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Dekalog / Zehn Gebote (AT)

(erstellt: Mai 2007; letzte Änderung: August 2012)

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1. Altes Testament

1.1. Bezeichnung, Bezeugung und Ort im biblischen Kontext

Dekalog Abb 01 06Jh Sinai Katharin

(1) Dekalog („Zehn Worte“) heißt seit Irenäus (Adverses Haereses 4, 15; Bibliothek der Kirchenväter) und Ptolemäus Gnosticus (Epistula ad Floram 3, 2) eine Reihe von Verboten und Geboten, die sowohl in Ex 20 als auch in Dtn 5 überliefert worden ist. Dtn 4,13 und Dtn 10,4 bezeichnen diese Reihe als „die zehn Worte“. Die griechische Übersetzung der Septuaginta übersetzt die Wendung in Dtn 10,4 wörtlich mit hoi déka lógoi (> Dekalog). Von Dtn 10,4 ist die Bezeichnung in die Sinaiperikope gelangt: Ex 34,28 identifiziert „die Worte des Bundes“ mit den auf Tafeln geschriebenen Worten und diese mit den zehn Worten; denn andere Worte auf Tafeln kennt die Tradition nicht.

(2) Die älteste handschriftliche Bezeugung des Dekalogstextes findet sich auf dem Papyrus Nash aus dem 2./1. Jh. v. Chr., der – leicht beschädigt – einen Mischtext beider Fassungen von Ex 20 und Dtn 5 mit zahlreichen orthographischen Varianten sowie das Schema Jisrael (Dtn 6,4-5) mit einer im masoretischen Text fehlenden, aber aus der Septuaginta bekannten Einleitung enthält (dazu Peters 1905). Diese Kombination weist auf liturgisch-katechetischen Gebrauch des Dekalogs im Judentum des zweiten Tempels hin (s.u. 2.4.).

(3) Der Dekalog erscheint in Ex 20 als erstes Gotteswort am → Sinai und als einziges, welches das Volk ohne den Mittler → Mose aus Gottes Mund unmittelbar vernimmt. Schon dadurch ist er aus allen anderen Willensoffenbarungen Gottes herausgehoben. Er begegnet überdies fast wortgleich noch einmal in Dtn 5, der Abschiedsrede des Mose jenseits des Jordan im Lande Moab. Hier erinnert Mose in einem großen Rückblick auf die Ereignisse am Sinai / Horeb daran, dass Gott mit dem Volk „von Angesicht zu Angesicht“ (Dtn 5,4) geredet habe. Die halbe → Kanonformel und die Verschriftung auf zwei steinerne Tafeln durch Gott selbst (Dtn 5,22) bekräftigen Abgeschlossenheit („... er tat nichts hinzu“) und Rang des Dekalogs (er ist das einzige Dokument, das Gott jemals geschrieben hat, vgl. Ex 24,12; Ex 31,18; Ex 34,28). Außerdem sollen allein jene Tafeln in die → „Lade des Bundes“ gleichsam als dessen „Urkunde“ gelegt werden, während das von Mose geschriebene „Buch des Bundes“ (= das → Deuteronomium) nur neben der Lade als Auslegung des Dekalogs Platz findet (Dtn 31,24-27). Schließlich regelt das Überschriftensystem im Buch Dtn den Geltungsbereich der zehn Worte so, dass allein sie überall und unbeschränkt Geltung beanspruchen, während Dtn 12,1 die darauf folgenden Gesetze an das Land westlich des Jordans bindet. Doppelte Überlieferung am Sinai und im Lande Moab, Vorordnung des Dekalogs vor alle Gesetze, Unmittelbarkeit der Willenskundgabe Gottes, Verschriftung durch Gott selbst, Urkunde des Bundes und unbeschränkter Geltungsbereich markieren die einzigartige Stellung des Dekalogs in der Bibel.

1.2. Form und Funktion

Schon immer ist die formale Unausgeglichenheit und Vielfalt des Dekalogs aufgefallen. Neben Verboten (Prohibitive) stehen Gebote (Injunktive: Elternehrung und Sabbat), neben langen Satzgebilden mit Erläuterungen (Ex 20,4b.10b), Begründungen (Ex 20,5b-6.7b.11) oder Motivationen (Ex 20,12b) finden sich objektlose Kurzprohibitive (du sollst nicht töten, ehebrechen, stehlen). Nur der erste Teil (Ex 20,2-6) ist eindeutig als Gottesrede formuliert, während in v7-12 von Gott in dritter Person gesprochen wird und v13-17 indifferent bleiben, obwohl doch der Kontext den Dekalog insgesamt als Gottesrede einführt (vgl. Ex 20,1 mit Dtn 5,5.22). Diese formale Inhomogenität hängt mit der Verschiedenartigkeit der vorgegebenen Materialien zusammen, die im Dekalog verarbeitet worden sind (s.u. 1.6.).

Die im Dekalog gebrauchten Formen stammen nicht aus dem Rechtsleben. Er enthält weder Rechtssätze noch Tat-Folge-Bestimmungen. Mit dem Dekalog in der Hand kann kein Richter Recht sprechen. Er gehört deshalb nicht zum Recht, sondern zum Ethos und zur Gesittung. Er begründet das, was allem → Recht vorausliegt und ohne dessen prinzipielle Anerkennung es kein Recht gibt. Insofern hat er auch regulative Funktionen für das Recht. Gegen die Beheimatung des Dekalogs in einem genuin israelitischen Gottesrecht (dem sog. apodiktischen Recht: Alt 1968, 278-332) haben Fohrer (1969, 120-148) und Gerstenberger (1965) gezeigt, dass die Prohibitive und Injunktive als allgemeine Verhaltensregeln anzusehen sind, die ihre Heimat im Sippenethos und ihre nächsten Verwandten in der altorientalischen Weisheitsliteratur haben.

Der Prohibitiv (lo’ + Indikativ „du sollst nicht …“) stellt im Hebräischen die stärkste Form der Verneinung dar. Er verbietet, was auf gar keinen Fall sein soll. Deshalb wird eine indikativische Übersetzung mit „du wirst nicht …“ seiner Intention nicht gerecht.

Thematisch verwandte Reihenbildungen finden sich auch anderwärts im Alten Orient, so als „Negatives Sündenbekenntnis“ (mit vornehmlich magischer Funktion) im ägyptischen → Totenbuch (Spruch 125 [in: TUAT II/4, 511-514]) oder als negativ zu beantwortende Fragenkataloge in mesopotamischen Dämonenbeschwörungen (z.B. Serie Šurpu [in: AOT, 324f]). Sie gehen allerdings weit über die Zehnzahl hinaus, sind formal ganz anders stilisiert und erfüllen Funktionen in magischen Zusammenhängen. Sie tragen deshalb zum Verständnis des Dekalogs nichts bei. Sachliche Berührungen gibt es ohnehin nur mit den Geboten der sog. zweiten Tafel des Dekalogs.

1.3. Zehnzahl und Tafeln

Die Bezeichnung als Zehnwort und das Motiv, dass der Dekalog auf zwei Tafeln geschrieben ist, stammen aus Dtn 4,13; Dtn 5,22; Dtn 9,7-10,5. Sie sind von dort in die Sinaiperikope des Buches → Exodus eingetragen worden. Die Reihe und die wohl mnemotechnisch veranlasste Zehnzahl ihrer Glieder dürften indes älter als die Bezeichnung und das Tafelmotiv sein. Zehnzahl und Tafelmotiv suggerieren eine Ordnung. Aber sie führen für sich genommen zu keinen überzeugenden Ergebnissen. Denn nirgendwo im Alten Testament findet sich eine eindeutige Verteilung der Sätze auf zehn Worte, noch der zehn Worte auf die beiden Tafeln. Zählt man die unverbundenen Verbots- und Gebotssätze, kommt man weder in Ex 20 noch in Dtn 5 auf „zehn Worte“, sondern auf 13 plus Selbstvorstellung Gottes, die im Judentum stets als „Gebot“ (miṣwāh) verstanden worden ist. In der Gesamtzahl der 613 Gebote des jüdischen Religionsgesetzes ist der Dekalog mit 14 miṣwôt („Geboten“) enthalten. Hinzu kommt das doppelte Akzentsystem, mit dem die Masoreten den Dekalog in beiden Fassungen versehen haben. Das eine entspricht der Verseinteilung, das andere markiert jedoch Sinneinheiten: in Ex 20 nur neun, in Dtn 5 dagegen zehn. Zwar haben die Masoreten in beiden Fassungen Fremdgötter- und Bilderverbot zu einer Sinneinheit zusammengefasst; denn sie allein ergehen in Gottesrede (bab. Talmud, Traktat Makkot 24a; Text Talmud 2). Aber in Dtn 5 haben sie das Verbot des Begehrens entsprechend den verschiedenen Verben in zwei zerlegt. Kein Wunder, dass die Zählung der Gebote des Dekalogs und deren Verteilung auf die beiden Tafeln in den verschiedenen jüdischen und christlichen Traditionen sehr unterschiedlich ausfallen (vgl. Reicke 1973):

Die Masoreten haben in Ex 20 nur nach dem Verbot des Missbrauchs des Gottesnamens und am Schluss eine → Parasche gesetzt, folglich in I – III und IV – X verteilt. Diese Anordnung hat sich jedoch im Judentum nicht durchgesetzt.

Das rabbinische Judentum und der Talmud verteilen Ex 20,2-12 als I – V auf die erste und Ex 20,13-17 als VI – X auf die zweite Tafel. Sie zählen den Prolog als erstes Wort, fassen Fremdgötter- und Bilderverbot als zweites zusammen und müssen dann die beiden Verbote des Begehrens als ein Wort zählen, um bei der Zehnzahl zu bleiben. Die Worte der ersten Tafel (vom Prolog bis zur Ehrung der Eltern) ordnen das Verhältnis zu Gott, die der zweiten Tafel das zum Nächsten.

Das hellenistische Judentum, → Philo und → Josephus sowie die Alte Kirche, aber auch die Griechisch-Orthodoxen, die Reformierten und die Anglikaner nehmen die Selbstvorstellung Gottes für sich und stellen sie als Prolog voran. Sie zählen Fremdgötter- und Bilderverbot als erstes und zweites Gebot und müssen dann gleichfalls die beiden Verbote des Begehrens zusammenlegen. Sie ordnen beide Tafeln zu 4 + 6 bzw. – sofern sie das Gebot der Elternehrung zur ersten Tafel rechnen – zu 5 + 5 Geboten (Gott und Welt).

Origenes, → Augustinus, die römisch-katholische Kirche und Luther verbinden entweder Fremdgötter- und Bilderverbot zum ersten Gebot (Augustinus) oder streichen das Bilderverbot ganz (Luther; s.u.), müssen dann jedoch das Verbot des Begehrens in zwei zerlegen, um auf die Zehnzahl zu kommen. Am einflussreichsten ist die Disposition Augustins geworden, der die Gebote mit Hilfe des Doppelgebots der Liebe (Mk 12,29-31) ordnet: In I – III (Fremdgötter – Sabbat) gehe es um die Liebe zu Gott, in IV – X (Eltern – Begehren) um die Liebe zum Nächsten.

