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(erstellt: März 2010)

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reiten

1. Bezeichnungen

Das Kamel heißt hebräisch גָּמַל gāmal; der griechische Name ist καμηλος kamēlos. Erst recht spät (etwa seit dem 6. Jh. v. Chr.) finden sich weitere Bezeichnungen: בִּכְרָה bikhrāh für die junge Kamelstute (Jer 2,23), בֵּכֶר bekhær für den jungen Kamelhengst (Jes 60,6) und כִּרכָּרוֹת kirkārôt für schnell laufende Kamelstuten (Jes 66,20), was darauf schließen lässt, dass Kamele erst ab dieser Zeit zu einer vertrauteren Erscheinung wurden.

2. Eigenschaften

Das Kamel erreicht eine Höhe von 2 m und eine Länge von 3 m und ist das größte Haustier in Palästina. Wenn es durch die engen Gassen einer Stadt geführt wurde, erregte es wegen seiner Größe Verwunderung. Das Kamel ist den in seiner Umgebung herrschenden extremen Lebensbedingungen bestens angepasst (vgl. dazu Staubli, in Keel / Staubli 2001, 43). Einerseits kann es tagelang ohne Wasser auskommen, andererseits ist es auch mit äußerst kargem Futter zufrieden, das es als Wiederkäuer bestmöglich verwertet. In seinem Höcker speichert es für Notzeiten Fett. Daneben besitzt das Kamel die Fähigkeit, seine Körpertemperaturen den extremen Hitzeverhältnissen anzupassen, um so den Verlust von Körperflüssigkeit zu verhindern. Es ist so dafür prädestiniert, in einer lebensfeindlichen Welt wie der Wüste zu überleben und trotz der extremen klimatischen Bedingungen auch große Strecken zu bewältigen.

3. Verwendung

Kamel 2

Das Kamel wurde später als der Esel domestiziert. Wann die Domestizierung genau einsetzte, ist nicht sicher zu bestimmen, doch dürfte sie in Vorderasien schon für das 3. Jt. v. Chr. vorauszusetzen sein. Die Domestikation stand in Zusammenhang mit dem arabischen Fernhandel und ist eng verbunden mit der Erfindung von Kamelsätteln, von denen die ältesten Packsättel waren. Im 2. Jt. v. Chr. gelang die Entwicklung eines einfachen Reisesattels (zu Sattelformen vgl. → reiten), der von Begleitpersonen von im Fernhandel eingesetzten Kamelkarawanen gebraucht wurde. Durch die Erfindung eines Kissensattels um 1100 v. Chr. konnte das Kamel auch von Bogenschützen bei der Jagd und im Krieg verwendet werden, wie zahlreiche Reliefs mit Darstellungen der Kämpfe zwischen assyrischen Königen und protoarabischen Stämme zeigen. Seit dieser Zeit spielt das Kamel auch in Syrien-Palästina eine wichtige Rolle. Der bis heute vorkommende šadād-Sattel, der ab etwa 500 v. Chr. bei den Vorfahren der Nabatäer aufkam, erlaubte schließlich auch den Kampf mit der Lanze.

In Vorderasien kamen v.a. einhöckrige Kamele (Dromedare) vor, in Assyrien zum Teil auch zweihöckrige (Trampeltiere). Die Israeliten lernten Kamele erst spät kennen und zwar vermutlich durch die (später mit den → Ismaelitern gleichgesetzten) → Midianiter, bei denen sie als Karawanentiere eingesetzt wurden, die Handelsgegenstände über weite Strecken transportierten (Gen 37,25-28). Als Führerin einer Handelskarawane wird die Königin von Saba genannt (1Kön 10,2). In Jes 30,6 erscheint das Kamel als Lasttier auch bei einer nach Ägypten ziehenden israelitischen Gesandtschaft. Da Kamelkarawanen meist wertvolle Güter transportierten (vgl. 2Kön 8,9; Gen 37,25), kann das Kamel zum Symbol für Reichtum werden und zum Bild einer Heilszeit gehören (Jes 60,6; Jes 66,20). Der ungeheuere Reichtum → Hiobs zeigt sich daran, dass er 3000 Kamele besaß (Hi 1,3; Hi 42,12). Die aus dem → Exil Zurückkehrenden brachten dagegen nur 435 Kamele, aber 6720 Esel (Esr 2,67; Neh 7,68) mit.

Als Transporttiere dürften Kamele in der Mittleren und Späten Bronzezeit vereinzelt in Gebrauch gewesen sein, wie Gen 31,34 belegt, wo ein Kamelsattel erwähnt wird (vgl. auch Gen 31,17). Das Vorkommen von Kamelen als Reittieren in den Vätergeschichten, vor allem in Gen 24, dürfte dagegen die Sicht einer späteren Zeit widerspiegeln, weil die Tiere in der Zeit der Erzeltern nur in Südarabien und im Karawanenverkehr eingesetzt wurden und daher nicht zu deren Viehbestand gehörten (vgl. Staubli, 200). Die Erwähnung von Kamelen in Gen 24; Gen 30,34; Gen 32,8; Gen 32,16 soll aus späterer Sicht den Reichtum Jakobs unterstreichen. Ebenso unwahrscheinlich ist, dass Kamele zum Besitz des Pharao gehörten (so aber Gen 12,16; Ex 9,3), da die Tiere in Ägypten weder textlich noch bildlich in nennenswerter Zahl belegt sind. In der Vorstellung des Chronisten besaß auch David Kamele (1Chr 12,41; 1Chr 27,30).

