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Ministrantinnen/Ministranten

Schlagworte: engl. altar server

(erstellt: März 2024)

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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.400040

1. Grundlagen der Ministrantenpastoral

1.1. Begriffsklärung

Der deutsche Ausdruck Ministrant bzw. Ministrantin kommt vom lateinischen Wort ministrare, welches wörtlich dienen bedeutet (Berger, 2013, 288). Daher stammt auch der, vor allem in West- und Norddeutschland geläufige, umgangssprachlich verwendete Begriff Messdiener/Messdienerin. Der Ausdruck Ministrant wurde zum ersten Mal 1955 bei der Neuordnung der Heiligen Woche im Zuge der Liturgiereform genutzt. In der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils Sacrosanctum Concilium (SC) wird betont, dass der Ministrantendienst mehr als ein Assistenzdienst in der Liturgie ist: „Auch die Ministranten […] vollziehen einen wahrhaft liturgischen Dienst“ (SC 29).

In Abgrenzung zum Dienst der Ministrantinnen und Ministranten, welcher grundsätzlich von getauften Laien jedes Alters übernommen werden kann (Richter, 1999, 110), wird in Deutschland der Begriff Ministrantenpastoral als Bezeichnung eines Handlungsfeldes der Jugendpastoral genutzt. Die Zielgruppe dieses Handlungsfeldes sind vor allem junge Menschen, Jungen wie Mädchen, welche regelmäßig den liturgischen Dienst eines Ministranten bzw. einer Ministrantin übernehmen. Des Weiteren richtet sich die Ministrantenpastoral an hauptberufliche oder ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (→ Ehrenamt), die mit diesen oder für diese jungen Menschen handlungsfeldspezifische Angebote anbieten.

1.2. Ursprung und Entwicklung des Ministrantendienstes

Spätestens Mitte des dritten Jahrhunderts ist bezeugt, dass es eine Aufgabenteilung in der Liturgie gab (Büsch, 1999a, 27). In diese Zeit fallen auch Ansätze einer Klerikalisierung der liturgischen Dienstämter. Oftmals stammten die Kandidaten für die höheren Weiheämter (Bischof, Priester, Diakon) aus dem Kreis der Inhaber niedriger Weiheämter (z.B. Akolyth und Lektor). Zu dieser Zeit wurde der Ministrantendienst als Klerikerdienst verstanden. Der eigentliche Ursprung des Ministrantendienstes liegt in der Verbreitung der sogenannten Privatmesse im achten Jahrhundert, in der mindestens ein Ministrant stellvertretend für die Gemeinde anwesend sein musste. Mit der Zeit übernahmen Ministranten auch in der Gemeindemesse Aufgaben, welche eigentlich der Gottesdienstgemeinde als Ganzer zukam. Da es in den Kirchen der Orthodoxie keine Privatmessen gibt, hat sich dort auch kein Ministrantendienst entwickelt.

Ab dem 13. Jahrhundert ordneten verschiedene Diözesansynoden an, dass nur Kleriker einen Dienst am Altar ausüben dürfen. Dies lässt allerdings darauf schließen, dass der Einsatz von Laien im Dienst am Altar in der Praxis immer wieder stattfand. Das Konzil von Trient (1545-1563) (→ Katholische Reform/Gegenreformation) ging jedenfalls noch von Klerikerministranten aus (Lindner/Tricoire, 2018). Erst der Codex luris Canonici (CIC, lateinisch für Kodex des kanonischen Rechtes) von 1917 ließ die Frage offen, ob Ministranten Kleriker sein müssen.