1.4. Komposition

Beide Dekalogfassungen unterscheiden sich durch kleine Besonderheiten, welche die weitgehend parallelen Texte sehr unterschiedlich strukturieren.

In der Fassung Ex 20 heben sich Ex 20,2-6 als ein breit ausgestalteter Eingangsteil dadurch ab, dass sie durchgehend als Gottesrede formuliert sind (vgl. das letzte Wort in Ex 20,6 mit dem von Dtn 5,10). Die Huldformel „Ich bin Jahwe, dein Gott“ (v2) bildet mit v5b eine Klammer. Die Herausführung aus Ägypten und Gottes Eifersucht rahmen Fremdgötter- und Bilderverbot. Das in Gottes Befreiungstat („… der ich dich herausgeführt habe aus dem Lande Ägypten, aus dem Sklavenhause“) eröffnete exklusive Verhältnis („Ich bin Jahwe, dein Gott …“) zielt aufs Ganze und gestattet keine Freiräume der Beliebigkeit. Die persönliche Zuneigung („dein Gott“) wartet auf eine entsprechende Antwort („mich lieben und meine Gebote halten“). Der gesamte Eingangsteil zielt also auf den Gehorsam gegenüber dem Gesetz als Gestalt der Liebe zu Gott. Nicht „Freiheit von …“, sondern persönliche und ausschließliche „Bindung an“ diesen Gott heißt der Ton, auf den jener Eingang gestimmt ist. Das schließt die Verehrung aller anderen Gottheiten in ihren Kultbildern aus. Die Pronominalobjekte in v5a („… nicht sie anbeten und nicht ihnen dienen“) beziehen sich auf die „anderen Götter“ in v3 zurück und binden so Fremdgötter- und Bilderverbot zu einem Verbot zusammen.

Ex 20,7-17 verlassen die Gottesrede. Dieser Wechsel zeigt den Unterschied zwischen dem Hauptgebot und allen anderen an (Perlitt 1969, 86f). Was folgt, entfaltet die ausschließliche Bindung – in v7-11 mit Gottes Namen und Sabbat gegenüber Gott, in v12-17 mit Eltern und Nächstem gegenüber dem Mitmenschen.

Ex 20,7-11 werden zunächst durch die thematische Ausrichtung auf Gott zusammengehalten (Gottes Name und Zeit für Gott). Sodann begegnen nach dem Eingangsteil nur hier Gebotsbegründungen (v7b.11). Schließlich wird die Abfolge Verbot (Gottes Name) – Gebot (Sabbat) in v12-17 mit Gebot (Ehrung der Eltern) – Verbot (Kurzprohibitive zum Schutz des Nächsten) umgekehrt wieder aufgenommen. Gott (v7-11) und Mitmensch (v12-17) stehen dem im Dekalog angeredeten Du gegenüber. Die Gottesliebe (v6) realisiert sich im Halten der Gebote gegenüber Gott (v7-11) und den Mitmenschen (v12-17). Der Dekalog beginnt mit Gottes „Ich“, und er endet mit „… dein Nächster“. Sein erstes und sein letztes Wort beschreiben den Horizont, in dem der Mensch sein Leben bewährt oder verfehlt.

Der Dekalog in der Ex-Fassung lässt also ein theologisches Gefälle erkennen: Aus Gottes Heilstat im Exodus erwächst sein Anspruch auf ausschließliche Bindung, die sich im Halten der Gebote gegenüber Gott und (!) dem Nächsten realisiert (vgl. Kratz 1994, 211).

Ganz andere Akzente setzt die Fassung in Dtn 5 (Lohfink 1990, 17-32).

(1) Am stärksten unterscheiden sich beide Fassungen in der Begründung des Sabbatgebotes. Dtn 5,15 erinnert (gegen Ex 20,11) an die Herausführung aus der Sklaverei in Ägypten: „Gedenke, dass du Sklave gewesen bist im Lande Ägypten, aber es führte dich heraus Jahwe, dein Gott, von dort …“ Diese Begründung greift die Leitwörter des Prologs von v6 in rückläufiger Abfolge auf: „Jahwe, dein Gott, der dich herausgeführt hat“, „Land Ägypten“, „Sklavenhaus“. Dabei erscheint nicht das sonst für Gottes Exodustat im Dtn geläufige Verb „freikaufen“ (pdh, vgl. Dtn 15,15; Dtn 24,18), sondern das schon im Relativsatz des Prologs v6 gebrauchte Verb „herausführen“ (jṣ’). Die Rückbezüge zum Prolog heben das Sabbatgebot hervor.

(2) Sodann weitet Dtn 5,14 das Arbeitsverbot am Sabbat (gegen Ex 20,10) ausdrücklich auf die für die Arbeit wichtigen Zug- und Lasttiere aus und schlägt mit Ochs und Esel eine Brücke zu v21. Die Bezüge zu Anfang und Ende des Dekalogs markieren das Sabbatgebot als Zentrum der Dtn-Fassung.

(3) Überdies unterstreichen Stichwortbezüge zu den Nahkontexten die Zentralstellung des Sabbatgebots noch stärker. Es beginnt im Dtn 5,12 nicht mit „gedenke!“ (Ex 20,8), sondern mit „beachte!“ und greift damit „die meine Gebote beachten“ aus Dtn 5,10 auf. Am Ende kehrt es zum Anfang von v12 zurück und schärft noch einmal ein: „… deswegen hat Jahwe, dein Gott, dir geboten, den Sabbattag zu halten.“ Daran knüpft die Erweiterung „wie Jahwe, dein Gott, dir geboten hat“ im Elterngebot Dtn 5,16 (gegen Ex 20,12) an.

(4) Schließlich stehen alle Prohibitive ab Dtn 5,17 nicht asyndetisch wie in Ex 20,13-17 für sich, sondern sind jeweils mit der Kopula verbunden und dadurch zu einem einzigen großen Block verschweißt.

Diese kleinen, aber höchst wirkungsvollen Eingriffe präsentieren einen im Wortlaut nicht wesentlich verschiedenen, aber in der Anlage völlig anderen Dekalog. Bildet die Ex-Fassung eine lineare Komposition mit herausgehobenem Kopfstück, so stellt sich die Dtn-Fassung als eine Zentralkomposition mit dem Sabbatgebot als Zentrum dar. Zwei kurze Gebote bilden einen inneren Rahmen (Missbrauch des Gottesnamens und Ehrung der Eltern), die beiden großen Blöcke, die Gott (v6-10) und den Nächsten (v17-21) betreffen, den äußeren.

Eine weitere Akzentverschiebung bringen die Abweichungen in der Reihenfolge der Kurzprohibitive nach Sabbatheiligung und Elternehrung in der Septuaginta. Im masoretischen Text schützt die Reihe Mord, Ehebruch, Diebstahl zuerst das Leben, dann die Familie und zuletzt den Besitz. Die Septuaginta stellt dagegen in beiden Fassungen den Ehebruch voran und lässt in Dtn 5 sodann Mord und Diebstahl (vgl. den Papyrus Nash und im Neuen Testament Lk 18,20; Röm 13,9), in Ex 20 jedoch Diebstahl und Mord folgen. Dabei entspricht die Abfolge Diebstahl – Mord Jer 7,9, die umgekehrte dagegen Hos 4,2. Die Septuaginta verstärkt mit dem Positionswechsel des Ehebruchverbots die Familie im Zentrum des Dekalogs: Sabbatheiligung und Elternehrung betreffen die gesamte (Groß-) Familie für sich, das Verbot des Ehebruchs schützt die Familie vor Übergriffen von außen (zu weiteren Details Schenker 2000).

1.5. Doppelüberlieferung und deren Abweichungen

Dekalog Abb 02 16Jh Cranach 1516 G

Beide Fassungen des Dekalogs weichen an ungefähr 20 Stellen voneinander ab. Diese Abweichungen sind bis auf die im Sabbatgebot sachlich nur von begrenztem Gewicht. Jedoch verlangen sie schon angesichts der Doppelüberlieferung eine Erklärung. In der Forschungsgeschichte sind alle denkbaren Varianten durchgespielt worden. Man kann die Bemühungen stark vereinfacht auf drei Grundmodelle reduzieren.

Modell A: Die vor allem in der älteren Forschung sehr beliebten Versuche, durch Reduktion der formalen Unterschiede einen Urdekalog zu rekonstruieren (zuletzt Lemaire 1981; Weinfeld 1991, 247), aus dem sich beide Fassungen entwickelt haben sollen, finden heute kaum noch Gefolgschaft, weil die bei diesem Verfahren entstehenden Gebilde den Nachteil haben, reine Phantasieprodukte zu sein.

Modell B: Der Dekalog ist zuerst in Dtn eingestellt (so schon Eerdmans 1910, 146, und von den Neueren Perlitt 1969, 77ff), wenn nicht sogar dort entstanden (Hossfeld 1982, u.v.a.), und dann von dort in die Sinaiperikope (Ex 20) gebracht worden.

Modell C: Gegen die Priorität der Dtn-Fassung und für deren literarische Abhängigkeit von Ex 20 (Graupner 1987) sprechen folgende Gründe:

(1) Dtn 5 bietet in den Geboten der Elternehrung und der Sabbatheiligung sowie im Verbot des Begehrens einen längeren Text.

(2) Diese Textüberschüsse verdanken sich spezifisch deuteronomistischen Interessen bzw. kompositorischen Absichten (→ Deuteronomismus). Sie sind zweifellos jünger als die Ex-Fassung; denn es lassen sich keine Motive erkennen, die erklären könnten, warum man diese Passagen in Ex 20 gestrichen haben sollte. Dtn 5,12 ersetzt das „Gedenke (zākhôr) …“ durch das im Dtn geläufige „Beachte (šāmôr) …“ und schlägt damit zugleich eine Brücke zu v10.

(3) Die Hinweise auf eine bereits ergangene Gebotsmitteilung („wie Jahwe, dein Gott, dir geboten hat“) in Dtn 5,12.16 beziehen sich wahrscheinlich auf Ex 20 (Skweres 1979, 183); denn sie stehen im Widerspruch zum Kontext im Deuteronomium, in dem Jahwe vor Dtn 5 noch nicht zu Israel geredet hat.

(4) Während Ex 20,16 im Falschzeugnisverbot den üblichen Terminus „Lügenzeuge“ gebraucht, stellt die singuläre Formulierung „nichtiger Zeuge“ in Dtn 5,20 nachträglich einen Bezug zum Verbot des Gebrauchs des Gottesnamens „zu Nichtigem“ (Dtn 5,11) her. Außerdem geht die Formulierung „nichtiger Zeuge“ über das ausdrückliche Lügen hinaus, indem sie auch alle halbwahren und lediglich formal richtigen Aussagen verbietet.

