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Uppsala Schule

(erstellt: Januar 2007)

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Am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jh.s lenkten neue Ausgrabungsfunde das Interesse der Theologen auf den Alten Orient. Für die biblische Exegese hatte das zur Folge, dass verstärkt das kulturhistorische und religionswissenschaftliche Umfeld Israels in den Blick genommen wurde, wie z.B. von A. Bertholet.

In diesem Zusammenhang entwickelte sich eine religionswissenschaftliche Schule, die nach dem Sammelband von S.H. Hooke auch „myth and ritual school“ genannt wird. Sie nahm an, dass es im gesamten Alten Orient ein einheitliches Kultschema gab. Dieses Schema „pattern“ legte, unabhängig von lokalen oder historischen Unterschieden, einen einheitlichen Kultvollzug fest, in dem auch der Mythos eine zentrale Rolle spielte. Im Zentrum dieses Kultvollzuges stand das sog. Neujahrsfest.

Die Uppsala Schule geht auf den Religionswissenschaftler Geo Widengren und dessen Schüler, den Theologen Ivan Engnell zurück, die beide in den 1940er Jahren an der Universität in Uppsala (Schweden) gelehrt haben. Von der „myth and ritual school“ inspiriert, übernehmen sie den Gedanken eines einheitlichen altorientalischen Kultschemas. Sie fokussieren sich auf ein Grundphänomen: das göttliche Königtum („divine kingship“) (Engnell). Engnell stützt seine Ausarbeitungen unter anderem auf die Texte aus → Ugarit. Die dortige Gott-König-Ideologie wird auf alttestamentliche Texte, insbesondere Psalmen übertragen. So liegt nach Engnell die zentrale Bedeutung des göttlichen Königtums für Israel in einem göttlichen König als lebenspendendem Heilsbringer in einer zyklischen Vegetation. Da die meisten Psalmen von der Uppsala Schule vorexilisch datiert werden, wird hier eine messianische Komponente im Sinne eines zyklischen Heilsverständnisses sehr früh alttestamentlich verortet.

Der Norweger Sigmund Mowinckel greift diesen Ansatz auf, wenn er den Sitz im Leben einiger Psalmen bei dem sog. Thronbesteigungsfest JHWHs verortet, was am Neujahrsfest begangen wurde.

Martin Noth kritisiert an der Uppsala Schule den universalen Anspruch eines einheitlichen Schemas, das für den gesamten Alten Orient gelten soll. Doch gerade diese Zusammenschau größerer Kontexte auf der Suche nach einem einheitlichen Grundschema, hat der alttestamentlichen Exegese fruchtbare Auseinandersetzungen geliefert.

Literaturverzeichnis

  • Bertholet, A., 1919, Kulturgeschichte Israels, Göttingen.
  • Engnell, I., 1943, Studies in Divine Kingship in the Ancient Near East, Uppsala.
  • Hooke, S.H., 1933, Myth and Ritual, London.
  • Hooke, S.H., 1958, Myth, Ritual and Kingship, London.
  • Kraus, H.-J., 2. Aufl. 1982, Geschichte der historisch-kritischen Erforschung des Alten Testaments, Neukirchen-Vlyn.
  • Mowinckel, S., 1953, Religion und Kultus, Göttingen.
  • Mowinckel, S., 1952, Zum israelitischen Neujahr und zur Deutung der Thronbesteigungspsalmen, Oslo.
  • Noth, M., 1950, Gott, König, Volk im Alten Testament, ZThK 47 (1950), 157-191.
  • Ringgren, H., 1953, König und Messias, ZAW 64/ NF23.
  • Widengren, G., 1941, Uppsala Universitets Arsskrift, Psalm 110 och det sakrala kungadömet i Isarel“, Uppsala.
  • Widengren, G., 1955, Sakrales Königtum im Alten Testament und im Judentum, Stuttgart.

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