Erstmals wird 1947 in der Enzyklika Mediator Dei von Pius XII. offiziell von Ministranten gesprochen, die keine Kleriker sind – allerdings mit dem Ziel, Priesterberufungen zu fördern. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (→ Zweites Vatikanisches Konzil, kirchengeschichtsdidaktisch) änderte sich auch das Verständnis des Wesens der Kirche und der kirchlichen Hierarchie. Beides veränderte schließlich das Verständnis des Ministrantendienstes. Im ersten Konzilsdokument Sacrosanctum concilium wird der Ministrantendienst als „wahrhaft liturgische[r] Dienst“ (SC 29) beschrieben. Es handelt sich also nicht um eine Delegation oder Assistenz des Zelebranten. Der Ministrantendienst war nun nicht mehr vom Weiheamt abhängig. Folgerichtig wurde 1994 der nationalen Bischofskonferenz durch eine authentische Interpretation des Canon 230 § 2 CIC freigestellt, auch Frauen und Mädchen zum Ministrantendienst zuzulassen (Der Heilige Stuhl, 1994, 542f.). Heute sind mehr als 53% der Ministrantinnen und Ministranten weiblich (DBK, 2018, 11).

1.3. Theologische Grundlage des Dienstes der Ministrantinnen und Ministranten

Dass sich die Gemeinde zum Gottesdienst versammelt, ist schon im Neuen Testament belegt (Apg 2,42). Im Gottesdienst begegnen sich Menschen und Gott. Die Liturgie ist lobpreisendes Antworthandeln der gottesdienstlichen Versammlung am heilsschaffenden Tun Gottes an uns. Diese Begegnung wird in den dialogischen Elementen der Liturgie, wie Wort und Antwort, Sammeln und Austeilen oder Gegenüber von Gemeinde und Leitung, sichtbar (→ Gottesdienst, katholisch). Gottes Handeln in der Welt ist nicht nur Vergangenheit, sondern Gegenwart in der Kirche. In der Liturgiekonstitution des Zweiten Vatikanischen Konzils (Sacrosanctum Concilium) heißt es hierzu: „Infolgedessen ist jede liturgische Feier als Werk Christi, des Priesters und seines Leibes, der die Kirche ist, in vorzüglichem Sinn heilige Handlung, deren Wirksamkeit kein anderes Tun der Kirche an Rang und Maß erreicht“ (SC 7). Da der Liturgie diese zentrale Bedeutung zukommt, sollen „die Gläubigen bewusst tätig und mit geistlichem Gewinn daran teilnehmen“ (SC 11). Dazu ist das Gottesvolk „kraft Taufe berechtigt und verpflichtet“ (SC 14). Daraus folgt, dass die gesamte versammelte → Gemeinde Träger der liturgischen Handlung ist (Richter, 1999). Aufgrund von Eignung und Anerkennung durch die Kirche übernehmen die einzelnen Gemeindemitglieder unterschiedliche Dienste (SC 26). Ministrantinnen und Ministranten haben dabei eine doppelte Funktion: Zum einen sind diese Gottesdiensthelferinnen und -helfer (bei der Gabenbereitung oder dem Halten liturgischer Bücher), zum anderen vollziehen sie aber auch Dienste an den liturgischen Zeichen und heben damit ihre Bedeutung hervor (z.B. beim Tragen des Kreuzes oder der Kerzen). Auf diese Weise bringen sie ihre Mitsorge für den Gottesdienst zum Ausdruck (Holl, 1999, 98-100).

2. Strukturelle Verankerung der Ministrantenpastoral als Teil der Jugendpastoral

Katholische Jugendpastoral (→ Jugendarbeit, katholisch) ist auf den verschiedenen kirchlichen Ebenen strukturell verankert. Sie ist Teil des Gesamtauftrags der Kirche und organisiert sich in Netzwerken und Kooperationen. Diese gestalten sich auf folgenden Ebenen: Weltkirche, Bundesebene, Diözesanebene und Ortsebene.

