Heilige Hochzeit
(erstellt: April 2011)
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1. Definitionen des Begriffs
Der Begriff „Heilige Hochzeit“ bezieht sich ursprünglich auf die griechische Vorstellung vom hieros gamos, welche die Vermählung des Himmelsgottes Zeus mit der Erdgöttin Hera als eine Theogamie („Götterhochzeit“) beschreibt (zu den acht Belegen des Begriffs vgl. Avagianou 1991, 19-24). Homer erzählt den Mythos zwar (vgl. Ilias 14, 159-360; Text gr. und lat. Autoren
Die Religionswissenschaft des 19. und frühen 20. Jh.s übertrug im Gefolge von James George Frazer (1854-1941) den Begriff unkritisch auch auf andere Kulturen, verwendete „Heilige Hochzeit“ für jegliche sexuelle Handlung im religiös-rituellen Rahmen und deutete sie fast ausschließlich als sympathetischen oder imitativen Ritus zur Hervorbringung von Fruchtbarkeit. Während die Forschung bis in die 1960er Jahre diesem Paradigma folgte (zur Forschungsgeschichte vgl. Renger in RLA 4, 251-255), argumentieren neuere Studien differenzierter und kulturspezifischer. Forschende der klassischen Philologie und der Altorientalistik plädieren dafür, hieros gamos als terminus technicus nur für eine kultisch nachvollzogene Vereinigung zu verwenden, wobei in der griechischen Kultur die Hochzeit von Zeus und Hera, in der mesopotamischen Kultur die Verbindung von Inanna und Dumuzi als herausragende Beispiele gelten. Diese enge Definition übergeht jedoch das Problem, dass die Rekonstruktion von Ritualen anhand inschriftlicher und bildlicher Quellen nicht immer eindeutig ist und Vorstellungen einer „geheiligten“ Sexualität oder einer Verbindung von Menschheit und Gottheit zum Kontext der Götterhochzeit gehören. Dem Vorschlag Ruben Zimmermanns (2001, 65) folgend, wird in diesem Artikel deshalb der Begriff „Heilige Hochzeit“ in einem weiteren religionswissenschaftlichen Sinn sowohl für die kultisch nachvollzogene oder symbolische geschlechtliche Vereinigung zweier Gottheiten (Theogamie) als auch für die rituell nachgeahmte sexuelle Verbindung zwischen einer Gottheit und einem menschlichen Wesen verwendet, allerdings von der sog. Kultprostitution unterschieden (s.u. 3.1.).
2. Text- und Bildquellen sowie ihre Deutung
2.1. Mesopotamien
Eindeutige Belege für ein Ritual der Heiligen Hochzeit sind auf die Wende vom 3. zum 2. Jt. v. Chr. und die Region Sumer begrenzt. Drei Kultlieder aus der Zeit der III. Dynastie von Ur (2112–2004 v. Chr. nach der mittleren Chronologie) und der Dynastie von Isin (2017–1794 v. Chr.) beschreiben die sexuelle Vereinigung der Stadtgöttin von Uruk, Inanna, und des legendären Stadtfürsten Dumuzi (SRT I = Iddin Dagan A [E. Chiera, Sumerian Religious Texts]; TLB 2 Nr. 2 [Tabulae Cuneiformes a F.M.Th. de Liagre Böhl Collectae Leidae Conservatae]; CT 42 Nr. 4 [Cuneiform Texts from Babylonian Tablets in the British Museum]). Dumuzis Rolle übernimmt im Kult der jeweilige Herrscher von Ur bzw. Isin (z.B. im Text Iddin Dagan A; TUAT II, 659-673, bes. Z. 180-193). Der genannte Text erwähnt auch Musiker, Kultpersonal der Inanna und das Volk als Festteilnehmer. Nach der sexuellen Vereinigung entscheidet Inanna über das Schicksal des Königs; anschließend findet ein Festmahl statt. Die Kultlieder beschreiben wohl ein Ritual, mit dem die Stadtkönige ihre Herrschaft, vielleicht sogar ihre Vergöttlichung (von den Königen Schulgi und Ischbi-Erra wird eine postmortale Aufnahme in den Himmel erzählt) zu legitimieren suchten. Dazu gehört, dass der Herrscher eine stabile und dauerhafte Verbindung zwischen sich und den Gottheiten bzw. der göttlichen Weltordnung aufbauen kann. In Hymnen und Bauinschriften bezeichnen sich die Stadtfürsten als Gemahl (dam) der Inanna. Wer die Göttin im Ritual vertrat, ist unklar, da der in den Liedern gebrauchte, sumerische Begriff NU.GIG sowohl für eine Inanna-Priesterin als auch für die Göttin selbst verwendet wird. Umstritten ist auch, ob eine sexuelle Vereinigung tatsächlich vom König und einer Priesterin vollzogen oder durch Rezitation der Kultlieder vor der Kultstatue nur symbolisch angedeutet wurde (so Lapinkivi 2008, 27). Es wird vermutet, dass das Ritual der Heiligen Hochzeit auf mythische Traditionen der Stadt Uruk in frühdynastischer Zeit zurückgeht, denn der Gründer der Ur-III-Dynastie, Ur-Nammu, stammt aus Uruk.
