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Andere Schreibweise: Libnah; Livnah; Lebnah (engl.)

(erstellt: Juni 2010)

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Andere Schreibweise: Libnah, Livnah, Lebnah (engl.)

1. Name

Der Name Libna (לִבְנָה livnāh) bedeutet „weißer [Ort]“, womit wohl auf die Farbe des Felsgesteins angespielt wird; vgl. das hebräische Adjektiv lāvān „weiß“ und das davon abgeleitete Verb LBN „weiß sein“. Alternativ wird eine Ableitung von der Pflanzenbezeichnung livnæh „Storaxstaude“ erwogen (vgl. z.B. Borée, 37; Keel / Küchler, 836).

Die 18 Belege von Libna im Alten Testament bezeichnen zwei Ortschaften.

2. Libna als Wüstenstation

In Num 33,20f. erscheint Libna zwischen Rimmon-Perez und Rissa als Lagerstation der Israeliten während der → Wüstenwanderung. Eine Identifikation eines solchen Lagerplatzes bleibt naturgemäß schwierig, auch wenn Noth (1940 = 1971, 69f.), sie mit der Wasserstelle umm leben im Hedschas (Nordwestarabien) verbindet (vgl. Musil, 133).

3. Libna in der judäischen Schefela

3.1. Biblische Überlieferung

Die weiteren Belege für eine Ortschaft namens Libna mit dem Schwerpunkt im Buch Josua lassen sich mit einem judäischen Ort in der Schefela verbinden: In Jos 10,29-30 zieht Josua gegen Libna und erschlägt dort alles, was lebt (→ deuteronomistische Terminologie). Libna erscheint zwischen Makkeda und → Lachisch, es folgen noch → Eglon, → Hebron und Debir. In der Liste der besiegten Könige ist der König von Libna in Jos 12,15 zwischen dem König von → Arad und dem König von → Adullam eingereiht. Die Gebietsbeschreibung Judas ordnet Libna in Jos 15,42 in den Bezirk ein, zu dem auch Eter, Aschan, Jiftach, Aschna, Nezib, Keïla, → Achsib und → Marescha gehören. Wenn sie zuverlässig ist, ist dies wohl die präziseste Angabe. Zu den Levitenstädten wird Libna in Jos 21,13 (par. 1Chr 6,42) gerechnet; es steht dort neben Hebron und Jattir. Nach 2Kön 8,22 (par. 2Chr 21,10) soll Libna wie → Edom in der Regierungszeit des → Joram von Juda abgefallen sein. Während des Feldzugs → Sanheribs gegen Juda wird nach Lachisch auch Libna angegriffen (2Kön 19,8 par. Jes 37,8). Eine der Frauen des → Josia und Mutter der Könige → Joahas und → Zedekia, Hamutal, die Tochter des Jirmeja, stammt aus Libna (2Kön 23,31; 2Kön 24,18 par. Jer 52,1).

3.2. Identifikation

Für die Identifikation des Ortes werden verschiedene Ortslagen vorgeschlagen:

a) Tell Bornāṭ (Koordinaten: 1380.1153; N 31° 37' 52'', E 34° 52' 21''): Albright 1924, 9; Elliger 1934, 58-62 (vgl. ders. 1964, 1081); Noth 1937 = 1971, 291, und 1953, 95f; Rainey 1980, 198, und 1983, 10f; Aharoni 1984, 443; Peterson in ABD 1992, IV, 322f; Fritz 1994, 256; de Vos 2003, 420-422.

b) Tell eṣ-Ṣāfī (Koordinaten: 1359.1237; N 31° 41' 58'', E 34° 50' 52''): Albright 1921, 6; Beyer 1931, 154-159; Abel 1938, 369f; Wright 1966, 80 Anm. 23; Welten 1969, 80f.

c) Tell ed-Duwēr (Koordinaten: 1357.1082; N 31° 33' 54'', E 34° 50' 59''): Ahlström 1983, 104, und 1985, 98.