2.1. Strukturen auf weltkirchlicher Ebene

Auf internationaler Ebene existiert der internationale Ministrantenbund (Coetus Internationalis Ministrantium [CIM]). Dieser berichtet regelmäßig dem Dikasterium (eine Zentralbehörde der römischen Kurie) für die Sakramentenordnung in Rom, schafft internationale Vernetzung von Verantwortlichen in der Ministrantenpastoral und ist Träger der regelmäßig stattfindenden internationalen Romwallfahrt der Ministrantinnen und Ministranten. Die 13. internationale Romwallfahrt wird im Sommer 2024 stattfinden. Im CIM sind Verantwortliche aus der Ministrantenpastoral aus aktuell 17 Ländern versammelt; geleitet wird er von einem Bischof. Für die Mitarbeit in der internationalen Steuerungsgruppe der Romwallfahrt und dem Vorstand des CIM sind auch Deutsche freigestellt.

2.2. Strukturen auf Bundesebene

Auf Bundesebene trägt die Jugendkommission der Deutschen Bischofskonferenz und die ihr zugehörige Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (afj) Sorge für das Handlungsfeld. In der afj gibt es ein Referat für Ministrantenpastoral und liturgische/kulturelle Bildung. Das Referat koordiniert die Vernetzung der Diözesanstellen für Ministrantenpastoral untereinander und zum CIM bzw. der Kurie. Außerdem organisiert es die jährlich stattfindende Kooperationstagung der deutschsprachigen Ministrantenreferate (KOOP), verantwortet bundesweite Angebote der Ministrantenpastoral (MiniCard [Ausweis für Ministrantinnen und Ministranten]), die Website der Ministrantenpastoral auf Bundesebene [ministranten.de], Ministrantenplakette, Arbeitshilfen etc.). Des Weiteren stellt es die nationale Projektleitung für die internationalen Romwallfahrten des CIM.

Bei der letzten bundesweiten Ministrantenzählung 2019 gab es circa 360.000 Ministrantinnen und Ministranten in Deutschland (DBK, 2023, 10).

2.3. Strukturen auf Diözesanebene

Ministrantenpastoral auf Diözesanebene wird vor allem durch die (erz)bischöflichen Jugendämter oder die Referate für Ministrantenpastoral koordiniert. Beauftragt durch den jeweiligen Ortsbischof nehmen sich diözesane Ministrantenreferate gemeinsam mit den Leitungen der diözesanen Fachstellen für die Jugendpastoral sowie dem Diözesanjugendseelsorger und deren Mitarbeitenden der Gestaltung der Ministrantenpastoral an. Sie unterstützen die vielen haupt- und ehrenamtlich Engagierten und befähigen diese für ihre Arbeit z.B. durch Gruppenleiterkurse, Arbeitshilfen, digitale Angebote, Vernetzungstreffen. Personell, finanziell und strukturell legen die einzelnen Diözesen unterschiedliche Schwerpunkte. In einigen Diözesen gibt es diözesane Arbeitskreise für Ministrantenpastoral. In diesen unterstützen vorwiegend ehrenamtlich engagierte aktive Ministrantinnen und Ministranten die Arbeit des diözesanen Ministrantenreferats.

Vereinzelt gibt es diözesane Ministrantenverbände (z.B. in den Erzdiözesen Freiburg i. Br. oder München und Freising) (→ BDKJ und katholische Jugendverbände). Diese werden durch ein hauptsächlich ehrenamtliches Vorstandsteam geleitet.

2.4. Strukturen auf Ortsebene

Auf Ortsebene ist Ministrantenpastoral klassischer Teil der Gemeindepastoral. Durch Strukturreformen und Personalmangel wandelt sich aktuell die Ministrantenpastoral. Eine wöchentliche Begleitung der jeweiligen Ortsgruppen ist vielerorts nicht mehr möglich. Deswegen beobachtet die Ministrantenpastoral eine „Eventisierung“ im Handlungsfeld. Diözesane oder regionale Ministrantentage, Romwallfahrten, Sommerlager oder ähnliche zeitlich begrenzte (Groß-)Veranstaltungen werden wichtiger. Außerdem ist die Befähigung ehrenamtlicher Kräfte von zentraler Bedeutung.