In die Ur-III-Zeit datieren auch 27 Liebeslieder, in denen Inanna ihre Liebe zu Dumuzi besingt und der Geliebte ihr antwortet (vgl. die englische Übersetzung eines solchen Liedes in CScr 1.169, 540-542). Inanna / Ischtar ist die Göttin der Liebe und des Krieges; sie wird in den Liebesliedern „Herrin des Himmels“, „Jungfrau“ und „Prostituierte“ sowie „Gemahlin“ und „Unverheiratete“ genannt, vereint also gegensätzliche Aspekte.
Die sumerische Überlieferung von Inanna / Dumuzi wurde von Frazer, Jacobsen u.a. mit weiteren Inanna-Texten (z.B. Inannas Gang zur Unterwelt, vgl. TUAT III, 458-495) und Klageliedern, die u.a. Dumuzis Verschwinden erwähnen (sog. eršemma- und balag-Kompositionen), verbunden und als Mythos vom sterbenden und auferstehenden Gott gedeutet. Demnach sei Dumuzi ein Vegetationsgott, dessen Hochzeit mit Inanna das Sprießen der Vegetation im Frühjahr in Gang setze und dessen Tod mit dem Absterben der Pflanzen in der Sommerhitze korreliere. Frazer argumentierte für eine durchgängige Überlieferung dieses Mythos von Inanna und Dumuzi alias Ischtar und Tammuz alias Aphrodite und Adonis alias Isis und Osiris, ohne die kulturell und regional unterschiedlichen Vorstellungen und Riten bezüglich der genannten Götterpaare zu beachten. Die neuere Forschung hat jedoch gezeigt, dass die Heilige Hochzeit nicht generell als Fruchtbarkeitsritus verstanden werden kann, sondern regional und zeitlich unterschiedliche Funktionen hat (ausführlich Alster in DDD, 828-834).
Im 1. Jt. v. Chr. ist in Assyrien und Babylonien nur die Theogamie belegt, die nach Ausweis von Briefen, Königsinschriften, kultischen und Verwaltungstexten im Kult zwar durch Rezitation von Texten aktualisiert, aber nicht rituell nachgeahmt bzw. aufgeführt wird. Das Ritual des Akītu-Festes, des babylonischen → Neujahrsfestes
Im Zuge der These, dass die Heilige Hochzeit ein Kulturen und Zeiten übergreifendes Ritual gewesen sei, wurden Darstellungen heterosexuellen Geschlechtsverkehrs auf Siegeln, Siegelabdrücken, Platten und Bleiplaketten mit diesem Ritual in Verbindung gebracht (für eine Liste von Funden bis 1970 vgl. Cooper in RLA 4, 259-269).