(5) Die Dtn-Fassung bringt bei jedem der auf Dtn 5,17 folgenden Verbote die Kopula und im Verbot des Begehrens zwei verschiedene Verben. Sie legt damit ausdrücklich zwei Begehrensverbote fest und muss dann Fremdgötter- und Bilderverbot als eines zählen, um bei der Zehnzahl bleiben zu können. In Ex 20 ist dagegen die Verteilung der zehn Gebote uneindeutig.

(6) Die Formulierung des X. Gebots in Dtn 5,21 mit dem Verb „verlangen“ (’wh) verdankt sich einer jüngeren Tendenz zur Verinnerlichung (Graupner 1993, 140). Es richtet sich – anders als „begehren“ (hmd) – auf etwas, das für Menschen unerreichbar ist (vgl. Jes 26,9; Am 5,18; Jer 17,16).

(7) Schließlich stellt Dtn 5,21 die Frau an die Spitze vor alle anderen Objekte des Begehrens. Warum sollte man in Ex 20 die Stellung der Frau nachträglich verschlechtert haben? Der Einwand, gerade in nachexilischer Zeit sei die Frau im Kultus zurückgedrängt und abgewertet worden, besagt nichts für die soziale Stellung der Frau im zwischenmenschlichen Bereich.

Allerdings enthält auch die Ex-Fassung jüngere Elemente, die auf eine kompliziertere Literargeschichte verweisen. Das betrifft vor allem das Bilderverbot und das Sabbatgebot (s.u. 1.6.).

1.6. Zur Literargeschichte des Dekalogs

Schon die Differenz zwischen der wohl von Anfang an beabsichtigten Zehnzahl und den tatsächlich vorhandenen (zwölf?) „Worten“ weist auf eine längere Entstehungsgeschichte der älteren Ex-Reihe. Hinzu kommen weitere Beobachtungen.

(1) Die Objektsuffixe bei den Verben in Ex 20,5a / Dtn 5,9a binden über das Bilderverbot eindeutig an die “anderen Götter” als einzigem vorausgehenden Plural zurück. Sie setzen also das Fremdgötterverbot kommentierend fort, indem sie erläutern, was „andere Götter haben“ heißt: „sie anbeten und ihnen dienen“. Dem entspricht die Begründung des Verbots mit der Eifersucht dieses Gottes, die das Vertragsverhältnis (‘al pānaj „an meiner statt“, s. Krebernik 1995) als Liebesverhältnis deutet. Den „anderen Göttern“ steht „dein Gott“ exklusiv gegenüber. Überdies findet sich die Verbindung der Verben „anbeten“ und „dienen“ außerhalb des Dekalogs nur in deuteronomistischen und davon abhängigen Texten und bezieht sich stets auf fremde Gottheiten, nicht auf deren Kultbilder (Zimmerli 1969, 237). Das Bilderverbot ist also erst nachträglich in den Dekalog Dtn 5,8 eingeschaltet worden (dazu schon Eerdmans 1910, 137; Veijola 2004, 166). Bei seiner Formulierung hat Dtn 4 Pate gestanden. Aus Dtn 4,12b.15.16a (ohne letztes Wort).23.25 stammt die Verbindung von pæsæl „Bild“ und təmûnāh „Gestalt“, während Dtn 4,17.18 die Relativsätze angeregt haben dürfte. Sie weisen alle nur denkbaren Gestalten ab, Gott angemessen repräsentieren zu können, und geben dem kol təmûnāh „jede Gestalt“ überhaupt erst die Pointe, so dass beides wohl von einer Hand stammt. Aus Dtn 5 wurde das Bilderverbot schließlich in Ex 20,4 nachgetragen und dabei die Kopula waw hinzugefügt, die – wie schon die Apposition in Dtn 5,8 – (gegen Dohmen 1985, 213ff) nicht koordinierend, sondern explikativ zu verstehen ist („… ein Bild und [zwar] irgendeine Gestalt …“). Zu dieser redaktionsgeschichtlichen Erklärung und späten Entstehung des Bilderverbotes passt der negative Befund bei der Suche nach Belegen für ein wie auch immer geartetes Seitenstück, das älter als der Dekalog ist (vgl. Uehlinger 2003, 63-70). Auch archäologisch lässt sich ein möglicher Einfluss des Bilderverbots erst im auffälligen Fehlen von Kultstatuar in Palästina seit persischer Zeit erkennen (Stern 1999, 253ff).

(2) Im Sabbatgebot ist (auch abgesehen von Ex 20,11) schon lange seine nachexilische, von priesterlichen und verwandten jungen Formulierungen gesättigte Sprachgestalt aufgefallen (Lemaire 1981, 276-281; Hossfeld 1982, 40-56). Sodann hat Ex 20,10 / Dtn 5,14 geradezu den Charakter einer Definition („aber der siebte Tag ist Sabbat für Jahwe…“), die erstmals die alte Institution des Arbeitstabus (Verb šbt = „aufhören“ Ex 23,12a; Ex 34,21a) am siebten Tag mit dem vorexilischen monatlichen Vollmond- (Meinhold 1905) oder Leermondtag (Willi-Plein 1997) mit dem Namen šabbat zum wöchentlichen Sabbat verbindet. Für einen wöchentlichen „Sabbat“ gibt es jedoch keine sicheren Belege aus der Königszeit, wohl aber aus der Perserzeit: Neh 13,15-22; Jer 17,19-22; Jes 56,2.4; Jes 58,13; Jes 66,23 u.ö. (Veijola 2000, 61-74; Köckert 2004, 139-151). Das verwundert nicht, da seine Beachtung – weil im Alten Orient singulär – Israel von Nichtisrael sichtbar unterscheidet und weder an Landbesitz noch an Tempelkult gebunden ist. Da der Wochensabbat im Dtn außerhalb des Dekalogs gar keine Rolle spielt, ist seine Entstehung dort (gegen Hossfeld 1982) mit Sicherheit auszuschließen. Das Sabbatgebot dürfte – zunächst noch ohne die Motivation – dort entstanden sein, wo es erstmals und geradezu definitorisch bezeugt ist, im Ex-Dekalog. Dafür spricht auch die Verarbeitung des Materials zum siebten Tag aus dem unmittelbaren Buchkontext Ex 23,12. Nachdem aber einmal die Rekapitulation der Sinaiereignisse in Dtn eingeschrieben war, konnte man dort auf ihn nicht gut verzichten (s.u. 1.7.[4-5])

(3) In der Forschung umstritten geblieben ist die Entstehungsgeschichte der Verbote des Begehrens in beiden Fassungen. Geht man von der oben begründeten Priorität der Ex-Fassung aus, liegt folgende (vereinfachte) Lösung nahe (vgl. Veijola 2004, 150f; anders Hossfeld 1982). Am Anfang standen die noch unerläuterten einfachen Prohibitive von Ex 20,17a.b*: „Du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten trachten! Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten trachten!“ Bei der Übernahme des Dekalogs in Dtn stellte man die Frau an die Spitze und wechselte auch das Verb. Das Haus trat jetzt an zweite Stelle und konnte dort unschwer als „Haushalt“, „Haus und Hof“ (s. „sein Feld“) verstanden werden, was die weiteren Ergänzungen zur Folge hatte mit der Tendenz auf „alles, was deinem Nächsten gehört“. Diese erweiterte Liste fand in modifizierter Form am Ende auch in Ex 20,17 Eingang. Dort aber stand „das Haus deines Nächsten“ in erster Position. Es erhält in seiner Mehrdeutigkeit (HALAT, 119b-120a) nun die Funktion einer Überschrift: „Haus“ wird zunächst mit der Frau als „Familie“, sodann mit allen anderen Gliedern als „Haushalt“ entfaltet.

(4) Die ältere Gestalt des Dekalogs ohne die Erweiterungen durch Bilderverbot und Sabbatgebot stellt mit dem Prolog als erstem Wort in der Tat ein Zehnwort dar. Sein ursprünglicher Ort ist die Sinaiperikope in Ex 20. Dafür sprechen die Differenzen zwischen beiden Fassungen, die sich zum allergrößten Teil als Erweiterungen in Dtn 5, noch dazu in dem dort zu erwartenden deuteronomistischen Geist, herausgestellt haben. Dafür spricht weiter die Logik von Dtn 5 als Rekapitulation der Sinaiereignisse mit den bei einem Erstvorkommen befremdlichen erzählerischen Lücken in Dtn 5,2-4 (dazu Oswald 1998, 152), die wenigstens Ex 19 – 20 im Kern voraussetzen. Dafür spricht auch der in pluralischer Anrede gehaltene Rahmen des Rückblicks (Dtn 5,4-5.22), der den in singularischer Anrede formulierten Dekalog als vorgegebene „selbständige zitable Einheit“ (Perlitt 1969, 101) benutzt (beachte auch die Zitationsformeln in v5 letztes Wort und v22a). Für einen vom Sinai unabhängigen Ort seiner Überlieferung, etwa im Kult (so Mowinckel 1927), fehlt jeder Hinweis; denn Ps 50 und Ps 81 stehen nicht an der Wiege des Dekalogs, sondern gehören allenfalls in dessen Wirkungsgeschichte. Dann aber ist es methodisch einfacher, Ex 20 als ältere Vorlage für Dtn 5 zu nehmen, als eine verschollene zu postulieren. Zwar steht der Dekalog sperrig im Kontext von Ex 20; denn er unterbricht die Theophanie Ex 19,2b.3a.10.11a.14.15a.16-17.18b.19a, zu der Ex 20,18.21b gehört und die mit der Redeeinleitung Ex 20,22a unmittelbar auf das → Bundesbuch (eröffnet mit dem Altargesetz Ex 20,24-26) als älteste Kundgabe des Gotteswillens am Sinai führt. Aber das zeigt nur, dass er dem Bundesbuch nachträglich vorangestellt, vielleicht sogar mit Materialien des Bundesbuches eigens als dessen Zusammenfassung geschaffen worden ist (Kratz 1994; Köckert 2004; Veijola 2004). Im Bundesbuch finden sich das Nebeneinander von Gottesrede und unpersönlicher Rede, von Prohibitiven und anredenden Rechtssätzen, vor allem aber ausführlichere Rechtsbestimmungen zu fast allen Themen des Dekalogs von der Arbeitsruhe am siebten Tage bis zum Verbot des Begehrens. Dabei bietet der Dekalog gegenüber seinen Seitenstücken im Bundesbuch (und anderswo) stets die allgemeinsten Formulierungen (Schmidt 1972). Das wird erreicht durch Generalisierung (vgl. mit Ex 22,19), durch Verkürzung (vgl. mit Ex 21,6.37; Ex 22,6), durch ‚Verinnerlichung’ (vgl. das Begehrensverbot mit Ex 21,37) oder durch die Umwandlung von Todesrechtssätzen in einen Injunktiv (vgl. Ex 21,15.17). Dem Dekalog mögen Kurzreihen von zwei oder mehr Gliedern als Bausteine zur Verfügung gestanden haben. Ob ihm die Reihen Hos 4,2; Jer 7,9* schon vorgegeben waren (Hossfeld 1982, 277f; Levin 2003, 63ff; Veijola 2004, 150) oder – weniger wahrscheinlich – seine Wirkung bezeugen (Otto 1996), ist umstritten. Sie zeigen, dass derartige vom Dekalog unabhängige Reihen im prophetischen Schuldaufweis eine Rolle gespielt haben. Der Dekalog setzt also nicht nur das Bundesbuch, sondern auch die Prophetie voraus. Außerdem muss das Bundesbuch bereits am Sinai eingestellt gewesen sein, als sich der Dekalog seiner bediente. Sein „Sitz im Leben“ war also von vornherein ein literarischer (Veijola 2004, 151).