d) Tell el-Ǧudēde (Koordinaten: 1415.1156; N 31° 37' 55'', E 34° 54' 43''): Kallai-Kleinmann 1958, 155f. (nach einem mündlichen Vorschlag von B. Mazar); Kallai in Encyclopaedia Biblica 1962, IV, Sp. 422f; Kallai 1986, 379-381; Schmitt 1990, 161-164; Zwickel 2000, 50.

e) Chirbet Tell el-Bēḍā (Koordinaten: 1456.1167; N 31° 38' 31'', E 34° 57' 09''): Dagan 1996, 142f.

f) Chirbet Zēta el-Charāb = Tel Zajit (Koordinaten: 1339.1153; N 31° 37' 46'', E 34° 49' 49''): The Zeitah Excavations (Leiter der Ausgrabung: R. Tappy).

g) Tell eš-Šēch Aḥmed el-ʻArēnī = Tel Erani (Koordinaten: 1298.1133; N 31° 36' 41'', E 34° 47' 07''): Conder / Kitchener 1881-1883, III, 261.

h) Tell ʻAiṭūn (Koordinaten: 143.099; N 31° 29' 26'', E 34° 55' 42''): Galil 1985-1987, 67-71.

Die Vorschläge basieren zumeist auf einem Geflecht anderer Identifikationsentscheidungen. Deswegen muss die Diskussion etwas eingehender geführt werden:

Der Tell eṣ-Ṣāfī wird heute mehrheitlich mit dem philistäischen → Gat und der Tell ed-Duwēr wird mit → Lachisch identifiziert, so dass diese beiden Ortslagen für Libna unwahrscheinlich werden. Gegen Libna auf dem Tell eṣ-Ṣāfī spricht auch, dass die Madebakarte (Nr. 81 [Alliata]) einen Ort namens Saphita (Σαφιθα) kennt, dessen Name in der modernen arabischen Bezeichnung Tell eṣ-Ṣāfī erhalten ist. Dieser ist mit dem im Onomastikon des → Eusebius (120,25; Eusebs Onomastikon) genannten Ort Lobana (Λοβανά = Libna) nicht identisch. Ein weiteres Argument ist die Zugehörigkeit vom Libna zu dem 4. Distrikt Judas (Jos 15,42-44). Der weiter nordwestlich gelegene Tell eṣ-Ṣāfī sollte eher zum 2. Distrikt (Jos 15,33-36) gehören (vgl. Noth 1937 = 1971, 291; Aharoni 1984, 86; Schmitt 1990, 162). Auch der Tell ed-Duwēr liegt für den 4. Distrikt zu südlich (vgl. Davies 1985, 95).

Wenig wahrscheinlich ist es auch, dass Libna auf dem Tell eš-Šēch Aḥmed el-ʻArēnī oder dem Tell ʻAiṭūn gelegen war. Die erste Identifikation hängt von der überholten Gleichsetzung des Tell el-Ḥesī (→ Tell el-Ḥesī [Tell el-Hesi]; Koordinaten: 124.106; N 31° 32' 52'', E 34° 43' 49'') mit Lachisch ab; der Tell ʻAiṭūn liegt zu weit südlich und war im 7. Jh. v. Chr. nicht besiedelt (vgl. dazu Na‘aman, 18).

Gegen die Ansetzung von Libna auf dem Tell Bornāṭ wird insbesondere dessen geringe Ausdehnung angeführt. Die Oberfläche des Tells beträgt nur etwa 50 mal 50 Meter. Allerdings hat schon Elliger (62) mit einer beträchtlichen Unterstadt gerechnet. Der Survey zur Schefela von Dagan ergab eine Ausdehnung der Stadt über ca. 3,5 Hektar (vgl. Dagan 1992, 154, und 1996, 143). Die Suche nach einem größeren und stärker befestigten Ort ist methodisch problematisch, da aus den biblischen Belegen keine sicheren Erkenntnisse über die Größe Libnas zu gewinnen sind. Auch die „Belagerung“ Libnas durch Sanherib in 2Kön 19,8 kann dies nicht leisten (gegen Wright, 80 Anm. 23, und Schmitt, 162). Denn dort steht das hebräische Verb LḤM Nif., das neben „belagern“ auch allgemeiner „gegen eine Stadt kämpfen“ bedeuten kann. (In 2Kön 18,9 wird die Belagerung Samarias mit dem spezifischeren Verb ṢWR II „belagern“ ausgedrückt). Im Falle von Libna fehlt außerdem jede Angabe über die Dauer des Kampfes, aus der man auf die besondere Größe und Wehrhaftigkeit der Stadt schließen könnte.