Sie reichen von Stempelsiegelabdrücken aus Tepe Gawra am Oberlauf des Tigris (Anfang 3. Jt. v. Chr.) und Siegeln aus dem Friedhof von Ur in frühdynastischer Zeit (2900-2600 v. Chr.) bis zu altbabylonischen Rollsiegeln und Tonreliefs (1900-1530 v. Chr.) sowie mittelassyrischen Bleiplaketten aus dem alten Palast der Stadt Assur und dem neuen Regierungssitz Tikulti-Ninurtas I. (1244-1208 v. Chr.; vgl. Winter, 1987, Abb. 352-353). Mit Urs Winter (1987, 367) ist jedoch zu betonen, dass sich die Ikonographie eigenständig entwickelte und nicht ohne Weiteres mit Hilfe von Texten erklärt werden kann. Die Mehrzahl der Siegel und Siegelabdrücke mit deutlicher Darstellung des erigierten Phallus und manchmal betont provokativer Position der Frau stellen wohl menschliche Sexualakte im häuslichen Umfeld dar, da jegliche Götterattribute oder priesterliche Insignien der Personen fehlen (Cooper in RLA 4, 265; vgl. Winter 1987, Abb. 340-350). Sie symbolisieren eher die Leben schaffende Potenz menschlicher Sexualität, als dass sie auf ein heiliges Hochzeitsritual verweisen.
Darstellungen eines sexuell aktiven Paares auf einem Bett aus frühdynastischer Zeit (Winter 1987, Abb. 356-358) und altbabylonischer Zeit (Winter 1987, Abb. 360.362), sowie ein singuläres zyprisches Stück (ca. 15. Jh. v. Chr., Winter 1987, Abb. 366; hier Abb.1) erinnern an das in Texten zur Heiligen Hochzeit häufiger genannte Bett als Liebeslager.
Auf einigen Koitus-Szenen ist jedoch als Nebenmotiv ein → Skorpion
Streng genommen gehört auch die kosmologische Vorstellung der uranfänglichen sexuellen Vereinigung von Himmel und Erde in den Bereich der Heiligen Hochzeit. Sie wird in sumerischen und babylonischen Texten als Verbindung von An / Anu (Himmel) und Ki / Uraš (Erde) bzw. Antu beschrieben: Im Prolog des Streitgesprächs zwischen Holz und Rohr (Z. 4-9; vgl. TUAT III, 358) entstehen so die Pflanzen, im Erra-Epos (I Z. 28f, vgl. TUAT III, 784) sieben Gottheiten. Zwar wird der Gott An bereits in der Mitte des 3. Jt.s auf einer Götterliste aus Fara genannt und steht in der Ur-III-Zeit und der altbabylonischen Zeit an der Spitze des sumerischen Pantheons. Die berühmten sumerischen und babylonischen Schöpfungsepen erzählen jedoch die Entstehung der Gottheiten nicht (Atramchasis, 18. Jh. v. Chr., vgl. TUAT III, 618; KAR 4 [E. Ebeling, Keilschrifttexte aus Assur religiösen Inhalts], vor 1600 v. Chr., vgl. TUAT III, 606) oder auf andere Weise (Enuma Elisch, um 1250 v. Chr., vgl. TUAT III, 569f), auch wenn sie gelegentlich von Götterpaaren sprechen, die andere Gottheiten zeugen (z.B. Enki und Ninmach Z. 4f, TUAT III, 388). Die Heilige Hochzeit von Himmel und Erde ist eine Variante der Schöpfungsmythen unter vielen (→ Schöpfung
2.2. Ägypten
In der ägyptischen Kunst werden die weibliche Himmelsgöttin (Nut) und der männliche Erdgott (Geb) u.a. auch anthropomorph und nach der sexuellen Vereinigung dargestellt (Keel / Schroer 2002, 115f mit Abb.). In der Götterneunheit von → Heliopolis
Näher an eine Verbindung von Gott und Mensch reicht die ägyptische Vorstellung von der göttlichen Abstammung des Pharao, der seit der 5. Dynastie (ca. 2500-2350 v. Chr.) als Sohn des Sonnengottes Ra bzw. Re tituliert wird (→ Königtum in Ägypten
Es ist jedoch umstritten, ob diese Vorstellung der Königsideologie (→ Königtum
In ägyptischen Tempeln der hellenistisch-römischen Zeit ist ein sog. Geburtshaus (Mammisi) belegt, in dem mit demselben Bilderzyklus nicht mehr die Geburt des Pharaos, sondern des Götterkindes der lokalen Göttertriade dargestellt wird. In der Spätzeit wurde diese Theogamie, wohl unter dem Einfluss anderer hellenistischer Mysterienkulte, in einer Art Mysterienspiel als die „Geburt Gottes“ aufgeführt (Brunner 1964, 200).