(5) Was hat zu seiner Bildung genötigt? Der Dekalog macht generelle Vorgaben und setzt grundsätzliche Grenzen. Er ist damit aller Kasuistik entnommen, bedarf jedoch stets neuer Konkretisierung. In dieser Differenz zwischen Grundsatz im Dekalog und konkreten Rechtssätzen im Bundesbuch, Ex 20,22ff (und dann auch im deuteronomischen Gesetz, Dtn 12-26) liegt das entscheidende Potential, das zur notwendigen Auslegung befähigt. Indem der Dekalog die ausschließliche Bindung an Gott als antwortende Liebe entfaltet, die sich im Halten der Gebote gegenüber Gott und den Mitmenschen realisiert, gibt er allen weiteren Offenbarungen des Gotteswillens am Sinai einen Richtungssinn und sorgt so zugleich für dessen Einheit bei aller Verschiedenheit.

1.7. Biographie des Dekalogs

(1) Ex 20. Der Dekalog (noch ohne Bilderverbot und Sabbatgebot) entstand zuerst in Ex 20. Er trägt jedoch mindestens in seinem als Gottesrede stilisierten Kopfstück (Prolog und Fremdgötterverbot Ex 20,2-3.5-6*) „nachweislich das Sprachkleid der dt Theologie“ (Perlitt 1969, 86) und setzt mit dem Fremdgötterverbot in jedem Falle das Schema Jisrael sowie ein damit eingeleitetes älteres Ur-Deuteronomium (Veijola 2000, 76-93), mit dem Prolog sogar schon dessen deuteronomistisch erweiterte Auflage voraus. Er kann also erst nach → Josia entstanden sein. Die Infinitivreihen im prophetischen Schuldaufweis stammen gleichfalls frühestens aus der späten Königszeit, eher aber (wie Jer 7,9*) aus jüngerer Zeit. Dass das Bundesbuch seinen Platz am Sinai noch in der Königszeit gefunden habe, findet heute nur wenig Zustimmung.

(2) Dtn 5. Das deuteronomische Gesetz (Dtn 12-26) ist als Novellierung des Bundesbuches (Ex 20,22ff) entstanden (zuletzt Otto 1993; Gertz 1994; Levinson 1997). Nachdem es einen historisierten Rahmen mit Mose als Sprecher erhalten hatte (deuteronomistischer Historiker [dtrH]; → Deuteronomistisches Geschichtswerk), lag es nahe, über die Erinnerung an den Horeb / Sinai analog zu Ex 19ff nun auch im deuteronomistischen Dtn den Dekalog mit Dtn 5 an die Spitze des Gotteswillens zu stellen (Veijola [2004, 129ff] führt das wegen der Vorbilder in Hos 4,2 und Jer 7,9 auf den prophetischen Deuteronomisten [dtrP] zurück). Seine weitgehend gleiche Gestalt hier wie dort bürgte für die sachliche Übereinstimmung der Auslegung des Mittlers Mose jenseits des Jordans im Dtn mit dem Gotteswillen vom Sinai in Ex.

(3) Bilderverbot. Eine jüngere, besonders am Gesetz orientierte Gruppe mit weisheitlich-lehrhaften Interessen (nomistische Deuteronomisten [DtrN]) schaltet Dtn 4* als Einführung in den Dekalog (Dtn 5) und das deuteronomistische Dtn vor. Ihre bundestheologische Bearbeitung (DtrB: Veijola 2000, 153-175; Levin 2003, 88-95) begründet das Verbot jeder bildlichen Darstellung Gottes (Dtn 4,12b.15-16*) damit, dass Gott am Horeb / Sinai zwar aus dem Feuer geredet, Israel aber keinerlei Gestalt gesehen hat, und trägt es in den Dekalog Dtn 5,8 ein. Von dort ist das Bilderverbot schließlich nach Ex 20 gelangt.

(4) Sabbatgebot. In nachexilischer Zeit wurde, erstmals wohl in Ex 20,8-10, das Sabbatgebot durch Fusion der wöchentlichen Arbeitsruhe am siebten Tag aus Ex 23,12a mit dem Sabbat genannten Vollmondfest gebildet und dann auch in Dtn 5,12-14 eingetragen.

(5) Begründung des Sabbatgebots. Eine sehr späte Redaktion, die an thematisch wichtigen Stellen in Dtn 15,15; Dtn 16,3.12; Dtn 24,18.22 mit der Erinnerung an den Exodus ihre Spuren hinterlassen hat, bedient sich dieser als Motivation auch in Dtn 5,15. Davon dürfte der Nachtrag in Ex 20,11 inspiriert sein (Levin 2003, 65), der Gen 2,2-3 voraussetzt und den Sabbat mit Gottes Ruhen nach der Schöpfung begründet. Er lässt sich am einfachsten als nach-deuteronomistische Erweiterung erklären (so schon Wellhausen 1963, 89, der ihn dem Pentateuchredaktor zuschreibt).

1.8. Zu den Einzelgeboten

(Lit. zuletzt: Veijola 2004, 153-173; Köckert 2004, 266-289)

1.8.1. Prolog, Fremdgötter- und Bilderverbot

Das Kopfstück erinnert an hethitische (und neuassyrische) Vasallenverträge, in denen der Großkönig mit seinen bereits erwiesenen Wohltaten das exklusive Verhältnis zu seinen Vasallen begründet (TUAT I, 131ff; 177). Im Prolog stellt sich Gott als Befreier aus Knechtschaft vor, der sich damit als „dein Gott“ erwiesen hat. Die vorab gewährte Freiheit kann nur in der Bindung an den Befreier bewahrt werden, die sich in der Erfüllung der Gebote vollzieht. Deshalb ist vor jedem Einzelgebot mit seinem „Du sollst (nicht)!“ der Prolog mit seinem „Ich … dein Gott“ mitzudenken (Crüsemann 1983, 41f, vgl. aber schon Luther, s.u. 4.).

Das ohne konkrete Verben (vgl. mit Ex 22,19; Ex 23,13.24) erstaunlich abstrakt formulierte Fremdgötterverbot setzt die Existenz „anderer Götter“ (Formulierung nur in deuteronomistischen und jüngeren Texten belegt!) als selbstverständlich voraus, schließt diese aber für das angeredete Du kategorisch aus. Es handelt sich noch nicht um Monotheismus, wohl aber um exklusive Monolatrie (Köckert 2005; → Monotheismus). Das entspricht dem, was das Bekenntnis Dtn 6,4 formuliert: „Jahwe ist unser Gott …“ (dazu Veijola 2000, 76-86; anderseits Aurelius 2003). Die Wendung ‘al pānaj (Luther: „neben mir“; Buber: „mir ins Angesicht“) hat mancherlei Spekulationen ausgelöst, wobei man sogar an einen kultischen Kontext im Tempel dachte. Aufgrund einer neuassyrischen Wendung bei der Verpflichtung zur Gefolgschaftstreue in einem Vasallenvertrag Asarhaddons ist die Bedeutung „… statt meiner“ vorzuziehen (Krebernik 1995, 31).

Der Begriff pæsæl „Bild“ im Bilderverbot (Dohmen 1985, 41-48) bezeichnet eine Skulptur unterschiedlicher Materialien. Er begegnet nur in kultisch-religiösen, nie in künstlerischen Kontexten. Bilder von Gottheiten sind in der Antike deren sichtbare und wirkmächtige Repräsentationen. Sie müssen deshalb von besonders befähigten Spezialisten rituell hergestellt und durch Mundöffnung und Mundwaschung belebt werden (Berlejung 1998). Das Bilderverbot verbietet also nicht bildliche Darstellungen überhaupt, sondern die Herstellung eines Kultbildes, und zwar Jahwes; denn die anderer Gottheiten sind schon durch das Fremdgötterverbot ausgeschlossen. Der Begriff təmûnāh „Gestalt“ bezeichnet die äußere Form und sichtbare Gestalt. Die damit verbundenen Relativsätze beschreiben mit Himmel, Erde und Unterwelt alle Bereiche der Welt. Sie schärfen ein, dass Jahwe durch nichts in der Welt angemessen repräsentiert werden kann. Das Verbot schließt also nicht nur eine Darstellung Jahwes als Mischwesen (B.B. Schmidt 1995, 79-82), sondern jedes Kultbild Jahwes aus. Die Deutung einer vermuteten älteren Gestalt von Fremdgötter- und Bilderverbot als Paar, das sich gegen Ahnenbilder richte (Loretz 1994), scheitert an der Einsicht in die erst späte Entstehung des Bilderverbots (s.o. 1.6.1.).

1.8.2. Verbot des Missbrauchs des Gottesnamens

Das im Alten Testament analogielose Verbot, Gottes Namen zu Nichtigem zu „erheben“ (nś’), ist in seiner vorliegenden Gestalt erst für den Dekalog geschaffen worden (Elssner 1999, 149). Es verbietet nicht, den Gottesnamen (das Tetragramm jhwh) auszusprechen. Der entsprechende jüdische Brauch wird auch nicht mit dem Dekalog begründet (Rösel 2000). Im Gefälle des Dekalogs sichern die ersten drei Prohibitive Gottes Gegenwart: Gott ist für Israel nicht als einer von vielen, sondern als einziger (I), nicht im Kultbild (II), sondern in seinem Namen (III) gegenwärtig. Die Formulierung „den Namen erheben“ bezieht sich wahrscheinlich auf den Schwurgestus (vgl. Dtn 32,40; Ez 20,6.15 und Huffmon 1995, 366). Dann hat das Verbot den Missbrauch des Gottesnamens beim Reinigungseid vor Augen, mit dem ein Beschuldigter bei fehlenden Beweisen durch Selbstverfluchung seine Unschuld beteuern und sich von der Beschuldigung befreien konnte (so schon Lev 19,12; Mt 5,33; Didache 2,3 sowie die jüdische Tradition; zu ägyptischen und mesopotamischen Seitenstücken s. Veijola 2000, 48-60; Huffmon 1995).

