kein Geld mitnehmen (Mt 10,9 // Lk 9,3). In diesem Sinn legen Petrus und Paulus nach der Apostelgeschichte Wert darauf, sich von Geld zu distanzieren (Apg 3,6; Apg 20,33). In scharfem Kontrast dazu steht Simon der Zauberer, der glaubt, die Geistesgabe mit Geld kaufen zu können (Apg 8,20). Abermals im Zusammenhang der Überwindung von Zauberei gibt Lukas den Wert verbrannter Bücher mit fünfzigtausend Silberdrachmen an (Apg 19,19). In direkt theologischem Zusammenhang erinnert 1Petr 1,18f seine Adressaten, sie seien nicht etwa mit vergänglichem Silber oder Gold losgekauft worden, sondern mit dem kostbaren Blut Christi.

Literaturverzeichnis

  • Forzoni, A., La moneta nella storia I. Dalle origini a Giulio Cesare, Rom 1995.
  • Howgego, C., Geld in der Antiken Welt. Was Münzen über Geschichte verraten, Darmstadt 2000 (wissenschaftliche Einführung).
  • Mayer, G., Art. כֶּסֶף; in: Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Bd. 4, Stuttgart u.a. 1984, 283-297.
  • Michailidou, A., Weight and Value in Pre-Coinage Societies. An Introduction (ΜΕΛΕΤΗΜΑΤΑ 42), Athen 2005 (wissenschaftliche Einführung zu interessanten wirtschafts- und sozialgeschichtlichen Hintergründen).
  • Moorey, P.R.S., Ancient Mesopotamian Materials and Industries. The Archaelogical Evidence, Oxford 1994 (bes. 232-240).
  • Reiter, K., Die Metalle im Alten Orient unter besonderer Berücksichtigung altbabylonischer Quellen (AOAT 249), Münster 1997 (bes. 75-111; Standardwerk).
  • Schaps, D., The Invention of Coinage and the Monetization of Ancient Greece, Ann Arbor 2004.
  • Singer, K.H., Die Metalle Gold, Silber, Bronze, Kupfer und Eisen im Alten Testament und ihre Symbolik (fzb 43), Würzburg 1980.

Abbildungsverzeichnis

  • Silbergefäße aus Ägypten. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Frühe persische Silbermünzen, die noch einseitig geprägt sind. Sie zeigen den Perserkönig im sog. Knielaufschema bzw. mit Pfeil und Bogen. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Phönizische Silbermünze mit einem Falken auf der Rückseite, wahrscheinlich als ägyptischem Königsmotiv. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Silberdrachme mit Kaisers Tiberius (Vorderseite) und seinem Sohn Drusus (Rückseite). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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