Die göttliche Legitimation des Königs wird darüber hinaus im Opet-Fest thematisiert, das im 2. Monat der Nilschwemme eine Prozession des Amun-Schreins zwischen den Tempeln in Luxor vorsieht, und im Sed-Fest, das die Erneuerung der königlichen Lebenskraft nach 30 Regierungsjahren vollzieht. Bei beiden Festen ist bisher ein Ritual der Heiligen Hochzeit nicht nachweisbar (Rikala 2008, 129.131).
2.3. Syrien-Palästina
Aus der syrischen Stadt → Emar
In der altsyrischen Glyptik (18./17. Jh. v. Chr.) findet sich das Motiv einer weiblichen Gestalt mit Götterattribut, die stehend einen Gott oder Fürsten umarmt und sein Handgelenk ergreift (Winter 1987, Abb. 370.373.375.378). Es ist in eine Szene eingebunden, die durch flankierende Gottheiten und Nebenmotive wie Tierjagd, Löwen oder Bankett auf kultische Zusammenhänge oder eine Theogamie verweist, wie auch ein besonders motivreiches altsyrisches Siegel zeigt.
Da die altsyrische Glyptik auch die Szene der Begegnung des → Wettergottes
Als isoliertes Motiv und ohne jegliche Götterattribute findet sich auf etwas später zu datierenden Skarabäen aus Palästina ein nur angedeuteter Geschlechtsakt, der von Silvia Schroer (2008, 256) aufgrund der Bekleidung der Figuren als rituell „gespielte“ Nachahmung der Theogamie des Wettergottes und seiner Partnerin gedeutet wird.
Götterpaare und deren sexuelle Vereinigung sind in den Epen aus der syrischen Stadt → Ugarit
Im aramäischen, in demotischer Schrift geschriebenen Papyrus Amherst 63 (4. Jh. v. Chr.) aus Oberägypten findet sich einer Vorabveröffentlichung von Richard C. Steiner zufolge (1991, 362f) ein Textstück, das an das Ritual des neubabylonischen Akītu-Festes erinnert. Es beschreibt eine Zeremonie, die eine Heilige Hochzeit der Göttin Nanaya mit einem ungenannten Liebhaber, der den Titel „König“ trägt, enthält und mit dem Versprechen des Königs endet, die Hauptstadt von rš wiederaufzubauen. Steiner identifiziert rš mit einer Gegend zwischen Babylonien und Elam und schließt aus weiteren Stellen des Papyrus, dass seine Verfasser vor ihrer Ansiedlung in Oberägypten von Assurbanipal nach Samaria deportiert worden waren (vgl. 2Kön 17,33
2.4. Griechenland
Die Belege für die Theogamie wie für die göttlich-menschliche Vereinigung in den Epen Homers (s.o. 1.) geben Mythen wieder. Im athenischen Fest der Theogamia, das die Verbindung von Zeus und Hera feiert, wird der Mythos zur Festlegende. Belegt sind ein Ferkelopfer für Zeus Heraios und Festmähler, aber nicht, dass die Theogamie des Götterpaares beim Fest rituell nachvollzogen wurde. Der Festmonat der Theogamia, Gamelion, wurde zum beliebten Datum für Eheschließungen. Diodor erzählt jedoch (Weltgeschichte 5,72,4; 1. Jh. v. Chr.), dass in einem Tempel auf Kreta die Hochzeit von Zeus und Hera in einem jährlichen Fest „nachgeahmt werde“ (apomimeisthai), wie sie gemäß der Überlieferung ursprünglich stattfand. Das könnte auf einen kultischen Vollzug der Theogamie verweisen.