1.8.3. Sabbatgebot

Das Arbeitstabu am siebten Tag gehört ursprünglich nicht zum Kultus und zu den Festen (zur Entstehung des Sabbatgebots und zu seiner biblischen Nachgeschichte s.o. 1.6.2.; Köckert 2004, 111-151; → Sabbat). Das Verb šbt bedeutet weder „ruhen“ noch „feiern“ noch „Sabbat halten“, sondern schlicht „aufhören“ (Gen 8,22; Jos 5,12; Jer 31,26 u.a.). Erst die Nachträge im Sabbatgebot (die Begründung Ex 20,11 und der Finalsatz in Dtn 5,14) akzentuieren mit nwch das „Ruhen“ (vgl. die Erweiterung in Ex 23,12b: nwch „ruhen“ und npš „zu Atem kommen“). Kultische Konturen und Pflichten erhält der Sabbat erst in sehr späten Texten (Lev 23,3; Lev 24,8; Num 28,9f). Die Imperfekta in Ex 20,8b / Dtn 5,13 haben keine jussivische, sondern eine modale Bedeutung („sechs Tage magst du arbeiten…“); deshalb verbietet sich eine Deutung als Arbeitsgebot. Im antiken Israel war Arbeit kein Luxus, sondern überlebensnotwendig und musste nicht eigens geboten werden.

1.8.4. Elterngebot

Das Gebot, die Eltern zu ehren, richtet sich (wie der gesamte Dekalog) an erwachsene Kinder, die in der Regel selber Eltern sind (→ Eltern / Elterngebot). Die positive Formulierung fordert nicht nur ein Unterlassen, sondern konkretes Tun. Das Verb kibbed hat (im Piel) die Bedeutung „jemanden als gewichtig anerkennen“. Ehre erweist man im Alten Testament stets konkret: Bileam mit Geschenken (Num 24,11), dem Arzt mit Geld (Sir 38,1), Gott mit Opfern (Spr 3,9). Da im Alten Testament keine positiven Konkretionen für das Verhalten gegenüber Eltern begegnen, kann man derlei nur aus dem Fehlverhalten erwachsener Kinder gegenüber ihren (vornehmlich alten) Eltern erschließen. Die Eltern ehren heißt dann: nicht „schlagen“ (Ex 21,15), „verfluchen“ (Ex 21,17), „herabsetzen“ (Dtn 27,16), „bestehlen“ (Spr 28,24), „verachten“ (Spr 30,17; Spr 23,22), „Gewalt antun und verjagen“ (Spr 19,26). Besonders die beiden zuletzt genannten Texte zeigen, dass das Gebot sein Profil in der Lebenslage alter Eltern erhält, die sich nicht mehr selber versorgen können und von ihren erwachsenen Söhnen abhängig sind. Die Deutung des Gebots der Elternehrung auf die Versorgung der alten Eltern lässt sich im Alten Testament nur noch indirekt erschließen, ist aber im Judentum und im Neuen Testament geläufig (vgl. Sir 3,12-13 [Lutherbibel: Sir 3,14-15]; Mk 7,9-13 und Jungbauer 2002). In zahlreichen altorientalischen Testamenten und Adoptionsverträgen legen die Erblasser großen Wert auf lebenslange respektvolle Behandlung und ordentliche Versorgung (vgl. die Texte bei Albertz 1978).

1.8.5. Tötungsverbot

Die folgenden Kurzprohibitive stellen vor besondere Probleme, weil ihnen jede Näherbestimmung fehlt. Deshalb muss man die von ihnen betroffenen Bereiche den Kontexten der Verben außerhalb des Dekalogs entnehmen. Das Verb rṣch „töten“ bezeichnet stets eine „Handlung gegen Mitmenschen … mit Todesfolge“ (Hossfeld 2003, 18). Es wird im Alten Testament jedoch weder für das Töten aus Notwehr (Ex 22,1) oder im Kriege, noch für das Töten von Angehörigen fremder Völker im Zusammenhang des Banns (cheräm), noch mit Gott oder mit Tieren als Subjekt gebraucht (Stamm 1945). Offensichtlich hat es den Unterton des sittlich Verwerflichen. Da es im näheren Kontext des Dekalogs stets um das Verhalten des angeredeten Du zu seinem Nächsten geht, sind Selbsttötung und Vollstreckung der Todesstrafe hier nicht betroffen. In den Belegen außerhalb der Asyltexte charakterisieren brutale Gewalt (Ri 20,4) und Hinterlist (Ps 62,4) die Täter und Wehrlosigkeit (Dtn 22,26; Ps 94,6) die Opfer. Das legt eine Übersetzung im Dekalog mit „Du sollst nicht morden!“ nahe. Wie man aber aus 1Kön 21,19 entnehmen kann, fallen durchaus auch indirekte Weisen, den Tod herbeizuführen (durch passives Gewährenlassen oder mit dem Schein des Rechts), unter das Verbot. Dass sich das Tötungsverbot ursprünglich gegen die Blutrache gerichtet habe (Clines 1995, 111), ist unwahrscheinlich, da Num 35,27.30 zu den jüngsten Belegen des Verbs rṣch gehört. Die Asyltexte (Dtn 19; Num 35), die eine jüngere juristisch-terminologische Erweiterung der Bedeutung des Verbs auf jede Tötung widerspiegeln (Hossfeld 2003, 36-66), und Gen 9,6 par., die jegliches Blutvergießen von Menschen unter Verdikt stellen, signalisieren eine Entwicklung, an deren Anfang das Tötungsverbot im Dekalog und an deren Ende die Antithesen der Bergpredigt Mt 5,21-26 stehen.

1.8.6. Ehebruchverbot

Dtn 22,22 und Lev 20,10 definieren, was „ehebrechen“ (n’p) heißt: „Ein Mann liegt bei einer verheirateten Frau“. Dabei ist der Familienstand des Mannes gleichgültig. Entscheidend ist allein, dass die Frau, bei der er liegt, verheiratet oder verlobt ist. Zwar haben beide die Ehe gebrochen (v10b). Der Mann ist jedoch Ehebrecher, weil er in eine fremde Ehe eingebrochen ist, die Ehefrau hat dagegen ihre eigene Ehe gebrochen. Ist jedoch die Frau nicht verheiratet, dann handelt es sich entweder um Verführung (Ex 22,15f) oder um Vergewaltigung (Dtn 22,28f), aber nicht um Ehebruch. Das Verbot des Ehebruchs schützt die Familie vor illegitimen Erbberechtigten. Während der Mann illegitime Kinder nur außerhalb der Ehe zeugen kann, gebiert die Frau illegitime Kinder in ihrer eigenen Ehe, ohne dass deren Illegitimität nachweisbar ist; denn in der Antike war zwar die Mutterschaft eindeutig, die Vaterschaft aber konnte im Zweifelsfalle nicht bestimmt werden. Das Verbot zielt also ursprünglich auf Rechtssicherheit, nicht auf eheliche Treue im moralischen Sinn (Otto 1996, 30-48). Im übrigen ist das Scheidungsrecht vom Verbot des Ehebruchs nicht berührt. Die absolute Formulierung des Verbots im Dekalog hat vielleicht auch die Fälle vor Augen, in denen die Initiative zum Ehebruch von der Ehefrau ausgeht (Spr 7,10-23; Spr 30,20).

1.8.7. Diebstahlverbot

„Stehlen“ (gnb) heißt: Fremdes bewegliches Eigentum, das einen bestimmten Mindestwert hat (gegenüber dem Mundraub Dtn 23,25f; Mk 2,23ff) und das verwahrt ist oder beaufsichtigt wird (Ex 22,6-7.9-12 gegenüber Unterschlagung oder Fund), heimlich (Ex 22,1-2; 2Sam 12,12 im Unterschied zum offenen Raub) entwenden. Der absolute Gebrauch des Verbs im Dekalog ohne konkrete Objekte richtet sich gegen jedweden Diebstahl. Gegen die prominente These, ursprünglich habe das Verbot dem Diebstahl von Menschen zum Zwecke der Versklavung gegolten (Alt 1968, 333-340), sprechen die konkreten Belege. Wo es um Menschendiebstahl geht, wird das durch entsprechende Objekte sichergestellt (Gen 40,15; Ex 21,16; Dtn 24,7).

1.8.8. Falschaussagenverbot

Die letzten drei Prohibitive sind miteinander dadurch verbunden, dass sie ausdrücklich „deinen Nächsten“ als Grundrelation nennen. Das Verbot, als Lügenzeuge gegen seinen Nächsten auszusagen, verbietet sowenig das Lügen überhaupt, wie es im Alten Testament ein allgemeines Gebot gibt, die Wahrheit zu sagen. Der Lebensbereich des Verbots ist das Gerichtsverfahren (dazu Niehr 1987; Gertz 1994). Aus ihm stammen die Formulierungen „aussagen gegen“ und „Lügenzeuge“. Als „Lügenzeuge“ (zur Formulierung in Dtn 5,20 s.o. 1.5.) wird derjenige bezeichnet, der falsch aussagt (Ex 23,1-2.7; Dtn 19,18). Falsche Aussage konnte in strafrechtlichen Verfahren (vgl. Seeligmann 2004, 293-318) lebensbedrohlich sein, weil die Beweislast beim Beschuldigten lag. Missstände hat man bei Halsvergehen durch die Zwei-Zeugen-Regel (Dtn 17,2-7; Dtn 19,15.16-18; Num 35,30) und durch die Beteiligung der Zeugen an der Hinrichtung (Dtn 17,7) in Grenzen zu halten gesucht, ohne sie jedoch verhindern zu können (1Kön 21; vgl. Mk 14,53-59 mit Mt 26,57-61). Wehe dem, dessen Leben von der Aussage eines Lügenzeugen abhängt (Spr 25,18)! Das Verbot hat es also von Hause aus nicht mit einer privaten Tugend, sondern mit dem öffentlich-sozialen Bereich zu tun. Die Zerrüttung der Institutionen des Rechts seit dem 8. Jh. beklagen Jes 5,23; Jes 10,1-2; Am 5,7.10.12.

1.8.9. Begehrensverbot I

Vom Verbot des Diebstahls unterscheiden sich die beiden letzten Verbote (zur Entstehung s.o. 1.6.3., anders Schunck 1984) durch das Verb, das andere Akzente setzt, und durch die Objekte. Das Verb hmd meint nicht nur ein innerliches Wünschen, wie die Septuaginta mit epithymeín („begehren / sich gelüsten lassen“) suggeriert und wie Augustin mit der lateinischen Übersetzung concupiscere („begehren“) die Rezeptionsgeschichte dieses Gebots nachhaltig geprägt hat, sondern „das Begehren, sofern es die Handlungen nach sich zieht“ (Herrmann 1927, 74). Das Verb umgreift den Wunsch sowie die Handlungen der Planung und Ausführung, so dass man es besser mit „trachten / verlangen nach“ übersetzen sollte, um so Gesinnung, Streben und Tat zusammenzuhalten. Das Verbot schließt immobilen Besitz sowie die legalen Möglichkeiten ein, den Nächsten um Haus und Hof und damit um seine Existenz als freien Bürger (rea‘ „Nächster“) zu bringen (vgl. Mi 2,2.9; Jes 5,8; 1Kön 21).