Literaturverzeichnis

  • Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Homepage der Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, Düsseldorf o.J.a. Online unter: www.afj.de, abgerufen am 10.07.2023.
  • Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Homepage der deutschen Ministrantenpastoral, o.O. o.J.b. Online unter: www.ministranten.de, abgerufen am 01.07.2023.
  • Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz (Hg.), Homepage zu Jugendpastoral und den jugendpastoralen Handlungsfeldern, o.O. o.J.c. Online unter: www.jugendpastoral.de, abgerufen am 15.05.2021.
  • Berger, Rupert, Art. Ministranten, in: Pastoral-liturgisches Handlexikon, Freiburg i. Br. 5. Aufl. 2013, 288.
  • Büsch, Andreas, Geschichte des Ministrantendienstes, in: Büsch, Andreas (Hg.), Handbuch der Ministrantenpastoral. Bezugspunkte – Praxisfelder – Chancen, Kevelaer 1999a. 27-31.
  • Büsch, Andreas, Ziele und Aufgaben der Ministrantenpastoral, in: Büsch, Andreas (Hg.), Handbuch der Ministrantenpastoral. Bezugspunkte – Praxisfelder – Chancen, Kevelaer 1999b, 101-114.
  • Coetus Internationalis Ministrantium (Hg.), Homepage des Internationalen Ministrantenbunds C.I.M., o.O. 2014. Online unter: https://www.minis-cim.net/de/, abgerufen am 09.07.2023.
  • Der Heilige Stuhl (Hg.), Acta Apostolicae Sedis 86. Commentarium Officiale, Rom 1994.
  • Der Heilige Stuhl (Hg.), Sacrosanctum Concilium (SC). Konstitution über die Heilige Liturgie, Vatikanstadt 1963. Online unter: https://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_council/documents/vat-ii_const_19631204_sacrosanctum-concilium_ge.html, abgerufen am 15.11.2023.
  • Holl, Michael, Gemeinde als Bezugs- und Bedingungsfeld der Ministrantenpastoral, in: Büsch, Andreas (Hg.), Handbuch der Ministrantenpastoral. Bezugspunkte – Praxisfelder – Chancen, Kevelaer 1999, 87-100.
  • Lindner, Konstantin/Tricoire, Damien, Art. Katholische Reform/Gegenreformation (2018), in: Das wissenschaftlich-religionspädagogische Lexikon im Internet www.wirelex.de, (https://doi.org/10.23768/wirelex.Katholische_ReformGegenreformation.100274, PDF vom 15.11.2023).
  • Pius XII., Ordo Hebdomadae Sanctae Instauratus. Editio typica, Rom 1956.
  • Richter, Klemens, Liturgie als Verwirklichung der Gemeinde, in: Büsch, Andreas (Hg.), Handbuch der Ministrantenpastoral. Bezugspunkte – Praxisfelder – Chancen, Kevelaer 1999.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Zahlen und Fakten 2022/2023, Bonn 2023. Online unter: https://www.dbk.de/kirche-in-zahlen/kirchliche-statistik/, abgerufen am 26.10.2023.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) (Hg.), Wirklichkeit wahrnehmen – Chancen finden – Berufung wählen. Leitlinien zur Jugendpastoral. Verabschiedet am 23. September 2021 von der Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz, Bonn 2021. Online unter: https://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2021/2021-184a-Leitlinien-zur-Jugendpastoral.pdf, abgerufen am 22.04.2023.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK), Zahlen und Fakten 2017/2018, Bonn 2018. Online unter: https://www.dbk.de/kirche-in-zahlen/kirchliche-statistik/, abgerufen am 26.10.2023.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) (Hg.), Leitlinien zur Jugendpastoral, Bonn 1991.
  • Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) (Hg.), Codex Iuris Canonici (CIC) – Kodex des kanonischen Rechtes. Lateinisch-deutsche Ausgabe, Kevelaer 1983. Online unter: http://codex-iuris-canonici.de, abgerufen am 16.11.2023.

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