Auf dem östlichen Parthenon-Fries der Athener Akropolis (entstanden ca. 440 v. Chr.) sind Zeus und Hera als vertrautes, verheiratetes Paar auf einer Kline sitzend dargestellt, wobei Hera ihr Haupt entschleiert (Avagianou 1991, 95, fig. 33). Ein Holzrelief des Heraions auf Samos (620-610 v. Chr.) zeigt, wie Zeus Hera umarmt und ihre entblößte Brust ergreift, während die Göttin sein Handgelenk fasst (Avagianou 1991, 67, fig. 3). Darüber hinaus finden sich Einzelszenen wie ein sich umarmendes Paar, die Prozession der Hochzeitspartner, die Selbstentschleierung der Braut vor dem Bräutigam und das Fassen der Handgelenke auf schwarz- und rotfigurigen Vasen, Elfenbeinen und Tonplaketten, wobei nicht immer deutlich ist, ob Gottheiten oder menschliche Partner dargestellt sind (Belege in Avagianou 1991, 75-101.182-192).
In ionischen Siedlungsgebieten ist außerdem das Frühlingsfest Anthesteria, ein karnevaleskes Fest zu Ehren des Weingottes Dionysos, belegt. Am zweiten Tag wird dabei in Athen die Ankunft des Gottes gefeiert, auf die seine (nächtliche) Hochzeit mit der Basilinna, der Ehefrau des Archon Basileus genannten obersten Beamten, im Bukolion (Festhaus) der Agora folgt. Aristoteles (Athenaion politeia 3,5) spricht im Blick auf das Fest von symmeixis „Geschlechtsakt“, (Pseudo-)Demosthenes (oratio 59,73-78) von „als Frau weggeben“, aber der Ritualablauf ist unbekannt. Gegen die bisherige Forschung argumentiert Aphrodite Avagianou (1991, 177-198), es handle sich hierbei nicht um eine Heilige Hochzeit, weil die Vereinigung in den Quellen nicht hieros gamos genannt werde. Avagianou (2008, 148-150) grenzt die Heilige Hochzeit im griechischen Kulturkreis auf die Theogamie zwischen Zeus und Hera sowie Hades und Kore / Persephone ein. Diese basiere auf irdischen Hochzeitsriten, setze aber die Göttlichkeit beider Partner voraus und initiiere eine dauerhafte Eheverbindung, stelle also keinen jahreszeitlichen oder Fruchtbarkeitsritus dar. Freilich erscheint im Kontext der sonst verwendeten Definition gerade die im Fest aktualisierte Begegnung zwischen der Basilinna und Dionysus als eine Heilige Hochzeit, insofern es sich um eine Verbindung von menschlichem und göttlichem Partner handelt. Die ikonographischen Belege auf griechischen Vasen unterstreichen die Bedeutung des Festes. So ist die Szene des Wegführens der Basilinna zur Hochzeit mit Dionysos ebenso belegt wie die Ankunft des Dionysos im Bukolion (Belege in Avagianou 1991, 182-192).