1.8.10. Begehrensverbot II

Dekalog Abb 12 Cranach

Das letzte Verbot unterscheidet sich von dem des Ehebruchs dadurch, dass es alle Machenschaften untersagt, die verheiratete Frau eines Mitmenschen an sich zu bringen (2 Sam 11). Anders als das Verbot des Stehlens schließt das letzte alle – auch formal legale – Weisen ein, sich das anzueignen und sich unrechtmäßig dessen zu bedienen, was dem Nächsten gehört. Es lässt sich nicht auf herrenloses Gut beschränken (gegen Lang 1981).

1.9. Rezeption des Dekalogs im Alten Testament

Der Dekalog hat schon im Alten Testament selbst ein – wenn auch nur geringes – Echo ausgelöst.

(1) Hatte schon die deuteronomistische Schule den Dekalog als erstes Wort des Gotteswillens vom Sinai zitiert und als Summe der deuteronomischen Gesetzessammlung (Dtn 12-26) vorangestellt, so bringen ihn spätpriesterliche Kreise im Herzstück der Eröffnung des letzten Gotteswortes am Sinai im sog. Heiligkeitsgesetz zur Geltung (Köckert 2004, 155-166; → Heiligkeitsgesetz). Anspielungen auf den Dekalog rahmen Lev 19*. Dazu gehören zunächst Gottes Selbstvorstellung (v2b) mit der Erinnerung an die Herausführung aus Ägypten (v36b). Es folgen sodann in Lev 19,3-4 – rückläufig zum Dekalog – Eltern (jr’ „fürchten“), Sabbat (šmr „beachten“), Götzen (pnh „zuwenden“), Götterbilder (‘śh „machen“), denen in Lev 19,30-31 Sabbate (šmr „beachten“), Heiligtum (jr’ „fürchten“), Totengeister und Wahrsager (pnh „zuwenden“) entsprechen (das Verbot des Namens Gottes fehlt, weil es in Lev 19,12 schon in einer vorgegebenen Reihe als Verbot des Falscheids erscheint). Über die erste Tafel des Dekalogs hinaus assoziiert das von diesem Rahmen umschlossene Korpus mit „Du sollst nicht stehlen, betrügen und belügen, schwören bei meinem Namen zur Lüge!“ (v11-12) sowie mit „Du sollst nicht nach dem Blut deines Nächsten stehen!“ (v16) die zweite Tafel. Schließlich bindet das Doppelgebot von Gottesfurcht und Nächstenliebe im Zentrum (Lev 19,14b.18b) das Verhalten zu Gott und dem Mitmenschen unauflöslich zusammen. Auf diese Weise wird nicht nur der Dekalog erinnert, sondern auch das gesamte Heiligkeitsgesetz in dessen Licht gestellt.

(2) Erheblich unsicherer ist das Fundament für die These, das deuteronomische Gesetz (Dtn 12-26) sei in der Exilszeit vom Dekalog her systematisiert worden, entweder schon von der „dtr. Hauptredaktion“ (Otto 2000, 110ff) oder erst von einer Hand, die bereits das Heiligkeitsgesetz voraussetzt (Braulik 1997). In den allermeisten Fällen fehlt den behaupteten Sachbezügen zwischen Rechtsmaterialien und Geboten des Dekalogs die Überzeugungskraft: Was haben Dtn 13,1-15,23 mit dem Missbrauch des Gottesnamens zu tun? Was verbinden die Festordnung Dtn 16 mit dem Sabbat, das Ämtergesetz Dtn 17f mit der Ehrung der Eltern oder die Materialien in Dtn 25 mit dem Verbot des Begehrens?

(3) Zu den Fernwirkungen des Dekalogs zählen manche auch den Reinigungseid Hi 31 (Oeming 1994). Allerdings fehlen terminologische Berührungen mit dem Dekalog. Die Reihenfolge ist insofern an ihm orientiert, als Hi 31,1-12 bis zu einem gewissen Grade der zweiten Tafel, allerdings rückläufig, entspricht und Hi 31,24-32 der ersten Tafel folgt. Bei den thematisch vergleichbaren Sachverhalten weitet Hi 31 die Tat auf die Gesinnung aus (v30), zielt auf größere Verinnerlichung (v33f), entfaltet vor allem soziale Tatbestände und radikalisiert sie.

(4) Zuweilen sieht man in der Anklage von „stehlen“ (ohne Objekt) und „mit meinem Namen falsch schwören“ in Sach 5,1-4 eine Zusammenfassung der zweiten und ersten Tafel. Dagegen spricht jedoch, dass sich beide Vergehen für diese Funktion nicht gerade nahe legen; außerdem würde man die umgekehrte Reihenfolge erwarten (Delkurt 1999).

2. Antikes Judentum

Der Dekalog hat als Zusammenfassung der → Tora im Judentum des zweiten Tempels innerhalb und außerhalb Palästinas eine wichtige Rolle gespielt (Überblick bei Kellermann 2001). Seit Ende des 1. Jh. n. Chr. verliert er seine Stellung in Liturgie und Frömmigkeit. Dahinter mag die latente Sorge gestanden haben, dass die Hochschätzung des Dekalogs zu einer Abwertung der anderen Weisungen der Tora führe.

2.1. Samaritaner

Die → Samaritaner akzeptieren als Heilige Schrift nur den Pentateuch. Im Dekalog erscheinen beide Fassungen stärker einander angeglichen. Außerdem haben die Samaritaner ihre Sonderinteressen mit einer Kombination von Ex 13,11a; Dtn 11,29a; Dtn 27,2b-3a.4-7; Dtn 11,30 an die Verbote des Begehrens angefügt (Zangenberg 1994, 183f). Die Erweiterung identifiziert den in Dtn 27,4 erwähnten namenlosen Berg ausdrücklich mit dem Garizim und schaltet ihn in v7 sowie Sichem in Dtn 11,30 ein (der Fluchberg → Ebal im masoretischen Text verdankt sich antisamaritanischer Polemik). Entsprechend hat man die nach Dtn 12,5.11.21 u.ö. in der Zukunft erst noch bevorstehende Erwählung des Heiligtums als in der des Garizims bereits geschehen (Verben im Perfekt!) gedeutet. Um die Errichtung des Heiligtums auf dem Garizim als X. Gebot in den Dekalog einschließen zu können, mussten die Samaritaner beide Verbote des Begehrens durch die Kopula verbinden und als IX. zählen. Mit alledem sind die Heiligkeit des Berges Garizim und der Bau des samaritanischen Heiligtums mit Dekalogstelen und Brandopferaltar in der Heiligen Schrift der Samaritaner begründet. Die zeitliche Ansetzung dieser Erweiterungen im Dekalog ist bislang kontrovers geblieben. Spätestens um 200 n. Chr. muss sie vorgelegen haben, weil sie → Origenes in der Hexapla überliefert. Als historischer Anlass für die Erweiterung kommt die Zerstörung des Heiligtums auf dem Garizim durch Johannes Hyrkanus 129/128 v. Chr. in Frage (Dexinger 1977). Noch jünger dürfte die Einschaltung von Dtn 18,18-22 zwischen Dtn 5,28-29 und Dtn 5,30 sein, die vielleicht den Ausschluss der Propheten aus dem samaritanischen Kanon damit erklärt, dass ihnen die mosaische Statur (Propheten als Lehrer der Tora) weitgehend fehlt. Mit diesen Erweiterungen ist der samaritanische Dekalog so etwas wie ein „ethisches … Kompendium samaritanischer Lehre“ (Berger 1972, 272) geworden.

2.2. Septuaginta

Die in der Mitte des 3. Jh. v. Chr. in Alexandrien entstandene griechische Übersetzung der Tora setzt im Dekalog die schon im hebräischen Text erkennbare Tendenz zur Verallgemeinerung, Ausweitung und Systematisierung fort, so dass „der Dekalog nunmehr einen Katalog von Kapitalvergehen darstellt“ (Berger 1972, 264).

(1) Im Bilderverbot wird pæsæl „Bild“ durch eídōlon „Götzenbild“ übersetzt und damit die Anfertigung eines Kultbildes nicht mehr für Jahwe, sondern für eine fremde Gottheit verboten. Fremdgötter- und Bilderverbot sind jetzt zwei Seiten einer Sache. Das ältere Verständnis hatte seinen Lebensbezug verloren, weil sich der Ausschluss eines Kultbildes im Jahwekult der nachexilischen Zeit durchgesetzt hatte. Anderseits verbietet das Bilderverbot in der LXX weder anthropomorphe noch andere bildliche Darstellungen zu dekorativen Zwecken. (2) Die Kurzprohibitive erscheinen in unterschiedlicher Reihenfolge, aber gegen den masoretischen Text stets mit dem Verbot des Ehebruchs am Anfang. Der Schutz der Familie in der ersten Trias (Sabbat, Eltern und Ehe) geht dem der Gesellschaft in der zweiten (Mord, Diebstahl und Begehren) voran.

(3) Im letzten Gebot erläutert die LXX das Rind als Zugtier und fügt an Stelle des Esels ein: „… noch irgendein anderes Haustier“. Darin wie auch in der Umstellung von Haus und Frau in den beiden Verboten des Begehrens folgt die Ex-Fassung exakt der von Dtn 5. Die Tendenz zur Angleichung an Dtn 5 lässt sich auch an anderen Stellen beobachten, z.B. im Finalsatz bei der Ehrung der Eltern. Diese Tendenz spiegelt den Aufstieg des Dekalogs zu einem normativen Text wider und entspricht der gewachsenen Stellung des Dekalogs als Summe jüdischer Lebensordnung, der seinen Sitz im Leben offenbar in der Unterweisung innerhalb der Familie hatte („Familienkatechumenat“: Kellermann 2001, 155).

2.3. Übriges hellenistisches Judentum

Der Dekalog hat in großen Teilen der jüdischen Literatur in hellenistisch-römischer Zeit kaum Spuren hinterlassen. Zwar begegnen in einer begrenzten Anzahl von Texten (Weish 14,24-27; Testament Abrahams A 10; Apokalypse Abrahams 24,5-8; Sib 4,31-33; Text Pseudepigraphen) die Kurzprohibitive der zweiten Tafel in mehreren Varianten, aber ein Einfluss des Dekalogs ist (bis auf den Wortlaut der LXX in Testament Issachars 7,2-6) nicht sicher nachzuweisen. Vor allem fehlt der Dekalog auch in jenen Schriften oder Zusammenhängen, wo man es (z.B. angesichts der Polemik gegen Götzen- und Bilderdienst) erwarten würde. Er spielt auch keine hervorgehobene Rolle in Qumran.

