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(erstellt: April 2008)

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1. Begriff

Würmer und wohl auch Larven, Maden und Raupen, also Pflanzenschädlinge im Allgemeinen, werden mit dem hebräischen Begriff תּוֹלֵעָה tôle‘āh bezeichnet (> *tl‘ „nagen“ [?]; vgl. u.a. akk. tūlt(um); aram. tôla‘tā’). Das Wort wird auch für das aus der Kermesschildlaus gewonnene Karmesin (vgl. Jes 1,18; Klgl 4,5) verwendet. Als Personenname findet sich das Wort תּוֹלָע tôlā‘ in Gen 49,13; Num 26,23; Ri 10,1; 1Chr 7,1f., als Gruppenbezeichnung in Num 26,23.

2. Verwendung

2.1. Alltag

Die aramäische → Sfire-Inschrift kündigt Vertragsbrüchigen an, dass Würmer (תולעה) und → Heuschrecken ihre Ernte vernichten werden (KAI 222A, Z. 27). Dtn 28,39 benennt den Schaden, den Würmer bei Nutzpflanzen anrichten können (vgl. Jon 4,7) und spielt damit wohl auf den Beeren befallenden Beerenwurm (cochylis ambiguella) an, vielleicht auch auf den Rebenstecher. Von dem Schaden, den Würmer insbesondere in heißem Klima im Alltag anrichten können, berichtet die Erzählung vom verdorbenen → Manna in Ex 16,20 (vgl. Ex 16,24Made). Auch für Zahnschmerzen wurden Würmer verantwortlich gemacht (vgl. Spr 25,19); besonders anschaulich wird dies u.a. in der mesopotamischen Beschwörung gegen den Zahnwurm (ca. 1800 v. Chr.), die zugleich eine Ätiologie für Zahnschmerzen bietet, indem sie sie auf Würmer zurückführt – eine Vorstellung, die sich bis ins europäische Mittelalter findet (Texte aus Mesopotamien).

2.2. Verwesung und Tod

Aufgrund seines Auftretens als Schädling und der Tatsache, dass er Leichen befällt, wird der Wurm im Zusammenhang mit Tod und Verwesung genannt. Drastisch beschreibt Jes 14,11, dass in der Scheol Maden und Würmer zum Lager des Königs von Babel werden (vgl. Sir 10,11 [Lutherbibel: Sir 10,13]), Jes 66,24 erzählt von den Leichen der Gottlosen, die im Tal Hinnom von Würmern befallen werden (vgl. äthHen 27; Text Pseudepigraphen). Vermutlich spielt der Vers auf einen nie endenden Verwesungsvorgang an, der die Verstorbenen quält (vgl. äthHen 46,6; ApkAbr 31,4), vielleicht ist die Stelle aber auch so zu interpretieren, dass immer neue Leichen den Wurm am Leben erhalten. Jdt 16,17 (Lutherbibel: Jdt 16,21) spricht davon, dass Feuer und Würmer (σκώληξ skōlex; vgl. den griechischen Text von Sir 7,17 [Lutherbibel: Sir 7,19]) die Knochen der Feinde Israels befallen werden. Wohl im Zusammenhang mit der Armenfrömmigkeit steht der in Qumran (1QH 6,34; QH 11,34) bezeugte Ausdruck „Wurm der Toten“, der auf die Sterblichkeit des Menschen anspielt (vgl. 11QPsA 19,1 [Plea]: „Eine → Made [rmh] kann dich nicht preisen und ein Wurm [twl’h] deine Gnade nicht verkünden“).

2.3. Kleinheit

In der Ich-Klage in Ps 22,7 soll der Vergleich mit der Made verdeutlichen, dass der Beter bzw. die Beterin sich nicht mehr als Mensch fühlt, sondern nur noch als ein im Staub kriechender Wurm, ohne Gliedmaßen und ohne gegliederten Körper. Die Bedeutungslosigkeit des Menschen gegenüber der göttlichen Majestät sowie seine Unreinheit hat auch Hi 25,6 im Blick, wenn Bildad den Menschen mit Wurm und Made vergleicht. Dagegen verspricht Jes 41,14 dem „Wurm Jakob“ trotz oder gerade wegen seiner Kleinheit den Beistand Jahwes.

2.4. Farbbezeichnung

Die Priesterschrift benutzt den Begriff תּוֹלַעַת שָׁנִי tôla‘at šānî „karmesinrot“ (wörtl. „Glanzwurm“) als Farbbezeichnung für die Ausstattung des Begegnungszeltes sowie der Priestergewänder und der Decken für das Kultgerät (Ex 25,4; Ex 26,1-39,29; Num 4,8). Die Verbindung שְׁנִי תּוֹלַעַת šənî tôla’at bezeichnet eine gemeinsam mit Ysop und Zedernholz verwendete Opferbeigabe (Lev 14,4.6.49.51f.). Parallel zu שָׁנִי šānî (Purpur) steht תּוֹלעַ als Farbbezeichnung in Jes 1,18.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • New International Dictionary of Old Testament Theology and Exegesis, Grand Rapids 1997
  • Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2006

2. Weitere Literatur

  • Janowski, Bernd u.a. (Hgg.), 1993, Gefährten und Feinde des Menschen. Das Tier in der Lebenswelt des alten Israel, Neukirchen-Vluyn
  • Lohse, Eduard (Hg.), Die Texte aus Qumran. Hebräisch und deutsch, mit masoretischer Punktation, Übersetzung, Einführung und Anmerkungen, 4. Aufl., Darmstadt 1986
  • Riede, Peter, 2000, Im Netz des Jägers. Studien zur Feindmetaphorik der Individualpsalmen (Wissenschaftliche Monographien zum Alten und Neuen Testament 85), Neukirchen-Vluyn
  • Riede, Peter, 2002, Im Spiegel der Tiere. Studien zum Verhältnis von Mensch und Tier im alten Israel (Orbis biblicus et orientalis 187), Freiburg (Schweiz) / Göttingen

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