3. Heilige Hochzeit in der Bibel?
3.1. Im Alten Testament
3.1.1. Heilige Hochzeit und kultische Prostitution
Von Vorstellung und Ritual der Heiligen Hochzeit strikt zu unterscheiden ist die sakrale oder Kultprostitution, von der Herodot (5. Jh. v. Chr.) und spätere antike Schriftsteller behaupten, sie sei in Aphrodite-Tempeln in Babylonien gängige Praxis gewesen (→ Hure / Hurerei
3.1.2. Gen 6,1-4
Gen 6,1-4
In hellenistisch-jüdischen und apokalyptischen Schriften wird Gen 6,1-4
3.1.3. Hoheslied
Unter dem Einfluss der These Frazers hat Hartmut Schmökel (1956, 6-21.27-36) die Ausbreitung der Vorstellung der Heiligen Hochzeit Inannas mit Dumuzi, den er als Gott und damit als Vorläufer des Tammuz versteht, bis nach Syrien-Palästina des 1. Jt.s v. Chr. behauptet und das → Hohelied
Eine mythische Dimension der im Hohenlied gepriesenen erotischen Ausstrahlung der Geliebten ist jedoch in der reichen Metaphorik noch ersichtlich, die beispielsweise auf → Tauben
3.1.4. Ps 45
Der mit „Liebeslied“ (V. 1) überschriebene, an den König gerichtete (V. 2) Psalm besingt die Schönheit und Macht des israelitischen Königs und seiner Gemahlin, die unter Jubelrufen in den königlichen Palast einziehen (V. 16). Vertreter der so genannten „Myth and Ritual School“ (→ Uppsala Schule
3.1.5. Ehemetaphorik bei den Propheten
Bei → Hosea
3.1.6. Brautmetaphorik in weisheitlichen Schriften
Die nachexilische israelitische Weisheitsliteratur personifiziert die Weisheit als schöne und kluge Frau (Spr 1-9
Die Beziehung zwischen dem Weisheitssuchendem und der Weisheit erhält in den Weisheitsschriften aus hellenistischer Zeit noch stärker erotische Züge: So wird in → Jesus Sirach
3.1.7. Fazit
Insgesamt ist festzuhalten, dass es nach Ausweis der alttestamentlichen Texte in Israel und Juda des 1. Jt.s kein Ritual der Heiligen Hochzeit gegeben hat. Die Verfasser einiger alttestamentlicher Schriften scheinen Vorstellungen aus dem Kontext der Heiligen Hochzeit zu kennen, ordnen diese aber anderen Aussagezielen unter. Die Charakterisierung JHWHs als Gottheit ohne Partnerin und schließlich als einzige Gottheit sowie die Trennung von Kult und Sexualität in exilisch-nachexilischen Texten stand einer Integration der Theogamie-Mythen und des Rituals der Heiligen Hochzeit in den JHWH-Glauben entgegen.
3.2. Im Neuen Testament
Ähnlich wie in der prophetischen und weisheitlichen Literatur und wohl unter deren Voraussetzung werden auch im Neuen Testament Braut- und Hochzeitsmetaphorik verwendet. Auch diese Metaphorik basiert jedoch nicht auf der Vorstellung einer Heiligen Hochzeit, sondern ähnlich vor allem den Weisheitsschriften auf Alltagsvorstellungen zur Ehe, welche metaphorisch das Verhältnis zwischen Christus und Gemeinde umschreiben. Paulus etwa greift in 2Kor 11,2
Die Metapher von Jesus als Bräutigam (Mk 2,18-20
Das Motiv des eschatologischen Hochzeitsmahles im Gleichnis von der königlichen Hochzeit (Mt 22,1-14
Die durch den Geist Gottes gewirkte Schwangerschaft Marias (Mt 1,18-25
Literaturverzeichnis
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- Zimmermann, R., 2001, Geschlechtermetaphorik und Gottesverhältnis. Traditionsgeschichte und Theologie eines Bildfelds im Urchristentum und antiker Umwelt (WUNT 2/122), Tübingen
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- Bettszene mit Skorpion (Rollsiegel; mittelsyrisch, 15. Jh.). Aus: U. Winter, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1983, Abb. 366; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Szene der Vereinigung Amun-Res (rechts) und der Königin Mutemweje (links), die sich zärtlich berühren; unten unterstützend die Göttinnen Neith und Selkis (Relief im Tempel Amenophis’ III., 1417-1377 v. Chr., in Luxor). © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2005)
- Bett- und Bankettszene (altsyrisches Rollsiegel; 18. Jh. v. Chr.). Aus: U. Winter, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1983, Abb. 379; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Die sich entschleiernde Göttin trifft den Wettergott (altsyrisches Rollsiegel; 18. Jh. v. Chr.). Aus: U. Winter, Frau und Göttin. Exegetische und ikonographische Studien zum weiblichen Gottesbild im Alten Israel und in dessen Umwelt (OBO 53), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1983, Abb. 269; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
- Angedeuteter Geschlechtsakt (Rollsiegel aus Palästina; MBZ IIB, 1700-1550 v. Chr.). Aus: Schroer 2008, Abb. 493; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz
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