Eine ausführliche Aufnahme und z.T. detaillierte Erörterung erfährt der Dekalog im hellenistischen Judentum lediglich bei → Philo, Josephus und im Liber Antiquitatum Biblicarum (dazu eingehender Kellermann 2001). Dabei steht das Interesse im Vordergrund, den universalen Charakter der sozialen Gebote ans Licht zu stellen. Dazu weist man auf die Berührungen mit der griechischen Tugendlehre und anderen ethischen Maximen hin, so dass „die Philosophie hinter den Einzelgesetzen“ (Stemberger 1989, 91) sichtbar wird. In dieser Hinsicht ist der Aristeasbrief (2. Jh. v. Chr.) besonders instruktiv. In ihm belehrt der Jerusalemer Hohepriester den ptolemäischen Höfling Aristeas über das jüdische Gesetz, indem er mit den Gesetzen der „Frömmigkeit“ (eusébeia) und der „Gerechtigkeit“ (dikaiosýne als Kardinaltugend sozialen Verhaltens schlechthin) auf den Dekalog in seinen zwei Tafeln verweist. Der Dekalog ist offenbar besonders geeignet, das eigene Ethos auch Nichtjuden zu vermitteln. Philo, Josephus u.a. heben außerdem die direkte göttliche Mitteilung des Dekalogs und seine daher rührende Unvergleichlichkeit hervor. Die Zehn Worte sind Hauptstücke, aus denen alle anderen Gesetze als deren Entfaltungen abgeleitet werden können (Philo, de Decalogo 5, 19). So gliedert Philo seine Darstellung des jüdischen Gesetzes (De Specialibus Legibus) nach dem Dekalog, weil er ihn als dessen Summe versteht. Daneben ist das apologetische Interesse nicht zu übersehen, das spezifisch Jüdische und für Nichtjuden Befremdliche zu minimieren und zu rationalisieren. So übergeht man – wenn man nicht (wie Philo) den Dekalog insgesamt behandelt – nicht nur den Sabbat, sondern auch den Prolog und die szenische Einbindung des Dekalogs in die Sinaiperikope und begrenzt das III. Gebot streng auf den Meineid. Das Schwergewicht liegt deutlich auf den Geboten der zweiten Tafel, so dass der Dekalog als „die jüdische Form allgemeiner Sittlichkeit“ erscheint (Kellermann 2001, 177). Es dürften der schon im Dekalog selber zu beobachtende Zug zum Allgemeingültigen und sein Charakter als allen anderen Gottesweisungen vorangestellte Summe gewesen sein, die zu der Hochschätzung des Dekalogs geführt haben.

2.4. Der Dekalog in Frömmigkeit und Liturgie

Die im Dekalog erfolgte Elementarisierung und Systematisierung macht ihn als überschaubare Zusammenfassung der Tora nicht nur für die eigene jüdische Unterweisung, sondern auch zur Darstellung jüdischer Identität besonders geeignet. Deshalb begegnet er – z.T. in Verbindung mit dem Schema Jisrael – auf dem Papyrus Nash (s.o. 1.1.), in den Tefillin und Mesusot (→ Mesusa) aus → Qumran (entgegen der späteren rabbinischen Praxis) sowie in den samaritanischen Dekalog-Inschriften (Übersicht in: Crown 1989, 190-194). Offenbar hat er bis ins 1. Jh. n. Chr. eine bedeutende Rolle im jüdischen Leben gespielt. Das bezeugt auch die Mischna. Traktat Tamid 5,1 berichtet, dass der Dekalog einen festen Platz beim täglichen Morgengebet in Tempel und Synagoge zwischen Segensspruch und Schema Jisrael hatte (vgl. die Verbindung auf Papyrus Nash und die Textzusammenstellung in 1Q13). Spätestens seit dem 2. Jh. n. Chr. verlor der Dekalog jedoch seine herausgehobene Stellung. Aus der Diskussion in der Mischna (Traktat Sanhedrin 11,3) zur Zahl der Kapseln an den Tefillin, im Babylonischen Talmud (Traktat Berakot 12a; Text Talmud) zur Rezitation des Dekalogs im Morgengebet und aus anderen Hinweisen (dazu Stemberger 1989, 99f) kann man schließen, dass der Respekt vor der Gültigkeit und Würde jeder einzelnen Bestimmung der Tora weder die Vorstellung einer Summe der Tora noch gar deren Vorrang duldet. So ist die Rezitation des Dekalogs aus dem Morgengebet und der liturgischen Praxis verschwunden. Im jüdischen Gottesdienst wird er nur noch am Wochenfest (→ Schvuot) rezitiert.

3. Neues Testament und frühes Christentum

Das Neue Testament zitiert den Dekalog nie vollständig. Zitate und Anspielungen finden sich nur selten und betreffen lediglich Einzelgebote und Teilreihen. In der Hauptsache handelt es sich um: Mk 7,10a / Mt 15,4a (IV); Mk 10,19 par. (V – X, IV); Mt 5,21.27 (V, VI); (Lk 13,14 III?); Röm 2,21f (VII, VI); Röm 7,7 (X); Röm 13,9 (VI, V, VII, X); Eph 6,2-3 (IV); Jak 2,11 (VI, V). Gebote des Dekalogs begegnen weder in der Logienquelle noch im Lukas-Sondergut und bei Paulus nur im Römerbrief. Der Befund ist bemerkenswerter, als die spärliche Zahl der Belege vermuten lässt (Sänger 2001).

(1) Das Fehlen der Gebote der ersten Tafel und des Prologs im Neuen Testament deuten manche als Ausdruck der Schwierigkeiten, die Christologie mit dem Monotheismus zu verbinden (Hübner 1981). Da die christlichen Gemeinden schon sehr früh Jesus als Kyrios anrufen, die Septuaginta mit Kyrios aber das Tetragramm übersetzt, mache das Fremdgötterverbot den Christen Probleme. Immerhin hält sich der Jesus der Logienquelle selbst an das erste Gebot (Mt 4,10 / Lk 4,8), und Paulus gibt in Phil 2,11; 1Kor 15,28 eine eindeutige Antwort. Schon im zeitgenössischen Judentum wird stets nur eine kontextuell oder situativ bedingte Auswahl zitiert, vornehmlich der zweiten Tafel, ohne dadurch die Geltung der anderen Gebote in Frage zu stellen.

(2) Die Zitate sind selten wörtlich; und die Reihenfolge variiert, weil sie offenbar aus unterschiedlichen liturgisch-katechetischen Überlieferungen stammen. Diesen Sitz im Leben kann ein Brief des Statthalters Plinius an Kaiser Trajan erhellen (Sänger 2001, 122). Dort berichtet Plinius von Verhören, in denen die Christen bestreiten, Verbrechen begangen zu haben. Sie hätten sich lediglich im Gottesdienst eidlich verpflichtet, „keinen Diebstahl, Raubüberfall oder Ehebruch zu begehen, ein gegebenes Wort nicht zu brechen, eine angemahnte Schuld nicht abzuleugnen“ (Epistula X 96, 7; Text gr. und lat. Autoren). Die Reihe entspricht ungefähr den Geboten VI – X, wenn auch in anderer Reihenfolge. Der Brief belegt außerdem den Gottesdienst als Ort, an dem eine ethische Unterweisung erfolgt.

(3) Wie im zeitgenössischen Judentum genießt der Dekalog auch in der frühen christlichen Gemeinde besondere Wertschätzung. Er erscheint in Mt 15,4 und Jak 2,11 als unmittelbare Gottesrede. Er begründet in der Paränese das angemahnte Verhalten (Mk 7,10 par; Röm 13,9; Eph 6,2-3; Jak 2,11). Vor allem aber wird er als Grundlage der eigenen christlich-ethischen Reflexion gebraucht.

(3.1.) Das geschieht schon durch Jesus selbst in den Antithesen der Bergpredigt. Jesus setzt die in Mt 5,21ff.27ff aufgenommenen Verbote der zweiten Tafel nicht einfach außer Kraft, sondern weitet sie aus. Der vorangestellte Vorspruch Mt 5,17-20 deutet die Antithesen als Ausdruck der „besseren Gerechtigkeit“ im Tun des Willens Gottes. Mit ihnen legt Jesus die Tora als deren Lehrer vollmächtig aus.

(3.2.) Eine grundlegende Reflexion christlicher Ethik findet sich in Mk 10,17-27 par. Die Leitfrage stellt ein reicher Jüngling: „Was muss ich tun, um ewiges Leben zu erben?“ Jesus erinnert zunächst das Schema, bevor er mit den Verboten der zweiten Tafel fortfährt (in Mt 19 um das Liebesgebot erweitert). Er attestiert dem reichen Jüngling durchaus, das ganze Gesetz erfüllt zu haben. Nach Lev 18,5 erübrigt sich damit die Frage des Jünglings; denn leben wird der Mensch, der Gottes Gebote erfüllt. Mk 10,21.28-30 aber binden „ewiges Leben“ jetzt daran, Jesus nachzufolgen. Dazu aber fehlt dem Jüngling Entscheidendes (Mk 10,21-22). Indem Jesus den Dekalog mit der zweiten Tafel zitiert, erinnert er an dessen bleibende Gültigkeit. Ohne das Tun des im Dekalog verdichteten Gotteswillens ist auch bei Jesus ewiges Leben nicht zu haben, ohne Nachfolge aber nützt das Halten der ganzen Tora nichts.

(3.3.) Paulus zitiert in Röm 13,9 die zweite Tafel (ohne das Verbot des Falschzeugnisses und mit Reduktion der Verbote des Begehrens auf einen absoluten Kurzprohibitiv wie in Röm 7,7) in der Abfolge der Septuaginta von Dtn 5,17-19. Die Reihe endet mit einem Hinweis darauf, dass die Auswahl als pars pro toto steht. Paulus wählt mit Bedacht die Gebote zum Schutz des Nächsten aus, weil er das Verhältnis von Liebe (Rahmen Röm 13,8.10) und Gesetz (Dekalog Röm 13,9) bedenkt. Die Liebe tritt nicht an die Stelle des Gesetzes, sonst brauchte er den Dekalog gar nicht zu zitieren. Das Gesetz „erfüllen“ meint nicht, es „überflüssig zu machen“, sondern durch Tun des Gebotenen anzuerkennen. So legen die Schutzgebote der zweiten Tafel beispielhaft aus, was es heißt, seinen Nächsten zu lieben. Umgekehrt fasst die Liebe alle Einzelweisungen des Gesetzes bündig zusammen.