Erst seit dem 1. Jt. v. Chr. züchteten die Bewohner des Negeb Reit-Kamele, auf denen sie in die Gebiete der sesshaften Bauern einfielen, um diese zu plündern (Ri 6,5; Ri 7,12; 1Sam 30,17; Hi 1,17). Die Reit-Kamele der Midianiter waren nach Ri 8,21.26 mit goldenen Möndchen geschmückt, möglicherweise ein Schutz- und Verehrungssymbol des arabischen Mondgottes (vgl. Schroer 1987, 260), zugleich aber auch Ausdruck des Stolzes auf die beweglichen Tiere. Sowohl bei den Nomaden wie bei den Sesshaften waren Kamele eine geschätzte Kriegsbeute (1Sam 15,3; 1Sam 27,9; 2Chr 14,14). Darauf nimmt das Gerichtswort Jer 49,29ff Bezug, das den Nomadenvölkern des Ostens den Raub ihrer Kamele ankündigt. Und wenn die Hauptstadt der → Ammoniter ein Weideplatz von Kamelen wird (Ez 25,5), dann ist die Stadt zur Wüste geworden.

Das Kamel galt nach Lev 11,4; Dtn 14,7 als unrein, weil es nicht zu den Paarhufern gehört und daher eines der beiden für reine Tiere geltenden Kriterien nicht erfüllte.

4. Metaphorik

Im Alten Testament erscheint das Kamel nur einmal in einem Vergleich: Wie eine Kamelstute, die in ihrer Brunstzeit auf Paarung aus ist, so rennt Israel den Baalskulten (→ Baal) hinterher (Jer 2,23).

5. Neues Testament

Die Kleidung Johannes des Täufers bestand aus Kamelhaar (Mt 3,4; Mk 1,6), einem harten und billigen Material, das seiner asketischen Lebensweise und seinem Aufenthalt in der Wüste entsprach. Auf die Größe von Kamelen wird im Neuen Testament angespielt, z.B. in dem eine Unmöglichkeit umschreibenden Sprichwort vom Kamel, das durch ein Nadelöhr geht (Mt 19,24; Mk 10,25; Lk 18,25). Mt 23,24 stellt dagegen das kleinste und das größte Tier gegenüber, wenn vom Seihen von Mücken und dem Verschlucken von Kamelen die Rede ist.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Paulys Realencyclopädie, Stuttgart, 1893-1978
  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928ff
  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Reallexikon für Antike und Christentum, Stuttgart 1950ff
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Brentjes, B., Das Kamel im Alten Orient, Klio 38 (1960), 23-52
  • Brentjes, B., Die Haustierwerdung im Orient. Ein archäologischer Beitrag zur Zoologie, Stuttgart 1965, 54-57
  • Gauthier-Pilters, H. / Dagg, A., The Camel. Its Evolution, Ecology, Behavior, and Relationship to Man, Chicago 1981
  • Horowitz, W., „The Ship of the Desert, the Donkey of the Sea“: The Camel in Early Mesopotamia Revisited, in: Ch. Cohen u.a. (Hgg.), Birkat Shalom (FS S.M. Paul), vol. 2, Winona Lake 2008, 597-611
  • Keel, O. / Küchler, M. / Uehlinger, Chr., Orte und Landschaften der Bibel 1, Zürich 1984, 132-137
  • Keel, O. / Staubli, Th. (Hg.), „Im Schatten deiner Flügel“. Tiere in der Bibel und im Alten Orient, Freiburg (Schweiz) 2001, 23.43-45
  • Møller-Christensen, V. / Jordt Jørgensen, K.E., Biblisches Tierlexikon (Bibel – Kirche – Gemeinde 4), Konstanz 1969, 43-50
  • Salonen, A., Hippologia Accadica (AnAcScFen 100), Helsinki 1955, 84-90
  • Schouten van der Velden, A., Tierwelt der Bibel, Stuttgart 1992, 34f
  • Schroer, S., In Israel gab es Bilder. Nachrichten von darstellender Kunst im Alten Testament (OBO 74), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1987, 260ff
  • Schroer, S., Die Tiere in der Bibel. Eine kulturgeschichtliche Reise, Freiburg 2010, 65-68
  • Staubli, Th., Das Image der Nomaden (OBO 197), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1991, 184-202

Abbildungsverzeichnis

  • Arabische Krieger auf einem Kamel, ein Lenker und ein Schütze (Nordpalast Assurbanipals; Ninive; 7. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum
  • Lastkamel auf einem Relief, das die Deportation der Bewohner von Lachisch ins Exil nach Babylon zeigt (Ninive; 8. Jh. v. Chr.). Aus: O. Keel / M. Küchler / C. Uehlinger, Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 1, Zürich u.a. 1984, 136, Abb. 66; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz

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