Aufgrund des Arguments der Größe der Stadt werden für Libna der Tell el-Ǧudēde (sonst → Moreschet-Gat), die Chirbet Tell el-Bēḍā (sonst → Achsib) und die Chirbet Zēta el-Charāb vorgeschlagen (vgl. Schmitt, 161.163.165; Dagan 1996, 143; The Zeitah Excavations [Leiter der Ausgrabung: R. Tappy]; zuletzt aufgerufen am 26.5.2010). Die Chirbet Tell el-Bēḍā liegt nach Schmitt aber zu weit östlich, um den Abfall von Juda nach 2Kön 8,22 plausibel machen zu können.

Von den Jos 15,42-44 genannten Orten des 4. Distrikts Judas sind nur wenige näher fixierbar: Nezib = Chirbet Bēt Neṣīb (Koordinaten: 1505.1105; N 31° 35' 10'', E 35° 00' 23''), Keila = Tell Qīla (Koordinaten: 1505.1135; N 31° 36' 49'', E 35° 00' 09'') und → Marescha = Tell Sandaḥanna (Koordinaten: 1404.1112; N 31° 35' 27'', E 34° 54' 02''); vgl. de Vos, 419. Diese können als Orientierungspunkte für die Ansetzung Libnas dienen (vgl. auch Noth 1971, 291f.).

Dagegen ist die Reihenfolge der Orte in Jos 10,28-43 literarisch bedingt und nur wenig aussagekräftig, so dass über eine nähere Beziehung von Libna, Makkeda (Chirbet el-Qōm; → Chirbet el-Qōm [Chirbet el-Qom]; Koordinaten: 146.104; N 31° 32' 00'', E 34° 58' 10'') und Lachisch nichts Sicheres zu gewinnen ist (anders Kallai-Kleinmann, 155, der Makkeda mit dem Tell Bornāṭ und Libna mit dem nur 3 km Luftlinie entfernten Tell el-Ǧudēde identifiziert).

Insgesamt kommen für Libna nach dem heutigen Stand der Diskussion folgende Ortslagen in Frage: Tell Bornāṭ, Tell el-Ǧudēde, Chirbet Tell el-Bēḍā und Chirbet Zēta el-Charāb. Alle liegen in einem eng umgrenzten Gebiet. Am Ausgiebigsten diskutiert wurde von diesen Möglichkeiten der Tell Bornāṭ, weswegen er vorläufig als Libna gelten darf.

3.3. Archäologische Erforschung

Auf dem Tell Bornāṭ werden seit Neuestem und zum ersten Mal Ausgrabungen durchgeführt. Sie stehen unter der Leitung von Itzhaq Shai und Joe Uziel von der Bar-Ilan-Universität Tel Aviv. Die Ausgräber schließen sich der Identifikation des Ortes mit Libna vorsichtig an. Nach der vorläufigen Auswertung eines Oberflächensurveys von 2009 war der Tell in der Frühen, Mittleren und Späten Bronzezeit sowie der Eisenzeit besiedelt, in römischer, byzantinischer und arabischer Zeit jedoch verlassen (vgl. The Tel Burna Excavation Project; zuletzt aufgerufen am 12.5.2010). Der Scherbenbefund streut über eine Fläche von bis zu 6 Hektar (vgl. das Ergebnis des Schefela-Surveys von Dagan [s.o. Abschnitt 3], wonach die Ausdehnung der Stadt ca. 3,5 Hektar betrug).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
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  • The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, Jerusalem 1993 (Art. Tel Ẓafit)
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2. Weitere Literatur

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  • Wright, G.E., Fresh Evidence for the Philistine Story, BA 29 (1966), 70-86
  • Zwickel, W., Calwer Bibelatlas, Stuttgart 2000

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Libna. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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