(4) Wo hatte der Dekalog in der frühchristlichen Gemeinde seinen Sitz im Leben? Die Didache (eine frühchristliche Kompilation aus der Mitte des 2. Jh. n. Chr.), der in Didache 1 - 6 eine jüdische Schrift von den zwei Wegen im Stile eines Proselytenkatechismus zugrunde liegt, zielt in ihrem ersten Teil auf Taufe und Eucharistie (Didache 7 - 10). Nach dem Doppelgebot der Liebe und der negativ formulierten Goldenen Regel (mit Entfaltung in der Feindesliebe) bringen 2,2-7 als „zweites Gebot der Lehre“ eine Reihe von Verboten, die denen der zweiten Tafel des Dekalogs entsprechen, aber verschiedentlich erweitert sind. Es spricht viel dafür, dass der Dekalog in der Taufunterweisung der christlichen Gemeinde eine wichtige Rolle gespielt hat.

(5) Erstmals vollständig zitiert wird er bei den Apostolischen Vätern (Barnabasbrief 15,1) und im Brief des Ptolemäus an Flora (3,2). Zwei Impulse haben das Verständnis des Dekalogs im Christentum bleibend bestimmt. Die Apologeten knüpfen an Philo und Paulus (Röm 2,14ff) an und identifizieren das natürliche Gesetz der Stoa mit der Tora (allerdings ohne das Zeremonialgesetz). In diesem Lichte erscheint der Dekalog als zusammenfassender Ausdruck einer Sittlichkeit, die alle Menschen verbindet. Augustin greift aus dem Alten Testament das Doppelgebot der Gottes- und Nächstenliebe und aus Röm 13,8-10 den Gedanken von der Liebe als des Gesetzes Erfüllung auf. Dem entsprechend versteht er den Dekalog vom Doppelgebot der Liebe her und verbindet deutend die Gebote I – III mit der Liebe zu Gott, die Gebote IV – X mit der Liebe zum Nächsten (Augustinus, Sermones 9, 14). Beide Interpretationslinien wirken über Luther bis in die Gegenwart.

4. Luthers Katechismen

Der Dekalog spielt in der Kirchengeschichte zunächst keine besondere Rolle. Erst seit dem 13. Jh. macht er im Rahmen der Beichtpraxis Karriere. Seine große Popularität in den Kirchen der Reformation und in der Kulturgeschichte der Neuzeit verdankt er vor allem Martin Luther. Als der 1529 beide Katechismen (dazu bes. Meyer 1929; Peters 1990; Wenz 1996) zum Druck brachte, lagen zahlreiche Vorarbeiten in Gestalt von Traktaten, exegetischen Vorlesungen und mehreren Predigtreihen hinter ihm. Noch während der Arbeit am „Deudsch Catechismus“, den man seit 1544 den „Großen“ nennt, begann Luther – veranlasst durch die unerfreulichen Erfahrungen als Visitator der Gemeinden in Kursachsen – mit der Ausarbeitung des Kleinen Katechismus. Es handelt sich bei ihm nicht um einen Auszug aus dem Großen, sondern um einen eigenständigen Text. Er richtet sich mit seinen einprägsamen Formulierungen an die Hausväter, um ihnen bei der täglichen Unterweisung der Familie und des Gesindes zu helfen. Erst nachträglich wurde er den ungelehrten Pfarrern gewidmet. Den Großen Katechismus hat Luther von vornherein als „Predigthilfe“ konzipiert, um die Prediger zur Unterweisung der Jugend zu befähigen.

(1) Mit der Auswahl der Hauptstücke knüpft Luther an die mittelalterliche Tradition an. Aber er streicht aus dem traditionellen vierteiligen Lehrbestand das Avemaria und stellt den Dekalog mit Bedacht an die Spitze vor das Credo und das Vaterunser. Die Zehn Gebote lehren, was der Mensch tun soll; der Glaube sagt, was Gott tut und gibt; und das Vaterunser zeigt, wie der Mensch die Gnade Gottes „begehren, holen und zu sich bringen soll“ (Martin Luther, Werke. Kritische Gesamtausgabe, Weimar 1883ff [=WA], 7, 204f). Weil die Gebote, für sich allein genommen, unerfüllbar sind, bedarf es des Glaubens. Im Credo aber steht der zweite Artikel im Zentrum: „Gottes Barmherzigkeit, in Christus erzeigt und angeboten“.

(2) Die Bedeutung des Dekalogs beruht für Luther darin, dass mit ihm Gott selbst an das allen Menschen mit der Schöpfung ins Herz gesenkte natürliche Gesetz (die lex naturae) erinnert („Was nun Moses geschrieben hat in den Zehn Geboten, das fühlen wir natürlich in unserem Gewissen [Röm 2]“ WA 16, 431, 28f). Im Blick auf die speziell nur auf Israel bezogenen Aussagen ist er jedoch nichts anderes als „der Juden Sachsenspiegel“ (WA 18, 81; 24, 9) und geht uns nichts an; denn wir sind nicht aus Ägypten herausgeführt worden. Bleibende Bedeutung kann der Dekalog nur haben, sofern er mit dem natürlichen Gesetz identisch ist. Luther ehrt also durchaus den Literalsinn des Textes und gewinnt daraus einen erstaunlich freien Umgang mit ihm: So streicht er alles, was lediglich zur Kult- und Rechtsordnung Israels gehört (die Herausführung Israels aus Ägypten im Prolog, das Bilderverbot); er deutet das Sabbatgebot auf den Feiertag und ersetzt die Verheißung langen Lebens im Lande Kanaan durch ein langes Leben auf Erden. Mit diesen Verlusten an Konkretion gibt er dem Dekalog universale Bedeutung.

(3) Im Verständnis der Anlage des Dekalogs folgt Luther wesentlich Augustin, indem er das Doppelgebot der Liebe auf die beiden Tafeln bezieht. Er steht damit der Fassung von Ex 20 näher als der von Dtn 5. Allerdings hat für ihn die erste Tafel eine besondere Bedeutung, weil allein in jenen Geboten Gott mit uns handelt und wir mit ihm „ohne Vermittlung irgendeiner Kreatur“ (WA 6, 229). Das Bilderverbot ordnet er ganz dem ersten Gebot als dessen Spezialfall unter und führt es im Kleinen Katechismus gar nicht, im Großen Katechismus nur noch in einem Nebensatz auf. Deshalb muss er, um auf die Zehnzahl zu kommen, das Begehren auf zwei Gebote verteilen, obwohl er beide stets gemeinsam behandelt (WA 16, 525). Die Gebote I – III entfaltet er nach dem anthropologischen Schema Herz – Mund – Leib. Die Gebote der zweiten Tafel schützen je ein besonderes Gut des Nächsten: Leib und Leben (V), Weib und Kind (VI), Geld und Gut (VII), Ehre und guten Ruf (VIII), IX und X „fassen die Welt des Nächsten noch einmal zusammen unter dem Symbol des Hauses“ (Peters 1990, 90f). Die Gebote sind also Schutzmauern, mit denen Gott den Nächsten vor uns schützen will.

(4) Alle Gebote außer dem ersten werden in beiden Katechismen in den Erklärungen nicht nur negativ (das unterbleibt nur beim VI. mit Bedacht), sondern auch positiv entfaltet. Damit nimmt er biblische Tradition auf, z.B. die sieben Seligkeiten (Mt 5,3-9), die sieben Werke der Barmherzigkeit (Mt 25,42f), die Früchte des Geistes (Gal 5,22), führt sie aber konsequent und außerordentlich reflektiert durch. Dadurch zielen die Gebote jetzt nicht nur darauf, Schaden vom Nächsten abzuwehren, sondern ihm zu helfen und ihn zu fördern. Beispielhaft ist die Erklärung des V. Gebots: Hier spielen die Antithesen der Bergpredigt eine Rolle und Jesu Weisung, „vollkommen“ zu sein (Mt 5,46f), sowie die Werke der Barmherzigkeit (Mt 25,42f). Das Verbot „Du sollst nicht töten!“ übertritt auch der, „der dem Nächsten Gutes tun könnte, Böses verhindern, es abwehren, ihn schützen und retten könnte … und es nicht tut“ (Evangelische Bekenntnisse. Bekenntnisschriften der Reformation und neuere Theologische Erklärungen hg. v. R. Mau, 2 Bde., Bielefeld 1997, II, 69). Auf diese Weise entzieht Luther nach dem Vorbild Jesu in den Antithesen der Bergpredigt jedes Gebot einer rein formalen Erfüllung.

(5) Größte Bedeutung hat für Luther das erste Gebot; denn es verbindet Verheißung („Ich bin der Herr, dein Gott“) und Verbot („Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“). Deshalb bezieht er es im Großen Katechismus auf alle anderen: „Es ist das Haupt und die Quelle, die durch alle andern hindurchgeht“ (Die Bekenntnisschriften der evangelisch-lutherischen Kirche, Göttingen 1930, 614, 17-19). Im Kleinen Katechismus hebt er es durch die singuläre Erklärung „Wir sollen Gott über alle Dinge fürchten, lieben und vertrauen“ hervor und beginnt die Erklärung jedes einzelnen Gebots des Dekalogs mit dem Zitat daraus: „Wir sollen Gott fürchten und lieben, dass wir …“ Außerdem verwendet er das gesamte Kopfstück Ex 20,2-6 als Rahmen für die Zehn Gebote überhaupt: Huldformel („… dein Gott“) und Fremdgötterverbot eröffnen sie, Drohung und Verheißung aus Ex 20,5b-6 machen den Beschluss.

(6) In den Erklärungen zu jedem Gebot erweist sich Luther als ein feinsinniger Exeget mit sicherem Gespür für die ursprüngliche Intention der einzelnen Gebote und für die in ihnen geronnenen Lebenssituationen. Aus dem schon mit der Anlage des Dekalogs gegebenen Gegenüber von Gott und Mitmensch erwächst die Nächstenliebe als ethische Grundregel. Mit ihr gelingt es Luther, den Dekalog auf die neuen Lebenssituationen seiner veränderten Welt so elementar wie überzeugend auszulegen.

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  • Peters, A., 1990, Kommentar zu Luthers Katechismen, Bd. I: Die Zehn Gebote, Göttingen
  • Veijola, T., 2000, Der Dekalog bei Luther und in der heutigen Wissenschaft, in: Ders., Moses Erben. Studien zum Dekalog, zum Deuteronomismus und zum Schriftgelehrtentum (BWANT 149), Stuttgart, 29-47
  • Wenz, G., 1996, Theologie der Bekenntnisschriften der ev.-luth. Kirche, Bd. I, Berlin

Abbildungsverzeichnis

  • Mose erhält die Zehn Gebote (Mosaik im Katharinenkloster auf dem Sinai; 6. Jh.).
  • Die Zehn Gebote; Gemälde von Lucas Cranach, geschaffen für die Gerichtsstube im Rathaus zu Wittenberg (1516; heute im Refektorium des Lutherhauses).
  • Das 1. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 2. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 3. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 4. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 5. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 6. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 7. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 8. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 9. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).
  • Das 10. Gebot (Gemälde von Lucas Cranach; Detail von Abb. 2).

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